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Unterhaltspflicht der Ehegatten


Begriff und Grundlagen der Unterhaltspflicht der Ehegatten

Die Unterhaltspflicht der Ehegatten ist ein zentraler Begriff im deutschen Familienrecht und regelt die wechselseitige Verpflichtung der Ehepartner, im Rahmen ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft füreinander finanziell Sorge zu tragen. Die rechtlichen Grundlagen finden sich insbesondere in den §§ 1360 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ziel dieser Regelungen ist es, die wirtschaftliche Grundlage der Ehepartner während des Zusammenlebens sowie nach einer Trennung oder Scheidung sicherzustellen.


Gesetzliche Grundlagen der Unterhaltspflicht

Eheliche Lebensgemeinschaft und gegenseitige Verpflichtung

Nach § 1360 BGB sind Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Diese Verpflichtung besteht während des Bestehens der Ehe und ist selbstverständlicher Bestandteil einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft. Der gesetzliche Unterhaltsanspruch soll sicherstellen, dass keiner der Ehegatten benachteiligt wird, wenn die Lebensverhältnisse innerhalb der Ehearbeitsteilung unterschiedlich gestaltet sind.

Formen des Unterhalts

Die Unterhaltspflicht differenziert zwischen dem Familienunterhalt während des Zusammenlebens und verschiedenen Unterhaltsarten nach Trennung oder Scheidung. Maßgebliche Vorschriften hierfür sind:

  • § 1360 BGB: Allgemeiner Ehegattenunterhalt während der Ehe
  • § 1361 BGB: Trennungsunterhalt ab dem Zeitpunkt der Trennung bis zur rechtskräftigen Scheidung
  • §§ 1569 ff. BGB: Nachehelicher Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung

Unterhalt während der Ehe: Familienunterhalt

Inhalt des Familienunterhalts

Der Familienunterhalt (§ 1360a BGB) umfasst alles, was für die gemeinsamen Lebensbedürfnisse der Ehegatten und der Kinder notwendig ist. Dazu zählen insbesondere:

  • Ernährung
  • Kleidung
  • Wohnraum
  • persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens

Der Unterhalt kann in Form von Geldleistungen oder durch Naturalunterhalt (Hausarbeit, Kinderbetreuung) geleistet werden.

Umfang und Bemessung

Der Umfang bemisst sich nach den Lebensverhältnissen und Erwerbs- sowie Vermögensverhältnissen der Ehepartner (§ 1360a Abs. 1 BGB). Die Aufteilung von Erwerbs- und Haushaltstätigkeiten innerhalb der Ehe bleibt den Ehepartnern überlassen (§ 1356 BGB).


Unterhaltspflicht nach Trennung: Trennungsunterhalt

Voraussetzungen für den Anspruch

Mit der Trennung der Ehegatten entsteht nach § 1361 BGB der Anspruch auf Trennungsunterhalt. Anspruchsberechtigt ist der Ehegatte, der nicht in der Lage ist, seinen eigenen angemessenen Unterhalt aus eigenen Einkünften oder Vermögen zu bestreiten.

Voraussetzungen:

  • Getrenntleben der Ehepartner
  • Bedürftigkeit des einen Ehegatten
  • Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten

Berechnung des Trennungsunterhalts

Die Höhe des Trennungsunterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, dem Einkommen und den finanziellen Verpflichtungen beider Ehegatten. Relevant ist hierbei insbesondere der so genannte Bedarf, der an das während der Ehe gewohnte Lebensniveau anknüpft.


Nachehelicher Unterhalt

Grundsatz und Einzelfälle

Mit der Rechtskraft der Scheidung endet grundsätzlich die Pflicht zum Trennungsunterhalt. Es besteht jedoch ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gemäß §§ 1569 ff. BGB, wenn einer der Ehegatten auch nach der Scheidung nicht in der Lage ist, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen.

Typische Unterhaltsformen nach der Scheidung:

  • Unterhalt wegen Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes (§ 1570 BGB)
  • Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB)
  • Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen (§ 1572 BGB)
  • Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 Abs. 1 BGB)
  • Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) zur Sicherung des angemessenen Lebensstandards
  • Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Umschulungsunterhalt (§ 1575 BGB)

Voraussetzungen und Grenzen

Der Maßstab für Unterhaltsansprüche ist die Leistungsfähigkeit sowie die Eigenverantwortung des unterhaltsbedürftigen Ehegatten. Nach § 1569 BGB ist jeder Ehegatte verpflichtet, nach der Scheidung seinen eigenen Unterhalt nach Kräften selbst zu sichern (Grundsatz der Eigenverantwortung).

