Definition und Bedeutung des Begriffs „Volljährige Kinder”
Als volljährige Kinder werden Personen bezeichnet, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und rechtlich nicht mehr als minderjährig gelten. Im deutschen Recht ist die Volljährigkeit ein maßgeblicher Statusübergang, der weitreichende Auswirkungen auf die rechtliche Stellung, die Rechte und Pflichten der Kinder einerseits sowie auf die Rechte und Pflichten der Eltern andererseits hat. Während Kinder bis zum 18. Lebensjahr umfassend unter dem Schutz und der elterlichen Sorge stehen, ergeben sich mit Eintritt der Volljährigkeit grundlegende Veränderungen in verschiedenen Rechtsbereichen.
Rechtliche Grundlagen und Grundlagen der Volljährigkeit
Gesetzliche Bestimmungen zur Volljährigkeit
Die maßgebliche Regelung zur Volljährigkeit findet sich in § 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): „Mit Vollendung des 18. Lebensjahres ist eine Person volljährig.” Mit Erreichen der Volljährigkeit erlangen Kinder volle Geschäftsfähigkeit (§ 104 ff. BGB), Deliktsfähigkeit und Prozessfähigkeit.
Folgen der Volljährigkeit
Mit Eintritt der Volljährigkeit gehen zahlreiche elterliche Rechte und Pflichten auf die volljährigen Kinder selbst über. Die Vermögenssorge, Personensorge und das gesetzliche Vertretungsrecht der Eltern entfallen. Volljährige Kinder können wirksam Verträge abschließen, eigenverantwortlich handeln und haften für eigenes Tun.
Unterhaltsrechtliche Aspekte volljähriger Kinder
Grundsatz der Unterhaltspflicht
Eltern sind grundsätzlich verpflichtet, ihren Kindern auch nach Eintritt der Volljährigkeit Unterhalt zu gewähren, solange diese sich in einer allgemeinen Schul- oder Berufsausbildung befinden, die zum angestrebten Ausbildungsziel führt (vgl. § 1601 ff. BGB). Diese Unterhaltspflicht knüpft jedoch an enge sachliche Voraussetzungen.
Bar- und Naturalunterhalt bei volljährigen Kindern
Während bei Minderjährigen der Elternteil, bei dem das Kind lebt, in der Regel Naturalunterhalt leistet, ist nach Eintritt der Volljährigkeit zumeist Barunterhalt zu zahlen. Volljährige Kinder haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt regelmäßig nicht mehr im Haushalt der Eltern, sondern leben häufig in eigenen Wohnungen oder Wohngemeinschaften.
Unterhalt für privilegierte volljährige Kinder
Ein besonderer Status kommt sogenannten privilegierten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) zu. Hierzu zählen unverheiratete volljährige Kinder unter 21 Jahren, die im Haushalt eines Elternteils leben und sich in allgemeiner Schulausbildung befinden. Für sie gelten die gleichen unterhaltsrechtlichen Maßstäbe wie für minderjährige Kinder, einschließlich Vorrangs in der Haftungsreihenfolge und Bemessung nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle.
Ausbildungsunterhalt
Eltern sind verpflichtet, eine angemessene Ausbildung der volljährigen Kinder zu finanzieren (§ 1610 BGB). Die Zumutbarkeit der Ausbildung und die Angemessenheit der Dauer werden anhand objektiver Maßstäbe beurteilt. Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt besteht nur für die erste berufsqualifizierende Ausbildung. Verzögerungen und Ausbildungswechsel müssen grundsätzlich nachvollziehbar und fachlich plausibel begründet werden.
Anspruchshöhe und Anrechnung eigenen Einkommens
Der Bedarf volljähriger Kinder, die nicht mehr im Haushalt der Eltern leben, ist in der Düsseldorfer Tabelle geregelt. Eigene Einkünfte des volljährigen Kindes, etwa aus Nebenjobs oder Ausbildungsvergütung, sind bedarfsmindernd anzurechnen. Kindergeld ist vorrangig auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen.
