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Unterhaltssicherung


Begriff und Bedeutung der Unterhaltssicherung

Unterhaltssicherung bezeichnet im deutschen Recht den Schutz und die rechtliche Absicherung des Lebensunterhaltes von Personen, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Anspruch auf finanzielle Unterstützung gegenüber einer oder mehreren anderen Personen oder staatlichen Stellen haben. Die Unterhaltssicherung nimmt zentrale Bedeutung im Familienrecht, Sozialrecht sowie im öffentlichen Dienstrecht ein. Ziel der Normen zur Unterhaltssicherung ist es, die wirtschaftliche Lebensgrundlage von unterhaltsberechtigten Personen, insbesondere von Ehegatten, Kindern und bedürftigen Angehörigen, sicherzustellen.


Rechtliche Grundlagen der Unterhaltssicherung

Familienrechtliche Unterhaltssicherung

Im Familienrecht ist die Unterhaltssicherung insbesondere in den §§ 1360 ff., 1589 ff. und 1601 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Grundsatz ist, dass Verwandte in gerader Linie (Eltern, Kinder) sowie Ehegatten und eingetragene Lebenspartner unter bestimmten Voraussetzungen gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet sind.

Ehegattenunterhalt: Nach einer Trennung oder Scheidung besteht ein Anspruch auf Trennungs- bzw. nachehelichen Unterhalt zwischen den früheren Ehegatten (§§ 1361, 1569 ff. BGB). Der Anspruch ist abhängig von der Bedürftigkeit des einen und der Leistungsfähigkeit des anderen Ehepartners.

Kindesunterhalt: Nach § 1601 BGB sind Eltern verpflichtet, ihren minderjährigen und bedürftigen volljährigen Kindern Unterhalt zu gewähren. Die Höhe richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle sowie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Unterhaltspflichtigen.

Elternunterhalt: Auch Kinder können ihren Eltern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet sein, sofern diese bedürftig sind (§ 1601 BGB).

Sozialrechtliche Unterhaltssicherung

Um soziale Härten abzufangen, bestehen sozialrechtliche Regelungen zur Unterhaltssicherung. Zu nennen ist insbesondere das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), das die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung regelt.

Unterhaltsvorschuss: Mit dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) wird die Unterhaltssicherung von Kindern Alleinerziehender gewährleistet, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt. Der Staat tritt vorübergehend für den ausbleibenden Unterhalt ein und macht Regressansprüche gegen den Zahlungspflichtigen geltend.

Leistungen der Grundsicherung: Nach dem SGB II und SGB XII erhalten Erwerbsfähige und Nicht-Erwerbsfähige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, soweit kein vorrangiger Anspruch gegen Dritte besteht.


Öffentlich-rechtliche Unterhaltssicherung

Im Bereich des öffentlichen Dienstrechts und des Wehrdienstes existieren besondere Regelungen. Das Unterhaltssicherungsgesetz (USG) beispielsweise regelt Entschädigungsleistungen für Wehrpflichtige und Personen im Freiwilligen Dienst, deren wirtschaftliche Existenz während des Dienstes abgesichert werden muss.


Voraussetzungen und Durchsetzung der Unterhaltssicherung

Anspruchsberechtigte und -verpflichtete

Unterhaltssicherung setzt das Bestehen einer gesetzlichen oder vertraglichen Unterhaltspflicht voraus. Anspruchsberechtigt sind regelmäßig Kinder, Ehepartner, Eltern oder Personen, denen gegenüber sich eine gesetzliche Unterhaltspflicht ergibt. Gleichzeitig muss der Unterhaltsverpflichtete leistungsfähig sein, das heißt, in der Lage, den geschuldeten Unterhalt aus seinem Einkommen und Vermögen zu zahlen.

Berechnung und Umfang des Unterhalts

Die Höhe des zu sichernden Unterhalts richtet sich nach dem Bedarf der berechtigten Person und der Leistungsfähigkeit der verpflichteten Person. Im Falle des Kindesunterhalts sind Mindestbeträge und Richtwerte, beispielsweise die Düsseldorfer Tabelle, maßgeblich. Sonderbedarfe und individuelle Lebensumstände werden im Einzelfall berücksichtigt.

Titulierung und Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen

Zur Wahrung der Unterhaltssicherung können Unterhaltsansprüche gerichtlich oder außergerichtlich tituliert werden, beispielsweise durch Unterhaltsurteil, Vergleich oder Jugendamtsurkunde. Kommt der Unterhaltspflichtige seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, kann der Unterhaltsberechtigte Vollstreckungsmaßnahmen einleiten. Dazu zählen Lohnpfändung, Kontopfändung oder die Beauftragung des Gerichtsvollziehers.


