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Verwaltungsaktie


Begriff und Definition der Verwaltungsaktie

Die Verwaltungsaktie ist ein Begriff aus dem Aktienrecht und bezeichnet eine spezielle Form von Aktien, die ausschließlich mit Verwaltungsrechten, nicht jedoch mit Vermögensrechten ausgestattet sind. Sie findet vorwiegend in kapitalmarktrechtlichen Strukturen und im Gesellschaftsrecht Anwendung, insbesondere im Kontext von Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA). Verwaltungsaktien stehen im Gegensatz zu regulären Aktien, bei denen sowohl Verwaltungs- als auch Vermögensrechte gebündelt sind.

Verwaltungsaktien verleihen typischerweise das Stimmrecht in der Hauptversammlung sowie weitere Mitverwaltungsrechte, sind jedoch von Bezugsrechten wie Dividendenzahlungen, Bezugsrechten bei Kapitalerhöhungen oder Liquidationserlösen ausgeschlossen. Durch diese Konstruktion wird die Trennung von Vermögens- und Mitwirkungsrechten innerhalb der Aktiengesellschaft ermöglicht.

Rechtliche Grundlagen der Verwaltungsaktie

Aktiengesetz (AktG)

Im deutschen Recht ist das Konzept der Verwaltungsaktie grundsätzlich vom Aktiengesetz (AktG) geprägt. Das AktG differenziert zwischen Vermögensrechten (z.B. Dividende, Anteil am Liquidationserlös) und Verwaltungsrechten (z.B. Stimmrecht, Auskunftsrecht). Die klassische Aktie vereint beide Rechte. Die Ausgabe reiner Verwaltungsaktien ist nur in engen rechtlichen Grenzen möglich.

Zulässigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten

Die Möglichkeit, Aktien mit unterschiedlichen Rechten auszustatten, ergibt sich insbesondere aus § 11 AktG („Vorzugsaktien“), der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht regelt. Umgekehrt existiert jedoch kein ausdrücklicher Mechanismus zur Ausgestaltung reiner Verwaltungsaktien mit Entziehung sämtlicher Vermögensrechte. Eine vollständige Trennung wird im deutschen Aktienrecht überwiegend nicht anerkannt. In spezialisierten gesellschaftsrechtlichen Konstellationen (z.B. im Rahmen von Stiftungsaktien, Treuhandmodellen oder „Golden Shares“) wird das Konzept analog herangezogen.

Sonderformen und Abgrenzung

Einige Konstruktionen, wie etwa Mehrstimmrechtsaktien oder stimmrechtslose Vorzugsaktien, werden gelegentlich mit Verwaltungsaktien verglichen. Gemeinsam ist ihnen die gezielte Ausdifferenzierung von mit der Aktie verbundenen Rechten. Eine vollständige Abtrennung von Verwaltungs- und Vermögensrechten, wie sie für reine Verwaltungsaktien typisch ist, bleibt jedoch selten und ist oft auf ausländische Rechtsordnungen beschränkt.

KGaA und sonstige Gesellschaftsformen

In der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) kann insbesondere der persönlich haftende Gesellschafter („Komplementär“) durch Verwaltungsaktien mit weitreichenden Verwaltungsbefugnissen ausgestattet werden, ohne am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft beteiligt zu sein. Auch in Konzernstrukturen oder bei der Beteiligung von Stiftungen und Treuhändern wird der Begriff Verwaltungsaktie teilweise verwendet.

Mitverwaltungsrechte und ihre Ausgestaltung

Stimmrecht

Das zentrale Recht der Verwaltungsaktie ist das Stimmrecht. Dieses Recht ermöglicht es dem Inhaber, an den Entscheidungsprozessen der Hauptversammlung teilzunehmen und abzustimmen. Die konkrete Ausgestaltung ergibt sich aus den Statuten der jeweiligen Gesellschaft.

Auskunfts-, Anfechtungs- und Versammlungsrechte

Neben dem Stimmrecht umfasst das Verwaltungsrecht in der Regel auch das Auskunftsrecht gemäß § 131 AktG, das Recht auf Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung (§§ 245 ff. AktG) sowie das Teilnahmerecht an der Hauptversammlung. Die praktische Ausgestaltung dieser Rechte unterliegt vertraglichen und satzungsmäßigen Regelungen der Gesellschaft.

Ausschluss der Vermögensrechte

Verwaltungsaktien sind durch den Ausschluss klassischer Vermögensrechte gekennzeichnet:

  • Dividendenrecht: Kein Anspruch auf den jährlichen Bilanzgewinn.
  • Bezugsrecht: Kein Recht auf Bezug neuer Aktien im Rahmen von Kapitalmaßnahmen.
  • Liquidationserlös: Kein Anspruch auf einen Anteil am Liquidationserlös nach Auflösung der Gesellschaft.