Unterhaltsverpflichtung der Eltern im Verhältnis zueinander
Mit Eintritt der Volljährigkeit sind beide Elternteile jeweils anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zum Unterhalt verpflichtet. Die Haftungsquote bemisst sich am jeweiligen bereinigten Nettoeinkommen.
Elterliche Sorge und Vertretungsrechte
Mit Vollendung des 18. Lebensjahres tritt das Ende der elterlichen Sorge ein (§ 1626 Abs. 2 BGB). Die Personensorge und Vermögenssorge erlöschen vollständig. Eltern sind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vertretungsberechtigt. Volljährige Kinder entscheiden selbst über Wohnsitz, Ausbildung, Gesundheitsfragen und sämtliche Alltagsangelegenheiten.
Steuerrechtliche Aspekte volljähriger Kinder
Im Steuerrecht besteht die Möglichkeit, das Kindergeld sowie Freibeträge für volljährige Kinder zu erhalten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Eltern volljähriger Kinder können unter bestimmten Bedingungen bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld oder den Kinderfreibetrag erhalten, sofern das Kind sich in Ausbildung befindet oder bestimmte Übergangszeiten einhält (§ 32 Abs. 4 EStG).
Sozialrechtliche und weitere spezielle Regelungen
Auch im Sozialrecht existieren besondere Vorschriften hinsichtlich volljähriger Kinder. Etwa nach SGB II (Bürgergeld) bestehen im Rahmen von Bedarfsgemeinschaften gesonderte Regelungen. Mit Eintritt der Volljährigkeit besitzen Kinder grundsätzlich einen eigenen Anspruch, jedoch bleibt die familiäre Bedarfsberechnung teilweise relevant.
Bedeutung im Familienrecht
Im Familienrecht hat der Status volljähriger Kinder insbesondere bei Fragen des Unterhalts, des Sorge- und Umgangsrechts sowie im Erbrecht Bedeutung. Die Rechte und Pflichten zwischen Eltern und volljährigen Kindern verändern sich erheblich, und volljährige Kinder sind jederzeit prozessfähig (§ 51 ZPO).
Keine Anwendung des Umgangsrechts
Das Umgangsrecht (§ 1684 BGB) besteht ausschließlich für minderjährige Kinder. Für volljährige Kinder ergibt sich kein gesetzlicher Anspruch der Eltern auf Kontakt oder Umgang.
Zusammenfassung und Bedeutung im Rechtsalltag
Der Begriff „volljährige Kinder” hat in verschiedenen Rechtsbereichen eine wesentliche Bedeutung. Mit der Volljährigkeit entstehen weitreichende Folgen im Unterhaltsrecht, Steuerrecht, Sozialrecht und Familienrecht. Die Haftungs- und Vertretungsverhältnisse ändern sich grundlegend. Eltern behalten unter bestimmten Bedingungen weiterhin Unterhaltspflichten, während die Kinder selbstständig rechtsfähig werden.
Eine genaue Betrachtung der Rechtslage ist erforderlich, um die jeweiligen Pflichten und Rechte zu verstehen und sachgerecht anzuwenden. Dies betrifft insbesondere die unterhaltsrechtlichen Ansprüche und deren Berechnung sowie die gesetzlichen Voraussetzungen für steuerliche Vergünstigungen. Volljährige Kinder stehen zunehmend eigenverantwortlich im Rechtsverkehr und genießen umfassenden Schutz ihrer persönlichen Eigenständigkeit.
Häufig gestellte Fragen
Haben volljährige Kinder weiterhin Anspruch auf Unterhalt?