Besonderheiten und Wechselwirkungen

Vor- und Nachrang von Ansprüchen

Im Recht der Unterhaltssicherung gilt das Prinzip von Vorrang und Nachrang. Zivilrechtliche Unterhaltsansprüche gehen sozialrechtlichen Leistungen grundsätzlich vor. Beispiel: Besteht ein Kindesunterhaltsanspruch, werden Leistungen nach dem UVG oder Grundsicherung erst gewährt, wenn dieser Anspruch nicht realisiert werden kann.

Rückgriff und Regress durch den Staat

Zahlt der Staat Unterhaltsvorschuss, Erwerbslosen- oder Sozialleistungen, kann er auf den leistungsfähigen Unterhaltsverpflichteten regressieren und Zahlungen ganz oder teilweise zurückfordern.


Unterhaltssicherung in internationalen Kontexten

Auch im internationalen Kontext spielt die Unterhaltssicherung eine wichtige Rolle. Zuständigkeit, Anspruchsdurchsetzung und Leistungserbringung werden durch das Internationale Privatrecht (IPR), diverse EU-Verordnungen (z.B. Brüssel IIa, Unterhaltsverordnung) und völkerrechtliche Übereinkommen (insbesondere das Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen) geregelt.


Fazit

Die Unterhaltssicherung ist ein umfassendes, rechtlich vielschichtig geregeltes Instrument zur Wahrung des Lebensunterhalts besonders schutzwürdiger Personengruppen. Sie findet Anwendung im Familienrecht, Sozialrecht und öffentlichen Recht und dient sowohl dem Individualschutz als auch sozialstaatlichen Interessen. Die effektive Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen setzt die sorgfältige Beachtung der gesetzlichen Grundlagen, der gerichtlichen und außergerichtlichen Durchsetzungsmechanismen sowie etwaiger sozialrechtlicher Rückgriffstatbestände voraus.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Unterhaltszahlung im rechtlichen Sinne verpflichtet?

Im deutschen Unterhaltsrecht ist die Pflicht zur Unterhaltszahlung klar geregelt. Grundsätzlich sind Verwandte in gerader Linie – also insbesondere Eltern gegenüber ihren Kindern und umgekehrt – sowie Ehegatten einander zum Unterhalt verpflichtet. Im Fall einer Scheidung sind beide Ehegatten einander grundsätzlich zur Zahlung von Ehegattenunterhalt verpflichtet. Vorrangig gilt die Unterhaltspflicht jedoch gegenüber minderjährigen Kindern oder privilegierten volljährigen Kindern, wobei diese in der Rangfolge an erster Stelle stehen. Unterhaltsansprüche können auch nach dem Tod des Unterhaltspflichtigen gegen dessen Erben geltend gemacht werden (§ 1586b BGB). Die unterhaltspflichtige Person muss leistungsfähig sein, d.h. sie muss nach Abzug des eigenen Selbstbehalts in der Lage sein, Unterhalt zu zahlen. Wird die Leistungsfähigkeit unterschritten, können Minderungen oder der Wegfall der Unterhaltspflicht drohen.

Wie wird die Höhe des Unterhalts berechnet und welche Richtlinien gibt es?

Die Berechnung der Unterhaltshöhe richtet sich nach dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen und wird anhand von Leitlinien, wie der sogenannten Düsseldorfer Tabelle, vorgenommen. Diese Tabelle wird regelmäßig aktualisiert und bietet einen Überblick über die Regelsätze des Kindesunterhalts abhängig vom Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen und vom Alter des Kindes. Der Ehegattenunterhalt orientiert sich an den ehelichen Lebensverhältnissen und umfasst sowohl den Trennungs- als auch den nachehelichen Unterhalt. Zusätzlich zur Düsseldorfer Tabelle sind die jeweiligen Leitlinien der Oberlandesgerichte zu berücksichtigen, die regionale Besonderheiten regeln können. Wichtig für die Bemessung sind das bereinigte Nettoeinkommen, unterhaltsrechtliche Abzüge (z.B. berufsbedingte Aufwendungen), sowie vorhandene weitere Unterhaltsansprüche und Rangfolgen. Berechnet werden zudem Eigeneinkünfte des Unterhaltsberechtigten sowie das Prinzip der Leistungsfähigkeit des Schuldners.

Welche rechtlichen Schritte können ergriffen werden, wenn der Unterhaltspflichtige nicht zahlt?

