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Volljährige Kinder

Begriff und Abgrenzung

Definition

Volljährige Kinder sind Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und zugleich Kinder ihrer Eltern im familienrechtlichen Sinn bleiben. Der Begriff verbindet zwei Ebenen: die rechtliche Volljährigkeit mit umfassender Eigenverantwortung und die fortbestehende familienrechtliche Zuordnung als Kind der Eltern.

Rechtliche Einordnung

Mit Eintritt der Volljährigkeit endet die umfassende Vertretungs- und Entscheidungsbefugnis der Eltern. Volljährige sind vollständig geschäfts- und deliktsfähig, bestimmen ihren Wohnsitz selbst und treffen eigenverantwortlich Entscheidungen, etwa zu Verträgen, medizinischen Maßnahmen und Bildungswegen. Zugleich bleiben bestimmte familienrechtliche Beziehungen bestehen, insbesondere mögliche Unterhaltsansprüche, erbrechtliche Stellung sowie datenschutzrechtlich geschützte Eigenständigkeit gegenüber Eltern.

Rechte und Pflichten im Familienverhältnis

Elterliche Sorge und Vertretung

Die elterliche Sorge endet mit der Volljährigkeit. Eltern sind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gesetzliche Vertreter. Entscheidungen zu Schule, Studium, Beruf, Gesundheit und Vermögen trifft das volljährige Kind selbst. Ohne eine wirksame Vollmacht erhalten Eltern keine Auskünfte von Ärztinnen und Ärzten, Behörden, Schulen oder Hochschulen über das volljährige Kind.

Unterhalt

Allgemeines

Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder können fortbestehen, wenn eine allgemeine oder berufsqualifizierende Ausbildung verfolgt wird und eine wirtschaftliche Selbstständigkeit noch nicht erreicht ist. Die Leistungsfähigkeit und Einkommenssituation der Eltern sowie anrechenbare Einkünfte des Kindes spielen eine maßgebliche Rolle. Besteht eigenes bedarfsdeckendes Einkommen, entfällt der Anspruch regelmäßig.

Privilegierte volljährige Kinder

Besondere Regeln gelten für bestimmte volljährige Kinder, die noch eine allgemeinbildende Schule besuchen und im Haushalt eines Elternteils leben. In dieser Konstellation sind sie im Unterhaltsrecht teilweise wie minderjährige Kinder gestellt, etwa bei der Rangfolge gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten und bei einzelnen Verfahrensfragen.

Besonderheiten bei Ausbildung und Studium

Bei Erstausbildung oder Erststudium kann ein Unterhaltsanspruch fortbestehen. Übergangszeiten zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn sowie Wechsel innerhalb eines zielgerichteten Bildungswegs werden je nach Einzelfall berücksichtigt. Zweitausbildungen oder späte Neuorientierungen werden nur unter bestimmten Voraussetzungen erfasst. Eigene Einkünfte, Ausbildungsvergütungen und BAföG-Leistungen beeinflussen den Bedarf.

Kontakt, Umgang und Information

Ein rechtlich durchsetzbarer Umgangsanspruch zwischen Eltern und volljährigen Kindern besteht nicht. Beide Seiten entscheiden frei über Kontakt und Austausch. Informationsrechte der Eltern über Angelegenheiten des volljährigen Kindes bestehen nicht ohne dessen Einwilligung oder eine ausdrückliche Rechtsgrundlage. Schweigepflichten im Gesundheits- und Sozialbereich schützen die Privatsphäre volljähriger Kinder.

Haushalt und Wohnen

Volljährige Kinder bestimmen ihren Wohnsitz frei. Wohnen sie im Haushalt der Eltern, gilt das Hausrecht des Wohnungsinhabers. Ein Anspruch auf Überlassung eines bestimmten Zimmers ergibt sich aus dem Zusammenleben nicht automatisch. Miet- und Nebenkostenfragen richten sich nach den getroffenen vertraglichen Absprachen, soweit Unterhalt nicht greift.

