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Versuchte Anstiftung

Versuchte Anstiftung

Versuchte Anstiftung bezeichnet das strafbare Bemühen, eine andere Person zur Begehung einer Straftat zu bewegen, ohne dass diese Beeinflussung gelingt oder ohne dass die angestrebte Haupttat ausgeführt wird. Im deutschen Strafrecht ist die versuchte Anstiftung vor allem dann bedeutsam, wenn es um schwere Delikte geht. Sie dient dem Schutz vor frühzeitiger Gefährdung, indem bereits das gezielte Herantragen einer Tatidee an eine konkrete Person unter Strafe gestellt sein kann.

Begriff und Einordnung

Die Anstiftung setzt grundsätzlich voraus, dass die beeinflusste Person die Haupttat tatsächlich begeht. Scheitert diese Einflussnahme oder wird die Haupttat nicht begonnen, kommt die versuchte Anstiftung in Betracht. Damit handelt es sich um eine eigenständige Form der Verantwortlichkeit neben der vollendeten Anstiftung und der Beihilfe.

Abgrenzung zur Anstiftung und zur Beihilfe

Bei der vollendeten Anstiftung wird eine Person erfolgreich zur Tatentschlussbildung veranlasst und die Haupttat verwirklicht. Bei der versuchten Anstiftung fehlt es an diesem Erfolg. Zur Beihilfe unterscheidet sie sich dadurch, dass Beihilfe die Unterstützung einer bereits tatentschlossenen Person betrifft, während die versuchte Anstiftung auf die Herbeiführung des Tatentschlusses zielt.

Strafzweck und Systematik

Die Strafbarkeit der versuchten Anstiftung soll die frühe Gefährdung durch das gezielte Anwerben von Tatpersonen eindämmen. Sie ist systematisch eine Vorverlagerung der Verantwortlichkeit und knüpft an Handlungen an, die unmittelbar darauf gerichtet sind, eine andere Person zur Begehung einer schweren Straftat zu bewegen.

Tatbestandliche Voraussetzungen

Objektive Seite

Zielrichtung auf eine Haupttat

Die Einflussnahme muss erkennbar auf eine konkrete Straftat gerichtet sein. Allgemeine Aufrufe oder unverbindliche Gespräche reichen nicht; erforderlich ist eine hinreichend bestimmte Zieltat in ihren wesentlichen Umrissen.

Bestimmen einer konkreten Person

Die versuchte Anstiftung erfordert das Einwirken auf eine individualisierte Person. Das bedeutet, dass sich die Einflussnahme an jemanden richtet, der als möglicher Täter in Betracht kommt. Offene Appelle an einen unbestimmten Personenkreis genügen regelmäßig nicht.

Unmittelbares Ansetzen

Der Versuch beginnt, sobald der Anstiftende Handlungen vornimmt, die unmittelbar zur Einflussnahme auf die adressierte Person ansetzen. Typischerweise liegt ein unmittelbares Ansetzen vor, wenn eine konkrete Aufforderung abgeschickt oder mündlich unterbreitet wird. Reine Vorbereitungshandlungen wie das Entwerfen, aber noch nicht Versenden einer Nachricht, genügen in der Regel nicht.

Subjektive Seite

Vorsatz zur Haupttat und zur Einflussnahme

Erforderlich ist der Wille, den anderen zur Begehung der geplanten Straftat zu bestimmen. Der Anstiftende muss die wesentlichen Merkmale der angestrebten Haupttat kennen und zumindest billigend in Kauf nehmen, dass die andere Person diese Tat begehen wird.

Wissenselemente

Zum Vorsatz gehört das Bewusstsein, auf eine konkrete Person einzuwirken. Irrtümer über die Person des Adressaten sind unschädlich, solange die Einflussnahme auf eine konkrete Person zielt. Irrtümer über die rechtliche Einordnung der Zieltat können die Beurteilung der Strafbarkeit beeinflussen, wenn sie die Schwere der geplanten Tat betreffen.

Formen und Varianten

Ungeeignete und untaugliche versuchte Anstiftung

Eine versuchte Anstiftung kann auch dann vorliegen, wenn die Einflussnahme objektiv ungeeignet ist, etwa weil die adressierte Person gar nicht erreichbar ist oder aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage wäre, die Tat zu begehen. Solche Fallgestaltungen sind dennoch erfasst, wenn der Anstiftende nach seiner Vorstellung zur Tatbegehung motivieren will und unmittelbar dazu ansetzt.

Mittelbare oder mehrstufige versuchte Anstiftung

Die Einflussnahme kann darauf gerichtet sein, eine Person dazu zu bewegen, ihrerseits jemanden zur Tat zu bestimmen oder zu unterstützen. Auch der Versuch solcher mehrstufigen Konstellationen ist rechtlich relevant, insbesondere im Zusammenhang mit schweren Delikten.

Abgrenzung: Teilnahme am Versuch versus Versuch der Teilnahme

Zu unterscheiden ist die versuchte Anstiftung (Versuch der Teilnahme) von der Anstiftung zu einem bloßen Versuch der Haupttat (Teilnahme am Versuch). Bei der versuchten Anstiftung scheitert bereits die Einflussnahme. Dagegen liegt Anstiftung zu einem Versuch vor, wenn die Einflussnahme gelingt, die Haupttat aber nur im Versuchsstadium bleibt.

Rechtsfolgen

Strafbarkeit und Strafrahmen

Die versuchte Anstiftung ist in der Regel vor allem im Hinblick auf schwere Straftaten von Bedeutung. Sie wird milder bewertet als die vollendete Anstiftung und deutlich unterhalb der Strafdrohung der angestrebten Haupttat eingeordnet. Die konkrete Strafzumessung hängt unter anderem von der Schwere der beabsichtigten Tat, der Intensität der Einflussnahme und der Nähe zur Verwirklichung ab.

