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Voluntary


Begriff und Definition: Voluntary im rechtlichen Kontext

Der Begriff „Voluntary“ stammt aus dem Englischen und ist in verschiedenen Rechtsordnungen insbesondere dem Common Law verankert. Er bezeichnet allgemein eine Handlung oder einen Zustand, der freiwillig, durch eigenen Entschluss und ohne äußeren Zwang herbeigeführt wird. Im rechtlichen Kontext kommt „Voluntary“ in unterschiedlichen Zusammenhängen und Ausprägungen zur Anwendung. Die Bandbreite reicht von vertraglichen Handlungen über das Insolvenzrecht bis hin zum Deliktsrecht.

Etymologie und allgemeine Bedeutung

Der Ausdruck „voluntary“ leitet sich vom lateinischen „voluntarius“ ab, was „aus eigenem Willen“ bedeutet. Im rechtlichen Sprachgebrauch bezieht sich der Begriff zumeist auf Handlungen, Entscheidungen oder Unterlassungen, die aus eigenem Antrieb und mit Bewusstsein ihrer rechtlichen Konsequenzen erfolgen.


Anwendungsbereiche von „Voluntary“ im Recht

1. Vertragsrecht

Im Vertragsrecht ist die Freiwilligkeit eine maßgebliche Voraussetzung für das Zustandekommen wirksamer Vereinbarungen. Ein Vertrag kommt nur dann zustande, wenn die Willenserklärungen der Parteien freiwillig abgegeben wurden. Fehlt es an der Freiwilligkeit, etwa aufgrund von Drohung, Täuschung oder Irrtum, kann die Vereinbarung angefochten oder gar von vornherein als nichtig angesehen werden.

1.1. Voraussetzungen der Voluntarität

  • Fehlen von Zwang: Keine der Parteien darf bei der Abgabe ihrer Willenserklärung bedrängt oder genötigt werden.
  • Rechtsgeschäftlicher Wille: Die Erklärung muss von einem bewussten Entschluss getragen sein.
  • Kenntnis der Umstände: Die Partei muss die rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen kennen und akzeptieren.

2. Insolvenzrecht

Im Insolvenzrecht bezeichnet „Voluntary“ vor allem Konstellationen, bei denen Gläubiger oder Schuldner freiwillig auf bestimmten Rechte verzichten oder bestimmte Maßnahmen einleiten.

2.1. Voluntary Liquidation

Insbesondere im englischen Recht ist die „Voluntary Liquidation“ (freiwillige Liquidation) ein Verfahren der Unternehmensauflösung, das entweder durch einen Beschluss der Gesellschafter (Mitglieder) oder durch die Gläubiger selbst angestoßen wird. Im Gegensatz zur „Compulsory Liquidation“ (gerichtlich angeordnete Auflösung) erfolgt die Einleitung freiwillig und proaktiv.

2.1.1. Unterscheidung: Members‘ Voluntary Liquidation vs. Creditors‘ Voluntary Liquidation
  • Members‘ Voluntary Liquidation: Wird eingeleitet, wenn das Unternehmen solvent ist. Die Gläubiger haben im Regelfall keinen Einfluss auf das Verfahren.
  • Creditors‘ Voluntary Liquidation: Kommt zur Anwendung, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig ist. Die Gläubiger erhalten Mitspracherechte und können Liquidatoren bestellen.

2.2. Rechtliche Folgen der Freiwilligkeit

  • Möglichkeit einer gesteuerten und selbstbestimmten Abwicklung der Gesellschaft
  • Verringerung der Eingriffsrechte des Insolvenzgerichts
  • Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Befriedigung der Gläubiger

3. Deliktsrecht

Im Deliktsrecht kann die Freiwilligkeit einer Handlung haftungsmindernd oder haftungsausschließend wirken. Eine „voluntary assumption of risk“ (freiwillige Risikoübernahme) führt dazu, dass sich eine Person bewusst einer Gefahr aussetzt und damit einen etwaigen Haftungsanspruch gegen die Schädigerpartei selbst ausschließt.

3.1. Voraussetzungen der freiwilligen Risikoübernahme

  • Bewusstsein über das bestehende Risiko
  • Ausdrückliche Annahme und Einwilligung
  • Fehlen von Zwang oder Täuschung

Abgrenzung zu anderen Begriffen

1. Kompulsiv vs. freiwillig

„Voluntary“ grenzt sich klar von „compulsory“ ab – also von Handlungen, die aufgrund gesetzlicher, richterlicher oder behördlicher Anordnung erfolgen. „Kompulsive“ Maßnahmen gehen stets mit Fremdbestimmung einher, wohingegen „Voluntary“-Handlungen aus autonomer Entscheidung erfolgen.

2. Einwilligung und Zustimmung

Im deutschen Recht entspricht „Voluntary“ in vielen Fällen den Begriffen „Einwilligung“ oder „Zustimmung“. Allerdings ist die Ausübung von „Voluntary“-Handlungen stets mit einem bewussten, informierten und freien Willensakt verbunden, der oftmals strengen formellen und materiellen Voraussetzungen unterliegt.


