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Unterschieben eines Kindes


Definition und Begriffserklärung: Unterschieben eines Kindes

Das Unterschieben eines Kindes ist ein Begriff aus dem Bereich des Familienrechts und Strafrechts. Er bezeichnet die Handlung, bei der eine Person einem Mann absichtlich ein Kind als sein eigenes zuweist, obwohl dieser nicht der biologische Vater des Kindes ist. Im Mittelpunkt steht hierbei das Vortäuschen einer Vaterschaft mit dem Ziel, daraus rechtliche oder wirtschaftliche Vorteile zu ziehen. Im weiteren Sinne betrifft das Unterschieben eines Kindes sämtliche Konstellationen, in denen die biologische Abstammung des Kindes bewusst verschleiert oder falsch dargestellt wird, um eine andere rechtliche Zuordnung der Elternschaft herbeizuführen.


Rechtliche Einordnung im deutschen Recht

Familienrechtliche Aspekte

Zentrale normierte Grundlagen hinsichtlich der Abstammung eines Kindes finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

§ 1592 BGB – Vaterschaft

Der rechtliche Vater eines Kindes ist nach deutschem Recht:

  • Wer zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
  • Wer die Vaterschaft anerkannt hat oder
  • Wessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.

Das Unterschieben eines Kindes bezieht sich häufig auf Fälle, in denen die Mutter einem Mann – bewusst und wahrheitswidrig – die Vaterschaft zuschreibt, etwa durch Anerkennung oder durch Eintragung in die Geburtsurkunde.

Relevanz für das Kindeswohl und die Eltern-Kind-Beziehung

Das Unterschieben eines Kindes kann schwerwiegende Auswirkungen auf das individuelle Kindeswohl, das Vertrauensverhältnis zwischen den Elternteilen sowie auf rechtliche Verpflichtungen (Unterhalt, Sorgerecht, Erbrecht) haben.

Anfechtung der Vaterschaft

Das Recht, die Vaterschaft anzufechten, besteht insbesondere dann, wenn Anhaltspunkte für ein Unterschieben eines Kindes gegeben sind. Maßgebend ist §§ 1600 ff. BGB. Anfechtungsberechtigt ist unter anderem der rechtliche Vater, die Mutter sowie das Kind selbst. Voraussetzung für eine erfolgreiche Anfechtung ist das Vorliegen eines Fehlers in der Vaterschaftsanerkennung oder eine bewusste Täuschung über die biologische Abstammung.

Fristen und Verfahren

Die Anfechtungsfrist beträgt grundsätzlich zwei Jahre ab positiver Kenntnis über Umstände, die gegen die Vaterschaft sprechen. Das Verfahren erfolgt vor dem zuständigen Familiengericht.


Strafrechtliche Aspekte

Strafbarkeit nach § 169 StGB

Das deutsche Strafrecht regelt das Unterschieben eines Kindes als Straftatbestand in § 169 StGB („Verwandlung oder Unterdrückung des Personenstandes“). Dieser Tatbestand erfasst unter anderem die Verfälschung von Abstammungsverhältnissen durch Täuschung im Rahmen von Personenstandsverfahren.

Tatbestandsmerkmale § 169 StGB:

  • Handeln mit dem Ziel, die rechtliche Elternschaft eines Menschen unzutreffend erscheinen zu lassen oder zu begründen.
  • Beeinträchtigung des Personenstands durch unrichtige Angaben.
  • Typische Handlung: Bewusst falsche Angaben zur Vaterschaft etwa gegenüber Standesbehörden.

Es droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

Weitere strafrechtlich relevante Delikte

Neben § 169 StGB können weitere Tatbestände betroffen sein:

  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB): Etwa durch Vorlage gefälschter Vaterschaftsanerkennungen.
  • Betrug (§ 263 StGB): Bei Erschleichen von Unterhalt oder Sozialleistungen durch falsch zugewiesene Vaterschaft.
  • Falsche uneidliche Aussage (§ 153 StGB): Im Rahmen von Vaterschaftsfeststellungsverfahren vor Gericht.