Der vollständige Ausschluss aller Vermögensrechte ist rechtlich nur in besonders ausgestalteten Kontexten möglich und bedingt eine präzise satzungsmäßige Regelung.

Einsatzbereiche und praktische Bedeutung

Konzernrechtliche Strukturen

Im Konzernrecht dienen Verwaltungsaktien teilweise dazu, Mitbestimmungsrechte bestimmter Aktionärsgruppen zu stärken oder Minderheitsinteressen zu sichern, ohne eine Beteiligung am wirtschaftlichen Risiko oder Gewinn der Gesellschaft zu verschaffen.

Stiftungs- und Treuhandmodelle

Stiftungen oder Treuhänder können über Verwaltungsaktien Einfluss auf die Gesellschaft ausüben, ohne am Vermögenswert beteiligt zu sein.

Staatliche Eingriffsrechte („Golden Shares“)

In manchen ausländischen Rechtssystemen (etwa Großbritannien) existieren staatsnahe Verwaltungsaktien („Golden Shares“) zur Absicherung nationaler Interessen.

Abgrenzung zu ähnlichen Aktienarten

Vorzugsaktien ohne Stimmrecht

Nach deutschem Recht (§ 12 AktG) können Unternehmen Aktien mit Vorzugsdividende und ausgeschlossenen Stimmrechten ausgeben. Im Unterschied dazu sind Verwaltungsaktien vom Vermögensrecht ausgeschlossen und fokussieren auf das Mitbestimmungsrecht.

Mehrstimmrechtsaktien

Mehrstimmrechtsaktien gewähren Inhabern ein präferiertes Stimmgewicht pro Aktie, berühren allerdings regelmäßig nicht die Vermögensrechte.

Internationale Regelungen

International existieren in einigen Ländern (z. B. Großbritannien, USA) Aktienarten, die dem Konzept der Verwaltungsaktie näherkommen als das deutsche Recht dies zulässt. Die Rechtslage variiert je nach nationaler Gesetzgebung erheblich, insbesondere im Hinblick auf Zulässigkeit und Umfang der Rechteausgestaltung.

Steuerliche Behandlung

Die steuerliche Behandlung richtet sich im Grundsatz nach der individuellen Ausgestaltung der Verwaltungsaktie. Da keine Dividendenrechte bestehen, entfallen Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG). Verwaltungsrechte ohne Gegenleistung lösen im Regelfall keine steuerbaren Vorgänge aus.

Zusammenfassung

Die Verwaltungsaktie ist eine besondere Aktienform, die ausschließlich Mitverwaltungsrechte verbrieft und keine Vermögensrechte verleiht. Im deutschen Recht ist ihre Ausgestaltung engen Schranken unterworfen und kommt primär in Spezialkonstellationen vor. Ihre rechtliche und tatsächliche Bedeutung liegt vor allem in der Möglichkeit, die Stimm- und Einflussrechte von Aktionären ohne Beteiligung am unternehmerischen Risiko oder Gewinn zu gestalten. Sie ist von verwandten Aktienarten wie Vorzugs- oder Mehrstimmrechtsaktien abzugrenzen und bedarf bei Ausgestaltung besonderer rechtlicher Sorgfalt. Internationale Vergleiche zeigen, dass das Konzept der Verwaltungsaktie auch in anderen Rechtsordnungen bekannt ist, dort jedoch unterschiedlich umgesetzt wird.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Ausgabe von Verwaltungsaktien erfüllt sein?

Für die Ausgabe von Verwaltungsaktien müssen verschiedene gesellschaftsrechtliche und kapitalmarktrechtliche Anforderungen beachtet werden. Ausgangspunkt ist das Aktiengesetz (AktG), das zwischen Stammaktien und Vorzugsaktien unterscheidet. Verwaltungsaktien sind stets Stammaktien, da sie gemäß § 12 Abs. 1 AktG mit einem vollen Stimmrecht ausgestattet sind. Eine Voraussetzung für die Schaffung oder Ausgabe zusätzlicher Verwaltungsaktien ist ein entsprechender Hauptversammlungsbeschluss, mit dem das Grundkapital der Gesellschaft erhöht wird (§§ 182 ff. AktG). Bei börsennotierten Unternehmen gilt zusätzlich das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), welches insbesondere Transparenz- und Informationspflichten im Rahmen der Kapitalerhöhung und des öffentlichen Angebots vorschreibt. Auch sind Verschmelzungsrichtlinien und Mitteilungsverpflichtungen nach der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) zu beachten. Ferner sind bestehende Aktionärsrechte, wie Bezugsrechte nach § 186 AktG, zu wahren, sofern diese nicht durch Hauptversammlungsbeschluss ausgeschlossen wurden.

