Begriff und rechtliche Einordnung der Versuchten Anstiftung
Die versuchte Anstiftung ist ein Begriff des deutschen Strafrechts, der einen besonderen Tatbestand im Bereich der Beteiligungsformen an Straftaten beschreibt. Sie stellt eine Konstellation dar, in der jemand auf einen anderen einwirkt, damit dieser eine Straftat begeht, die Anstiftung jedoch bei dem zur Haupttat Angestifteten ohne Erfolg bleibt. Dieser Beitrag erläutert die Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Abgrenzungen der versuchten Anstiftung nach deutschem Recht.
Gesetzliche Grundlagen
Normen des Strafgesetzbuches
Die versuchte Anstiftung ist im Zusammenhang mit den §§ 26 und 30 Strafgesetzbuch (StGB) zu sehen. Während § 26 StGB den Grundtatbestand der Anstiftung regelt, normiert § 30 StGB speziell die Strafbarkeit der versuchten Anstiftung:
- § 26 StGB – Anstiftung: „Als Anstifter wird gleich dem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.“
- § 30 Abs. 1 StGB – Versuch und Vorbereitung: „Der Versuch der Anstiftung zu einem Verbrechen ist strafbar.“
Somit ist klar, dass die versuchte Anstiftung nur im Zusammenhang mit Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB: Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe) strafbar ist, nicht bei Vergehen.
Definition und Tatbestandsvoraussetzungen
Aufbau der versuchten Anstiftung
Die versuchte Anstiftung ist gegeben, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Tatentschluss zur Anstiftung: Der Täter muss den festen Vorsatz haben, einen anderen zur Begehung einer bestimmten Haupttat anzustiften.
- Unmittelbares Ansetzen zur Anstiftungshandlung: Der Täter muss objektiv zur Anstiftung „ansetzen“, also nach seinem Tatplan eine Handlung vornehmen, die ohne weitere Zwischenschritte zur Vollendung der Anstiftung führen soll. Die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ muss überschritten sein.
- Kein Erfolg der Anstiftungshandlung: Der zur Haupttat angestiftete Dritte lässt sich nicht zur Tat bestimmen oder begeht die betreffende Haupttat überhaupt nicht.
Verhältnis zur beendeten und unbeendeten Anstiftung
Bei der versuchten Anstiftung bleibt es im Unterschied zur vollendeten Anstiftung beim einseitigen Bestimmen- der Gegenseite fehlt es an der Tatbestimmung oder der Umsetzung des Tatvorsatzes. Wird der Anzustiftende tatsächlich zur Tat angestiftet und setzt diese um, liegt dagegen eine vollendete Anstiftung vor.
Der Sonderfall der erfolglosen Anstiftung
Ein besonderer Fall ist die sogenannte erfolglose Anstiftung: Dies ist gegeben, wenn der Täter alles nach seinem Tatplan getan hat, um einen anderen zur Tat zu bestimmen, dieser sich jedoch nicht zur Tat entschließt. Dies ist regelmäßig ein Fall der versuchten Anstiftung.
Subjektive Voraussetzungen (Vorsatz)
Gemäß § 30 Abs. 1 StGB muss die versuchte Anstiftung auf das Hervorrufen eines vorsätzlichen, zumindest bedingt vorsätzlichen Verhaltens des Angestifteten gerichtet sein. Der Anstifter muss also mit dem Vorsatz handeln, einen anderen vorsätzlich zu einem Verbrechen zu bewegen.
Objektive Voraussetzungen (Tatobjekt und Handlung)
Die angestrebte Haupttat muss ein Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB sein, das heißt, der Mindeststrafrahmen muss mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe betragen. Die versuchte Anstiftung zu Vergehen ist gesetzlich hingegen nicht strafbar.
Rechtsfolgen der versuchten Anstiftung
Strafbarkeit
Die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen ist nach § 30 Abs. 1 StGB ausdrücklich strafbar. Es handelt sich somit um einen eigenständigen Verbrechensversuch, der mit Strafe bedroht ist.
Strafmaß
Für den Versuch der Anstiftung zu einem Verbrechen gilt nach § 23 Abs. 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB eine Milderung des Strafrahmens. Die Strafe orientiert sich am Strafrahmen des vorgesehenen Verbrechens, kann jedoch gemildert werden.
Rücktritt vom Versuch
Wie beim allgemeinen Strafversuch gemäß § 24 StGB ist auch bei der versuchten Anstiftung ein strafbefreiender Rücktritt möglich. Der Anstifter kann durch nachträgliches aktives Bemühen, die Tatausführung zu verhindern, strafbefreiend zurücktreten.
