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Vermieterpfandrecht


Begriff und Rechtsgrundlage des Vermieterpfandrechts

Das Vermieterpfandrecht ist ein gesetzlich geregeltes Sicherungsrecht, das dem Vermieter einer beweglichen Sache im Rahmen eines Mietverhältnisses eingeräumt wird. Es dient der Sicherung seiner Ansprüche insbesondere auf Zahlung der Miete sowie eventuell bestehender Nebenforderungen. Das Vermieterpfandrecht ist in §§ 562 bis 562d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und gehört zu den gesetzlichen Pfandrechten. Es wird oft auch als Mieterpfandrecht bezeichnet, jedoch ist die Bezeichnung Vermieterpfandrecht gebräuchlicher und sachlich zutreffend.

Voraussetzungen für das Entstehen des Vermieterpfandrechts

Mietverhältnis über Räume

Das Vermieterpfandrecht entsteht im Rahmen eines Mietverhältnisses über Räume, unabhängig davon, ob es sich um Wohnraum oder um gewerbliche Räume handelt. Es findet keine Anwendung bei der Vermietung von Grundstücken ohne Gebäude, freistehenden Garagen oder bei anderen Mietverhältnissen, die nicht auf Raummiete gerichtet sind.

Eigentum oder Mit-Eigentum des Mieters

Voraussetzung für das Entstehen des Pfandrechts ist, dass die gepfändeten Sachen im Eigentum oder zumindest im (Mit-)Eigentum des Mieters stehen und während der Mietzeit in die Mieträume eingebracht wurden. Das Pfand erstreckt sich grundsätzlich nicht auf Sachen, die einem Dritten gehören, wie beispielsweise Gegenstände, die Besucher mitgebracht haben.

Einbringung in die Mieträume

Maßgeblich ist weiterhin, dass die betreffenden Gegenstände in die gemieteten Räume eingebracht wurden. Unter Einbringung versteht man, dass die Sachen tatsächlich und mit dem Willen des Mieters zum Gebrauch innerhalb des Mietobjekts verbracht worden sind. Nicht erfasst sind beispielsweise Sachen des Mieters, die vor Mietbeginn in der Wohnung waren oder solche, die nach Ende des Mietverhältnisses erst eingestellt werden.

Sicherung von Forderungen

Das Vermieterpfandrecht entsteht, um alle Forderungen zu sichern, die aus dem Mietverhältnis resultieren. Klassischerweise gehören dazu die laufenden Mietforderungen, sowie – unter Umständen – Schadensersatzansprüche oder Kosten für Nebenleistungen, etwa für Schönheitsreparaturen oder Betriebskosten, soweit sie vertraglich geschuldet sind.

Umfang des Vermieterpfandrechts

Gepfändete Sachen

Das Vermieterpfandrecht umfasst sämtliche bewegliche Sachen, die der Mieter im gewöhnlichen Gebrauch in die Mieträume einbringt. Ausgenommen sind jedoch alle Gegenstände, die vom Pfandrecht nach § 562 Abs. 1 BGB ausgenommen sind, zum Beispiel Sachen, die der Pfändung nicht unterliegen (wie unpfändbare Sachen nach § 811 ZPO), Objekte von Dritten oder Gegenstände, die zur Berufsausübung des Mieters notwendig sind und den Pfändungsschutzvorschriften nach § 811 ZPO unterfallen.

Grenzen des Pfandrechts

Ebenfalls ausgeschlossen sind Tiere, speziell Haustiere, die nach den Bestimmungen des Strafvollstreckungsrechts einem besonderen Schutz unterliegen können. Auch Sachen, die unter Eigentumsvorbehalt übereignet wurden, fallen nur in beschränktem Maße unter das Pfandrecht.

Drittinteressen und Ausnahmen

Gegenstände, die offensichtlich im Eigentum Dritter stehen beziehungsweise als geliehen oder gemietet kenntlich gemacht wurden, unterliegen nicht dem Vermieterpfandrecht. Überdies kann ein Dritter, dessen Eigentum vom Pfandrecht betroffen ist, gemäß § 562a BGB das Pfandrecht unter bestimmten Voraussetzungen abwenden.

Wirkung und Durchsetzung des Vermieterpfandrechts

Sicherungsfunktion

Das Vermieterpfandrecht gewährt dem Vermieter eine dingliche Sicherheit für seine Forderungen gegenüber dem Mieter. Ist der Mieter im Zahlungsrückstand, kann der Vermieter das Recht nutzen, um aus der Verwertung der beweglichen Sachen des Mieters Befriedigung zu erlangen.

Verwertung des Pfandrechts

Im Regelfall darf der Vermieter die gepfändeten Gegenstände nicht eigenmächtig verwerten. Vielmehr ist die gerichtliche Durchsetzung und die Verwertung der gepfändeten Sachen über ein Zwangsvollstreckungsverfahren gesetzlich vorgesehen (§ 562b BGB, Verweis auf die Vorschriften des Pfandrechts nach §§ 1233 ff. BGB). Eine Selbsthilfe ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig.

