Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Vertragsrecht»Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht

Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht


Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht

Die Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (abgekürzt: BGB-InfoV) war eine deutsche Rechtsverordnung, die nähere Bestimmungen zu den Informations- und Nachweispflichten im Zivilrecht regelte. Sie wurde zur Umsetzung verschiedener europäischer Verbraucherrechtlinien erlassen und beeinflusste maßgeblich Vertragsbeziehungen im Bereich des Bürgschafts-, Fernabsatz- und Haustürwiderrufsrechts sowie bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen. Die Verordnung fand ihre Grundlage insbesondere im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) und hatte Auswirkungen auf die Gestaltung von Vertragsformularen sowie auf die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.


Historische Entwicklung und Rechtsgrundlagen

Entstehungshintergrund

Die BGB-InfoV trat am 1. Januar 2002 in Kraft und diente dazu, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerten Informations- und Nachweispflichten – die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung sowie der Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien eingeführt worden waren – näher auszugestalten. Maßgebliches Ziel war die Harmonisierung und Konsolidierung der Verbraucherrechte im deutschen Recht.

Gesetzliche Grundlagen

Die Rechtsgrundlage für die BGB-InfoV bildete § 14 Absatz 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB). Mit Wirkung vom 13. Juni 2014 wurde die Verordnung im Zuge der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (VRRL-Umsetzungsgesetz) aufgehoben und die relevanten Regelungen direkt ins EGBGB übernommen.


Anwendungsbereich und Regelungsgegenstände

Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Die BGB-InfoV betraf sämtliche Vertragsverhältnisse, bei denen das Bürgerliche Gesetzbuch besondere vorvertragliche Informations- und Nachweispflichten zum Schutze von Verbrauchern vorsah. Dies betraf insbesondere:

  • Fernabsatzverträge (§§ 312b ff. BGB, alte Fassung)
  • Haustürwiderrufsgeschäfte
  • Teilzeitnutzungsrechte (Timesharing)
  • Pflichten über die Form und den Inhalt von Widerrufs- und Rückgabebelehrungen

Zielsetzung und Funktion

Das zentrale Ziel der Verordnung war es, Transparenz im Verbraucherrecht zu erhöhen und die Rechte der Verbraucher vor, während und nach Vertragsschluss nachhaltig zu stärken. Die Verordnung konkretisierte, welche Angaben Unternehmer gegenüber Verbrauchern bereitstellen mussten und legte verbindliche Muster für Widerrufs- und Rückgabebelehrungen fest.


Inhaltliche Schwerpunkte der BGB-InfoV

Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen

Die Verordnung präzisierte die Mindestinhalte der Unterrichtungspflichten bei Fernabsatzverträgen. Dazu zählten unter anderem Angaben über:

  • die Identität und Anschrift des Unternehmers
  • wesentliche Merkmale der Waren oder Dienstleistungen
  • Gesamtpreis einschließlich aller Steuern und Abgaben
  • Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen
  • Widerrufs- oder Rückgaberecht sowie die Bedingungen der Ausübung
  • die Laufzeit des Vertrages sowie Bedingungen seiner Kündigung

Form und Zugang von Informationen

Gemäß der BGB-InfoV war vorgesehen, dass die Informationen in klarer und verständlicher Weise und in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Form zu erteilen waren. Das bedeutete insbesondere, dass bei Telefonbestellungen die notwendigen Informationen spätestens in Textform (z. B. per E-Mail oder Brief) zur Verfügung zu stellen waren.

Musterbelehrungen für das Widerrufsrecht

Die Verordnung enthielt verbindliche Muster für die Widerrufs- und Rückgabebelehrung, die Unternehmer in ihren Verträgen verwenden konnten. Diese Muster belehrten Verbraucher über die Fristen, die Form und die Folgen des Widerrufs oder der Rückgabe. Unternehmer wurden verpflichtet, bei ordnungsgemäßer Verwendung dieser Muster den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, wodurch erhebliche Rechtssicherheit geschaffen wurde.

Besonderheiten bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen

Ein spezieller Abschnitt der Verordnung widmete sich Informationen im Zusammenhang mit Teilzeitnutzungsrechten, insbesondere Timesharing-Verträgen. Es wurden detaillierte Hinweise verlangt, u. a. zu Nutzungsmöglichkeiten, Kosten sowie zum Ablauf und den Voraussetzungen eines Widerrufs.


Auswirkungen auf die Rechtsanwendung und Bedeutung für die Praxis

Verbraucherschutz und Vertragsgestaltung

Die Umsetzung der Verordnung erhöhte die Anforderungen an Unternehmen und andere Vertragspartner bei Erstellung von Vertragsdokumenten sowie bei der Eröffnung von Vertragsverhältnissen im Fernabsatz oder an der Haustür. Fehlerhafte oder unvollständige Belehrungen hatten zur Folge, dass Widerrufsfristen nicht zu laufen begannen oder sich erheblich verlängerten.

