Begriff und rechtliche Bedeutung des Vergehens im Amt
Das Vergehen im Amt bezeichnet im deutschen Recht Straftaten, die Amtsträger, also Personen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder Inhaber eines öffentlich-rechtlichen Amts sind, in Ausübung oder in Bezug auf ihr Amt begehen. Die Ahndung solcher Delikte dient dem Schutz der Funktionstüchtigkeit und Integrität des öffentlichen Dienstes und soll das Vertrauen der Allgemeinheit in die Verwaltung sicherstellen.
Berührt werden sowohl strafrechtliche als auch disziplinarrechtliche Aspekte, wobei der Fokus auf der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Amtsträgers liegt.
Gesetzliche Grundlagen
Strafrechtliche Regelungen
Vergehen im Amt sind insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Zentrale Vorschriften finden sich im Abschnitt „Straftaten im Amt“ (§§ 331 bis 358 StGB). Hinzu kommen weitere relevante Vorschriften im Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und im Bundesbeamtengesetz (BBG).
Wichtige Delikte des Vergehens im Amt sind insbesondere:
- Bestechlichkeit und Bestechung (§§ 331-335 StGB)
- Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b StGB)
- Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB)
- Rechtsbeugung (§ 339 StGB)
- Falsche uneidliche Aussage und Meineid (§§ 153, 154 StGB)
- Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB)
Disziplinarrechtliche Regelungen
Neben dem Strafrecht regelt das Beamtenrecht die disziplinarrechtlichen Konsequenzen für Amtsträger. Ein Vergehen im Amt kann Disziplinarmaßnahmen wie Verweis, Geldbuße, Zurückstufung oder Entfernung aus dem Dienst nach sich ziehen.
Tatbestandsmerkmale
Amtsträgereigenschaft
Die Täterschaft eines „Vergehens im Amt“ setzt voraus, dass der Täter Amtsträger ist. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist Amtsträger, wer
- nach deutschem Recht Beamter oder Richter ist,
- in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht,
- bei einer Behörde oder einer anderen Stelle des öffentlichen Dienstes tätig ist und dabei Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt,
- oder wie ein Amtsträger zu behandeln ist.
Dienstliche Handlung
Ein zweites Tatbestandsmerkmal ist, dass das betreffende Verhalten in dienstlichem Zusammenhang steht. Die Tat muss entweder während der Dienstausübung erfolgen oder in Bezug auf dienstliche Aufgaben stehen.
Vorsatz und Fahrlässigkeit
Die meisten Vergehen im Amt erfordern Vorsatz. Ausnahmen bilden fahrlässige Amtsdelikte, die jedoch nur in Ausnahmefällen erfasst werden, zum Beispiel bei fahrlässiger Verletzung des Dienstgeheimnisses.
Wesentliche Deliktsformen
Bestechlichkeit und Bestechung
Gemäß §§ 331 ff. StGB wird die Annahme von Vorteilen für die Dienstausübung (Bestechlichkeit) ebenso unter Strafe gestellt wie das Anbieten oder Gewähren solcher Vorteile (Bestechung). Dies betrifft sowohl einfache Vorteilsannahme wie auch besonders schwere Fälle, etwa wenn Richter oder Schöffen bestochen werden.
Rechtsbeugung
§ 339 StGB schützt die objektive und unparteiische Rechtspflege. Das bewusste Beugen des Rechts durch Richter oder andere zur Rechtsprechung berufene Amtsträger wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft und zählt zu den schwersten Vergehen im Amt.
Strafvereitelung im Amt
Nach § 258a StGB begeht ein Amtsträger, der absichtlich verhindert, dass eine Straftat verfolgt oder eine Strafe vollstreckt wird, eine Strafvereitelung im Amt.
Körperverletzung im Amt
§ 340 StGB stellt die Körperverletzung, die ein Amtsträger während seines Dienstes oder in Bezug auf seine Dienstpflichten begeht, unter eine erhöhte Strafandrohung.