Abgrenzung zu ähnlichen Tatbeständen
Versuch der Haupttat
Beim Versuch der Haupttat setzt der Täter unmittelbar zur Ausführung der Tat an, die als solche strafbar ist. Bei der versuchten Anstiftung bleibt es beim Versuch, den Vorsatz des Angestifteten hervorzurufen.
Vorbereitungshandlung
Die bloße Überlegung oder Planung, jemanden zur Tat zu bestimmen, reicht für die Annahme einer versuchten Anstiftung nicht aus. Erforderlich ist ein unmittelbares Ansetzen zur Anstiftungshandlung.
Verabredung zur Begehung eines Verbrechens
§ 30 Abs. 2 StGB regelt die Verabredung zur Begehung eines Verbrechens gesondert. Dort handelt es sich um eine gegenseitige Verständigung mindestens zweier Personen, gemeinsam ein Verbrechen zu begehen oder zu dessen Begehung anzustiften.
Besondere Konstellationen
Anstiftung zur Anstiftung
Auch die versuchte Anstiftung kann sich auf den Fall beziehen, dass jemand versucht, einen anderen zur Anstiftung einer weiteren Tat zu bewegen. Hierzu ist eine Einzelfallbetrachtung notwendig.
Mittelbare Täterschaft
Die versuchte Anstiftung unterscheidet sich von der mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB), da bei letzterer der Täter das Tatgeschehen durch einen anderen als „Werkzeug“ ausführt, während die Anstiftung auf einen eigenverantwortlich handelnden Dritten abzielt.
Beispiele und Rechtsprechung
Um die versuchte Anstiftung zu verdeutlichen, sind folgende Konstellationen denkbar:
- A fordert B auf, einen Raubüberfall zu begehen. B lehnt die Begehung ab und hat keinen Tatentschluss. Hier liegt eine versuchte Anstiftung vor.
- A schickt dem B ein Anschreiben mit konkreter Aufforderung zu einem Mord. B nimmt von dem Schreiben keine Kenntnis oder lässt sich nicht beeinflussen – auch hier liegt eine versuchte Anstiftung vor.
Die Rechtsprechung differenziert im Einzelfall fein zwischen dem Versuchsstadium, dem unmittelbaren Ansetzen sowie Fragen des Rücktritts vom Versuch.
Bedeutung der versuchten Anstiftung im Strafrecht
Die Strafbarkeit der versuchten Anstiftung dient dem präventiven Schutz vor schweren Straftaten. Sie stellt sicher, dass auch bereits das aufdringliche Bestimmen zur Tatausführung geahndet werden kann, selbst wenn es beim Versuch bleibt.
Literaturhinweise
Für die vertiefende Lektüre empfiehlt sich Fachliteratur zu den allgemeinen Lehren des Strafrechts und Forschungen zu den §§ 26, 30 StGB.
Zusammenfassung:
Die versuchte Anstiftung ist nach deutschem Recht ein eigenständiger Straftatbestand, der das erfolglose Bemühen einer Person unter Strafe stellt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen. Sie ist nur bei Verbrechen und unter bestimmten Voraussetzungen strafbar. Die Abgrenzung von anderen Beteiligungsformen und die Rechtsfolgen sind differenziert geregelt. Die Norm dient der effektiven Verhinderung schwerer Straftaten bereits im Stadium des Versuches.
Häufig gestellte Fragen
Kann die versuchte Anstiftung schon strafbar sein, wenn der Angestiftete keine strafbare Handlung begeht?
Ja, auch wenn der Angestiftete keine strafbare Haupttat begeht oder sogar den Tatentschluss erst gar nicht fasst, kann sich der Anstifter wegen versuchter Anstiftung gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 StGB strafbar machen. Die Versuchsstrafbarkeit setzt voraus, dass der Anstifter auf den potenziellen Täter mit dem Ziel einwirkt, eine bestimmte Straftat zu begehen, und dabei das Stadium des „unmittelbaren Ansetzens“ zur Anstiftung erreicht ist. Erforderlich ist dafür, dass der Anstifter aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hat, um den Angestifteten zur Tat zu bewegen, auch wenn dieser letztlich nicht zur Tatausführung schreitet. Es genügt, wenn der Anstifter subjektiv davon ausgeht, sein Einfluss könne zum Erfolg führen. Die Strafbarkeit dient unter anderem dem Schutz vor der Gefährlichkeit beeinflussender Versuche, selbst wenn sie im konkreten Einzelfall keinen Erfolg haben.
