Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»IT Recht»Video-Aufzeichnungen und ‑Übertragungen

Video-Aufzeichnungen und ‑Übertragungen


Begriff und rechtliche Grundlagen der Video-Aufzeichnungen und ‑Übertragungen

Video-Aufzeichnungen und ‑Übertragungen bezeichnen die Erfassung, Speicherung und/oder (Live-)Übermittlung von Bild- und Tonsequenzen mittels elektronischer Geräte in analoger oder digitaler Form. Sie umfassen sowohl dauerhafte Speicherung (z. B. auf Datenträgern oder Servern) als auch bloße Echtzeit-Übertragung (Streaming, Videokonferenz, Überwachung). Die rechtliche Einordnung dieser Vorgänge richtet sich je nach Einsatzbereich, betroffenen Schutzgütern und beteiligten Personen nach vielschichtigen gesetzlichen Regelwerken.

Anwendungsfelder von Video-Aufzeichnungen und ‑Übertragungen

Die Nutzung von Video-Technik findet in verschiedenen Kontexten statt, beispielsweise in der privaten oder öffentlichen Videoüberwachung, bei geschäftlichen Videokonferenzen, der digitalen Beweisaufnahme, der Medienberichterstattung, der Speicherung von Unterrichtseinheiten und in weiteren gesellschaftlichen Bereichen. Daraus ergeben sich unterschiedliche rechtliche Anforderungen und Prüfpflichten.

Datenschutzrechtliche Aspekte

Allgemeines Datenschutzrecht nach DSGVO und BDSG

Die Anfertigung und Auswertung von Video-Aufzeichnungen sowie die Übermittlung von Video-Signalen berühren regelmäßig personenbezogene Daten im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) stellen hohe Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung solcher Daten.

Rechtmäßigkeit der Verarbeitung

Für jede Video-Aufzeichnung sowie jede Video-Übertragung, die personenbezogene Daten betrifft, bedarf es einer rechtlichen Grundlage gemäß Art. 6 DSGVO. Typische Rechtsgrundlagen sind:

  • Einwilligung der betroffenen Personen
  • Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen (Abwägung mit den Grundrechten und -freiheiten der betroffenen Personen)
  • Vertragserfüllung oder Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen

Informationspflichten und Transparenz

Nach Art. 13 DSGVO müssen Betroffene spätestens zum Zeitpunkt der Datenerhebung klar und verständlich über Art und Zweck der Video-Aufzeichnung oder ‑Übertragung, verantwortliche Stelle, Speicherdauer und mögliche Weitergaben informiert werden. Bei offenen Überwachungsanlagen geschieht dies regelmäßig durch Hinweisschilder.

Zweckbindung, Speicherbegrenzung und Datensicherheit

Video-Daten dürfen ausschließlich für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke verarbeitet werden. Spätestens nach Zweckerreichung oder Wegfall der Erforderlichkeit ist eine datenschutzkonforme Löschung zu gewährleisten. Sicherungsmaßnahmen, wie Verschlüsselung und Zugriffsprotokolle, müssen den Stand der Technik widerspiegeln (Art. 32 DSGVO).

Besondere Herausforderungen bei Live-Übertragungen

Die Übertragung von Video-Signalen in Echtzeit (z. B. bei Livestreams, Konferenzen oder Online-Unterricht) erfordert regelmäßig zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, um unbefugte Zugriffe und Datenabflüsse zu verhindern. Darüber hinaus gelten auch für Livestreams die oben genannten Informations- und Transparenzpflichten sowie Vorgaben zur Datenminimierung.

Videoüberwachung im öffentlichen Raum

Bei Videoaufsichtsmaßnahmen durch öffentliche oder private Stellen im öffentlich zugänglichen Raum finden sich spezifische gesetzliche Rahmenbedingungen, insbesondere § 4 BDSG sowie entsprechende Polizei- und Ordnungsgesetze der Bundesländer. Die Zulässigkeit der Anfertigung und Auswertung richtet sich danach,

  • ob die Maßnahme zur Wahrnehmung des Hausrechts,
  • zur Wahrung berechtigter Interessen oder
  • zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben

erforderlich und angemessen erfolgt. Die Verhältnismäßigkeit ist regelmäßig zu prüfen, etwa durch Interessenabwägung und Prüfung milderer Mittel.