Welche Rechte und Pflichten sind mit Verwaltungsaktien verbunden?

Verwaltungsaktien verleihen ihrem Inhaber insbesondere das Stimmrecht in der Hauptversammlung (§ 12 Abs. 1 AktG). Dieses Stimmrecht ist die Kernfunktion der Verwaltungsaktie und unterscheidet sie von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Darüber hinaus sind mit Verwaltungsaktien das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung, auf Information und Auskunft (§ 131 AktG), das Recht auf Anfechtung von Beschlüssen (§ 245 AktG) sowie das Recht auf Dividende und Bezugsrechte bei Kapitalerhöhungen verbunden. Im Gegenzug treffen Verwaltungsaktionäre auch bestimmte Pflichten, etwa die Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und im Falle eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags eine mögliche Nachschusspflicht nach Maßgabe der gesellschaftsrechtlichen Regelungen.

Welche Beschränkungen bestehen hinsichtlich der Übertragbarkeit von Verwaltungsaktien?

Die Übertragbarkeit von Verwaltungsaktien wird grundsätzlich durch das Aktiengesetz geregelt, das eine freie Übertragbarkeit dieser Aktien vorsieht (§ 68 AktG). Abweichungen davon können im Einzelfall durch satzungsmäßige Vinkulierungen oder Zustimmungserfordernisse gemäß § 68 Abs. 2 AktG erfolgen. Solche Beschränkungen müssen jedoch in der Satzung der Aktiengesellschaft verankert sein und dürfen nur unter bestimmten eng umrissenen Voraussetzungen eingeführt werden, da sie den Grundsatz der Fungibilität von Aktien beschneiden. Auf börsennotierte Verwaltungsaktien finden solche Beschränkungen in der Praxis allerdings nur selten Anwendung.

Wie werden Verwaltungsaktien im Zusammenhang mit Kontroll- und Mitbestimmungsrechten behandelt?

Verwaltungsaktien sind unmittelbar mit Kontrollrechten ausgestattet. Dies umfasst insbesondere das Stimmrecht in der Hauptversammlung, das maßgeblich für die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 119 Abs. 1 AktG), die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, Kapitalmaßnahmen und Satzungsänderungen ist. Im Rahmen der Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) und dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) beeinflusst die Anzahl der gehaltenen Verwaltungsaktien die Ausübung der Mitbestimmungsrechte, da sie die Zusammensetzung und Wahl von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat mitbestimmen. Verwaltungsaktionäre nehmen hier wesentliche Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensführung wahr.

Welche Besonderheiten gelten für die Behandlung von Verwaltungsaktien bei einer Kapitalerhöhung?

Im Falle einer Kapitalerhöhung stehen Inhabern von Verwaltungsaktien grundsätzlich gesetzliche Bezugsrechte nach § 186 AktG zu, um eine Verwässerung ihrer Stimmrechte zu verhindern. Diese Bezugsrechte garantieren, dass bestehende Verwaltungsaktionäre anteilig neue Verwaltungsaktien zeichnen können. Ein Ausschluss oder eine Beschränkung dieser Bezugsrechte ist möglich, bedarf aber eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses in der Hauptversammlung (§ 186 Abs. 3, § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG). Nach der Kapitalerhöhung werden die neu ausgegebenen Verwaltungsaktien im selben rechtlichen Rahmen und mit denselben Rechten und Pflichten wie die bestehenden Aktien ausgestattet.

Wie wirken sich Wahlrechtsbindungen und Stimmrechtsvereinbarungen auf Verwaltungsaktien aus?

Stimmrechtsvereinbarungen und Wahlrechtsbindungen sind grundsätzlich zulässig, sofern sie nicht gegen zwingende gesellschaftsrechtliche Bestimmungen oder die guten Sitten verstoßen. Nach § 136 Abs. 1 AktG ist das Stimmrecht aus Verwaltungsaktien ausgeschlossen, wenn der betreffende Aktionär zu bestimmten Interessenkonflikten auf Seiten der Gesellschaft oder Tochterunternehmen steht (beispielsweise bei Interessenkollision im Rahmen von Vorstandsabstimmungen). Unzulässige Stimmrechtsbindungen, etwa wenn sie gegen das Verbot der Einheitsbindung nach § 134 AktG verstoßen, führen zur Nichtigkeit der betreffenden Stimmabgabe. Zudem ist eine ordnungsgemäße Offenlegung solcher Vereinbarungen im Rahmen kapitalmarktrechtlicher Berichtspflichten erforderlich.