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Verbundene Unternehmen


Begriff und rechtliche Grundlagen der Verbundenen Unternehmen

Definition und Abgrenzung

Verbundene Unternehmen sind rechtlich selbstständige Unternehmen, die durch eine beherrschende Beteiligung oder durch einen einheitlichen Geschäftsbetrieb miteinander verbunden sind. Der Begriff ist zentral im deutschen und europäischen Gesellschaftsrecht und spielt insbesondere im Aktienrecht, Handelsrecht, Steuerrecht sowie im Bereich der Konzernrechnungslegung eine wichtige Rolle. Die genaue Definition variiert abhängig vom jeweiligen Rechtsbereich, doch ist stets ein bestimmtes Maß an Kontrolle oder Einflussnahme maßgeblich.

Gesetzliche Grundlagen

Die wesentlichen gesetzlichen Regelungen zu verbundenen Unternehmen finden sich im Aktiengesetz (AktG), insbesondere in den §§ 15 ff. AktG, wobei diese Vorschriften vielfach auf andere Gesellschaftsformen entsprechend Anwendung finden oder zum Teil analog berücksichtigt werden. Daneben definieren auch das Handelsgesetzbuch (HGB), das Umwandlungsgesetz (UmwG) sowie steuerrechtliche Vorschriften, wie das Körperschaftsteuergesetz (KStG) und das Außensteuergesetz (AStG), den Begriff und dessen Rechtsfolgen.

Verbundene Unternehmen nach § 15 AktG

Nach § 15 Abs. 1 AktG gilt als ein verbundenes Unternehmen jede Gesellschaft, die auf ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder von diesem beherrscht wird. Eine Beherrschung wird dabei insbesondere anhand gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen (> 50 % der Stimmrechte) oder durch vertragliche Konzernverhältnisse angenommen.

Arten verbundener Unternehmen

Verbundenene Unternehmen lassen sich nach der gesetzlichen Systematik und wirtschaftlicher Betrachtung in verschiedene Arten einteilen:

Konzernunternehmen

Ein Konzern beschreibt einen Verbund rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung. Der Begriff wird in § 18 AktG näher erläutert und differenziert in Unterformen wie den Vertragkonzern und den faktischen Konzern.

Tochtergesellschaften und abhängige Unternehmen

Eine Tochtergesellschaft ist gemäß § 17 AktG eine Gesellschaft, auf die ein anderes Unternehmen einen beherrschenden Einfluss tatsächlich ausüben kann. Eine Muttergesellschaft ist entsprechend die beherrschende Gesellschaft.

Abhängig ist ein Unternehmen nach § 17 Abs. 1 AktG dann, wenn es unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens steht, ungeachtet der Rechtsform.

Schwesterunternehmen

Schwesterunternehmen sind Gesellschaften, die von demselben Mutterunternehmen beherrscht werden, ohne dabei selbst direkt aneinander beteiligt zu sein.

Unterschiede zwischen assoziierten und verbundenen Unternehmen

Nicht jedes gesellschaftsrechtliche Beteiligungsverhältnis führt zur Einordnung als verbundenes Unternehmen. Unternehmen, bei denen eine signifikante Beteiligung (typischerweise zwischen 20 und 50 Prozent) besteht, ohne dass eine Beherrschung im Sinne des Konzernrechts vorliegt, werden als assoziierte Unternehmen bezeichnet (vgl. § 311 HGB, IAS 28).

Rechtliche Folgen des Verbundes

Pflichten nach Handels- und Gesellschaftsrecht

Die rechtliche Verbundenheit zieht umfassende Pflichten und besondere Regelungen für die beteiligten Gesellschaften nach sich. Dazu zählen insbesondere:

  • Konzernbilanzierung: Nach §§ 290 ff. HGB sind Mutterunternehmen verpflichtet, einen Konzernabschluss und Konzernlagebericht aufzustellen, sofern sie auf andere Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausüben.
  • Offenlegungspflichten: Die gegenseitigen Verflechtungen sind im Anhang zum Jahresabschluss sowie bei Veröffentlichung im Bundesanzeiger kenntlich zu machen.
  • Konzerninterne Verträge: Verträge wie Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge sind anmelde- und eintragungsbedürftig und unterliegen strengen Transparenzanforderungen.

Mitteilungspflichten und Transparenz

Verbundene Unternehmen unterliegen besonderen Mitteilungspflichten z. B. im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) bei Erwerb bzw. Veräußerung größerer Beteiligungen, um Transparenz für den Kapitalmarkt zu gewährleisten. Zudem müssen verbundene Unternehmen etwaige Interessenkonflikte offenlegen und können im Vergaberecht oder bei Kartellverfahren als eine wirtschaftliche Einheit behandelt werden.