Besondere Regelungsbereiche

1. Freiwillige Leistungen (Voluntary Payments)

Im Schuldrecht werden freiwillige Zahlungen (Voluntary Payments) häufig unter dem Grundsatz behandelt, dass Rückforderungsansprüche ausgeschlossen sind, wenn der Leistende mit Rechtsgrund leistet und sich der Freiwilligkeit seiner Zahlung bewusst ist.

1.1. Grenzen bei ungerechtfertigter Bereicherung

Sofern eine freiwillige Leistung ohne rechtlichen Grund erfolgt („Leistung in Kenntnis der Nichtschuld“), ist eine Rückforderung grundsätzlich ausgeschlossen.

2. Arbeitsrecht

Auch im Arbeitsrecht finden sich Fallgestaltungen, in denen „Voluntary“ eine Rolle spielt, etwa im Zusammenhang mit freiwilligen Sonderzahlungen oder Zugeständnissen durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.


Internationale Rechtsvergleiche

1. Common Law Länder

Im Recht des Vereinigten Königreichs, der USA, Kanadas und Australiens ist der Begriff „Voluntary“ besonders verbreitet. Er findet sich regelmäßig in gesetzlichen Bestimmungen oder Rechtsprechung, etwa bei der „voluntary confession“ (freiwilliges Geständnis), der „voluntary manslaughter“ (Totschlag unter freiwilliger Einwirkung) oder der „voluntary assignment“ (freiwillige Abtretung von Rechten).

2. Civil Law Systeme

In kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen wird zumeist nicht der Begriff „Voluntary“ verwendet, sondern auf die Voraussetzungen von Freiwilligkeit, Willensäußerung und Eigenverantwortung zurückgegriffen.


Zusammenfassung

Der Begriff „Voluntary“ nimmt im Recht eine zentrale Rolle ein und durchdringt zahlreiche Rechtsgebiete, insbesondere im Vertrags-, Insolvenz- und Deliktsrecht. Entscheidend ist stets der bewusste, freiwillige Entschluss einer Person oder Gesellschaft, der eine rechtlich erhebliche Handlung auslöst oder deren Folgen verantwortet. Die Kenntnis der genauen Bedeutung und Tragweite des Begriffs ist für die korrekte rechtliche Bewertung freiwilliger Handlungen unerlässlich. Der sachgemäße Umgang mit freiwilligen Erklärungen, Handlungen und Verzichtserklärungen kann maßgeblichen Einfluss auf rechtliche Positionen und Haftungskonstellationen entfalten.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit freiwilliges Engagement rechtlich als „Voluntary“ gilt?

Damit eine Tätigkeit rechtlich als freiwilliges Engagement („Voluntary“) eingestuft werden kann, müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss das Engagement auf einer freiwilligen Entscheidung beruhen, d.h., es besteht keine arbeitsrechtliche Verpflichtung oder Weisungsgebundenheit, wie sie bei einer Beschäftigung vorliegt. Es darf kein Entgelt im Sinne einer Gegenleistung gezahlt werden, wobei Aufwandsentschädigungen oder Sachleistungen (z.B. Erstattung von Fahrtkosten) rechtlich zulässig sind, sofern sie die Grenze der Unentgeltlichkeit nicht überschreiten. Ferner muss die Tätigkeit dem Gemeinwohl dienen – dies ist oft bei Einsätzen im sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereich gegeben. Das freiwillige Engagement kann sowohl in einer Organisation (Verein, Stiftung, gGmbH) als auch individuell erfolgen. Werden Rahmenbedingungen durch spezielle Gesetze, etwa das Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) oder das Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG), geschaffen, muss die Freiwilligenarbeit diesen Bestimmungen entsprechen. Besondere Aufmerksamkeit ist arbeitsrechtlich auf die Abgrenzung zu regulärer Erwerbsarbeit zu legen, insbesondere im Hinblick auf Sozialversicherung, Arbeitsschutz und Haftung.

Wie ist die Haftungsfrage im Rahmen von freiwilligem Engagement geregelt?

Die Haftungsregelungen für freiwillig Engagierte unterscheiden sich je nach Rechtsform der Organisation und Art der Tätigkeit. Grundsätzlich gilt: Wer sich freiwillig engagiert, haftet nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit selbst, bei leichter Fahrlässigkeit jedoch greift in der Regel die Haftpflichtversicherung der Organisation, sofern vorhanden. Für bestimmte Bereiche, wie etwa bei Freiwilligendiensten im Rahmen des BFDG oder FSJ, sind die Träger verpflichtet, eine Haftpflicht- und Unfallversicherung abzuschließen. Viele gemeinnützige Vereine oder Initiativen verfügen ebenfalls über entsprechende Versicherungen, die Ehrenamtliche miteinbeziehen. Jedoch ist empfohlen, dass freiwillig Engagierte sich vor Tätigkeitsaufnahme bei der Organisation über bestehenden Versicherungsschutz erkundigen und gegebenenfalls eine private Haftpflichtversicherung ergänzend abschließen. In Fällen ohne Absicherung können ungewollt erhebliche Haftungsrisiken entstehen, weshalb eine sorgfältige Prüfung unerlässlich ist.

