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Unternehmerpfandrecht


Unternehmerpfandrecht

Das Unternehmerpfandrecht ist ein gesetzlich geregeltes Sicherungsrecht, das Handwerkern, Werkunternehmern und bestimmten Dienstleistern zur Sicherung ihrer Forderungen aus Werkverträgen ein Pfandrecht an vom Besteller übergebenen Sachen einräumt. Es dient dazu, den Anspruch auf Zahlung für durchgeführte Arbeits- oder Werkleistungen abzusichern, indem der Unternehmer berechtigt ist, die Herausgabe der ihm überlassenen Sachen bis zur vollständigen Bezahlung zu verweigern oder diese – unter bestimmten Voraussetzungen – zur Befriedigung seiner Forderung zu verwerten.

Rechtliche Grundlagen des Unternehmerpfandrechts

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Die Rechtsgrundlagen für das Unternehmerpfandrecht sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Maßgeblich sind hier die Vorschriften der §§ 647, 648 und 648a BGB.

  • § 647 BGB (Pfandrecht des Werkunternehmers): Diese Vorschrift regelt das Pfandrecht des Werkunternehmers an den ihm zur Ausführung des Auftrags übergebenen beweglichen Sachen sowie an „anderen Sachen, die infolge der Herstellung des Werkes an den Unternehmer geraten“.
  • § 648 BGB (Pfandrecht bei Bauwerken): Hier wird das besondere Sicherungsrecht bei Bauleistungen beschrieben. Anstelle eines Pfandrechts sieht das BGB das sogenannte Unternehmerpfandrecht am Bauwerk in Form einer Sicherungshypothek vor.
  • § 648a BGB (Sicherungshypothek des Bauunternehmers): Ermöglicht die Bestellung einer Sicherungshypothek auch zu Gunsten des Bauunternehmers für Forderungen aus Bauverträgen.

Anwendungsbereiche

Das Unternehmerpfandrecht kommt regelmäßig im Handwerks- und Werkvertragsrecht zum Einsatz. Typische Fälle sind u. a.:

  • Reparatur und Wartung von Kraftfahrzeugen
  • Fertigung und Bearbeitung von Maschinen oder Einrichtungsgegenständen
  • Durchführung von Bauleistungen

Es erstreckt sich nicht auf Dienstleistungen ohne Werkcharakter oder auf reine Mietverhältnisse.

Entstehungsvoraussetzungen des Unternehmerpfandrechts

Werkvertragliche Beziehung

Eine wesentliche Voraussetzung ist das Bestehen eines Werkvertrages im Sinne der §§ 631 ff. BGB. Das Unternehmerpfandrecht kann nur geltend gemacht werden, wenn dem Unternehmer kraft eines solchen Vertrages ein Vergütungsanspruch gegen den Besteller zusteht.

Übergabe der Sache

Das Pfandrecht entsteht nur an Sachen, die dem Unternehmer zur Herstellung, Bearbeitung oder Instandsetzung überlassen wurden. Die tatsächliche Übergabe ist für die Entstehung des Pfandrechts erforderlich. Die Sache muss sich im unmittelbaren Besitz des Unternehmers befinden.

Zusammenhang zwischen Sache und Werkleistung

Das Pfandrecht besteht nur an solchen Gegenständen, die im Zusammenhang mit der werkvertraglichen Leistung übergeben wurden. Dies bedeutet, dass die Überlassung der Sache und der Werkvertrag in einer rechtlichen und tatsächlichen Beziehung zueinander stehen müssen.

Forderung des Unternehmers

Das Unternehmerpfandrecht sichert nur Forderungen aus dem konkreten Werkvertrag. Diese Forderung kann beispielsweise auf Vergütung, Ersatz von Auslagen oder von Beschädigungen der Sache gerichtet sein.

Keine Ausschlussgründe

Das Entstehen des Unternehmerpfandrechts wird ausgeschlossen, wenn die Sache nicht wirksam übergeben wurde, das Eigentum des Bestellers an der Sache fehlt oder vertraglich ein Pfandverzicht vereinbart wurde.

Umfang und Wirkung des Unternehmerpfandrechts

Umfang des gesicherten Anspruchs

Gesichert werden grundsätzlich sämtliche Forderungen des Unternehmers aus dem zugrunde liegenden Werkvertrag. Hierzu zählen neben der Vergütung auch Auslagen oder Schadensersatzansprüche, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Auftrag stehen.

Wirkung gegenüber Dritten

Das Unternehmerpfandrecht wirkt auch gegenüber Dritten, insbesondere im Fall der Insolvenz des Bestellers oder bei nachträglichen Verfügungen über die Sache (z. B. Verkauf). Das Pfandrecht bleibt bestehen, solange die ursprünglichen Voraussetzungen (Werkvertrag, Übergabe, Forderung) erfüllt sind.

Rangfolge bei mehreren Pfandrechten

Stehen mehrere Pfandrechte an derselben Sache nebeneinander, richtet sich die Rangfolge nach dem Zeitpunkt ihrer Entstehung. Das zuerst erworbene Pfandrecht hat Vorrang (Prioritätsprinzip).