Auswirkungen im Steuerrecht

Im Steuerrecht sind die Begriffe der verbundenen Unternehmen bei verschiedenen Regelungsbereichen von Bedeutung, u. a.:

  • Organschaft: Im Körperschaft- und Umsatzsteuerrecht führt der Verbund zu einer ertragsteuerlichen Behandlung als eine Einheit (§§ 14, 17 KStG).
  • Verrechnungspreise: Nach § 1 AStG sind bei der Besteuerung der Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen angemessene Preise anzusetzen („Fremdvergleichsgrundsatz“).
  • Gemeinsame Besteuerungsregelungen: Weitere Besonderheiten finden sich z. B. bei der Umwandlungssteuer oder bei der Anwendung des § 8b KStG.

Besonderheiten und Abgrenzungen

Abgrenzung zur wirtschaftlichen Einheit

Im Kartellrecht und bei der Fusionskontrolle werden zur Beurteilung, ob mehrere Unternehmen eine wirtschaftliche Einheit bilden, regelmäßig die Kriterien der Kontrolle und Beherrschung herangezogen (§ 36 GWB, Art. 3 Abs. 1 fusionskontrollVO EU).

Verbundene Unternehmen im internationalen Kontext

Im internationalen Kontext ist das Verständnis verbundener Unternehmen entscheidend für die Anwendung steuerrechtlicher Regelungen (Transfer Pricing), IFRS-Konzernabschlüsse sowie zur Bestimmung von Meldepflichten bei grenzüberschreitenden Beteiligungen. Zahlreiche bilaterale und multilaterale Abkommen, etwa zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, knüpfen an die Definitionen von verbundenen Unternehmen an.

Literatur und Nachweise

  • Aktiengesetz (AktG)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Körperschaftsteuergesetz (KStG)
  • Außensteuergesetz (AStG)
  • Umwandlungsgesetz (UmwG)
  • International Financial Reporting Standards (IFRS)
  • Literatur: Baumbach/Hueck, Aktiengesetz; Lutter/Grunewald, Rechte und Pflichten im Konzern; Schmidt, Handels- und Gesellschaftsrecht

Hinweis: Die Einordnung und konkrete rechtliche Behandlung verbundener Unternehmen hängt vom jeweiligen Anwendungsbereich und den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Die vorstehenden Ausführungen bieten einen Überblick und können zur Klärung komplexer Sachverhalte beitragen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Vorschriften finden auf verbundene Unternehmen Anwendung?

Die wichtigsten rechtlichen Vorschriften für verbundene Unternehmen finden sich im Aktiengesetz (AktG), insbesondere in den §§ 15 ff. AktG, die die Begriffsbestimmungen für verbundene Unternehmen, Abhängigkeit, Mehrheitsbeteiligung, Konzern und Beherrschungsverträge festlegen. Daneben greifen Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB), die für Konzernabschlüsse und die handelsrechtliche Rechnungslegung Bedeutung haben (§§ 290 ff. HGB). Auch kartellrechtliche Vorschriften, vor allem das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), sind von großer Relevanz, da sie Regelungen zu Gruppenstrukturen, Fusionskontrolle und dem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung enthalten. Im Steuerrecht regelt insbesondere das Körperschaftsteuergesetz (KStG) die steuerlichen Folgen bei Organschaften, die häufig zwischen verbundenen Unternehmen bestehen. Weitere einschlägige Gesetze können das Umwandlungsgesetz (UmwG) beim Zusammenschluss verbundener Unternehmen sowie das GmbH-Gesetz (GmbHG) betreffen, wenn verbundenen Unternehmen in dieser Rechtsform geführt werden. Zu beachten ist, dass die jeweiligen Vorschriften abhängig von der Art des Verbundverhältnisses (Abhängigkeit, Konzern, Gemeinschaftsunternehmen etc.) zur Anwendung kommen.

Welche Pflichten bestehen für die Geschäftsleitung in verbundenen Unternehmen?

Die Geschäftsleitung von verbundenen Unternehmen unterliegt besonderen Sorgfalts-, Treue- und Informationspflichten. Bei abhängigen und konzernangehörigen Unternehmen ist die Geschäftsleitung verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft, aber auch die des Konzerns als Gesamtinteresse zu berücksichtigen (§ 311 AktG und folgend). Insbesondere bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages ist die Geschäftsleitung einer Tochtergesellschaft verpflichtet, den Weisungen der herrschenden Gesellschaft zu folgen, soweit diese zulässig sind und nicht gegen zwingendes Recht oder die Interessen der Gläubiger verstoßen. Des Weiteren bestehen erhöhte Berichtspflichten: So ist beispielsweise ein abhängiges Unternehmen verpflichtet, einen Abhängigkeitsbericht (sogenannten „Konzernbericht“) gemäß § 312 AktG zu erstellen. Die Missachtung der Leitungspflichten kann sowohl zivilrechtliche Haftung als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Was ist bei Verträgen zwischen verbundenen Unternehmen rechtlich zu beachten?