Rechtssicherheit und Rechtsfolgen einer fehlerhaften Unterrichtung

Durch die verbindlichen Mustertexte für Widerrufsbelehrungen wurde die Rechtssicherheit für beide Vertragsparteien erhöht. Verstöße gegen die Vorgaben der BGB-InfoV konnten empfindliche Konsequenzen haben, darunter verlängerte Widerrufsrechte, Rückabwicklung des Vertrages oder Schadenersatzverpflichtungen.


Abschaffung und Übergang in das EGBGB

Gründe für die Abschaffung

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung am 13. Juni 2014 wurden die Informationspflichten einheitlich und direkt im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch selbst geregelt. Die eigenständige Verordnung war damit entbehrlich.

Aktuelle Rechtslage

Heute finden sich die maßgeblichen Informations- und Nachweispflichten insbesondere in den §§ 312 ff., 355 ff. BGB und in Art. 246 bis 246a EGBGB. Die dort enthaltenen Regelungen sind teilweise wörtlich aus der BGB-InfoV übernommen worden und entsprechend fortentwickelt.


Bedeutung und Nachwirkungen der BGB-InfoV

Nach ihrem Außerkrafttreten wirkt die BGB-InfoV übergangsweise für vor ihrem Außerkrafttreten begründete Vertragsverhältnisse nach. In der Praxis hatte die Verordnung die Standardisierung und Transparenz im Verbraucherrecht maßgeblich geprägt und Anstoß zu weitergehenden Reformen im deutschen und europäischen Zivilrecht gegeben.


Zusammenfassung

Die Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht war ein zentrales Regelwerk zur Konkretisierung der Informationspflichten und zur Vereinheitlichung der Verbraucherrechte im deutschen Zivilrecht. Sie steigerte die Transparenz im Vertragsrecht, standardisierte Widerrufsbelehrungen und trug erheblich zur Rechtssicherheit bei – sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer. Mit ihrer Abschaffung wurden ihre Inhalte in das EGBGB und das Bürgerliche Gesetzbuch überführt, wo sie heute in leicht veränderter und erweiterter Form Bestand haben.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist Adressat der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht?

Adressaten der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoV) sind regelmäßig Unternehmer im Sinne des § 14 BGB, die im Rahmen von Vertragsabschlüssen mit Verbrauchern agieren. Die Verordnung richtet sich insbesondere an jene, die Verträge außerhalb von Geschäftsräumen, im Fernabsatz oder im elektronischen Geschäftsverkehr abschließen. Hierzu zählen z. B. Online-Händler, Dienstleister im E-Commerce, Makler, Kreditgeber und andere Anbieter von Waren und Dienstleistungen, sofern sie an Verbraucher (§ 13 BGB) liefern oder leisten. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Unternehmer eine natürliche oder juristische Person ist. Die Pflichten treffen nicht nur größere Unternehmen, sondern auch kleine Unternehmen und selbst Einzelunternehmer, die regelmäßig mit Verbrauchern Verträge schließen. Wesentlich ist stets, dass im konkreten Einzelfall ein Verbrauchervertrag vorliegt, für den besondere Informations- oder Nachweispflichten vorgesehen sind.

Welche Informationspflichten ergeben sich aus der Verordnung für Unternehmer?

Die Informationspflichten betreffen vorrangig die Bereitstellung spezifischer, klarer und verständlicher Informationen an den Verbraucher vor Abschluss eines Vertrages. Hierzu gehört neben den Angaben zur Identität des Unternehmers (z. B. Name, Anschrift, gegebenenfalls Handelsregistereintrag) auch die Beschreibung der wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung, den Gesamtpreis einschließlich aller Steuern und Zusatzkosten, etwaige Liefer- oder sonstige Ausführungsvorbehalte, Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen sowie Informationen über das Widerrufs- oder Rückgaberecht. Besonders umfassend sind die Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, da der Gesetzgeber den Verbraucherschutz in diesen Fällen besonders hoch ansetzt. Versäumnisse bei diesen Informationspflichten können zu erheblichen rechtlichen Nachteilen für den Unternehmer führen, z. B. zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist oder sogar zur Unwirksamkeit von vertraglichen Regelungen.

Welche Nachweispflichten hat der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher?

