Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Zivilrecht»Vindikationszession

Vindikationszession


Begriff und Rechtsnatur der Vindikationszession

Die Vindikationszession ist ein Begriff aus dem deutschen Sachenrecht und beschreibt eine spezielle Form der Forderungsabtretung (§§ 398 ff. BGB), bei der eine Sicherungsübereignung des Eigentums an einer beweglichen Sache durch die Zession einer aus dem Eigentum abgeleiteten Herausgabeanspruchs (insbesondere des § 985 BGB) flankiert oder ersetzt werden kann. Die Vindikationszession kommt vor allem in Konstellationen vor, bei denen ein unmittelbarer Besitzübergang vom Sicherungsgeber auf den Sicherungsnehmer nicht möglich oder unerwünscht ist.

Definition und rechtlicher Hintergrund

Bei der Vindikationszession überträgt der Sicherungsgeber seine gegenwärtigen und zukünftigen Herausgabeansprüche (v. a. Eigentümer-Besitzschutzansprüche nach § 985 BGB) an den Sicherungsnehmer. Anstatt wie bei der Sicherungsübereignung unmittelbares oder mittelbares Eigentum an einem Gegenstand zu verschaffen, wird also der Anspruch auf Herausgabe abgetreten.

Typischer Anwendungsfall ist das Sicherungsgeschäft, bei dem Sicherungsnehmer (z. B. ein Kreditgeber) den Anspruch auf Herausgabe einer wertvollen Sache erhält, ohne selbst Besitzer der Sache zu werden. Die wirtschaftliche Funktion der Vindikationszession ist vergleichbar mit der Sicherungsübereignung, jedoch werden hier rechtlich lediglich Forderungen transferiert, nicht das Eigentum an der Sache selbst.

Abgrenzung zu anderen Sicherungsrechten

Unterschied zur Sicherungsübereignung

Die klassische Sicherungsübereignung erfordert einen Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB (bei Übergabe) oder nach § 930 BGB (Besitzkonstitut) von Sicherungsgeber auf Sicherungsnehmer. Bei der Vindikationszession erfolgt hingegen keine Eigentumsübertragung an der beweglichen Sache, sondern lediglich die Abtretung des Herausgabeanspruchs. Die Vindikationszession ist insbesondere dann relevant, wenn die rechtlichen und praktischen Voraussetzungen für eine echte Sicherungsübereignung nicht gegeben sind.

Abgrenzung zur Forderungszession

Während bei der Forderungszession beliebige Forderungen Gegenstand der Abtretung sein können, bezieht sich die Vindikationszession speziell auf Herausgabeansprüche, meist auf Grundlage des § 985 BGB.

Voraussetzungen und Wirksamkeit der Vindikationszession

Abtretbarkeit des Herausgabeanspruchs

Der Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) ist grundsätzlich nach § 398 BGB abtretbar, da er auf eine Leistung gerichtet ist (Anspruch auf Herausgabe und Überlassung des Besitzes). Die Abtretung ist allerdings nur wirksam, sofern keine entgegenstehenden Vereinbarungen oder gesetzlichen Verbote bestehen.

Bestimmtheitsanforderungen

Wie bei jeder Zession müssen auch bei der Vindikationszession die zu sichernden Ansprüche bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Dies betrifft sowohl die abgetretenen Herausgabeansprüche als auch das gesicherte zugrunde liegende Schuldverhältnis (z. B. eine Darlehensforderung).

Formanforderungen

Gesetzlich ist für die Vindikationszession keine besondere Form vorgeschrieben. In der Praxis wird jedoch aus Nachweis- und Klarstellungsgründen regelmäßig die Schriftform gewählt. Enthält die Zession eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Sicherung festgelegter Forderungen, sollten die Modalitäten schriftlich fixiert werden.

Funktion und Bedeutung der Vindikationszession in der Praxis

Sicherungsmittel im Kreditsicherungsrecht

Die Vindikationszession wird insbesondere bei der Kreditsicherung eingesetzt, wenn eine Sicherungsübereignung aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen ausscheidet (z. B. Besitzkonstitution nicht möglich, Weiterveräußerung der Sicherungsgüter geplant, Schutz vor Zugriffen Dritter). Besonders bei bei Bestehen von Vorbehaltskäufen oder komplexen Besitzverhältnissen spielt die Vindikationszession eine wichtige Rolle.

Befriedigungsrecht des Sicherungsnehmers

Kommt es zum Sicherungsfall (insbesondere Zahlungsverzug des Sicherungsgebers), kann der Sicherungsnehmer aus dem abgetretenen Herausgabeanspruch gegen den jeweiligen Besitzer der Sache vorgehen und sich ggf. aus dem Erlös der Sache befriedigen. Voraussetzung ist, dass der Herausgabeanspruch noch besteht und der Sicherungsnehmer (nunmehriger Anspruchsinhaber) nach § 398 BGB wirksam in das Schuldverhältnis eingerückt ist.