Strafrechtliche und zivilrechtliche Rahmenbedingungen

Strafrechtlicher Schutz vor unzulässigen Aufnahmen (§ 201a StGB)

Die heimliche Herstellung oder Übertragung von Bildaufnahmen, insbesondere in höchstpersönlichen Lebensbereichen, ist strafbewehrt (§ 201a StGB – Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen). Auch das unbefugte Zugänglichmachen oder Verbreiten solcher Aufnahmen kann strafrechtlich relevant sein. Ausnahmen bestehen im Rahmen berechtigter Interessen oder bei ausdrücklicher Einwilligung betroffener Personen.

Zivilrechtliche Ansprüche bei unzulässigen Video-Aufzeichnungen

Die unerlaubte Herstellung, Übertragung oder Verbreitung von Videoaufnahmen kann nach § 1004 BGB analog i. V. m. § 823 BGB (allgemeines Persönlichkeitsrecht) unterlassungs-, beseitigungs- und ggf. auch schadensersatzpflichtig machen. Einwilligungserfordernisse und die Abwägung widerstreitender Interessen (z. B. wahrheitsgemäße Berichterstattung vs. Privatsphäre) kommen dabei entscheidende Bedeutung zu.

Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG)

Das Kunsturhebergesetz (KUG) regelt, dass Video-Aufnahmen von erkennbaren Personen ohne deren Einwilligung grundsätzlich nicht verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen, es sei denn, es greift ein Ausnahmetatbestand (z. B. Personen der Zeitgeschichte, Aufnahmen aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Versammlungen). Die Rechtsprechung differenziert nach Umständen des Einzelfalls und Gewicht der Interessen.

Umgang mit Video-Aufzeichnungen und ‑Übertragungen in Arbeitsverhältnissen

Kontrolle und Mitbestimmung am Arbeitsplatz

Video-Aufzeichnungen und Video-Übertragungen durch Arbeitgeber zum Zweck der Arbeitnehmerüberwachung sind nur unter engen Bedingungen zulässig und regelmäßig mitbestimmungspflichtig nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Betriebs- oder Personalräte sind zu beteiligen, und es sind datenschutzrechtliche und arbeitsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen. Eine permanente oder heimliche Überwachung ist grundsätzlich unzulässig.

Aufzeichnungen von Online-Besprechungen und Homeoffice

Die Erstellung von Video-Aufzeichnungen bei virtuellen Besprechungen erfordert die ausdrückliche Zustimmung aller Teilnehmenden, unabhängig davon, ob es sich um betriebliche oder private Settings handelt.

Video-Aufzeichnungen und ‑Übertragungen in der Justiz und im Prozessrecht

Gerichtsverhandlungen und Prozessaufzeichnungen

In deutschen Gerichtsverhandlungen ist nach § 169 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) die Herstellung von Ton- und Bildaufnahmen oder ‑übertragungen vor, während und nach der Sitzung grundsätzlich unzulässig, sofern nicht im Einzelfall anders entschieden wird. Ausnahmefälle sowie die mediale Berichterstattung unterliegen strengen Reglementierungen.

Videoübertragung im Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozess

Zur Zeugenvernehmung oder zur Beweisaufnahme kann im Einzelfall eine Videoübertragung im Prozess erfolgen, sofern der Schutz der Beteiligten, die Wahrheitsfindung oder Verfahrensbeschleunigung dies gebieten (§ 128a ZPO, §§ 58a ff. StPO, § 91a VwGO).