Verträge zwischen verbundenen Unternehmen – auch als konzerninterne Verträge bezeichnet – unterliegen besonderen rechtlichen Anforderungen. Sie müssen insbesondere den sogenannten Fremdvergleichsgrundsätzen standhalten, das heißt, sie müssen so ausgestaltet sein, wie sie zwischen unabhängigen Dritten abgeschlossen worden wären (arm’s length principle). Dies ist insbesondere bei Verrechnungspreisen im Steuerrecht relevant, aber auch im Handels- und Gesellschaftsrecht werden konzerninterne Geschäfte auf Angemessenheit und marktgerechte Ausgestaltung geprüft. Werden etwa nachteilige Geschäfte für das abhängige Unternehmen abgeschlossen, so können diese anfechtbar oder gar nichtig sein (§ 313 AktG). Bestimmte Verträge, wie Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, bedürfen eines besonderen Beschlusses der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung und müssen ins Handelsregister eingetragen werden.

Welche Besonderheiten gelten für Jahresabschluss und Rechnungslegung verbundener Unternehmen?

Verbundene Unternehmen sind häufig zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet, der neben dem Einzelabschluss nach HGB den Jahresabschluss des gesamten Konzerns widerspiegelt. Gemäß §§ 290 ff. HGB ist ein Mutterunternehmen zur Erstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet, wenn es auf ein oder mehrere Tochterunternehmen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Hierbei sind die Jahresabschlüsse der in den Konzern einbezogenen Unternehmen nach einheitlichen Grundsätzen zu konsolidieren, insbesondere zu eliminieren sind konzerninterne Umsätze, Forderungen und Verbindlichkeiten sowie Beteiligungen. Für börsennotierte Unternehmen gelten weitergehende Anforderungen durch die International Financial Reporting Standards (IFRS). Die individuellen Jahresabschlüsse der einzelnen verbundenen Unternehmen bleiben bestehen, sind jedoch durch konzernrechtliche Berichtspflichten und Publizitätserfordernisse ergänzt.

Wie erfolgt die Kontrolle und Überwachung verbundener Unternehmen aus rechtlicher Sicht?

Die Kontrolle verbundener Unternehmen erfolgt auf mehreren Ebenen. Im aktienrechtlichen Konzern wird die Kontrolle durch die Hauptversammlung, den Aufsichtsrat und gegebenenfalls die Konzernrevision sichergestellt. Gesetzlich vorgeschrieben sind dabei insbesondere Kontrollrechte des Aufsichtsrats (§ 111 AktG), der auch die Einhaltung von Weisungen und Verträgen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen überwachen muss. Bei börsennotierten Unternehmen kommen die Vorgaben des Deutschen Corporate Governance Kodex zur Anwendung, die Transparenz und Kontrolle über konzerninterne Transaktionen fordern. Das Handelsregisterwesen stellt eine öffentliche Kontrolle sicher, indem bedeutende Verträge, wie etwa Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge sowie bestimmte Konzern- und Fusionsvorgänge, einzutragen sind und somit der Öffentlichkeit zugänglich werden.

Welche Haftungsrisiken bestehen für die Organe verbundener Unternehmen?

Die Organe von verbundenen Unternehmen – insbesondere Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder – können spezifischen Haftungsrisiken ausgesetzt sein. Im Falle eines Beherrschungsverhältnisses besteht das Risiko einer Durchgriffshaftung der herrschenden Gesellschaft im Einzelfall gegenüber Gläubigern, falls diese durch konzerninterne Maßnahmen benachteiligt wurden. Die Geschäftleitung eines abhängigen Unternehmens haftet zivilrechtlich für Schäden, die durch die Umsetzung nicht ordnungsgemäßer Weisungen der Muttergesellschaft entstehen (§ 317 AktG). Zudem können Haftungsansprüche von Minderheitsgesellschaftern („kleinen Aktionären“) entstehen, wenn sie durch Maßnahmen des Konzerns benachteiligt werden. Auch steuerrechtliche und insolvenzrechtliche Haftungen sind möglich, wenn etwa durch konzerninterne Verrechnungspreise oder Zahlungen die Insolvenzreife verschleiert oder Gläubiger benachteiligt werden.

Inwieweit spielt das Kartellrecht bei verbundenen Unternehmen eine Rolle?

Das Kartellrecht ist für verbundene Unternehmen von erheblicher Bedeutung, insbesondere hinsichtlich der Fusionskontrolle (§§ 35 ff. GWB) und des Verbots wettbewerbsbeschränkender Absprachen. Die Bildung eines Konzerns, einer Unternehmensgruppe oder der Erwerb von Anteilen, der zu einem beherrschenden Einfluss führt, kann eine fusionskontrollrechtliche Anmeldungspflicht auslösen, sofern bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden. Interne Abstimmungen, Marktverhaltensabsprachen oder die Koordination von Marktauftritten innerhalb des Konzerns sind teilweise vom Kartellverbot ausgenommen, sofern die beteiligten Unternehmen als wirtschaftliche Einheit („Einheit der Willensbildung“) agieren. Dennoch müssen die Verhaltensweisen stets mit dem Zweck des GWB und europäischer Kartellvorgaben (Art. 101 ff. AEUV) abgeglichen werden. Eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist ebenso untersagt wie kartellrechtswidrige Preisabsprachen außerhalb des gesetzlichen Ausnahmerahmens.