Begriff und Legaldefinition der Unterschlagung
Die Unterschlagung ist ein strafrechtlich relevantes Verhalten, das typischerweise zur Gruppe der Vermögensdelikte gehört. Sie ist in Deutschland im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Unterschlagung beschreibt die rechtswidrige Zueignung einer fremden, beweglichen Sache durch eine Person, die bereits die tatsächliche Verfügungsgewalt (den sogenannten Besitz) über diese Sache innehat, jedoch nicht Eigentümer ist. Die Unterschlagung unterscheidet sich damit insbesondere vom Diebstahl, bei dem der Täter keinen Besitz, sondern erst durch eine Wegnahme erlangt.
Legaldefinition
Der Straftatbestand der Unterschlagung ist in § 246 StGB normiert. Nach dem Wortlaut des Gesetzes macht sich strafbar, wer eine fremde, bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet.
Tatbestandsmerkmale der Unterschlagung
Tatobjekt: Fremde bewegliche Sache
Tatobjekt der Unterschlagung kann jede körperliche Sache sein, die beweglich und im Eigentum eines anderen (also „fremd“) steht. Zu beachten ist, dass Immobilien, Tiere (mit besonderen Regelungen nach BGB) oder Daten keine Tatobjekte der Unterschlagung im Sinne des § 246 StGB sind.
Täterkreis und Besitzverhältnisse
Täter einer Unterschlagung kann jede Person sein, die bereits Besitz an der fremden Sache hat. Der entscheidende Unterschied zum Diebstahl ist hierbei, dass beim Diebstahl der Täter nicht berechtigt Besitz hatte und beim Raub dieser Besitz durch Gewalt oder Drohung erlangt wird. Bei der Unterschlagung wird der bereits berechtigte oder zumindest tatsächliche Besitz in den Willen zur rechtswidrigen Zueignung umgewandelt.
Qualifikation: Veruntreuende Unterschlagung
Als besonders schwerwiegend gilt die sogenannte veruntreuende Unterschlagung (§ 246 Abs. 2 StGB), wenn die Sache dem Täter anvertraut wurde, also ihm unter der Erwartung einer bestimmten Verwendung überlassen wurde (z. B. als Leihgabe, zur Verwahrung, Miete). Der Gesetzgeber bewertet die Verletzung eines besonderen Vertrauensverhältnisses als strafverschärfend.
Tathandlung: Rechtswidrige Zueignung
Die Tathandlung besteht in der Zueignung der Sache gegen den Willen des Eigentümers. Rechtswidrige Zueignung bedeutet, dass der Täter sich objektiv wie ein Eigentümer verhält und subjektiv die Absicht hat, die Sache sich oder einem Dritten dauerhaft zuzueignen. Entscheidend ist, dass der frühere Eigentümer dauerhaft aus seiner Eigentümerposition verdrängt wird.
Abgrenzung zur bloßen Nutzung
Nicht jede Gebrauchsüberlassung oder Überbeanspruchung erfüllt schon den Unterschlagungstatbestand. Erforderlich ist regelmäßig eine sogenannte Enteignungs- und Aneignungsabsicht. Gelegentlich kann sich dies aus dem Gesamtverhalten des Täters ergeben, etwa dem Weiterverkauf der Sache oder der Veräußerung zu eigenen Gunsten.
Vorsatz
Die Unterschlagung ist ein Vorsatzdelikt. Der Täter muss sich der Rechtswidrigkeit seines Handelns bewusst sein sowie dessen Fremdheit, Besitzlage und die Zueignung zumindest billigend in Kauf nehmen.
Rechtliche Abgrenzung zu anderen Vermögensdelikten
Unterscheidung vom Diebstahl (§ 242 StGB)
Anders als beim Diebstahl muss beim Unterschlagsdelikt der Täter bereits im Besitz der Sache sein. Während der Diebstahl auf der Wegnahme einer fremden Sache fußt, missbraucht der Unterschlagende sein bestehenden Besitz zur Zueignung.
Unterscheidung vom Betrug (§ 263 StGB)
Die Unterschlagung erfordert keine Täuschungshandlung gegenüber dem Eigentümer der Sache; beim Betrug hingegen verschafft sich der Täter einen Vermögensvorteil durch Täuschung.
Unterscheidung von der Untreue (§ 266 StGB)
Untreue ist ein eigenständiges Vermögensdelikt, das typischerweise voraussetzt, dass der Täter eine Vermögensbetreuungspflicht in einer besonderen Vertrauensstellung verletzt. Die veruntreuende Unterschlagung kann aber im Grenzbereich zur Untreue stehen, wenn die Handlung über Vermögensgegenstände erfolgt, die anvertraut wurden.