Dauer und Befristung

Die Dauer und Befristung des nachehelichen Unterhalts hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Dauer der Ehe, dem Alter der Kinder und den Erwerbsmöglichkeiten des bedürftigen Ehegatten ab (§ 1578b BGB). Der Gesetzgeber räumt den Gerichten hierbei ein Ermessen ein, um den Interessen beider Ehepartner Rechnung zu tragen.


Leistung und Durchsetzung der Unterhaltspflicht

Erfüllung der Unterhaltspflicht

Der Unterhalt kann in Form monatlicher Geldzahlungen geleistet werden. Möglich ist auch die Erfüllung durch Naturalleistungen, etwa in Form von Haushaltstätigkeit oder Kinderbetreuung, sofern dies den familiären Lebensverhältnissen entspricht.

Nichterfüllung der Pflicht und Sanktionen

Wird die Unterhaltspflicht nicht erfüllt, kann der Anspruch nach Maßgabe des Unterhaltsvorschussgesetzes (bei Kindesunterhalt) oder im Wege einer Unterhaltsklage beim Familiengericht durchgesetzt werden. Der Unterhaltsgläubiger hat verschiedene Möglichkeiten, gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung seines Anspruchs in Anspruch zu nehmen, beispielsweise durch einstweilige Anordnungen oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.


Einschränkungen, Ausschluss und Herabsetzung der Unterhaltspflicht

Ausschlussgründe

Die Unterhaltspflicht kann ausgeschlossen oder herabgesetzt werden, insbesondere wenn der bedürftige Ehegatte sich schwerwiegenden Fehlverhaltens schuldig gemacht hat (§ 1579 BGB), etwa bei einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltsschuldner.

Herabsetzung und Begrenzungsmöglichkeiten

Das Familiengericht kann die Zahlungspflicht herabsetzen oder zeitlich begrenzen, etwa bei kurzer Ehedauer, fehlender Bedürftigkeit oder besonderer Unzumutbarkeit (§ 1578b BGB).


Fazit

Die Unterhaltspflicht der Ehegatten ist ein komplexes rechtliches Konstrukt, das sowohl während des Bestehens der Ehe als auch nach Trennung oder Scheidung die finanziellen Beziehungen der Ehepartner regelt. Ihr Ziel ist der Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile sowie die Sicherung eines angemessenen Lebensstandards beider Ehegatten, wobei stets die Eigenverantwortung und die individuellen Lebenssituationen zu berücksichtigen sind. Das deutsche Familienrecht bietet hierfür eine Vielzahl differenzierter Regelungen, um den jeweiligen Bedürfnissen und Besonderheiten des Einzelfalls gerecht zu werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für einen Anspruch auf Ehegattenunterhalt vorliegen?

Ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt setzt zunächst das Bestehen einer wirksamen Ehe voraus. Die Unterhaltspflicht besteht während der Ehe (§ 1360 BGB), bei Getrenntleben (§ 1361 BGB) und nach der Scheidung (§ 1569 ff. BGB). Für den Trennungsunterhalt genügt die räumliche und persönliche Trennung, ohne dass die Scheidung bereits eingereicht wurde. Für den nachehelichen Unterhalt ist zusätzlich erforderlich, dass die Ehe rechtlich geschieden ist. Darüber hinaus ist ein Unterhaltsbedarf beim Berechtigten und eine Leistungsfähigkeit beim Verpflichteten Voraussetzung. Der Unterhaltsbedarf umfasst regelmäßig die Sicherung des Lebensstandards, wie er während der Ehe bestand. Der Grundsatz der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) gilt insbesondere nach der Scheidung: Nachehelicher Unterhalt kann beansprucht werden, wenn eine Erwerbstätigkeit nicht oder nur eingeschränkt zugemutet werden kann, etwa wegen Kinderbetreuung, Alters, Krankheit oder Erwerbslosigkeit.

Wie wird die Höhe des Ehegattenunterhalts berechnet?

