Begriff und Definition des Verbrechens
Ein Verbrechen ist im deutschen Strafrecht eine besonders schwere Straftat. Maßgeblich ist dabei in erster Linie der gesetzliche Strafrahmen: Als Verbrechen gilt eine Tat, deren Mindeststrafe eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr beträgt. Es handelt sich um eine formale Einordnung, die sich nicht allein an der moralischen Bewertung orientiert, sondern an der vom Gesetzgeber vorgesehenen Mindeststrafe.
Formale Definition
Der Begriff Verbrechen beschreibt Straftaten, die bereits im Ausgangspunkt mit einer Freiheitsstrafe von wenigstens einem Jahr bedroht sind. Damit sind Verbrechen von vornherein schwerwiegender als Taten, bei denen der Gesetzgeber auch mildere Sanktionen vorsieht.
Abgrenzung zu Vergehen und Ordnungswidrigkeiten
Vergehen sind Straftaten, die mit einer milderen Mindeststrafe bedroht sind; sie können in der Regel auch mit Geldstrafe geahndet werden. Ordnungswidrigkeiten sind demgegenüber keine Straftaten, sondern rechtswidrige Handlungen, die mit einer Geldbuße belegt werden. Die Einordnung als Verbrechen, Vergehen oder Ordnungswidrigkeit hat Folgen für Strafrahmen, Verfahrensablauf und einzelne Befugnisse der Ermittlungsbehörden.
Systematische Einordnung im Strafrecht
Die Einstufung als Verbrechen hat Auswirkungen auf zahlreiche Fragen des Strafrechts und des Strafverfahrens. Dabei bleiben die allgemeinen Grundsätze des Strafrechts, insbesondere die Prüfung von Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld, auch bei Verbrechen maßgeblich.
Unrecht und Schuld
Auch bei Verbrechen muss die Tat den gesetzlichen Tatbestand erfüllen, rechtswidrig sein und der Täter schuldhaft handeln. Das bedeutet: Nicht jede objektiv tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung ist automatisch strafbar, wenn etwa Schuldausschließungsgründe vorliegen.
Vorsatz, Fahrlässigkeit und subjektive Elemente
Verbrechen setzen regelmäßig vorsätzliches Handeln voraus. Fahrlässige Begehungsweisen sind nur in besonderen Konstellationen als Verbrechen ausgestaltet. Häufig verlangen Verbrechen zudem besondere innere Merkmale (zum Beispiel Absichten oder Beweggründe), die den Unrechtsgehalt erhöhen.
Rechtsfolgen und Strafrahmen
Die Rechtsfolgen eines Verbrechens sind typischerweise einschneidend. Das gilt für die Hauptstrafe ebenso wie für mögliche Nebenfolgen.
Haupt- und Nebenstrafen
Bei Verbrechen steht die Freiheitsstrafe im Vordergrund; eine alleinige Geldstrafe scheidet dem Charakter nach aus. Nebenfolgen können beispielsweise Fahrverbote, Berufsverbote, Einziehungen oder weitere Nebenstrafen und Maßnahmen sein. Welche Folgen im Einzelfall in Betracht kommen, richtet sich nach Tatbestand und individueller Schuld.
Bewährung, Maßregeln und Einziehung
Freiheitsstrafen können unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt werden. Ergänzend kommen Maßregeln der Besserung und Sicherung in Betracht, wenn bestimmte persönliche oder situative Voraussetzungen erfüllt sind. Vermögenswerte, die aus der Tat herrühren oder für die Tat genutzt wurden, können eingezogen werden.
Verjährung
Verbrechen unterliegen längeren Verjährungsfristen als Vergehen. Bei besonders schweren Taten kann eine Verjährung ausgeschlossen sein. Die konkrete Frist hängt von der gesetzlichen Höchststrafe des jeweiligen Delikts ab.
Versuch, Teilnahme und Mittäterschaft
Bei Verbrechen kommt der Versuch und die Beteiligung mehrerer Personen häufig in besonderer Weise in den Blick.
Versuch und Rücktritt
Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar. Wer den Taterfolg noch nicht herbeigeführt hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen durch Rücktritt vom Versuch strafbefreiend wirken. Diese Möglichkeit hängt davon ab, wie weit die Tat bereits fortgeschritten ist und ob der Täter freiwillig die weitere Ausführung aufgibt oder die Vollendung verhindert.
Beteiligungsformen
Neben dem Alleintäter kennt das Strafrecht verschiedene Beteiligungsformen: Mittäterschaft, Anstiftung und Beihilfe. Wer einen anderen zu einem Verbrechen anstiftet oder Hilfe leistet, macht sich grundsätzlich ebenfalls strafbar; der Strafrahmen und die Strafzumessung können sich jedoch unterscheiden.
Verfahrensrechtliche Aspekte
Die Einordnung als Verbrechen hat auch prozessuale Auswirkungen. Sie beeinflusst regelmäßig die Ermittlungsintensität, die Zuständigkeit der Gerichte und die Rolle der Verfahrensbeteiligten.
Ermittlungsbefugnisse und Zuständigkeit
Beim Verdacht auf ein Verbrechen kommen häufig eingriffsintensivere Ermittlungsmaßnahmen in Betracht, etwa Durchsuchungen, Überwachungen oder Untersuchungshaft, jeweils unter Beachtung strenger Voraussetzungen und gerichtlicher Kontrolle. Zuständig sind in der Praxis bei schweren Taten häufig Landgerichte, während leichtere Kriminalität eher bei Amtsgerichten verhandelt wird. Maßgeblich sind die zu erwartende Strafe und weitere gesetzliche Kriterien.