Strafen und Rechtsfolgen der Unterschlagung
Strafrahmen
Der Grundtatbestand der Unterschlagung wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Bei der veruntreuenden Unterschlagung erhöht sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
Strafzumessung
Für die Strafzumessung kommt es insbesondere auf den Wert der unterschlagenen Sache, das Ausmaß des Vertrauensbruchs und den entstandenen Schaden an. Rückgabe und Wiedergutmachung können strafmildernd berücksichtigt werden.
Versuch und Vollendung
Der Versuch der Unterschlagung ist nicht strafbar (§ 246 Abs. 3 StGB). Die Tat ist vollendet, sobald der Täter objektiv und subjektiv die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet.
Strafrechtliche Bedeutung und Beispiele
In der Praxis findet die Unterschlagung breite Anwendung, insbesondere im Rahmen privater Leihgeschäfte, Mietverhältnissen, Verwahrungen oder auch im Berufsleben, wenn beispielsweise Arbeitnehmer Gegenstände ihres Arbeitsgebers behalten oder weiterveräußern.
Typische Beispiele:
- Der Finder einer Geldbörse nimmt diese an sich und behält sie, statt sie abzugeben.
- Ein Mieter entfernt Mobiliar aus der gemieteten Wohnung und bringt es in seinen eigenen Besitz über.
- Ein Mitarbeiter veräußert Werkzeuge des Arbeitgebers zu eigenen Gunsten.
Verjährung der Unterschlagung
Die Verjährungsfrist richtet sich in Deutschland nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB und beträgt grundsätzlich drei Jahre ab Tatbegehung, in besonders schweren Fällen, etwa bei veruntreuender Unterschlagung, können längere Fristen Anwendung finden.
Unterschlagung im internationalen Vergleich
Auch in anderen Rechtssystemen existiert das Delikt der Unterschlagung, mit ähnlicher Ausgestaltung. Im österreichischen Strafgesetzbuch ist sie als eigene Kategorie geregelt (§ 133 StGB), in der Schweiz als Veruntreuung (§ 138 StGB).
Fazit
Die Unterschlagung ist ein zentrales Vermögensdelikt im deutschen Strafrecht und zeichnet sich durch die rechtswidrige Zueignung einer bereits im Besitz befindlichen, fremden beweglichen Sache aus. Sie schützt das Eigentumsrecht sowie bestehende Besitz- und Vertrauensverhältnisse. Die Differenzierung zu verwandten Delikten wie Diebstahl, Betrug oder Untreue ist für die richtige rechtliche Einordnung essenziell. Die gesetzlichen Sanktionen berücksichtigen sowohl den Wert der Sache als auch das Maß des Vertrauensbruchs, wobei insbesondere die anvertraute Unterschlagung eine schwerwiegende Verfehlung im Rechtsverkehr darstellt.
Häufig gestellte Fragen
Wie erfolgt die strafrechtliche Verfolgung einer Unterschlagung?
Die strafrechtliche Verfolgung der Unterschlagung richtet sich nach den Vorgaben des Strafgesetzbuchs, insbesondere nach § 246 StGB. Das Ermittlungsverfahren beginnt in der Regel mit einer Strafanzeige, entweder durch den Geschädigten oder eine andere Person, die von der Tat Kenntnis erlangt. Nach Eingang der Anzeige prüft die Polizei unter Leitung der Staatsanwaltschaft, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Im Rahmen der Ermittlungen werden Beweise erhoben, etwa durch Befragungen von Zeugen, Beschlagnahmung relevanter Gegenstände oder Einsicht in Akten und Unterlagen. Ist der Sachverhalt hinreichend geklärt und besteht ein hinreichender Tatverdacht, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage beim zuständigen Strafgericht. Der oder die beschuldigten Personen erhalten dann Gelegenheit, sich zur Sache einzulassen und werden gegebenenfalls in einer Hauptverhandlung vor Gericht zur Verantwortung gezogen. Stellt sich heraus, dass kein strafbares Verhalten vorliegt, wird das Verfahren eingestellt, andernfalls erfolgt bei Verurteilung die Verhängung einer Strafe.
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Unterschlagung?
Im Falle einer Verurteilung wegen Unterschlagung nach § 246 StGB droht dem Täter eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Die konkrete Strafhöhe bemisst sich nach der Schwere der Tat, dem Verschuldensgrad und eventuellen Vorstrafen des Täters. Liegt eine sogenannte „veruntreuende Unterschlagung“ (§ 246 Abs. 2 StGB) vor, etwa wenn der Täter die Sache durch eine besondere Vertrauensstellung erlangt hat (z.B. als Treuhänder oder Vormund), sieht das Gesetz eine erhöhte Strafe vor: Hier kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe verhängt werden. In besonders schweren Fällen und bei Vorliegen weiterer strafschärfender Umstände kann die Strafe im Einzelfall auch darüber hinausgehen, insbesondere, wenn mit anderen Straftatbeständen kombiniert wird, etwa Betrug.
Besteht ein Unterschied zwischen Unterschlagung und Diebstahl im rechtlichen Sinne?