Sozial- und steuerrechtliche Aspekte

Kindergeld und Freibeträge

Für volljährige Kinder kann Kindergeld unter bestimmten Voraussetzungen weiterbezogen werden, insbesondere während Schule, Ausbildung oder Studium und bis zu einer altersbezogenen Obergrenze. Das Kindergeld ist grundsätzlich eine Leistung für die Eltern; es kann auf Antrag an das Kind ausgezahlt werden, wenn es seinen Unterhalt selbst bestreitet oder nicht mehr im Haushalt der Eltern lebt. Steuerliche Freibeträge und ein möglicher Ausbildungsfreibetrag können in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Krankenversicherung

Volljährige Kinder können in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert sein, sofern Voraussetzungen zu Alter, Ausbildung und eigenem Einkommen erfüllt sind. Nach Überschreiten der Altersgrenze, bei bestimmter Erwerbstätigkeit oder eigenem Versicherungsstatus entfällt die Familienversicherung, und es gelten die allgemeinen Regelungen zur Pflicht- oder freiwilligen Versicherung.

Ausbildungsförderung und weitere Leistungen

Leistungen der Ausbildungsförderung (etwa BAföG) hängen von Ausbildungsart, Fortschritt und in der Regel auch vom Einkommen der Eltern ab. Weitere Leistungen können in Übergangszeiten oder bei Arbeitssuche in Betracht kommen. Die Anrechnung eigener Einkünfte und Vermögenswerte des volljährigen Kindes beeinflusst die Höhe der Leistungen.

Eigenständige Rechtsfähigkeit

Verträge und Haftung

Volljährige Kinder sind voll geschäftsfähig und schließen Verträge eigenständig ab, etwa Miet-, Arbeits- oder Kaufverträge. Sie haften grundsätzlich selbst für ihre Verpflichtungen und für Schäden, die sie verursachen. Eltern haften nicht für Schulden volljähriger Kinder, es sei denn, sie übernehmen selbst Verpflichtungen.

Gesundheit und Schweigepflichten

Medizinische Entscheidungen trifft das volljährige Kind selbst. Ärztliche Schweigepflichten schützen die Gesundheitsdaten gegenüber Dritten, einschließlich der Eltern. Informationen dürfen nur mit Einwilligung oder bei einer ausdrücklichen gesetzlichen Erlaubnis weitergegeben werden.

Vertretung durch rechtliche Betreuung

Bei fehlender Entscheidungsfähigkeit aufgrund Krankheit oder Behinderung kann eine rechtliche Betreuung angeordnet werden. Eltern sind hierfür nicht automatisch zuständig; die Bestellung erfolgt durch das zuständige Gericht nach Eignungsprüfung. Umfang und Dauer der Betreuung richten sich nach dem konkreten Bedarf und sollen die Selbstbestimmung so weit wie möglich erhalten.

Erbrechtliche Stellung

Erben und Pflichtteil

Volljährige Kinder sind gesetzliche Erben ihrer Eltern und haben im Fall der Enterbung unter bestimmten Voraussetzungen einen Pflichtteilsanspruch. Die Volljährigkeit ändert nichts an dieser grundsätzlichen erbrechtlichen Stellung, wohl aber an der Fähigkeit, eigenständig letztwillige Verfügungen zu errichten, zu widerrufen oder anzufechten.

Ausschlagung und Annahme von Erbschaften

Volljährige Kinder können Erbschaften eigenverantwortlich annehmen oder ausschlagen. Fristen und Formen sind zu beachten. Eine Ausschlagung kommt insbesondere in Betracht, wenn die Nachlassverbindlichkeiten den Nachlasswert übersteigen; die Entscheidung wirkt umfassend und ist an Fristen gebunden.

Weitere Lebensbereiche

Wohnsitz und Umzug

Volljährige Kinder wählen ihren Wohnsitz frei, können sich an- und abmelden und Mietverträge schließen. Meldepflichten und Fristen ergeben sich aus den allgemeinen melderechtlichen Vorschriften.