Durchsetzung des Unternehmerpfandrechts

Zurückbehaltungsrecht und Verwertung

Der Unternehmer kann die Herausgabe der Sache verweigern, bis seine Forderung erfüllt ist (§ 273 BGB i. V. m. § 647 BGB). Ist die Forderung fällig und wird nicht beglichen, kann er – nach Androhung und unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 1233 ff. BGB) – die Sache verwerten, in der Regel durch öffentliche Versteigerung.

Verjährung

Das Unternehmerpfandrecht besteht solange, wie die gesicherte Forderung nicht verjährt ist. Nach Eintritt der Verjährung kann das Pfandrecht nicht mehr durchgesetzt werden.

Ausschluss und Erlöschen des Unternehmerpfandrechts

Ausschlussgründe

Das Pfandrecht erlischt, wenn:

  • die gesicherte Forderung vollständig beglichen wurde,
  • der Unternehmer die Sache freigibt, ohne die Forderung zu sichern,
  • die Sache ohne Zustimmung des Unternehmers aus dessen Besitz gelangt,
  • vertraglich ein Pfandverzicht vereinbart wurde.

Besonderheiten bei Insolvenz

Im Insolvenzverfahren des Bestellers gilt das Unternehmerpfandrecht als Absonderungsrecht (§ 50 InsO) und ermöglicht dem Unternehmer die abgesonderte Befriedigung aus dem Pfandgegenstand.

Abgrenzung zu anderen Sicherungsrechten

Unternehmerpfandrecht vs. Vermieterpfandrecht

Das Vermieterpfandrecht bezieht sich auf eingebrachten Sachen des Mieters zur Sicherung von Mietforderungen (§ 562 BGB), während das Unternehmerpfandrecht auf Sachen, die zur Bearbeitung oder Reparatur übergeben wurden, Anwendung findet.

Unternehmerpfandrecht vs. Werkunternehmerpfandrecht

Im Sprachgebrauch werden beide Begriffe häufig synonym verwendet, wobei das Unternehmerpfandrecht speziell die Rechte aus dem Werkvertrag betrifft.

Unternehmerpfandrecht vs. Sicherungshypothek

Die Sicherungshypothek nach § 648 BGB betrifft Forderungen im Zusammenhang mit Grundstücken und Bauwerken und stellt quasi das „immobilienrechtliche Gegenstück“ zum beweglichen Unternehmerpfandrecht dar.

Bedeutung im Wirtschaftsleben

Das Unternehmerpfandrecht hat im Wirtschaftsverkehr eine erhebliche praktische Relevanz. Es erleichtert Werkunternehmern, Handwerkern und Dienstleistern die Durchsetzung ihrer Zahlungsansprüche und reduziert das Risiko finanzieller Ausfälle im Rahmen von Werkverträgen. Dadurch fördert das Unternehmerpfandrecht die Liquidität und Sicherheit von kleinen und mittleren Betrieben.


Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 647, 648, 648a
  • Handelsgesetzbuch (HGB), § 397, § 475h (Spediteur- und Lagerhalterpfandrecht)
  • Insolvenzordnung (InsO), § 50

Durch diese Regelungen stellt das Unternehmerpfandrecht ein effektives Sicherungsmittel im deutschen Zivilrecht dar. Es gewährt Schutz für die Vergütungsansprüche von Werkunternehmern und stellt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schuldnerschutz und Gläubigerinteressen her.

Häufig gestellte Fragen

Wie lange besteht das Unternehmerpfandrecht und wie kann es erlöschen?

Das Unternehmerpfandrecht besteht grundsätzlich, solange sich der Gegenstand, auf dem das Pfandrecht lastet, im Besitz des Unternehmers befindet. Das Pfandrecht erlischt in der Regel mit der Herausgabe des pfandbelasteten Gegenstandes an den Auftraggeber, es sei denn, die Herausgabe erfolgt nur unter Vorbehalt oder irrtümlich. Ein weiterer Erlöschensgrund kann die vollständige Befriedigung der gesicherten Forderungen aus dem zugrundeliegenden Werkvertrag oder Werklohnanspruch sein, sodass mit dem Entfallen dieser Forderung der Sicherungszweck ebenfalls entfällt. Zudem kann das Pfandrecht durch ausdrückliche Vereinbarung aufgehoben werden oder durch gerichtliche Entscheidung, z.B. bei einer erfolgreichen Drittwiderspruchsklage. Auch der Erwerb des Eigentums an der Sache durch einen Dritten kann das Pfandrecht unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen zum Erlöschen bringen. Das Erlöschen des Pfandrechts ist regelmäßig in § 1257 i.V.m. § 1243 ff. BGB sowie mit spezifischem Blick auf das Unternehmerpfandrecht in § 647 BGB geregelt; es empfiehlt sich eine genaue Einzelfallprüfung, um die exakten Voraussetzungen zu klären.

