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Urlaubsabgeltung


Begriff und rechtliche Einordnung der Urlaubsabgeltung

Die Urlaubsabgeltung beschreibt im deutschen Arbeitsrecht das finanzielle Ausgleichen von nicht genommenem Erholungsurlaub am Ende eines Arbeitsverhältnisses. Sie ist gesetzlich geregelt und unterscheidet sich von der tatsächlichen Urlaubsgewährung, die grundsätzlich Vorrang genießt. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht nur unter bestimmten Voraussetzungen und ist von verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen geprägt.


Gesetzliche Grundlagen der Urlaubsabgeltung

Anspruchsgrundlage nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)

Die rechtliche Basis der Urlaubsabgeltung findet sich in § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Demnach ist Urlaub grundsätzlich in Natura, also durch tatsächliche Freistellung von der Arbeit, zu gewähren. Eine finanzielle Abgeltung kommt ausschließlich in Betracht, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden kann.

Wortlaut § 7 Abs. 4 BUrlG

„Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.“

Persönlicher Geltungsbereich

Die Regelungen zur Urlaubsabgeltung finden auf Arbeitnehmer Anwendung, darunter fallen unter bestimmten Voraussetzungen auch Auszubildende, Teilzeitkräfte und geringfügig Beschäftigte. Für Beamte, Richter oder Soldaten gelten gesonderte Vorschriften.


Voraussetzungen und Anspruchsvoraussetzungen

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Ein zwingendes Tatbestandsmerkmal der Urlaubsabgeltung ist das tatsächliche Ende des Arbeitsverhältnisses. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist eine Abgeltung ausgeschlossen, da der Urlaub grundsätzlich durch Freistellung zu nehmen ist.

Nichtnahme des Urlaubes

Urlaubsabgeltung setzt voraus, dass der Urlaub nicht gewährt und nicht genommen werden konnte. Dies umfasst sowohl den gesetzlichen Mindesturlaub als auch vertraglich vereinbarte oder tariflich geregelte Zusatzurlaube, sofern dies nicht ausgeschlossen wurde.

Kein Ausschluss durch Vereinbarung

Vereinbarungen, die einen Verzicht auf Urlaubsabgeltung enthalten, sind regelmäßig gemäß § 13 Abs. 1 BUrlG unwirksam, sofern sie den gesetzlichen Mindesturlaub betreffen.


Höhe und Berechnung der Urlaubsabgeltung

Grundsatz der Berechnung

Die Höhe der Urlaubsabgeltung richtet sich gemäß § 11 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Ausscheiden erzielt hat. Dazu zählen regelmäßig gezahlte Lohnbestandteile, besondere Gratifikationen finden dabei grundsätzlich keine Berücksichtigung.

Einbeziehung besonderer Entgeltbestandteile

Überstundenvergütungen, regelmäßige Zuschläge und Sachleistungen können eingerechnet werden, sofern sie im Bemessungszeitraum angefallen sind. Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld zählen nicht dazu.


Urlaubsabgeltung und Verjährung

Allgemeine Verjährungsfrist

Ansprüche auf Urlaubsabgeltung unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet.

Ausschlussfristen

Daneben können tarif- oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen den Anspruch einschränken. Abweichende, ungünstigere Vereinbarungen zum Urlaubsabgeltungsanspruch sind beim gesetzlichen Mindesturlaub unzulässig.


Urlaubsabgeltung und Krankheit

Krankheit während des Arbeitsverhältnisses

Ist ein Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt und konnte deshalb Urlaub nicht nehmen, entsteht mit dem Ausscheiden der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts bleibt der Abgeltungsanspruch auch bei fortdauernder Erkrankung bestehen, er kann jedoch nach 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres verfallen.


Wechsel des Arbeitgebers und Urlaubsbescheinigung

Erstattung der Urlaubsbescheinigung

Gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG ist der ehemalige Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Urlaubsbescheinigung auszuhändigen. Damit soll eine Doppelgewährung von Urlaub vermieden werden. Der neue Arbeitgeber kann dann ersehen, ob und in welchem Umfang bereits Urlaub gewährt wurde.