Welche Strafen sind für die versuchte Anstiftung vorgesehen?
Die Strafandrohung für die versuchte Anstiftung ergibt sich aus § 30 Abs. 1 StGB und orientiert sich grundsätzlich an der für die versuchte Haupttat angedrohten Strafe, ist jedoch regelmäßig gemildert. Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB mildern, sofern durch die Anstiftung kein Erfolg eintritt. Die konkrete Strafzumessung hängt davon ab, zu welcher Tat angestiftet werden sollte; bei Verbrechen wie Mord ist bereits der Versuch der Anstiftung strafbar, während dies bei Vergehen regelmäßig nicht der Fall ist. Auch die persönlichen Umstände des Täters spielen bei der konkreten Strafzumessung eine Rolle.
Gibt es bestimmte Deliktssituationen, in denen eine versuchte Anstiftung nicht strafbar ist?
Die Versuchsstrafbarkeit der Anstiftung ist grundsätzlich auf Verbrechen beschränkt (vgl. § 30 Abs. 1 StGB). Bei Vergehen ist eine versuchte Anstiftung regelmäßig nicht strafbar, es sei denn, das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor. Beispielsweise ist die versuchte Anstiftung zu Diebstahl (einem Vergehen) nicht strafbar, während die versuchte Anstiftung zum Mord (einem Verbrechen) strafrechtlich verfolgt werden kann. Darüber hinaus wird eine versuchte Anstiftung nicht bestraft, wenn das „unmittelbare Ansetzen“ zur Anstiftung nicht erreicht wurde, etwa bei bloßen Vorbereitungshandlungen ohne ernsthaften Versuch.
Wie grenzt man eine versuchte Anstiftung von einer straflosen Vorbereitung oder dem unbeachtlichen Gespräch ab?
Entscheidend für die Abgrenzung ist das Stadium der Tatausführung. Eine strafbare versuchte Anstiftung setzt voraus, dass der Anstifter das nach seiner Vorstellung für die Tatbegehung Erforderliche bereits getan hat und somit unmittelbar zur Anstiftung angesetzt hat. Bloße Vorbereitungshandlungen, wie unverbindliche Äußerungen, allgemeine Erkundigungen oder unspezifische Gespräche, reichen dafür nicht aus. Erst wenn der Anstifter konkret und gezielt auf einen anderen einwirkt, sodass nach seiner Vorstellung nur noch dessen Entscheidung zur Tatbegehung aussteht, beginnt das Strafstadium des Versuchs.
Kann eine versuchte Anstiftung mehrfach verwirklicht werden, wenn wiederholt zum selben Delikt aufgefordert wurde?
Ja, es ist grundsätzlich möglich, dass eine versuchte Anstiftung mehrfach strafbar verwirklicht wird, wenn der Anstifter dieselbe Person wiederholt und in jeweils neuen, abgrenzbaren Handlungen zur Ausführung der Straftat zu bestimmen versucht. Jede neue, selbständig vollzogene Anstiftungshandlung kann als eigenständiger Versuch gewertet werden, sofern die einzelnen Handlungen nicht als natürliche Handlungseinheit zu betrachten sind. Ob eine einheitliche oder mehrere tatmehrheitliche Versuchsstrafbarkeiten vorliegen, hängt von den Umständen des konkreten Falls und von der Intensität sowie dem zeitlichen und inhaltlichen Abstand der einzelnen Anstiftungshandlungen ab.
Welche Möglichkeiten der Strafmilderung oder des Rücktritts bestehen bei einer versuchten Anstiftung?
Dem versuchten Anstifter stehen unter bestimmten Voraussetzungen die Rücktrittsmöglichkeiten gemäß § 31 StGB offen. Danach bleibt der strafbefreiende Rücktritt möglich, wenn der Anstifter freiwillig und ernsthaft die weitere Ausführung der Haupttat verhindert oder sich in einer Weise bemüht, die Herbeiführung der Haupttat zu verhindern. Die genaue Ausgestaltung der Rücktrittstatbestände unterscheidet sich nach den Rollen im Tatgeschehen (Bestimmungstäter, Teilnehmer) und den Umständen der jeweiligen Versuchsphase. Überdies eröffnet § 49 StGB die Möglichkeit einer fakultativen Strafmilderung durch das Gericht. Von Bedeutung ist darüber hinaus das individuelle Ausmaß des Beitrags zum Versuch und die subjektive Haltung zur Tat.