Die Nachweispflichten beziehen sich in erster Linie darauf, dass der Unternehmer nachweisen können muss, dass er seiner gesetzlichen Informationspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Dies bedeutet, dass der Unternehmer geeignete Dokumente oder digitale Nachweise (z. B. Bestätigungs-E-Mails, Bestellübersichten, unterschriebene Vertragsunterlagen) aufbewahren sollte, aus denen hervorgeht, wann und in welchem Umfang die vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher bereitgestellt wurden. Insbesondere bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr ist dies von hoher Bedeutung, denn in einem etwaigen Rechtsstreit oder bei einer Abmahnung muss der Unternehmer belegen können, dass er die Verbraucherinformationen rechtzeitig und vollständig erteilt hat. Gelingt der Nachweis nicht, können nachteilige Rechtsfolgen wie eine nachträgliche Rückabwicklung des Vertrages entstehen.

Inwiefern spielt die Verordnung im Rahmen von Fernabsatzverträgen eine Rolle?

Die Verordnung nimmt bei Fernabsatzverträgen eine zentrale Rolle ein, da in solchen Konstellationen – etwa im Online-Handel – ein persönlicher Kontakt zwischen den Vertragsparteien fehlt und die Gefahr besteht, dass Verbraucher unzureichend über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Deshalb verpflichtet die Verordnung Unternehmer dazu, vor Vertragsabschluss eine Vielzahl an Informationen bereitzustellen. Besonders wichtig ist die deutlich gestaltete und verständliche Belehrung über das Widerrufsrecht, die Bereitstellung der Kontaktdaten und Informationen zu Lieferfristen sowie zur Vertragsspeicherung. Auch müssen dem Verbraucher die Vertragsbedingungen und allgemeinen Geschäftsbedingungen in einer für ihn zugänglichen Weise zur Verfügung gestellt werden. Ist die Information nicht oder nicht korrekt erfolgt, kann dies dazu führen, dass der Vertrag vom Verbraucher widerrufen werden kann und Regress- oder Schadensersatzansprüche gegen den Unternehmer entstehen.

Welche besonderen Pflichten bestehen für Verträge außerhalb von Geschäftsräumen?

Beim Abschluss von Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen – dazu zählen etwa Haustürgeschäfte und Vertriebsmessen – trifft den Unternehmer die Verpflichtung, den Verbraucher sowohl mündlich als auch schriftlich umfassend über dessen Rechte und den Vertragsinhalt zu informieren. Dazu gehört insbesondere die Information über das Widerrufsrecht und die Vorlage eines entsprechenden Muster-Widerrufsformulars. Zudem muss der Unternehmer dem Verbraucher eine Vertragsurkunde, einen schriftlichen Antrag oder eine Bestätigung des Vertrags zur Verfügung stellen, in dem sämtliche gesetzlichen Pflichtinformationen enthalten sind. Die Beweislast, dass dies ordnungsgemäß geschehen ist, trägt dabei der Unternehmer. Unterlässt er dies, kann der Verbraucher auch noch nach langer Zeit vom Vertrag zurücktreten, was ein erhebliches wirtschaftliches Risiko für den Unternehmer darstellt.

Wie wirken sich Verstöße gegen die Verordnung auf den Vertragsabschluss aus?

Verstöße gegen die Pflicht zur Information oder den Nachweis gemäß der Verordnung führen zu weitreichenden Rechtsfolgen. Informiert ein Unternehmer nicht oder nicht ausreichend, beginnt insbesondere bei Verträgen mit Widerrufsrecht die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Dies bedeutet, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht auch nach Monaten oder Jahren noch ausüben kann. Ferner können fehlende oder fehlerhafte Pflichtinformationen zur Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestandteile führen, insbesondere dann, wenn eine Benachteiligung des Verbrauchers vorliegt. In manchen Fällen sind auch Abmahnungen durch Mitbewerber wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht (§ 3a UWG) möglich. Das kann weitere finanzielle Risiken in Form von Schadensersatzforderungen oder Vertragsstrafen nach sich ziehen.

Gibt es Ausnahmen von den Informations- und Nachweispflichten?

Ja, die Verordnung sieht Ausnahmen vor, insbesondere wenn die Informationspflichten bereits durch andere spezifische gesetzliche Regelungen ausreichend erfüllt sind (z. B. im Bereich von Finanzdienstleistungen) oder der Vertragstyp – etwa bei Notarverträgen oder bestimmten kurzfristigen Alltagsgeschäften – nach dem Gesetz ausgenommen ist. Auch bei individuell ausgehandelten Verträgen, in denen der Verbraucher mit dem Unternehmer im direkten Austausch verschiedene Bedingungen aushandelt, können bestimmte Pflichten entfallen. Die genauen Ausnahmen sind in der Verordnung und im BGB geregelt und sollten bei jedem Vertrag genau geprüft werden, um Rechtsnachteile zu vermeiden.