Steuerrechtliche Behandlung der Urlaubsabgeltung

Die Urlaubsabgeltung stellt lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Sie unterliegt dem Lohnsteuerabzug und ist sozialversicherungspflichtig. Dies gilt unabhängig von der Beendigungsart des Arbeitsverhältnisses.


Abgrenzung zur Urlaubsersatzleistung

Die Urlaubsabgeltung ist von der Urlaubsersatzleistung abzugrenzen. Während es sich bei Erstgenannter um einen Zahlungsanspruch handelt, wenn tatsächlich Urlaubsausfall besteht, sollen Ersatzleistungen bei Sonderregelungen, wie im öffentlichen Dienst, greifen.


Ausschluss und Besonderheiten

Arbeitsvertragliche und tarifliche Regelungen

Verträge oder Tarifverträge können den Anspruch auf Abgeltung für darüber hinausgehenden Urlaub ausschließen, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt. Für den Mindesturlaubsanspruch ist ein vertraglicher Verzicht nicht möglich.

Insolvenz des Arbeitgebers

Im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers wird der Urlaubsabgeltungsanspruch zur Insolvenzforderung, die im Insolvenzverfahren anzumelden ist.


Internationale Aspekte

Bei Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug gelten Besonderheiten. Hier kann das auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Recht und die Vorschriften des jeweiligen Staates maßgeblich sein. Richtlinien der Europäischen Union sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wirken auf die Auslegung des deutschen Urlaubsabgeltungsanspruchs ein.


Literaturhinweis und weiterführende Informationen

  • Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
  • Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 23. März 2010 – 9 AZR 128/09
  • Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20. Januar 2009 – C-350/06 und C-520/06

Zusammenfassung:
Die Urlaubsabgeltung ist ein zentrales Institut im deutschen Arbeitsrecht, das sicherstellt, dass Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für nicht genommenen Urlaub einen finanziellen Ausgleich erhalten. Ihre Ausgestaltung unterliegt detaillierten gesetzlichen Regelungen und ist durch zahlreiche Aspekte wie Krankheit, Berechnungsweisen und spezielle Verjährungs- sowie Ausschlussfristen geprägt. Die Urlaubsabgeltung sichert damit den grundrechtlichen Anspruch auf Erholung auch im Falle der Nichtinanspruchnahme während der Beschäftigung.

Häufig gestellte Fragen

Wann kommt eine Urlaubsabgeltung rechtlich in Betracht?

Die Urlaubsabgeltung wird im deutschen Arbeitsrecht grundsätzlich nur dann relevant, wenn das Arbeitsverhältnis endet und bestehender Resturlaub aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr genommen werden kann. Dies folgt aus § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist eine Auszahlung des Urlaubsanspruchs gesetzlich grundsätzlich ausgeschlossen („Urlaubsgrundsatz“: Urlaub ist zu nehmen, nicht abzugelten). Ausnahmen gelten lediglich bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wobei in bestimmten Konstellationen – zum Beispiel bei Tod des Arbeitnehmers – eine Abgeltung des Urlaubs an die Erben zu gewähren ist (siehe europarechtliche Vorgaben und Rechtsprechung des BAG). Zudem kann eine Urlaubsabgeltung nur für tatsächlich entstandene Urlaubsansprüche erfolgen, eine eigenständige Vereinbarung zur Auszahlung während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist unzulässig und wäre nach § 134 BGB nichtig.

Wie wird die Höhe der Urlaubsabgeltung berechnet?

Die Berechnung der Urlaubsabgeltung erfolgt auf Grundlage des durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitsverdienstes, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten hat, ohne Überstundenvergütungen (§ 11 BUrlG). Maßgeblich ist das Bruttoarbeitsentgelt. Zuschläge und übliche variable Vergütungsbestandteile, wie regelmäßige Leistungsprämien oder Schichtzuschläge, sind zu berücksichtigen, sofern sie mit Urlaubsabgeltungscharakter gezahlt werden. Die Höhe bemisst sich nach dem Umfang der noch bestehenden offenen Urlaubstage; pro nicht genommenem Urlaubstag ist eine Tagesvergütung zu zahlen, die sich aus dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst pro Arbeitstag ergibt (Jahresentgelt geteilt durch die Zahl der jährlichen Arbeitstage).