Erlöschen des Pfandrechts

Das Vermieterpfandrecht erlischt, sobald der Mieter die Sachen mit dem Willen des Vermieters entfernt oder die besicherten Forderungen vollständig beglichen wurden. Es erlischt ebenfalls, wenn die Sachen außerhalb der Mieträume gebracht werden und der Vermieter dem nicht widerspricht (§ 562a BGB).

Besonderheiten und Abgrenzungen

Abgrenzung zu anderen Sicherungsrechten

Das Vermieterpfandrecht ist streng von anderen gesetzlichen oder vertraglichen Sicherungsrechten zu unterscheiden, etwa der Hypothek oder dem Mietkautionsrecht. Während bei einer Hypothek oder einer Bürgschaft typischerweise Immobilien oder Drittpersonen als Sicherheit dienen, betrifft das Vermieterpfandrecht stets die vom Mieter eigens in die Räume eingebrachten beweglichen Sachen.

Insolvenz des Mieters

Kommt es zur Insolvenz des Mieters, bleibt das Vermieterpfandrecht grundsätzlich bestehen, allerdings unterliegt es den Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO), insbesondere hinsichtlich der Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle und den Verwertungsrechten des Insolvenzverwalters.

Ausschluss und vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

Das Gesetz sieht grundsätzlich die Möglichkeit vor, das Vermieterpfandrecht durch vertragliche Vereinbarung auszuschließen oder einzuschränken. Entsprechende Klauseln im Mietvertrag sind jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Kontrolle) auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen.

Bedeutung und praktische Relevanz

Das Vermieterpfandrecht hat eine erhebliche praktische Bedeutung zur Sicherung von Mietforderungen. Besonders im Bereich der Gewerberaummiete bietet es dem Vermieter eine wirksame Handhabe zur Absicherung gegen Mietausfälle. Auch im Wohnraummietrecht kommt es immer wieder zur Anwendung, wobei hier die Einschränkungen durch soziale Schutzvorschriften strenger sind.

Risiken und typische Konflikte

Die Ausübung des Vermieterpfandrechts kann zu Auseinandersetzungen zwischen Vermieter und Mieter, aber auch mit Dritten führen, die Rechte an den eingebrachten Sachen geltend machen. Schnittstellen bestehen insbesondere zum Insolvenzrecht, dem Pfändungsschutz und dem Eigentumsschutz Dritter.

Literaturhinweise und weiterführende Rechtsquellen

Zur vertieften Auseinandersetzung mit dem Vermieterpfandrecht empfiehlt sich eine Analyse der §§ 562 ff. BGB sowie der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere der Obergerichte in Deutschland. Zudem bieten die Kommentarliteratur zum Mietrecht, etwa Palandt oder MüKo-BGB, weiterführende Ausführungen und Praxisbeispiele zum Umgang mit dem Vermieterpfandrecht.


Fazit:
Das Vermieterpfandrecht stellt ein zentrales Sicherungsrecht im Mietrecht dar. Die gesetzlichen Regelungen berücksichtigen sowohl die Interessen des Vermieters auf Sicherung seiner Forderungen als auch die Schutzinteressen des Mieters und möglicher Dritter. In der rechtlichen Praxis ist eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen, des Umfangs und der Durchsetzungsmöglichkeiten des Pfandrechts unabdingbar.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Entstehung des Vermieterpfandrechts erfüllt sein?

Das Vermieterpfandrecht entsteht kraft Gesetzes gemäß § 562 BGB mit Beginn des Mietverhältnisses, sofern der Mieter dem Vermieter Sachen in die Mieträume einbringt, die zu dessen Eigentum gehören oder über die er ein veräußerliches Anwartschaftsrecht hat. Dabei muss es sich um Sachen handeln, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stehen, also zur Einrichtung der Räume und gewöhnlichen Nutzung dienen. Nicht pfändbar sind unter anderem unpfändbare Sachen nach § 811 ZPO (z. B. persönliche Gebrauchsgegenstände, notwendige Haushaltsgegenstände des Mieters und Werkzeuge zur Berufsausübung) sowie Sachen Dritter, sofern deren Eigentum für den Vermieter erkennbar war bzw. angezeigt wurde. Das Vermieterpfandrecht sichert ausschließlich die Forderungen aus dem Mietverhältnis bezüglich der Mietsache, insbesondere laufende Mietforderungen, Betriebskosten und Schadensersatzansprüche aus dem Mietverhältnis. Entscheidend ist, dass sich die Sachen bei Begründung des Vermieterpfandrechts tatsächlich in den Mieträumen befinden und nicht schon vor Vertragsschluss entfernt wurden.

Auf welche Forderungen erstreckt sich das Vermieterpfandrecht?