Konkurrenzen und Zusammentreffen mit anderen Delikten

Handlungen, die im Rahmen der Einflussnahme begangen werden, können eigene Straftatbestände erfüllen (beispielsweise Drohungen, Nötigungen oder das Anbieten von Vorteilen in bestimmten Konstellationen). In solchen Fällen tritt die versuchte Anstiftung neben diese Delikte, sofern sie nicht im Einzelfall durch speziellere Vorschriften verdrängt wird.

Rücktritt und tätige Reue

Das Strafrecht eröffnet Möglichkeiten, unter bestimmten Voraussetzungen durch freiwillige Abstandnahme oder durch das Verhindern der angestrebten Tat einer Bestrafung zu entgehen oder die Strafe zu mildern. Maßgeblich ist, ob der Anstiftende aus eigenem Antrieb von der Einflussnahme ablässt oder ernsthaft und erfolgreich darauf hinwirkt, dass die Tat nicht begangen wird.

Typische Konstellationen und Beispiele

Gezielte Rekrutierung

Eine Person kontaktiert eine andere mit einem konkreten Vorschlag zu einem schweren Raub und verspricht eine Beteiligung an der Beute. Die adressierte Person lehnt ab. Hier liegt eine versuchte Anstiftung vor, weil die Einflussnahme unmittelbar begann, aber nicht zum Erfolg führte.

Nachricht mit Tatplan

Jemand versendet eine detaillierte Nachricht, in der ein Tötungsdelikt geplant und die Ausführung durch den Empfänger erbeten wird. Der Empfänger reagiert nicht. Das Versenden stellt in der Regel das unmittelbare Ansetzen dar; die Erfolglosigkeit ändert nichts an der Versuchsqualität.

Ungeeignete Einflussnahme

Eine Person legt einem Heranwachsenden einen Plan zu einer schweren Straftat nahe, der aufgrund der tatsächlichen Umstände nicht durchführbar ist. Auch wenn die Ausführung objektiv ausgeschlossen ist, kann eine untaugliche versuchte Anstiftung vorliegen, wenn der Wille zur Beeinflussung auf eine schwere Tat gerichtet ist.

Beweisfragen und Praxisaspekte

Beweis des Bestimmens

Entscheidend ist, ob aus den Umständen hervorgeht, dass die Einflussnahme auf die Herbeiführung eines konkreten Tatentschlusses gerichtet war. Schriftliche Kommunikation, aufgezeichnete Gespräche oder Zeugen können hierfür von Bedeutung sein.

Abgrenzungsprobleme

Schwierig kann die Abgrenzung zwischen bloßer Vorbereitung und unmittelbarem Ansetzen sein. Auch die Grenze zwischen unverbindlicher Erörterung und ernsthafter Rekrutierung ist eine Frage der Bewertung aller Umstände, etwa der Konkretheit des Plans und der Verbindlichkeit der Aufforderung.

Bedeutung der Kommunikationsform

Die Form der Kommunikation (mündlich, schriftlich, digital) ist rechtlich gleichwertig. Maßgeblich sind Inhalt, Adressat und Konkretheit der Aufforderung sowie der Zeitpunkt, in dem die Einflussnahme nach außen tritt.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet versuchte Anstiftung in einfachen Worten?

Es geht darum, dass jemand eine andere Person zu einer Straftat überreden will und damit bereits ernsthaft beginnt, dies aber scheitert oder die Tat nicht ausgeführt wird.

Ist versuchte Anstiftung immer strafbar?

Die Strafbarkeit ist vor allem für schwere Delikte vorgesehen. Bei weniger schweren Taten ist eine Bestrafung der versuchten Anstiftung regelmäßig nicht vorgesehen, es sei denn, besondere Vorschriften greifen ein.

Ab wann beginnt die versuchte Anstiftung?

Sie beginnt, wenn der Anstiftende Handlungen vornimmt, die unmittelbar auf die Beeinflussung einer konkreten Person gerichtet sind, zum Beispiel das Absenden einer konkreten Aufforderung mit Tatplan.

Spielt es eine Rolle, wie die angesprochene Person reagiert?

Ja. Lehnt die adressierte Person ab oder reagiert sie nicht, bleibt es beim Versuch. Nimmt sie den Vorschlag an und begeht die Tat, kann eine vollendete Anstiftung vorliegen.

Worin unterscheidet sich versuchte Anstiftung von Beihilfe?

Versuchte Anstiftung zielt auf die Herbeiführung des Tatentschlusses. Beihilfe unterstützt eine bereits tatentschlossene Person bei der Durchführung der Tat.

Gibt es die Möglichkeit, straffrei zu bleiben, wenn man zurücktritt?

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein freiwilliger Rücktritt oder das erfolgreiche Verhindern der beabsichtigten Tat zu Straffreiheit oder Strafmilderung führen. Entscheidend ist das rechtzeitige und ernsthafte Abwenden der Gefahr.

Welche Faktoren beeinflussen die Strafhöhe?

Wesentlich sind die Schwere der angestrebten Haupttat, die Intensität und Konkretheit der Einflussnahme, der Tatfortschritt sowie persönliche Umstände des Täters. Die Bewertung fällt milder aus als bei vollendeter Anstiftung.

Reicht eine vage Idee oder ein Scherz für versuchte Anstiftung?

Nein. Erforderlich ist eine ernsthafte, auf eine konkrete Tat gerichtete Einflussnahme auf eine bestimmte Person. Bloße Späße oder unverbindliche Erörterungen erfüllen die Voraussetzungen nicht.