Welche arbeitsrechtlichen Auswirkungen hat freiwilliges Engagement und wann entsteht ein Arbeitsverhältnis?

Im rechtlichen Sinne darf freiwilliges Engagement nicht in ein reguläres Arbeitsverhältnis münden, um eine Umgehung von Arbeitsrecht und Sozialversicherungspflicht zu verhindern. Ein Arbeitsverhältnis entsteht insbesondere dann, wenn eine Tätigkeit weisungsgebunden, entgeltlich und mit einer festen Eingliederung in den Betriebsablauf erfolgt. Die Grenze kann verwischt werden, wenn Freiwillige feste Zeiten, regelmäßige Pflichten und eine dauerhafte Tätigkeit mit Vergütung übernehmen. Dann könnten lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse vorliegen, mit allen sich daraus ergebenden arbeitsrechtlichen Ansprüchen (Urlaub, Kündigungsschutz etc.). Die Organisationen müssen deshalb detaillierte Einsatzvereinbarungen treffen und darauf achten, dass keine arbeitsvertraglichen Strukturen entstehen. Aufwandsentschädigungen sind zu dokumentieren und dürfen die gesetzlichen Grenzen nicht überschreiten.

Inwieweit sind freiwillige Tätigkeiten sozialversicherungsrechtlich relevant?

Freie Mitarbeit im Rahmen von freiwilligem Engagement ist im Regelfall nicht sozialversicherungspflichtig, da keine Vergütung im arbeitsrechtlichen Sinne erfolgt. Hierbei ist ausschlaggebend, dass es sich tatsächlich um eine unbezahlte Tätigkeit handelt und nicht um eine verschleierte Beschäftigung. Lediglich bei Zahlung von Aufwandspauschalen oder Vergütungen, die über die tatsächlichen Kostenersatzbeträge hinausgehen, kann eine Versicherungspflicht begründet werden. Bei staatlich geförderten Freiwilligendiensten (z. B. BFD, FSJ, FÖJ) sind die Freiwilligen jedoch in die gesetzliche Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) eingebunden, auch wenn die gezahlten Entgelte unterhalb der Minijob-Grenze liegen. Insbesondere im Bereich der Unfallversicherung genießen Freiwillige oftmals einen besonderen Versicherungsschutz, der in den einschlägigen Gesetzen geregelt ist und für Tätigkeiten im Interesse des Gemeinwohls zur Anwendung kommt.

Gibt es eine gesetzliche Schweigepflicht für freiwillig Engagierte?

Freiwillig Engagierte unterliegen grundsätzlich keiner allgemeinen gesetzlichen Schweigepflicht wie etwa Ärzte oder Anwälte. Dennoch können sie vertraglich, durch Satzungen und interne Regularien zur Verschwiegenheit verpflichtet werden, insbesondere wenn sie mit sensiblen personenbezogenen Daten in Berührung kommen. Im Rahmen des Datenschutzes – insbesondere nach DSGVO und BDSG – ergibt sich für Organisationen die Pflicht, Freiwillige auf Geheimhaltung zu verpflichten und über den Umgang mit vertraulichen Informationen aufzuklären. In bestimmten Bereichen, etwa in der Jugendarbeit, im Sozial- oder Pflegewesen, ist diese Verpflichtung oftmals schriftlich Bestandteil der Einsatzvereinbarungen. Bei Verstößen kann im Einzelfall sowohl ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch als auch ein arbeitsrechtlicher Ausschluss vom freiwilligen Engagement folgen.

Welche rechtlichen Anforderungen werden an den Kinderschutz im Rahmen freiwilliger Tätigkeiten gestellt?

Wer freiwillig mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, muss erhöhte rechtliche Anforderungen erfüllen. Zentrale Vorschrift ist das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG), das Organisationen verpflichtet, von ehrenamtlichen Kräften in der Kinder- und Jugendarbeit erweiterte Führungszeugnisse einzuholen (§ 72a SGB VIII). Dies betrifft alle Personen, die mit Kindern und Jugendlichen regelmäßig oder in erheblichem Umfang in Kontakt kommen. Die Organisation muss dabei dokumentieren, wie sie diese Vorgaben umsetzt, und eine Vereinbarung mit dem zuständigen Jugendamt über die Prävention von Kindeswohlgefährdung schließen. Verstöße gegen die Pflicht zur Vorlage des Führungszeugnisses können für die Organisation haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, zudem besteht ein erhöhtes Maß an Aufsichtspflicht und Sorgfalt. Die Aufklärung der freiwillig Engagierten über ihre Rechte und Pflichten im Bereich Kinderschutz sollte dokumentiert und regelmäßig aktualisiert werden.