Legal Lexikon

Vergehen

Begriff und Einordnung des Vergehens

Ein Vergehen ist eine Kategorie strafbarer Handlungen, die im Vergleich zu schweren Taten geringer gewichtet ist. Kennzeichnend ist, dass das Gesetz für ein Vergehen regelmäßig Geldstrafe oder kürzere Freiheitsstrafe vorsieht. Vergehen stehen damit zwischen bloßen Ordnungswidrigkeiten und den schwerwiegenden Taten, die als Verbrechen eingestuft werden.

Abgrenzung zu Verbrechen und Ordnungswidrigkeiten

Die Abgrenzung erfolgt nach der gesetzlichen Schwere der Tat:

  • Vergehen: geringere bis mittlere Schwere; Strafandrohung reicht typischerweise von Geldstrafe bis zu kürzeren Freiheitsstrafen.
  • Verbrechen: besonders schwerwiegende Taten; regelmäßig mit höheren Freiheitsstrafen im Mindestmaß verbunden.
  • Ordnungswidrigkeiten: keine Straftaten; sie werden mit Bußgeldern geahndet und unterliegen einem anderen Verfahren.

Die Einordnung hat weitreichende Folgen für Strafbarkeit, Verfahren und mögliche Rechtsfolgen.

Gesetzlicher Strafrahmen und typische Rechtsfolgen

Für Vergehen sieht das Gesetz meist einen flexiblen Rahmen vor, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe ermöglicht. Daraus ergibt sich ein breites Spektrum an Sanktionen: von reinen Geldstrafen über zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafen bis hin zu kürzerer Freiheitsentziehung ohne Aussetzung. Nebenstrafen und Nebenfolgen sind je nach Tat möglich, etwa Fahrverbote, Einziehungen von Tatmitteln oder Vermögensabschöpfung.

Tatbestandsmerkmale und Erscheinungsformen

Vorsatz und Fahrlässigkeit

Vergehen können vorsätzlich oder-wenn das Gesetz es ermöglicht-fahrlässig begangen werden. Vorsatz bedeutet, dass die Tat wissentlich und gewollt verwirklicht wird. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und dadurch der tatbestandliche Erfolg verursacht wird. Viele, aber nicht alle Vergehensdelikte kennen auch eine fahrlässige Begehungsform, etwa in Bereichen mit besonderen Sorgfaltspflichten.

Versuch, Teilnahme und Unterlassen

Beim Versuch gilt: Der Versuch eines Vergehens ist nur dann strafbar, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist. Anders verhält es sich bei besonders schweren Taten, deren Versuch grundsätzlich erfasst wird. Beteiligungsformen wie Anstiftung und Beihilfe sind auch bei Vergehen möglich und richten sich nach allgemeinen Grundsätzen der Beteiligung. Vergehen können teils auch durch pflichtwidriges Unterlassen begangen werden, wenn eine rechtliche Pflicht zum Handeln besteht und das Ausbleiben des Handelns tatbestandsrelevant ist.

Typische Deliktsgruppen

Vergehen finden sich in vielen Rechtsbereichen, etwa im Vermögensschutz (z. B. unrechtmäßige Vermögensverschiebungen geringerer Schwere), in der körperlichen Integrität (leichtere Körperverletzungsformen), im Straßenverkehr (Sorgfaltsverstöße mit Gefährdungslage), im Urkunden- und Kommunikationsbereich (z. B. unbefugte Datenverwendung), im Umwelt- und Arbeitsschutz (pflichtwidrige Handlungen mit Gefahrenpotenzial). Die konkrete Zuordnung richtet sich stets nach dem jeweils einschlägigen Straftatbestand und dessen Strafrahmen.

Strafverfolgung und Verfahren

Zuständigkeit der Gerichte

Für Vergehen ist in erster Linie das Amtsgericht zuständig, entweder durch eine Einzelrichterin oder einen Einzelrichter oder-bei mittlerer Schwere-durch das Schöffengericht. Bei besonderer Bedeutung oder höherer Straferwartung kann das Verfahren an ein übergeordnetes Gericht gelangen.

Ermittlungs- und Verfahrensbesonderheiten

Verfahren wegen Vergehen beginnen in der Regel mit Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden. Je nach Tat und Beweislage kommen unterschiedliche Verfahrenswege in Betracht. Bei klarer Sachlage und geringerer Schwere kann das Verfahren ohne Hauptverhandlung im schriftlichen Weg abgeschlossen werden. Zudem sind Verfahrenseinstellungen unter bestimmten Voraussetzungen möglich, etwa bei geringer Schuld oder gegen Erfüllung von Auflagen. Auch bei Vergehen gelten die allgemeinen Verfahrensgarantien, insbesondere die Unschuldsvermutung und das Recht auf faires Verfahren.

Sanktionierung und Registereinträge

Die Sanktionierung orientiert sich an der Schuld, den Tatfolgen und der Persönlichkeit der verurteilten Person. Geldstrafen werden üblicherweise nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bemessen. Freiheitsstrafen können unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Nebenstrafen und Nebenfolgen-etwa Fahrverbote, Entzug einer Erlaubnis oder Einziehung-können hinzutreten. Eintragungen in behördliche Register sind möglich; ob und wie lange sie erscheinen, hängt von Art und Höhe der Sanktion sowie von etwaigen Vorbelastungen ab.