Rechte von Beschuldigten und Opfern
Beschuldigte haben Verteidigungsrechte, etwa das Schweigerecht und das Recht auf Beistand. Opfer schwerer Taten können erweiterte Beteiligungsrechte haben, beispielsweise Anschlussmöglichkeiten an das Verfahren oder besondere Schutz- und Unterstützungsangebote. Der Umfang solcher Rechte richtet sich nach der Schwere der Tat und den persönlichen Umständen.
Typische Beispiele und Qualifikationen
Welche Delikte als Verbrechen gelten, ergibt sich aus dem jeweils vorgesehenen Strafrahmen. Häufig zählen besonders gewaltsame oder systematisch gefährliche Taten dazu.
Beispiele für Verbrechen
Typische Beispiele sind Tötungsdelikte, besonders schwere Formen der Körperverletzung, Raubdelikte, Sexualstraftaten mit hohem Unrechtsgehalt, schwere Brandstiftungen, Menschenhandel, Geiselnahmen sowie bestimmte Formen der organisierten Kriminalität und schwere Wirtschafts- oder Betäubungsmitteldelikte. Die Einordnung hängt stets vom genauen Tatbestand ab.
Qualifikationen und besonders schwere Fälle
Viele Delikte kennen Qualifikationen, bei denen bestimmte Umstände (etwa Verwendung von Waffen, bandenmäßiges Vorgehen oder gewerbsmäßige Begehung) den Strafrahmen erhöhen. Wird dadurch die Mindeststrafe auf ein Jahr oder mehr angehoben, kann die qualifizierte Begehungsform ein Verbrechen darstellen, selbst wenn die Grundform ein Vergehen ist.
Besondere Konstellationen
Je nach Personengruppe oder rechtlichem Umfeld können Besonderheiten gelten, ohne dass der Verbrechensbegriff selbst davon abweicht.
Jugendliche und Heranwachsende
Bei jungen Menschen gelten besondere Regeln. Zwar richtet sich die Frage, ob ein Delikt ein Verbrechen ist, weiterhin nach dem Strafrahmen. Die Sanktionen und Verfahrensweisen sind jedoch im Jugendbereich anders ausgestaltet und stärker erzieherisch geprägt.
Unternehmen und Verbände
Träger eines Verbrechens sind grundsätzlich natürliche Personen. Für rechtswidriges Verhalten in Unternehmen können Verantwortliche persönlich strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Gegen Verbände kommen daneben eigenständige Sanktionen in Betracht, die an Organisationspflichten und Aufsicht anknüpfen.
Internationaler Bezug
Der Verbrechensbegriff variiert international. In manchen Rechtsordnungen wird zwischen schweren und minder schweren Straftaten beispielsweise als Felonies und Misdemeanors unterschieden. Daneben existieren besonders schwere völkerrechtliche Straftaten, die mit nationalem Strafrecht koordiniert werden und teilweise besonderen Zuständigkeits- und Verjährungsregeln unterliegen.
Häufig gestellte Fragen
Was unterscheidet ein Verbrechen von einem Vergehen?
Der wesentliche Unterschied liegt in der gesetzlichen Mindeststrafe. Ein Verbrechen setzt eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr voraus. Ein Vergehen ist demgegenüber milder eingestuft und kann oft auch mit Geldstrafe geahndet werden.
Ist der Versuch eines Verbrechens immer strafbar?
Ja. Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch jedoch Strafbefreiung bewirken.
Kann ein Verbrechen mit Geldstrafe geahndet werden?
Als Hauptstrafe steht bei Verbrechen die Freiheitsstrafe im Vordergrund. Eine alleinige Geldstrafe ist dem Charakter nach nicht vorgesehen. Nebenfolgen und weitere Maßnahmen können hinzukommen.
Verjähren Verbrechen?
Verbrechen unterliegen längeren Verjährungsfristen als Vergehen. Bei besonders schweren Taten kann eine Verjährung ausgeschlossen sein. Maßgeblich ist die gesetzliche Höchststrafe des jeweiligen Delikts.
Wer legt fest, ob eine Tat ein Verbrechen ist?
Die Einstufung folgt aus dem gesetzlichen Strafrahmen des jeweiligen Tatbestands. Ermittlungsbehörden und Gerichte wenden diese Einordnung im konkreten Verfahren an.
Gilt bei Jugendlichen der Verbrechensbegriff ebenfalls?
Die Einordnung des Delikts als Verbrechen richtet sich auch bei jungen Menschen nach dem Strafrahmen. Im Übrigen gelten jedoch besondere Regeln des Jugendbereichs für Sanktionen und Verfahren.
Ist die Beihilfe zu einem Verbrechen selbst ein Verbrechen?
Die Beihilfe zu einem Verbrechen ist strafbar. Ob die Beihilfe selbst als Verbrechen oder Vergehen zu behandeln ist, richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben und kann sich vom Hauptdelikt unterscheiden.
Können Unternehmen ein Verbrechen begehen?
Täter eines Verbrechens sind grundsätzlich natürliche Personen. Gegen Unternehmen kommen eigenständige Sanktionen in Betracht, die an Organisations- und Aufsichtspflichten anknüpfen, während die handelnden Personen persönlich strafrechtlich verantwortlich sein können.