Videoaufzeichnung und Urheberrecht

Schutz von Video-Inhalten

Video-Aufzeichnungen können selbst urheberrechtlich geschützt sein (z. B. als Filmwerke nach § 2 UrhG oder Laufbilder nach § 95 UrhG), sowohl hinsichtlich der Speicherung, Übertragung als auch bei deren Weiterverwendung, Vervielfältigung und öffentlicher Wiedergabe.

Rechte Dritter an abgebildeten Werken oder Personen

Möglich ist, dass auf Video-Aufzeichnungen fremde urheberrechtlich geschützte Werke oder Persönlichkeitsrechte Dritter (z. B. Marken, Kunstwerke, Minderjährige) abgebildet sind. Auch deren Rechte sind zu beachten, was zusätzliche Einwilligungen oder Rechteklärungen erforderlich machen kann.

Fazit: Rechtliche Einordnung und Handlungsbedarf

Video-Aufzeichnungen und ‑Übertragungen unterliegen in Deutschland und der Europäischen Union weitreichenden gesetzlichen Anforderungen, die sich aus Datenschutzrecht, Zivilrecht, Strafrecht, Arbeitsrecht, Medienrecht und Urheberrecht zusammensetzen. Jede Aufnahme oder Übertragung ist auf ihre Zulässigkeit, Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu prüfen. Verantwortliche müssen Informations-, Lösch- und Sicherheitspflichten einhalten sowie Interessenabwägungen und Vorgaben aus Spezialgesetzen beachten. Zuwiderhandlungen können sowohl zivil- und strafrechtliche, als auch aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist für Videoaufzeichnungen eine Einwilligung der betroffenen Personen erforderlich?

Für die rechtmäßige Anfertigung von Videoaufzeichnungen, auf denen Personen identifizierbar sind, ist in den meisten Fällen eine vorherige, informierte und freiwillige Einwilligung der betroffenen Personen erforderlich. Dies ergibt sich vor allem aus den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie ergänzenden nationalen Datenschutzgesetzen, wie z.B. dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in Deutschland. Die Einwilligung muss schriftlich oder elektronisch erfolgen, spezifisch die Art, den Zweck und den Umfang der Verarbeitung der Videoaufzeichnung beschreiben und jederzeit widerrufbar sein. Besonders strenge Anforderungen gelten bei der Aufzeichnung besonders schutzwürdiger Bereiche (z.B. Arbeitsplätze, Umkleideräume oder private Wohnbereiche). Ausnahmen von der Einwilligungspflicht können bestehen, wenn schwerwiegende berechtigte Interessen des Aufzeichnenden die Rechte der betroffenen Personen überwiegen, wobei stets eine Einzelfallabwägung erforderlich ist.

Welche Informationspflichten bestehen bei Videoaufnahmen gemäß DSGVO?

Nach Art. 13 und 14 DSGVO müssen betroffene Personen bei der Erhebung von Bilddaten durch Videoaufzeichnungen umfassend informiert werden. Hierzu zählen insbesondere die Identität und Kontaktdaten des Verantwortlichen, der Zweck sowie die Rechtsgrundlage der Videoaufzeichnung, die Speicherdauer, Empfänger der Daten, Informationen über die Rechte der Betroffenen (z.B. Auskunft, Löschung, Widerspruch) und gegebenenfalls Angaben zum Datenschutzbeauftragten. Diese Informationen müssen in präziser, transparenter, verständlicher sowie leicht zugänglicher Form bereitgestellt werden, häufig durch deutlich sichtbare Hinweisschilder („Videoüberwachung – Informationen gemäß Art. 13 DSGVO“) am betroffenen Standort und in ausführlicherer Form z.B. online oder als Aushang.

Wie lange dürfen Videoaufzeichnungen gespeichert werden?