Zivilrechtliche Folgen

Unterhaltsrechtliche Konsequenzen

Wird einem Mann ein Kind unterschoben und ergibt sich daraus eine rechtliche Vaterschaft, entstehen umfassende Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind. Nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung kann der zu Unrecht verpflichtete Mann gegebenenfalls Rückforderungsansprüche gegenüber der Mutter oder dem leiblichen Vater geltend machen.

Sorgerechtliche Auswirkungen

Eine rechtswidrige Zuordnung der Vaterschaft kann zu einer unberechtigten Zuteilung von Sorgerechtsansprüchen führen. Im Mittelpunkt steht das Ziel, nach Entdeckung der tatsächlichen Sachlage eine dem Kindeswohl entsprechende Regelung herbeizuführen.


Internationale Perspektiven

Das straf- und zivilrechtliche Vorgehen gegen das Unterschieben eines Kindes ist kein Phänomen, das auf das deutsche Recht beschränkt ist. Auch in anderen Rechtssystemen existieren vergleichbare Regelungen – etwa in Österreich (§ 188 StGB „Herstellung eines falschen Personenstandes“) oder der Schweiz (Art. 255 ZGB zur Vaterschaftsvermutung und deren Anfechtung).


Prävention, Aufklärung und DNA-Tests

Technische Mittel wie DNA-Analyseverfahren haben die Aufklärungsmöglichkeiten erheblich verbessert. Gerichtliche Vaterschaftstests sind heute ein zentrales Instrument bei Verdachtsfällen. Präventiv wirken klare personenstandsrechtliche Regelungen, regelmäßige Aufklärung und die frühzeitige Involvierung von Behörden bei Verdachtsmomenten.


Zusammenfassung

Unter dem Unterschieben eines Kindes versteht man die absichtliche, unrichtige Zuordnung der Vaterschaft mit weitreichenden rechtlichen und persönlichen Konsequenzen. Das deutsche Recht stellt dafür eine Reihe familien-, zivil- und strafrechtlicher Weg zur Verfügung, um sowohl Prävention als auch Aufklärung und Sanktionierung zu ermöglichen. Im Mittelpunkt steht der Schutz der tatsächlichen Abstammungsverhältnisse und des Kindeswohls, der gerechte Ausgleich der beteiligten Interessen sowie die Wahrung der öffentlichen Ordnung im Personenstandsrecht.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen beim Unterschieben eines Kindes?

Das Unterschieben eines Kindes, also die bewusste falsche Zuordnung der rechtlichen Elternschaft, wird im deutschen Recht mit hohen Strafen geahndet. Nach § 169 StGB („Unterschiebung eines Kindes“) macht sich strafbar, wer einem Kind wissentlich falsche Eltern zuschreibt oder eine solche falsche Zuordnung veranlasst. Die Sanktionen reichen je nach Schwere des Falls von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Zusätzlich zu den strafrechtlichen Folgen entstehen zivilrechtliche Konsequenzen wie die Anfechtung der Vaterschaft oder die Aufhebung der elterlichen Sorge. Auch Ansprüche auf Unterhalt oder Erbrecht können durch ein nachgewiesenes Unterschieben erlöschen oder rückwirkend korrigiert werden. Die Verjährungsfristen für die strafrechtliche Verfolgung sowie zivilrechtliche Ansprüche sind differenziert geregelt und können durch neue Tatsachen verlängert werden.

Wer ist zur Anfechtung der rechtlichen Elternschaft im Falle eines Unterschiebens eines Kindes berechtigt?

Zur Anfechtung der Elternschaft im Zusammenhang mit einem untergeschobenen Kind sind nach deutschem Recht primär der rechtliche Vater, die Mutter, das Kind selbst sowie in einigen Fällen das Jugendamt berechtigt. Die Fristen für eine Anfechtungsklage sind unterschiedlich und beginnen meist mit der Kenntnisnahme der relevanten Umstände. Die rechtliche Basis hierfür bildet § 1600 BGB, der Voraussetzungen und Abläufe einer Vaterschaftsanfechtung regelt. Es ist zu beachten, dass bestimmte Fristen einzuhalten sind, z.B. muss die Anfechtung der Vaterschaft in der Regel innerhalb von zwei Jahren ab Kenntnis des Sachverhalts erfolgen.