Das Vermieterpfandrecht umfasst sämtliche Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis, das sich auf die vermieteten Räume bezieht. Es garantiert in erster Linie offene Mietforderungen sowie Ansprüche auf Nutzungsentschädigung, Betriebskosten und Schadensersatz wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache. Das Pfandrecht erstreckt sich auch auf künftige Forderungen, allerdings nur für die Mietzinsansprüche für die letzten 12 Monate vor Rückgabe der Mietsache. Nicht unter das Pfandrecht fallen Forderungen, die außerhalb des Mietverhältnisses entstehen, beispielsweise aus einem eventuell mit dem Mieter abgeschlossenen gesonderten Pachtvertrag oder anderen vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien.

Welche Gegenstände unterliegen dem Vermieterpfandrecht nicht?

Vom Vermieterpfandrecht ausgenommen sind gemäß § 562 Abs. 1 BGB alle unpfändbaren Gegenstände. Dazu zählen insbesondere persönliche Sachen des Mieters, wie Kleidung oder Gegenstände für den persönlichen Gebrauch (§§ 811, 812 ZPO), sowie Arbeitshilfsmittel und Werkzeuge, die für die Erwerbstätigkeit oder Ausbildung notwendig sind. Ebenfalls ausgenommen sind Gegenstände Dritter, die sich mit deren Einverständnis in den Mieträumen befinden, sofern der Vermieter deren Eigentum kannte oder hätte erkennen müssen. Demzufolge muss der Vermieter bei Verdacht auf fremdes Eigentum sorgfältige Nachforschungen anstellen, um sein Pfandrecht wirksam auszuüben, da ansonsten auch Schadensersatzansprüche des Dritten gegenüber dem Vermieter entstehen können.

Wie wird das Vermieterpfandrecht gegenüber Dritten durchgesetzt?

Das Vermieterpfandrecht setzt voraus, dass der Vermieter weiß, ob sich die gepfändeten Sachen tatsächlich im Eigentum des Mieters befinden oder ob Rechte Dritter entgegenstehen. Ist dies nicht der Fall, kann der Dritte als Eigentümer seine Rechte über eine sogenannte Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) geltend machen. Das Pfandrecht des Vermieters tritt außerdem dann hinter Rechte von Dritten zurück, wenn diese Rechte kraft Gesetzes vorrangig sind, beispielsweise wenn ein Sicherungseigentum im Handelsverkehr dem Vermieter bekannt war. Im Insolvenzfall hat das Vermieterpfandrecht gegenüber besichertem Fremdkapital einen lediglich nachrangigen Rang, wenn das Fremdrecht vor Einbringung des Gegenstands in die Räume bereits bestand.

Wie kann das Vermieterpfandrecht erlöschen?

Das Vermieterpfandrecht kann auf verschiedene Arten erlöschen: Einerseits durch Entfernung der gepfändeten Sachen aus der Mietwohnung mit Wissen und Einverständnis des Vermieters (§ 562a BGB), andererseits durch vollständige Begleichung der gesicherten Forderungen. Erfolgt die Entfernung ohne Zustimmung, bleibt das Pfandrecht für einen Monat nach Herausgabe bestehen und berechtigt den Vermieter gegebenenfalls zur Wiedereinbringung der Sachen. Das Pfandrecht erlischt ebenfalls, wenn der Mieter die Mietsache endgültig zurückgibt und keine offenen gesicherten Forderungen mehr bestehen oder der Vermieter auf das Pfandrecht ausdrücklich verzichtet. Weiterhin kann das Pfandrecht bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchrangige Wirkung gegenüber anderen Gläubigern verlieren.

Welche Rechtsfolgen hat eine unberechtigte Pfandnahme durch den Vermieter?

Übt der Vermieter das Vermieterpfandrecht auf unzulässige Weise aus, insbesondere an unpfändbaren oder fremden Sachen, kann dies Schadensersatzansprüche des Mieters beziehungsweise des Eigentümers auslösen. Der Vermieter macht sich ersatzpflichtig, wenn er entgegen besseres Wissen Gegenstände pfändet, von denen er weiß, dass sie nicht dem Mieter gehören oder nicht pfändbar sind. Im schlimmsten Fall können daraus Schadensersatzforderungen, Wiedereinräumungsansprüche oder sogar strafrechtliche Konsequenzen wegen unbefugten Gebrauchs (§ 289 StGB, Pfandkehr) entstehen.

Welche Rolle spielt das Vermieterpfandrecht im Insolvenzverfahren des Mieters?

Im Fall der Insolvenz des Mieters wird das Vermieterpfandrecht zu einem Absonderungsrecht gemäß §§ 50, 51 InsO. Der Vermieter ist in diesem Fall berechtigt, seine offenen Forderungen bevorzugt aus der Insolvenzmasse zu befriedigen, soweit und solange die durch das Pfandrecht gesicherten beweglichen Sachen noch in der Insolvenzmasse vorhanden sind. Allerdings ist die bevorzugte Befriedigung beschränkt auf rückständige Miete sowie die während der letzten zwölf Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und während des Verfahrens entstandenen Forderungen. Das Pfandrecht besteht auch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, unterliegt jedoch den Einschränkungen und Anzeigepflichten des Insolvenzrechts.