Name und Familienstand

Namensänderungen sind nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich, etwa im Zusammenhang mit Eheschließung oder in besonderen Einzelfällen. Volljährige Kinder können eigenständig heiraten oder Lebenspartnerschaften eingehen, sofern die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind.

Strafrechtlicher Status

Mit Volljährigkeit gilt grundsätzlich das Erwachsenenstrafrecht. Für Heranwachsende in einem bestimmten Alterskorridor können in Einzelfällen noch Regelungen aus dem Jugendstrafrecht Anwendung finden, wenn die persönliche Reife dies nahelegt.

Abgrenzungen und Sonderfälle

Volljährig, aber privilegiert

Bestimmte volljährige Kinder, die sich noch in allgemeiner Schulausbildung befinden und bei einem Elternteil leben, nehmen im Unterhaltsrecht eine besondere Stellung ein. Diese Privilegierung betrifft vor allem die Rangfolge und einzelne Berechnungsfragen.

Volljährige mit Behinderung

Bei volljährigen Kindern mit Behinderung können Unterhaltsansprüche und sozialrechtliche Leistungen unabhängig vom Alter fortbestehen, wenn eine selbstständige Lebensführung wirtschaftlich nicht möglich ist. Auch das Kindergeld kann in diesen Fällen unter besonderen Voraussetzungen dauerhaft gewährt werden.

Auslandsbezug

Bei Wohnsitz, Ausbildung oder Arbeit im Ausland können internationales Privatrecht, zwischenstaatliche Abkommen und ausländische Vorschriften maßgeblich werden. Unterhalt, Kindergeld und Versicherungen sind dann nach den einschlägigen Kollisions- und Sachnormen zu beurteilen.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet der Begriff „volljährige Kinder“ im rechtlichen Sinn?

Er bezeichnet Personen ab 18 Jahren, die weiterhin Kinder ihrer Eltern sind. Sie sind voll eigenverantwortlich, bleiben aber in bestimmten Bereichen – etwa Unterhalt und Erbrecht – rechtlich mit den Eltern verbunden.

Haben Eltern nach Eintritt der Volljährigkeit noch Entscheidungsrechte?

Nein. Mit der Volljährigkeit endet die elterliche Sorge. Eltern vertreten das volljährige Kind nicht mehr und erhalten ohne Einwilligung keine Auskünfte von Dritten.

Besteht Unterhalt während Ausbildung oder Studium fort?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Während einer zielstrebig verfolgten Erstausbildung oder eines Erststudiums kann ein Unterhaltsanspruch bestehen. Eigene Einkünfte und Förderungen werden angerechnet.

Wer erhält das Kindergeld für volljährige Kinder?

Grundsätzlich die Eltern, solange die allgemeinen Voraussetzungen vorliegen. Auf Antrag kann die Auszahlung an das Kind erfolgen, etwa wenn es nicht mehr im Haushalt der Eltern lebt oder seinen Unterhalt selbst bestreitet.

Dürfen Ärztinnen, Ärzte oder Behörden Eltern Auskunft über volljährige Kinder geben?

Ohne Einwilligung des volljährigen Kindes grundsätzlich nicht. Schweigepflichten und Datenschutzbestimmungen schützen die Informationen gegenüber Dritten, auch gegenüber den Eltern.

Können volljährige Kinder verpflichtet sein, ihre Eltern zu unterstützen?

Ja, unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Pflicht zur Unterstützung der Eltern bestehen, etwa bei Pflegebedürftigkeit. Dabei spielen Leistungsfähigkeit und Eigenbedarf des Kindes eine entscheidende Rolle.

Gegen wen richtet sich der Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder?

Er richtet sich regelmäßig gegen beide Elternteile. Die Haftungsanteile orientieren sich an der Leistungsfähigkeit. Eigene Einkünfte des Kindes mindern den Bedarf.

Was gilt für volljährige Kinder mit Behinderung?

Wenn eine wirtschaftliche Selbstständigkeit nicht möglich ist, können Unterhaltsansprüche und sozialrechtliche Leistungen dauerhaft bestehen. Auch Kindergeld kann unabhängig vom Alter weitergewährt werden, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.