Ja, rechtlich unterscheiden sich Unterschlagung und Diebstahl insbesondere hinsichtlich des Umgangs mit dem Eigentum oder Besitz der betreffenden Sache. Beim Diebstahl (§ 242 StGB) nimmt der Täter eine fremde bewegliche Sache gegen oder ohne den Willen des Berechtigten weg. Die Unterschlagung hingegen setzt voraus, dass der Täter bereits im Besitz oder Mitbesitz der fremden Sache ist und diese nun zu Unrecht behält oder sich aneignet, obwohl ein Rückgabeanspruch besteht oder keine Berechtigung zur Verfügung vorliegt. Ein weiteres Abgrenzungskriterium ist der fehlende Gewahrsamsbruch: Im Gegensatz zum Diebstahl wird bei der Unterschlagung kein fremder Gewahrsam gebrochen, sondern eine anvertraute Sache missbräuchlich verwendet.
Welche Rolle spielt der Nachweis des Vorsatzes bei der Unterschlagung?
Für eine strafbare Unterschlagung ist der Nachweis des Vorsatzes zwingende Voraussetzung. Das bedeutet, der Täter muss wissen und wollen, dass er eine fremde, ihm anvertraute Sache für sich oder einen Dritten unberechtigt verwendet, obwohl ihm kein Recht zur Aneignung zusteht. Fahrlässiges Handeln, beispielsweise eine unbeabsichtigte Weitergabe oder versehentliches Einbehalten einer fremden Sache, erfüllt den Tatbestand der Unterschlagung nicht. Im Ermittlungs- und Gerichtsverfahren muss die Staatsanwaltschaft daher konkrete Indizien oder Beweise vorlegen, die den Vorsatz des Beschuldigten untermauern, etwa aus Zeugenaussagen, Korrespondenzen oder dem Verhalten des Täters nach der Tat.
Wie kann sich ein Beschuldigter gegen den Vorwurf der Unterschlagung verteidigen?
Ein Beschuldigter hat im Rahmen des Ermittlungs- und Strafverfahrens diverse Möglichkeiten der Verteidigung. Zunächst kann er bestreiten, überhaupt eine fremde Sache unterschlagen zu haben, etwa durch Nachweis, dass die betreffende Sache ihm selbst gehörte oder ein rechtlicher Aneignungsanspruch bestand. Auch das Fehlen des Vorsatzes kann eine Verteidigungslinie sein – beispielsweise, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Sache versehentlich behalten wurde. Daneben ist es möglich, einvernehmliche Absprachen über die Nutzung der Sache oder eine wirksame Einwilligung des Berechtigten geltend zu machen. Ein weiterer Verteidigungspunkt kann die Geringwertigkeit der Sache sein, was sich strafmildernd auswirken kann. Generell empfiehlt es sich, frühzeitig anwaltlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, um die beste Verteidigungsstrategie zu erarbeiten und Fehler im Ermittlungsverfahren zu vermeiden.
Wie wirkt sich eine nachträgliche Rückgabe der unterschlagenen Sache auf das Strafverfahren aus?
Die nachträgliche Rückgabe der unterschlagenen Sache kann sich im Rahmen des Strafverfahrens strafmildernd auswirken, insbesondere im Bereich der Strafzumessung nach § 46 StGB (Strafzumessung). Zwar beseitigt die Rückgabe grundsätzlich nicht die Strafbarkeit selbst, da das Unrecht bereits durch die Tatbestandsverwirklichung entstanden ist, sie kann aber als Zeichen der Reue und Wiedergutmachung berücksichtigt werden. Dadurch kann das Gericht eine mildere Strafe verhängen oder unter Umständen das Verfahren bei Geringfügigkeit gemäß § 153 StPO einstellen. Eine vollständige Strafbefreiung ist hingegen nur in seltenen Ausnahmefällen, beispielsweise im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs, möglich.
Ist eine Unterschlagung auch im unternehmerischen Kontext strafbar?
Unterschlagungen kommen häufig auch im geschäftlichen und unternehmerischen Umfeld vor und sind dort ebenso strafbar. Mitarbeiter, Geschäftsführer oder sonstige Personen, denen im Rahmen ihrer Funktion Vermögenswerte, Waren oder Gelder anvertraut werden und die diese unrechtmäßig für sich verwenden, machen sich strafrechtlich verantwortlich. In derartigen Fällen kommt häufig auch eine veruntreuende Unterschlagung (§ 246 Abs.2 StGB) in Betracht, welche eine höhere Strafandrohung vorsieht, wenn die Sache dem Täter aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses (z. B. als Prokurist, Lagerist oder Kassenwart) überlassen wurde. Unternehmen können unter Umständen im Wege der Nebenklage am Strafprozess beteiligt werden und zudem zivilrechtliche Ersatzansprüche gegen den Täter geltend machen.