Insolvenzrechtliche Aspekte

Im Insolvenzfall des Sicherungsgebers stellt sich die Frage nach der insolvenzfesten Ausgestaltung der Vindikationszession. Abtretungen, die vor Verfahrenseröffnung erfolgt sind, bleiben nach § 80 InsO grundsätzlich wirksam, solange sie nicht anfechtbar sind (§§ 129 ff. InsO). Die genaue Rechtsstellung hängt jedoch wesentlich davon ab, ob der Sicherungsnehmer tatsächlich und rechtzeitig die abgetretenen Herausgabeansprüche geltend machen kann.

Kritik, Risiken und Problemstellungen

Eigentumsschutz und Drittwiderstand

Wird ein Herausgabeanspruch zediert, ohne dass das Eigentum an der Sache parallel gesichert ist, kann der neue Anspruchsinhaber unter Umständen durch Dritte beeinträchtigt werden. Insbesondere besteht ein Risiko darin, dass der Sicherungsgeber die Sache weiterveräußert oder belastet, wodurch dem Sicherungsnehmer ggf. nur ein Anspruch gegen einen insolventen oder nicht verfügbaren Dritterwerber verbleibt.

Durchsetzungsschwierigkeiten

Der effektive Rechtsschutz des Sicherungsnehmers hängt maßgeblich davon ab, dass der Herausgabeanspruch tatsächlich noch existiert und nicht durch rechtliche oder tatsächliche Hindernisse (z. B. Besitzübergang auf einen gutgläubigen Dritten) vereitelt wird. Die Vindikationszession bietet daher im Vergleich zur Sicherungsübereignung unter Umständen einen geringeren Sachwertschutz.

Übersicht und Zusammenfassung

Die Vindikationszession ist ein im deutschen Sachen- und Kreditsicherungsrecht etabliertes Sicherungsmittel. Sie zeichnet sich durch die Abtretung von Herausgabeansprüchen (§ 985 BGB) aus und bietet insbesondere dort Lösungen, wo die klassische Sicherungsübereignung nicht praktikabel oder rechtlich nicht möglich ist. Dennoch muss ihre Anwendung sorgfältig ausgestaltet werden, um Durchsetzungslücken zu vermeiden und das Sicherungsinteresse effektiv zu schützen.

Verwandte Begriffe: Sicherungsabtretung, Sicherungsübereignung, Forderungszession, Sicherungsübereignung, Herausgabeanspruch (§ 985 BGB), Kreditsicherung


Dieser Beitrag bietet einen fundierten Überblick über die rechtlichen Grundlagen, die Voraussetzungen, die praktische Bedeutung sowie die Risiken und Grenzen der Vindikationszession als Sicherungsmittel im deutschen Recht.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine wirksame Vindikationszession vorliegen?

Für eine wirksame Vindikationszession müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss ein wirksames Grundgeschäft, häufig ein Sicherungsvertrag, zwischen dem Zedenten und dem Zessionar bestehen, das die Abtretung der Herausgabeansprüche aus § 985 BGB (Eigentümer-Besitzer-Verhältnis) regelt. Die Abtretung selbst muss gem. § 398 BGB durch eine Einigung zwischen Zedent und Zessionar erfolgen, wobei die Schriftform nicht zwingend erforderlich ist, aber zweckmäßig sein kann. Der Zedent muss Inhaber des abgetretenen Anspruchs sein, also Eigentümer der Sache und berechtigt zur Geltendmachung des Herausgabeanspruchs. Eine Besonderheit betrifft die Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung: Da sich der Herausgabeanspruch aus dem Eigentum an einer bestimmten Sache ergibt, muss diese Sache hinreichend individualisiert sein. Darüber hinaus darf keine gesetzliche Abtretungsbeschränkung, etwa nach § 399 BGB, vorliegen. Schließlich ist zu beachten, dass bei der Vindikationszession als Sicherungsmittel regelmäßig Nebenabreden, wie die Rückabtretung bei Erfüllung der gesicherten Forderung, getroffen werden.

Kann der Besitzer der Sache dem Zessionar Einwendungen entgegenhalten?

Der Besitzer kann dem Zessionar sämtliche Einwendungen entgegenhalten, die auf Grundlage des Schuldverhältnisses mit dem Zedenten entstanden sind (§ 404 BGB). Ist etwa der Besitz durch ein Miet- oder Leihverhältnis begründet, kann gegenüber dem Zessionar beispielsweise das Recht zum Besitz (§ 986 BGB) eingewandt werden, sofern es auch gegen den ursprünglichen Eigentümer, also den Zedenten, wirkte. Auch sonstige Einwendungen, wie ein Zurückbehaltungsrecht aus anderen schuldrechtlichen Beziehungen, bleiben dem Besitzer erhalten. Allerdings kann sich der Besitzer neuen, ausschließlich gegenüber dem Zessionar entstandenen Einwendungen nicht berühmen, da diese nach § 404 BGB unbeachtlich sind.