Der Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder richtet sich in Deutschland grundsätzlich nach den §§ 1601 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Mit Erreichen der Volljährigkeit (18. Lebensjahr) ändert sich jedoch sowohl der Kreis der unterhaltspflichtigen Personen als auch die Art der Bedürftigkeit: Beide Elternteile sind ab diesem Zeitpunkt barunterhaltspflichtig, unabhängig davon, bei wem das Kind lebt. Ein Unterhaltsanspruch besteht dann, wenn das volljährige Kind bedürftig ist – also den eigenen Lebensunterhalt durch eigenes Einkommen oder Vermögen nicht sichern kann – und sich in einer allgemeinen Schulausbildung oder einer erstmaligen, angemessenen Berufsausbildung befindet. Nach Abschluss der ersten Ausbildung oder wenn das Kind einer zumutbaren Erwerbstätigkeit nachgehen könnte, erlischt der Unterhaltsanspruch meist. Auch wird das Kindergeld oder vergleichbare staatliche Leistungen in voller Höhe auf den Unterhalt angerechnet. Voraussetzung bleibt stets, dass das Kind seine Ausbildung zielstrebig und ohne unangemessene Verzögerungen verfolgt.
Wie beeinflusst eigenes Einkommen des volljährigen Kindes den Unterhaltsanspruch?
Eigene Einkünfte des volljährigen Kindes, beispielsweise aus einer Berufsausbildung, Nebenjobs, Praktika oder Ausbildungsvergütung, werden auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Nach § 1602 BGB sind volljährige Kinder verpflichtet, ihre Einkünfte vorrangig zur Deckung des eigenen Bedarfs einzusetzen. Erst wenn die Einkünfte nicht ausreichen, besteht ein Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern. Als Einkommen zählen dabei auch BAföG-Leistungen (soweit nicht als Darlehen gewährt), Stipendien oder Kapitalerträge. Wird ein bestimmtes, angemessenes Niveau an Eigenständigkeit erreicht, kann ein Unterhaltsanspruch entfallen. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung werden auch eigene Vermögenswerte berücksichtigt, sofern deren Verwertung zumutbar ist.
Was passiert bei einer Zweitausbildung bezüglich des Unterhaltsanspruchs?
Grundsätzlich besteht ein Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern nach Abschluss der ersten, berufsqualifizierenden Ausbildung oder eines Erststudiums nicht mehr, da ab diesem Zeitpunkt von einer gesteigerten Eigenverantwortung ausgegangen wird (§ 1610 Abs. 2 BGB). Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Zweitausbildung in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erstausbildung steht und das Kind bereits während der ersten Ausbildung erkennbar gemacht hat, dass eine weiterführende Ausbildung angestrebt wird (sog. Ausbildungsweg- oder -kontinuität). In Ausnahmefällen, wie z. B. einer notwendigen Umorientierung aufgrund gesundheitlicher Gründe oder besonderer Umstände, kann erneut ein Unterhaltsanspruch entstehen. Grundsätzlich sind jedoch für spätere, alternative Ausbildungswege primär das Kind selbst oder z. B. der Ehegatte unterhaltspflichtig.
Bin ich als Elternteil barunterhaltspflichtig, wenn das volljährige Kind noch bei mir wohnt?
Sobald das Kind volljährig ist, sind beide Elternteile gegenüber dem Kind grundsätzlich barunterhaltspflichtig, unabhängig davon, bei wem das Kind lebt (§ 1601 BGB). Der Naturalunterhalt (Unterkunft und Verpflegung) kann nicht mehr wie bei minderjährigen Kindern angesetzt werden; stattdessen muss Unterhalt grundsätzlich in Form von Geldzahlungen geleistet werden. Allerdings wird weiterhin ein Wohnvorteil berücksichtigt, wenn das volljährige Kind noch im elterlichen Haushalt lebt: Der Unterhaltsbedarf reduziert sich um eine Wohnkostenpauschale bzw. kann der Wert des Sachunterhalts, den das Kind vom im gleichen Haushalt lebenden Elternteil erhält, wie eine Geldzahlung behandelt werden. Die genaue Bedarfsbemessung erfolgt in der Regel anhand der Düsseldorfer Tabelle, wobei für nicht studierende Kinder ein pauschaler Bedarf und für Studierende, die nicht mehr zu Hause wohnen, ein erhöhter Bedarfssatz angesetzt wird.
In welchem Umfang müssen volljährige Kinder sich um eine Arbeitsstelle bemühen?