Bei ausbleibender oder unregelmäßiger Zahlung von Unterhalt bestehen mehrere rechtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung des Anspruchs. Der erste Schritt ist meist die sogenannte Titulierung des Unterhalts, d.h., der Unterhaltsanspruch wird in einer vollstreckbaren Urkunde (z.B. Jugendamtsurkunde, gerichtlicher Beschluss) festgehalten. Verweigert der Unterhaltspflichtige die Zahlung trotz títulierter Verpflichtung, kann der/die Berechtigte die Zwangsvollstreckung betreiben, z.B. durch Kontopfändung, Lohnpfändung oder die Beantragung einer eidesstattlichen Versicherung. Bei unberechtigten Unterhaltsverweigerungen kann zudem unter Umständen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren oder sogar ein strafrechtliches Verfahren nach § 170 StGB (Verletzung der Unterhaltspflicht) eingeleitet werden. Unter bestimmten Voraussetzungen erhält der Berechtigte Vorschussleistungen (Unterhaltsvorschuss) vom Staat, falls der Unterhalt nicht beigetrieben werden kann.

In welchen Fällen kann die Unterhaltspflicht entfallen oder eingeschränkt werden?

Die Unterhaltspflicht kann entfallen oder eingeschränkt werden, wenn die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten nicht mehr besteht, etwa durch eigenes ausreichendes Einkommen oder Vermögen. Auch bei wiederverheirateten oder in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebenden ehemaligen Ehegatten kann der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt erlöschen. Außerdem entfällt die Pflicht bei grobem Fehlverhalten des/der Unterhaltsberechtigten gegenüber dem Verpflichteten (§ 1579 BGB, z.B. schwere Vergehen wie vorsätzliche Straftaten). Im Falle fehlender Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, d.h. wenn das bereinigte Einkommen unter den Selbstbehalt sinkt, kann die Zahlung ebenfalls eingestellt oder reduziert werden. Endet das Verwandtschaftsverhältnis durch Adoption, erlischt auch die Unterhaltspflicht.

Welche Besonderheiten gelten beim Unterhalt für volljährige Kinder?

Volljährige Kinder erhalten Elternunterhalt in Form des sogenannten privilegierten Volljährigenunterhalts, sofern sie sich vor Vollendung des 21. Lebensjahres in der allgemeinen Schulausbildung befinden, im Haushalt eines Elternteils leben und unverheiratet sind. In diesem Fall gelten dieselben Regelungen wie für Minderjährige hinsichtlich des Vorrangs und der Rangfolge. Bei anderen volljährigen Kindern (z.B. während eines Studiums) sind beide Elternteile anteilig nach ihrem Einkommen unterhaltspflichtig. Die Berechnung erfolgt auf Basis beider Einkommen, der Bedarf richtet sich oft nach der Düsseldorfer Tabelle, bei auswärtigem Studium wird meist ein Festbetrag angenommen. Mit Beginn eines eigenen Hausstandes entfällt die Haushaltszugehörigkeit zum Elternhaus. Der Anspruch ist grundsätzlich auch an die sogenannte Eigenbemühung des Kindes geknüpft, d.h. es muss eine Ausbildung oder Studium zielstrebig betrieben werden.

Wie lange besteht eine Unterhaltspflicht gegenüber Kindern?

Die Unterhaltspflicht gegenüber Kindern besteht grundsätzlich bis zum Abschluss einer angemessenen, erstmaligen Berufsausbildung, also solange das Kind noch nicht selbst in der Lage ist, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Die Ausbildung muss vom Kind mit gebotener Zielstrebigkeit abgeschlossen werden; Pausen oder Studienwechsel können zur Beendigung des Anspruchs führen, sofern sie nicht plausibel begründet sind. Neben einer Erstausbildung kann ausnahmsweise Unterhalt auch während einer weiteren Ausbildung geschuldet werden, wenn ein enger sachlicher Zusammenhang zur Erstausbildung besteht (z.B. Ausbildung und daran anschließendes Studium im gleichen Fachbereich). Nach Abschluss einer Ausbildung oder mit Beginn eigener Erwerbstätigkeit erlischt die Unterhaltspflicht grundsätzlich.

Welche Rolle spielt der Selbstbehalt beim Unterhalt?

Der sogenannte Selbstbehalt dient dem Schutz des Existenzminimums des Unterhaltspflichtigen. Dies bedeutet, dass ihm ein bestimmter Betrag seines Einkommens verbleiben muss, bevor er zur Unterhaltszahlung herangezogen werden kann. Die Höhe des Selbstbehalts richtet sich nach dem jeweiligen Unterhaltsberechtigten (z.B. Kind, Ehegatte, Elternteil) und wird ebenfalls regelmäßig durch die Düsseldorfer Tabelle und die Leitlinien der Oberlandesgerichte festgelegt. Für Erwerbstätige beträgt der Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern derzeit (Stand 2024) 1.450 Euro monatlich, bei Nicht-Erwerbstätigen liegt er bei 1.200 Euro. Gegenüber Ehegatten und Eltern liegen andere Sätze zugrunde. Wird das Einkommen des Verpflichteten durch die Unterhaltszahlung unter den Selbstbehalt gedrückt, ist er nicht oder nur eingeschränkt leistungsfähig und der Unterhaltsanspruch kann entsprechend reduziert oder ausgeschlossen werden.