Unter welchen Voraussetzungen kann der Unternehmer das Pfandrecht geltend machen?

Der Unternehmer kann sein Pfandrecht dann geltend machen, wenn ihm aus einem Werkvertrag eine fällige Forderung – typischerweise die Vergütung für Herstellung, Veränderung oder Instandhaltung einer beweglichen Sache – gegen den Auftraggeber zusteht und sich die behandelte bewegliche Sache mit dessen Willen im Besitz des Unternehmers befindet. Das Pfandrecht dient dabei der Sicherung sämtlicher Forderungen, die sich aus dem konkreten Vertragsverhältnis ergeben; es entsteht automatisch kraft Gesetzes, ein gesondertes Rechtsgeschäft ist daher nicht erforderlich. Voraussetzung ist ferner, dass die Forderung nicht bereits auf andere Weise, zum Beispiel durch eine Zahlung oder einen anderweitigen Sicherungsvertrag, beglichen beziehungsweise befriedigt wurde. Außerdem muss das Pfandrecht ohne Vertragsausnahme und trotz etwaiger vertraglicher Absprachen durchgreifen, sofern der gesetzlich Regulierung nicht ausdrücklich entgegensteht. Besondere Bedeutung hat zudem, dass das Unternehmerpfandrecht nicht besteht, wenn der Auftraggeber an der Sache kein Eigentum hat, es sei denn, der Eigentümer stimmt der Belastung mit dem Pfandrecht ausdrücklich zu.

Welche Rechte hat der Unternehmer bei Ausübung des Unternehmerpfandrechts?

Nach Ausübung des Unternehmerpfandrechts hat der Unternehmer das Recht, die besitzende Sache bis zur vollständigen Begleichung seiner Forderung zurückzubehalten. Ihm steht ebenso das gesetzliche Recht zur Verwertung der gepfändeten Sache zu, das heißt, er kann die Sache nach den gesetzlichen Vorschriften des Pfandrechts, in der Regel nach den §§ 1233 ff. BGB, verwerten. Dies geschieht durch öffentlichen Verkauf nach Androhung und Fristsetzung; der Erlös dient sodann der Befriedigung der gesicherten Forderung. Der Unternehmer ist verpflichtet, einen etwaigen Überschuss an den Eigentümer bzw. Auftraggeber auszukehren. Darüber hinaus bestehen gesetzliche Informationspflichten hinsichtlich der Pfandverwertung. Dem Unternehmer ist es grundsätzlich nicht gestattet, sich die gepfändete Sache selbst ohne öffentliche Verwertung anzueignen.

Welche Beschränkungen oder Ausnahmen kennt das Unternehmerpfandrecht?

Das Unternehmerpfandrecht unterliegt diversen gesetzlichen Beschränkungen und Ausnahmen. Gemäß § 647 BGB erstreckt es sich beispielsweise nicht auf Sachen, die unpfändbar sind, wie etwa persönlich dem Auftraggeber oder Dritten gehörende Gegenstände, die gemäß § 811 ZPO unpfändbar erklärt wurden. Gleiches gilt für Sachen, die nur aufgrund eines besonderen Zusammenhanges mit der eigentlichen Werkleistung übergeben wurden, sofern deren Einbeziehung nicht ausdrücklich vereinbart ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Pfandrecht nur Forderungen aus dem konkreten Werkvertrag sichert und nicht für Altforderungen aus früheren Vertragsverhältnissen beansprucht werden kann. Auch findet das Unternehmerpfandrecht keine Anwendung, wenn der Eigentümer einer Sache nicht Vertragspartner, sondern beispielsweise ein Dritter ist – es sei denn, dieser hat der Belastung mit dem Pfandrecht ausdrücklich zugestimmt.

Besteht das Unternehmerpfandrecht auch gegenüber Dritten, etwa bei Leasing oder Sicherungsübereignung?

Das Unternehmerpfandrecht kann unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber Dritten bestehen, das heißt, es wirkt grundsätzlich gegenüber jedem Eigentümer der pfandbelasteten Sache, sofern diese mit dessen Willen in den Besitz des Unternehmers gelangt ist. Im Fall von Leasingverhältnissen oder Sicherungseigentum ist zu prüfen, ob der Leasinggeber oder Sicherungseigentümer der Überlassung und insbesondere der Pfandrechtsbelastung zugestimmt hat. Fehlt eine solche Zustimmung oder hat der Leasingnehmer beziehungsweise Sicherungsgeber die Sache dem Unternehmer ohne ausreichende Berechtigung überlassen, kann das Pfandrecht regelmäßig nicht zu Lasten des wahren Eigentümers durchgesetzt werden. Eine besondere Rolle spielen dabei sichtbare Besitzverhältnisse und entsprechende vertragliche Gestaltungen, die im Streitfall einer genauen juristischen Bewertung bedürfen. In Zweifelsfällen empfiehlt sich eine ausdrückliche Zustimmung oder Regelung im Vorfeld des Werkvertrags.