Verletzung des Dienstgeheimnisses
Amtsträger machen sich gemäß § 353b StGB strafbar, wenn sie ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertraute Geheimnisse unbefugt offenbaren.
Sanktionen und Rechtsfolgen
Strafrechtliche Sanktionen
Die Bandbreite der Strafen reicht von Geldstrafen bis zu mehrjährigen Freiheitsstrafen. Besonders schwere Fälle, wie die Rechtsbeugung, ziehen zwingend eine Mindestfreiheitsstrafe nach sich.
Disziplinarrechtliche Sanktionen
Zusätzlich zu strafrechtlichen Maßnahmen drohen disziplinarrechtliche Konsequenzen, etwa Beförderungsstopps, Entlassung oder Versetzung in den Ruhestand.
Schadensersatzpflicht
Verursacht das Vergehen im Amt einen Schaden, kann daneben eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht bestehen, die Amtshaftung nach Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB.
Abgrenzung zu anderen Vergehen und zu Ordnungswidrigkeiten
Das Vergehen im Amt ist abzugrenzen von Ordnungswidrigkeiten und Disziplinarverstößen, die weder den strafrechtlichen Tatbestand einer Amtspflichtverletzung erfüllen noch eine disziplinarrechtliche Sanktion auslösen.
Verfolgung und Verfahrensrecht
Vergehen im Amt sind grundsätzlich Offizialdelikte, das bedeutet, sie werden von Amts wegen verfolgt. Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, jedem Verdacht nachzugehen (Legalitätsprinzip). Im öffentlichen Interesse kann jedoch in Ausnahmefällen ein Strafverfahren ohne gerichtliche Verfolgung eingestellt werden.
Fazit
Der Begriff „Vergehen im Amt“ umfasst eine Vielzahl strafbarer Handlungen, die von Amtsträgern in Ausübung ihrer Tätigkeit begangen werden. Die gesetzlichen Regelungen dienen sowohl dem Schutz staatlicher Institutionen als auch dem öffentlichen Interesse an einer rechtsstaatlichen und integren Verwaltung. Die Ahndung solcher Delikte bildet einen wesentlichen Bestandteil des deutschen Strafrechts und sorgt für die Integrität öffentlicher Ämter.
Häufig gestellte Fragen
Welche Strafen drohen bei einem Vergehen im Amt?
Bei einem Vergehen im Amt richtet sich das Strafmaß in Deutschland grundsätzlich nach der Art und Schwere des Amtspflichtverstoßes sowie den zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften. Das Strafrecht sieht für die häufigsten Amtsdelikte, wie etwa die Vorteilsnahme (§ 331 StGB) oder die Bestechlichkeit (§ 332 StGB), Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen vor. In schwerwiegenden Fällen, beispielsweise beim besonders schweren Fall der Bestechlichkeit, kann das Strafmaß bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe betragen. Neben strafrechtlichen Sanktionen drohen auch disziplinarrechtliche Folgen, wie etwa Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und Verlust von Versorgungsansprüchen. Darüber hinaus sind auch zivilrechtliche Schadensersatzforderungen und ein Eintrag ins Führungszeugnis möglich, was die weitere Berufsausübung erheblich beeinträchtigen kann.
Wie läuft ein Ermittlungsverfahren bei einem Vergehen im Amt ab?
Das Ermittlungsverfahren beginnt in der Regel mit der Anzeige eines Verdachts, etwa durch Hinweisgeber, betroffene Bürger oder im Rahmen anderer behördlicher Ermittlungen. Die zuständige Staatsanwaltschaft prüft zunächst, ob ein sogenannter Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten vorliegt. In diesem Zusammenhang wird häufig auch die Staatsanwaltschaft für Korruptionsdelikte eingeschaltet, da Amtsträgervergehen vielfach mit Korruptionsvorwürfen einhergehen. Das Ermittlungsverfahren umfasst die Beweissicherung durch Zeugenbefragungen, Durchsuchungen, Sicherstellung von Unterlagen sowie sonstige Beweismaßnahmen. Bei Beamten ist zudem zu beachten, dass eine eventuelle Aufhebung der Immunität oder des Dienstschutzes erforderlich sein kann. Nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet die Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Verfahrens oder die Anklageerhebung beim zuständigen Strafgericht.