Mit Eintritt der Volljährigkeit ist das Kind verpflichtet, alles Zumutbare zu unternehmen, um seinen Lebensunterhalt selbst zu sichern (§ 1602 BGB). Das bedeutet, dass volljährige Kinder, die sich weder in Ausbildung noch im Studium befinden, keine weiteren Unterhaltsansprüche haben, sofern sie arbeitsfähig und gesund sind. Von ihnen wird verlangt, sich aktiv um einen Arbeitsplatz zu bemühen und Eigenbemühungen um einen Ausbildungsplatz oder eine Tätigkeit nachzuweisen. Kann ein solches Bemühen nicht glaubhaft gemacht werden, entfällt der Unterhaltsanspruch. Ausnahmen gelten lediglich, wenn das Kind aus objektiven Gründen nicht arbeitsfähig ist oder sich noch in einer berufsqualifizierenden Ausbildung befindet.
Wie wird die Haftungsquote zwischen den Eltern ermittelt?
Nach Erreichen der Volljährigkeit haftet jeder Elternteil anteilig nach seinem Einkommen (§ 1606 Abs. 3 BGB). Das bedeutet, die Höhe des jeweiligen Unterhaltsanteils bemisst sich nach den bereinigten Nettoeinkommen beider Elternteile. Die Unterhaltslast wird entsprechend dem Verhältnis der Einkommen verteilt, wobei Mindestselbstbehalte (Eigenbedarf) berücksichtigt werden. Lebt das Kind noch im elterlichen Haushalt, werden die Beiträge beider Elternteile zusammengerechnet und der Anteil nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ermittelt. Sind beide Eltern nicht leistungsfähig, entfällt der Unterhaltsanspruch mangels Leistungsfähigkeit. Gibt es zusätzliche Unterhaltspflichten (z. B. gegenüber Geschwistern), ist die Rangfolge gemäß § 1609 BGB zu beachten.
Was gilt für den Unterhaltsanspruch während eines Studiums?
Der Unterhaltsanspruch für volljährige Kinder im Studium richtet sich nach der Lebensstellung der Eltern, jedoch innerhalb eines standardisierten Bedarfsrahmens. Der angemessene monatliche Unterhalt für Studierende, die nicht mehr im Haushalt der Eltern leben, beläuft sich gemäß Düsseldorfer Tabelle (Stand 2024) regelmäßig auf 930 Euro, zuzüglich eventueller Mehrbedarfe (z. B. Studiengebühren, berufsbedingte Aufwendungen) und abzüglich anzurechnender eigener Einkünfte oder Kindergeld. Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch bleibt, dass das Studium in angemessener Zeit und ohne längere Verzögerungen betrieben wird. Studiengang- oder Hochschulwechsel müssen plausibel begründet und dürfen das Ausbildungsziel nicht unverhältnismäßig verzögern. Bei Überschreitung der Regelstudienzeit kann der Unterhaltsanspruch versagen oder eingeschränkt werden; Ausnahmen (z. B. Krankheit, Behinderung) sind möglich.
Kann der Unterhaltsanspruch für volljährige Kinder an Dritte abgetreten oder gepfändet werden?
Ein Unterhaltsanspruch ist grundsätzlich höchstpersönlich und nicht ohne Weiteres an Dritte übertragbar. Eine Abtretung oder Pfändung des Unterhaltsanspruchs ist jedoch möglich, wenn das volljährige Kind z. B. öffentliche Leistungen (wie Unterhaltsvorschuss oder Sozialleistungen) bezieht und eine entsprechende Abtretungspflicht nach § 33 SGB II besteht. Im Rahmen einer Pfändung stellt der Unterhaltsanspruch aber einen unpfändbaren Bedarf im Sinne der §§ 850 ff. ZPO (Zivilprozessordnung) dar, da der Unterhalt primär der Sicherung des Lebensunterhalts dient. Eine Pfändung oder Übertragung des Anspruchs ist somit nur in engen Ausnahmefällen – etwa zur Rückforderung von öffentlich geleisteten Vorschüssen – zulässig.