Die Speicherdauer von Videoaufzeichnungen muss grundsätzlich auf das zur Erreichung des Zwecks erforderliche Minimum beschränkt sein, wie es Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO („Speicherbegrenzung“) vorsieht. Die konkrete Dauer richtet sich nach dem jeweiligen Zweck der Aufzeichnung, z. B. Gefahrenabwehr, Beweissicherung oder Zutrittskontrolle. Üblich sind in der Praxis maximale Speicherfristen von 48 bis 72 Stunden, es sei denn, ein bestimmter Vorfall erfordert eine längere Speicherung (etwa zur Beweissicherung bei Straftaten oder Unfällen). Nach Wegfall des Zwecks sind die Aufnahmen unverzüglich zu löschen. Eine Dokumentation und Begründung der gewählten Speicherfristen ist im Rahmen der Rechenschaftspflicht unbedingt erforderlich.

Welche Rechte haben betroffene Personen bei Videoaufzeichnungen?

Betroffene Personen haben gegenüber dem Verantwortlichen der Videoaufzeichnung eine Vielzahl von Rechten gemäß Art. 12 ff. DSGVO. Hierzu zählen insbesondere das Recht auf Auskunft über die verarbeiteten Bilddaten, das Recht auf Berichtigung unrichtiger Daten, das Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“), das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung, das Recht auf Datenübertragbarkeit sowie ein Widerspruchsrecht gegen die Verarbeitung in bestimmten Fällen. Bei Videoübertragungen oder -aufzeichnungen muss der Verantwortliche technisch und organisatorisch in der Lage sein, die Ausübung dieser Rechte innerhalb gesetzlicher Fristen, i. d. R. innerhalb eines Monats, sicherzustellen.

Wann sind Videoaufzeichnungen auch ohne ausdrückliche Einwilligung zulässig?

In bestimmten Fällen ist eine Videoaufzeichnung auch ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Personen zulässig, wenn eine gesetzliche Grundlage oder ein überwiegendes berechtigtes Interesse des Verantwortlichen besteht. Dies gilt z. B. für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit, die Beweissicherung bei Straftaten, die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche oder den Schutz von Personen und Eigentum (z. B. in Banken, Geschäften, Parkhäusern). Voraussetzung ist stets, dass die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen nicht überwiegen. Eine sorgfältige Interessenabwägung, Datenschutz-Folgenabschätzung sowie die Einhaltung der Transparenz- und Informationspflichten sind hierbei unerlässlich.

Wer haftet bei unrechtmäßigen Videoaufzeichnungen oder ‑übertragungen?

Die Verantwortung für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben bei Videoaufzeichnungen und -übertragungen liegt beim sogenannten Verantwortlichen (§ 4 Nr. 7 DSGVO), also der natürlichen oder juristischen Person, die über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung entscheidet. Bei Rechtsverstößen kommen zivilrechtliche Schadensersatzansprüche (Art. 82 DSGVO), behördliche Sanktionen (insbesondere Bußgelder nach Art. 83 DSGVO) und strafrechtliche Konsequenzen gemäß nationalem Recht in Betracht. Die Haftung umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Schäden der Betroffenen. Eine persönliche Haftung von Mitarbeitern oder Dienstleistern ist in Ausnahmefällen ebenfalls möglich, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig rechtswidrig handeln.

Welche Besonderheiten gelten für die Videoübertragung bei Veranstaltungen?

Bei Veranstaltungen (z. B. Konferenzen, Konzerten oder Sportereignissen) wird häufig eine Live-Videoübertragung (Streaming) eingesetzt, etwa zur Weitergabe an Nichtanwesende oder zur Veröffentlichung im Internet. Hier müssen neben datenschutzrechtlichen Aspekten (Einwilligung, Informationspflicht) insbesondere auch das Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG – Kunsturhebergesetz) sowie ggf. Urheber- und Persönlichkeitsrechte beachtet werden. Die Einwilligung kann im Rahmen von Teilnahmebedingungen oder bei Eintritt in den Veranstaltungsbereich eingeholt werden, sollte aber immer transparent und eindeutig gestaltet sein. Zusätzlich ist zu beachten, dass für Minderjährige und besonders schutzwürdige Personen gesonderte Regelungen und Einwilligungen notwendig sind.