Welche Ansprüche verjähren bei der Urlaubsabgeltung und wann?

Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen grundsätzlich der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach §§ 195, 199 BGB. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet und der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entstanden ist. Zudem ist zu beachten, dass tarifliche, arbeitsvertragliche oder betriebliche Ausschlussfristen (meist drei Monate) greifen können, innerhalb derer der Anspruch geltend gemacht werden muss. Versäumt es der Arbeitnehmer, den Anspruch innerhalb dieser Frist schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen, kann er endgültig erlöschen. Dies gilt auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit, wobei die europarechtlich vorgegebene Übertragungsdauer von 15 Monaten über das Kalenderjahr hinaus beachtet werden muss.

Besteht Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei langer Krankheit?

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach langanhaltender Krankheit des Arbeitnehmers besteht, wenn das Arbeitsverhältnis endet und zum Beendigungszeitpunkt noch Urlaubsansprüche aus Vorjahren oder dem laufenden Jahr offen sind, die wegen Krankheit nicht genommen werden konnten. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesarbeitsgerichts ist der Urlaubsanspruch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres ausgeschlossen; nicht genommener Urlaub innerhalb dieses Übertragungszeitraums muss aber bei Beendigung zwingend abgegolten werden. Die Abgeltungspflicht entfällt nur, wenn der Abgeltungsanspruch ebenfalls innerhalb der Ausschlussfristen geltend gemacht wird.

Gilt für Urlaubsabgeltung eine Sozialversicherungspflicht?

Für die Urlaubsabgeltung besteht grundsätzliche Beitragspflicht in der Sozialversicherung. Sie stellt Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dar und ist lohnsteuer- sowie beitragspflichtig zu den gesetzlichen Sozialversicherungen (Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung). Die entsprechende Meldung an die Sozialversicherungsträger erfolgt im Rahmen der letzten Lohnabrechnung.

Wie verhält es sich mit Urlaubsabgeltung im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers?

Im Insolvenzfall des Arbeitgebers wird der Urlaubsabgeltungsanspruch zu einer einfachen Insolvenzforderung nach § 38 InsO, wenn der Anspruch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Die Auszahlung kann dann nur anteilig aus der Insolvenzmasse erfolgen. Entsteht der Anspruch während der Insolvenz, kann er eine Masseverbindlichkeit darstellen, die aus der Insolvenzmasse vorrangig zu begleichen ist. Ein Anspruch auf Insolvenzgeld nach §§ 165 ff. SGB III für Urlaubsabgeltung besteht grundsätzlich nicht, weil Urlaubsabgeltung nicht als laufendes Entgelt gezahlt wird.

Kann der Anspruch auf Urlaubsabgeltung vertraglich ausgeschlossen werden?

Ein genereller Ausschluss der gesetzlichen Urlaubsabgeltung durch arbeitsvertragliche oder tarifliche Regelungen ist unzulässig und nach § 13 BUrlG nichtig. Dies gilt selbst für Vereinbarungen im Aufhebungsvertrag. Allerdings können Ansprüche aus nicht genommenem, übergesetzlichen Zusatzurlaub, der vom Arbeitgeber gewährt wird (z. B. über das Mindestmaß hinausgehender Urlaub), in gewissem Umfang dispositiv geregelt und eingeschränkt werden, soweit dies klar und transparent erfolgt. Eine entsprechende Regelung sollte dennoch mit Vorsicht gestaltet und arbeitsrechtlich geprüft werden.

Welche Besonderheiten gelten für Teilzeitkräfte und Minijobs bezüglich Urlaubsabgeltung?

Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte (Minijobber) haben im Grundsatz denselben Anspruch auf Urlaubsabgeltung pro rata temporis wie Vollzeitkräfte. Maßstab ist der individuell vereinbarte Urlaubsanspruch entsprechend der vertraglich festgelegten Arbeitstage. Die Abgeltung erfolgt analog den Regelungen für Vollzeitkräfte, jedoch auf der Grundlage des für Teilzeit/Minijob vereinbarten Durchschnittsverdienstes. Diskriminierungen sind unzulässig; Gleichbehandlung ist zwingend erforderlich (§ 4 TzBfG, § 2 MiLoG).