Welche Funktion erfüllt die Vindikationszession als Sicherungsmittel?

Im deutschen Recht dient die Vindikationszession regelmäßig als Kreditsicherungsmittel. Sie ermöglicht es dem Sicherungsnehmer (Zessionar), sich eine potentielle Rechtsposition an beweglichen Sachen zu sichern, ohne unmittelbaren Besitz oder Eigentum zu erhalten. Im Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers (Zedent) kann der Sicherungsnehmer den abgetretenen Herausgabeanspruch geltend machen, um sich die Sache zu verschaffen und so eine bevorzugte Befriedigung seiner gesicherten Ansprüche zu erreichen. Insbesondere bei verlängerter Eigentumsvorbehaltssicherung oder Sicherungsübereignungen an Dritte kann dieses Sicherungsinstrument sinnvoll eingesetzt werden, wenn eine Übertragung des unmittelbaren Besitzes nicht möglich oder nicht gewollt ist.

Wie wirkt sich eine Vindikationszession auf den gutgläubigen Erwerb der Sache aus?

Eine bestehende Vindikationszession schützt den abgetretenen Herausgabeanspruch des Zessionars grundsätzlich nicht vor gutgläubigem Erwerb der Sache durch Dritte nach §§ 932 ff. BGB. Veräußert der Besitzer die Sache an einen Dritten, der in gutem Glauben ist und das Eigentum erwirbt, erlischt der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB, da der Zessionar nur einen Anspruch auf Herausgabe vom jeweiligen Eigentümer ableiten kann. Der Schutz des Zessionars besteht daher lediglich im Rahmen eines bestehenden Herausgabeanspruchs; dieser Anspruch kann durch einen gutgläubigen Erwerb neutralisiert werden. Das Sicherungsmittel ist daher nur solange werthaltig, wie das Eigentum beim Zedenten oder Zessionar verbleibt.

Können mehrere Herausgabeansprüche zeitgleich durch Vindikationszession abgetreten werden?

Da der Anspruch aus § 985 BGB ein dinglicher Herausgabeanspruch ist, der nur dem Eigentümer gegenüber dem Besitzer zusteht, kann stets nur der tatsächlich bestehende Herausgabeanspruch aus dem Eigentum an einer konkreten Sache abgetreten werden. Liegt bereits eine Abtretung an einen ersten Zessionar vor, kann der Zedent den Anspruch grundsätzlich nicht nochmals an eine andere Partei abtreten. Eine Mehrfachabtretung desselben Herausgabeanspruchs ist daher rechtlich ausgeschlossen. Nur wenn das Eigentum oder der Herausgabeanspruch wieder an den Zedenten zurückfällt (etwa durch Rückabtretung), kann er den Anspruch neu abtreten.

Wie ist das Verhältnis zwischen Vindikationszession und Sicherungsübereignung?

Beide Sicherungsmittel – Vindikationszession und Sicherungsübereignung – dienen der Sicherung von Forderungen, unterscheiden sich jedoch technisch erheblich. Die Sicherungsübereignung verschafft dem Sicherungsnehmer das (treuhänderisch gebundene) Eigentum an der Sache ohne Besitzübertragung, wohingegen bei der Vindikationszession lediglich der Herausgabeanspruch abgetreten wird, das Eigentum aber beim Sicherungsgeber verbleibt. Die Vindikationszession kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn eine Sicherungsübereignung wegen fehlender Alleinbestimmungsbefugnis des Sicherungsgebers oder aus praktischen Gründen nicht möglich ist. Ein weiterer Unterschied liegt in der rechtlichen Durchsetzung im Sicherungsfall: Während der Sicherungseigentümer auf § 985 BGB klagen kann, ist der Zessionar auf die Geltendmachung des abgetretenen Anspruchs angewiesen und bleibt auf das Schicksal des Eigentums beim Zedenten angewiesen.

Welche insolvenzrechtlichen Auswirkungen hat die Vindikationszession?

Im Insolvenzverfahren des Zedenten kann der Zessionar als Sicherungsnehmer gemäß § 47 InsO (Aussonderung) oder §§ 50, 51 InsO (Absonderung) aus dem abgetretenen Anspruch Rechte geltend machen. Voraussetzung ist, dass die Vindikationszession vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam vorgenommen wurde und der Anspruch aus § 985 BGB bestehen bleibt. Wird die Sache allerdings aus der Insolvenzmasse veräußert oder Dritte erwerben Eigentum, kann ein Aussonderungsrecht nicht mehr geltend gemacht werden. Besteht allerdings ein Herausgabeanspruch aus dem Eigentum heraus weiterhin, so hat der Zessionar hieran ein insolvenzfestes Recht, das dem Zugriff der Insolvenzmasse entzogen ist.