Inwiefern hat das Unterschieben eines Kindes Auswirkungen auf Unterhaltsansprüche?

Wenn eine Person durch das Unterschieben eines Kindes fälschlicherweise als rechtlicher Elternteil gilt, entstehen zunächst gesetzliche Unterhaltspflichten. Wird jedoch im Nachhinein das Unterschieben festgestellt und die Elternschaft erfolgreich angefochten, entfällt die Unterhaltspflicht ab der rechtskräftigen Entscheidung. Für Unterhaltsleistungen, die bereits erbracht wurden, kann unter Umständen ein Anspruch auf Rückforderung bestehen, sofern eine grobe Täuschung oder Betrug nachweisbar ist. Die Rückforderung richtet sich nach § 812 BGB („Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung“), wobei eine gute Dokumentation und rechtzeitige Klärung der Umstände von großer Bedeutung ist.

Wie erfolgt die gerichtliche Feststellung eines Unterschiebens und welche Beweismittel sind zulässig?

Das gerichtlich festgestellte Unterschieben eines Kindes erfolgt typischerweise im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens. Wesentliche Beweismittel sind hierbei genetische Abstammungsgutachten (DNA-Tests), Zeugenaussagen und Urkunden wie Geburtsurkunden oder ärztliche Bescheinigungen. Gerichte messen wissenschaftlichen Gutachten im Abstammungsprozess eine hohe Beweiskraft bei. Die Partei, die das Unterschieben behauptet, muss substantiiert und plausibel darlegen, weshalb sie von der falschen Zuordnung ausgeht. Ohne entsprechende Beweismittel wird eine Klage jedoch selten erfolgreich sein.

Welche Rolle spielen medizinische Gutachten im Zusammenhang mit dem Unterschieben eines Kindes?

Medizinische Gutachten, insbesondere DNA-Analysen, sind das entscheidende Mittel zur zweifelsfreien Feststellung der biologischen Abstammung. Die Durchführung solcher Gutachten kann auf Antrag im gerichtlichen Verfahren angeordnet werden. Ergebnisse müssen gerichtsfest, d.h. von anerkannten Sachverständigen, erstellt werden. Zudem müssen die datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden. In Fällen, in denen ein medizinisches Gutachten die Nicht-Abstammung des mutmaßlichen Elternteils belegt, ist dies meist ausschlaggebend für eine positive Entscheidung im Sinne des Anfechtenden.

In welchen Fällen kann das Unterschieben eines Kindes auch nach vielen Jahren noch rechtliche Bedeutung erlangen?

Selbst Jahre nach der Geburt kann das Unterschieben eines Kindes noch erhebliche rechtliche Auswirkungen haben, etwa im Zusammenhang mit Erbschaftsangelegenheiten, Unterhaltsansprüchen oder dem Wunsch nach Kenntnis der leiblichen Abstammung. Die gesetzlichen Anfechtungsfristen beginnen in der Regel ab der Erlangung der entscheidenden Kenntnis, sodass ein später Verdacht dennoch zu Verfahren führen kann. Allerdings spielen sowohl die persönliche Entwicklung des Kindes als auch schutzwürdige Belange des betroffenen Familienverbands eine Rolle im gerichtlichen Abwägungsprozess.

Welche Auswirkungen hat das Unterschieben eines Kindes auf das Sorgerecht und das Umgangsrecht?

Nachdem ein Unterschieben festgestellt wurde, kann es zu einer Änderung der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts kommen. Wird die rechtliche Elternschaft aufgehoben, erlöschen die damit verbundenen Rechte und Pflichten des betroffenen Elternteils, dies betrifft insbesondere auch die Mitbestimmung über Lebensführung und Aufenthaltsort des Kindes. Die Übertragung der elterlichen Sorge an die biologischen Eltern oder die Mutter erfolgt ebenfalls durch familiengerichtliche Entscheidung, wobei das Kindeswohl stets im Fokus steht. Auch das Umgangsrecht kann aufgehoben oder neu ausgestaltet werden, insbesondere falls eine emotionale Bindung zum Kind bereits besteht.