Welche Rechte hat ein beschuldigter Amtsträger im Strafverfahren?
Ein beschuldigter Amtsträger hat im Strafverfahren hinsichtlich seiner Verteidigung die gleichen Rechte wie andere Beschuldigte auch. Hierzu zählt insbesondere das Recht auf Aussageverweigerung sowie das Recht auf Hinzuziehung eines Verteidigers. Während des Ermittlungsverfahrens ist der Grundsatz der Unschuldsvermutung zu beachten, sodass keinerlei dienst- oder beamtenrechtliche Vorverurteilung erfolgen darf. Der Beschuldigte hat Anspruch auf Einsicht in die Ermittlungsakten und darf Beweisanträge stellen sowie Zeugen benennen. Darüber hinaus besteht das Recht auf einen fairen und transparenten Prozess gemäß Art. 6 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention).
Können Amtsträger für Vergehen im Amt aus dem Dienst entfernt werden?
Ja, bei schwerwiegenden Vergehen im Amt ist die Entfernung aus dem Dienst nach den einschlägigen Disziplinargesetzen des Bundes oder der Länder möglich. Für Beamte greift bei schwerer Verletzung der Dienstpflichten das Disziplinarrecht, das von Verweis oder Geldbuße bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reichen kann. Für Angestellte im öffentlichen Dienst gelten arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung. Insbesondere bei rechtskräftiger Verurteilung wegen eines Amtsdelikts mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ist die Entfernung aus dem Dienst regelmäßig vorgesehen.
Gibt es eine Verjährungsfrist für Vergehen im Amt?
Die Verjährungsfristen für Vergehen im Amt richten sich nach den allgemeinen Vorschriften des Strafgesetzbuches (§§ 78 ff. StGB) und hängen vom jeweiligen Straftatbestand und dem angedrohten Strafmaß ab. Bei vielen Amtsdelikten, wie Bestechlichkeit oder Vorteilsannahme, beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre. Für besonders schwere Fälle, in denen das Strafmaß mehr als fünf Jahre Freiheitsstrafe beträgt, kann die Verjährungsfrist zehn Jahre betragen. Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit der Beendigung der Tat. Separate disziplinarrechtliche Verjährungsfristen sind daneben ebenfalls zu beachten.
Welche Folgen hat ein Vergehen im Amt für die Pension oder Versorgung von Beamten?
Ein Vergehen im Amt kann gravierende Auswirkungen auf die Pensionsansprüche von Beamten haben. Wird ein Beamter rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr im Zusammenhang mit einem Amtsdelikt verurteilt und aus dem Dienst entfernt, verliert er gemäß Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) sämtliche Pensions- und Versorgungsansprüche. Handelt es sich um mildere Disziplinarmaßnahmen, können die Versorgungsbezüge zumindest gekürzt werden. Auch bei Aberkennung des Ruhegehalts infolge schwerer Dienstvergehen können Sonderregelungen greifen.
In welchen Fällen kann ein Verfahren wegen eines Vergehens im Amt eingestellt werden?
Eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens kommt in Betracht, wenn sich der Verdacht gegen den Amtsträger nicht hinreichend erhärten lässt (§ 170 Abs. 2 StPO) oder kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht (§§ 153, 153a StPO). Letzteres kann insbesondere relevant sein, wenn es sich um Bagatellverstöße ohne schwerwiegende Folgen handelt und der Beschuldigte Auflagen oder Weisungen, beispielsweise eine Geldzahlung, erfüllt. Sind jedoch personelle oder institutionelle Interessen an einer konsequenten Strafverfolgung besonders hoch, etwa bei laufendem öffentlichen Interesse oder bei vorgesetztem Fehlverhalten, wird das Verfahren in der Regel nicht eingestellt.