Verjährung und Zeitabläufe

Verfolgungsverjährung

Die Verfolgungsverjährung begrenzt die Zeit, in der eine Tat strafrechtlich verfolgt werden kann. Ihre Dauer richtet sich nach der gesetzlichen Höchststrafe des jeweiligen Delikts. Für Vergehen sind die Fristen kürzer als für besonders schwere Taten. Bestimmte Handlungen können die Verjährung unterbrechen oder ruhen lassen, wodurch sich die effektive Verfolgungszeit verlängert.

Vollstreckungsverjährung

Neben der Verfolgungsverjährung gibt es die Vollstreckungsverjährung: Sie bestimmt, wie lange eine rechtskräftig verhängte Sanktion vollstreckt werden kann. Auch hier sind die Fristen bei Vergehen im Regelfall kürzer als bei schwerwiegenderen Taten.

Besonderheiten in ausgewählten Bereichen

Jugendliche und Heranwachsende

Bei Jugendlichen und teils auch Heranwachsenden gelten besondere Regelungen, die stärker erzieherisch ausgerichtet sind. Statt reiner Strafe stehen erzieherische Maßnahmen, Zuchtmittel oder besondere Sanktionen im Vordergrund. Auch bei Vergehen wird so dem Entwicklungsstand der betroffenen Person Rechnung getragen.

Unternehmens- und Verbandskontext

Bei Vergehen im betrieblichen Umfeld wird die Tat in der Regel natürlichen Personen zugerechnet. Gegen Unternehmen und andere Verbände kommen eigenständige bußgeldrechtliche Sanktionen in Betracht, insbesondere wenn Leitungspersonen Pflichten verletzt haben oder Aufsichtspflichten nicht erfüllt wurden. Daneben können Vermögensabschöpfung und Einziehung eine Rolle spielen.

Rechtsfolgen neben der Strafe

Nebenstrafen, Maßregeln und weitere Folgen

Neben der Hauptstrafe können weitere Rechtsfolgen angeordnet werden. Dazu zählen etwa Fahrverbote, Tätigkeits- oder Annäherungsauflagen, Einziehung von Tatmitteln oder Erträgen und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. In bestimmten Fällen können berufliche oder verwaltungsrechtliche Konsequenzen eintreten, etwa der Entzug einer Erlaubnis oder aufsichtliche Maßnahmen. Die Anordnung richtet sich nach Tat, Gefährdungslage und individuellen Umständen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Vergehen

Was unterscheidet ein Vergehen von einem Verbrechen?

Der Unterschied liegt in der Schwere der Tat und dem vorgesehenen Strafrahmen. Vergehen sind weniger schwerwiegend und erlauben in der Regel Geldstrafe oder kürzere Freiheitsstrafe, während Verbrechen mit deutlich höheren Freiheitsstrafen verbunden sind. Diese Einstufung beeinflusst die Verfahrensregeln und die Rechtsfolgen.

Ist der Versuch eines Vergehens immer strafbar?

Nein. Der Versuch eines Vergehens ist nur strafbar, wenn dies ausdrücklich vorgesehen ist. Bei besonders schweren Taten ist der Versuch demgegenüber grundsätzlich erfasst.

Kann ein Vergehen auch fahrlässig begangen werden?

Ja, sofern der zugrunde liegende Straftatbestand eine fahrlässige Begehungsweise vorsieht. In vielen Bereichen-etwa Verkehr, Umwelt, Arbeitsschutz-kommen fahrlässige Vergehen vor, wenn Sorgfaltspflichten verletzt werden.

Wer ist in der Regel für Vergehen zuständig-welches Gericht?

Im Regelfall ist das Amtsgericht zuständig, entweder durch eine Einzelrichterin oder einen Einzelrichter oder durch das Schöffengericht. Bei besonderer Bedeutung oder höherer Straferwartung kann ein übergeordnetes Gericht zuständig werden.

Welche Strafen drohen bei einem Vergehen?

Typisch sind Geldstrafen und kürzere Freiheitsstrafen. Hinzukommen können Nebenstrafen und Nebenfolgen wie Fahrverbote, Einziehungen oder auflagenbezogene Maßnahmen. Die konkrete Sanktion hängt von Tat, Schuld und persönlichen Umständen ab.

Werden Vergehen im Führungszeugnis oder in Registern vermerkt?

Eintragungen sind möglich, richten sich jedoch nach Art und Höhe der Sanktion sowie nach Vorbelastungen. Nicht jede Verurteilung wegen eines Vergehens erscheint zwingend in jedem Auszug; maßgeblich sind gesetzliche Schwellen und Tilgungsfristen.

Wie lange können Vergehen verfolgt werden?

Die Verfolgungsverjährung ist bei Vergehen kürzer als bei schweren Taten. Ihre genaue Dauer richtet sich nach der Höchststrafe des jeweiligen Delikts. Unterbrechungs- und Ruhensgründe können die Frist beeinflussen.

Welche Rolle spielen Einstellungen und schriftliche Verfahren?

Bei Vergehen können Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen eingestellt werden, etwa bei geringer Schuld oder gegen Erfüllung von Auflagen. Zudem existieren vereinfachte schriftliche Verfahren, mit denen bei klarer Sachlage ohne Hauptverhandlung entschieden werden kann.