Die Berechnung der Unterhaltshöhe erfolgt nach dem Bedarf des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Maßgeblich ist meist das bereinigte Nettoeinkommen beider Ehegatten. Vom Bruttoeinkommen werden Abzüge wie Steuern, Sozialabgaben, berufsbedingte Aufwendungen und gegebenenfalls Schulden gemacht. Beim Trennungsunterhalt werden in der Regel 3/7 des unterschiedlichen Einkommens als Unterhalt veranschlagt. Bei nachehelichem Unterhalt ist der Bedarf vorrangig nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) zu ermitteln, was im Regelfall ebenfalls einen Quotenunterhalt oder in besonderen Fällen den konkreten Bedarf bedeutet. Weitere Faktoren sind Sonderbedarf (z.B. Krankheitskosten) oder Erwerbsanrechnungen.

Wann und in welchem Umfang besteht eine Erwerbsobliegenheit?

Während der Ehe und in der Trennungsphase besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, die ehelichen Lebensverhältnisse durch erhöhte Erwerbstätigkeit aufrechtzuerhalten. Nach der Scheidung hingegen gilt die Eigenverantwortung (§ 1569 BGB). Das bedeutet, dass der bedürftige Ehegatte verpflichtet ist, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder eine bestehende Tätigkeit auszuweiten, sofern dies zumutbar ist. Die Zumutbarkeit bemisst sich nach Alter, Gesundheitszustand, vorhandenen Kindern (insbesondere Betreuungsbedarf minderjähriger Kinder) und nach den ehebedingten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Kommt der Unterhaltsberechtigte dieser Erwerbsobliegenheit schuldhaft nicht nach, kann ein sogenanntes fiktives Einkommen angerechnet werden.

Welche Rolle spielt das Kindeswohl bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts?

Das Kindeswohl ist vor allem insofern bedeutsam, als der betreuende Elternteil zur Betreuung minderjähriger Kinder unter Umständen von der Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit freigestellt wird (§ 1570 BGB). In den ersten drei Lebensjahren des Kindes wird grundsätzlich keine Erwerbstätigkeit verlangt. Danach richtet sich die Erwerbsobliegenheit nach den individuellen Betreuungsmöglichkeiten und dem konkreten Förderbedarf. Auch die finanziellen Mittel sollen so verteilt werden, dass das Kindeswohl (insbesondere die Versorgung und Betreuung) nicht beeinträchtigt wird. Vorrangig vor dem Ehegattenunterhalt ist stets der Kindesunterhalt zu bedienen.

Kann die Unterhaltspflicht vertraglich ausgeschlossen werden?

Im Rahmen eines Ehevertrages oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung können die Ehegatten Vereinbarungen über den Unterhalt treffen. Dies betrifft sowohl den Trennungsunterhalt als auch den nachehelichen Unterhalt. Ein vollständiger Ausschluss ist jedoch nur begrenzt möglich, da die Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) und der Schutz des wirtschaftlich schwächeren Teils beachtet werden muss. Gerichte überprüfen insbesondere bei nachteiligen Vereinbarungen deren Angemessenheit und können unwirksame Klauseln für nichtig erklären. Überdies ist der Verzicht auf Trennungsunterhalt im Voraus grundsätzlich unzulässig.

Wann entfällt die Unterhaltspflicht des Ehegatten?

Die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung kann aus unterschiedlichen Gründen entfallen. Im Falle einer Wiederverheiratung des berechtigten Ehegatten (§ 1586 BGB) endet der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Auch die Aufnahme einer verfestigten Lebensgemeinschaft kann zur Einstellung oder Reduzierung des Unterhalts unter bestimmten Voraussetzungen führen. Darüber hinaus kann schweren Fehlverhalten (etwa Gewalt oder schwerwiegende Verfehlungen gegen den Unterhaltspflichtigen, § 1579 BGB) der Unterhaltsanspruch versagt oder gekürzt werden. Schließlich endet die Unterhaltspflicht generell mit dem Tod eines Ehegatten.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen bei Zahlungsverzug oder Nichtzahlung?

Kommt der unterhaltspflichtige Ehegatte seiner Verpflichtung nicht freiwillig nach, bestehen verschiedene rechtliche Wege, um die Ansprüche durchzusetzen. Der Unterhaltsberechtigte kann zunächst eine Auskunft über Einkommen und Vermögen verlangen (§ 1605 BGB). Gelingt keine Einigung, kann Unterhalt gerichtlich einklagt werden. Bei rechtskräftigem Urteil ist eine Zwangsvollstreckung möglich, etwa durch Lohn- oder Kontopfändung. Auch ein Unterhaltsvorschuss oder ein staatliches Vorschussverfahren bei Kindesunterhalt ist möglich. Bei absichtlicher Unterhaltsverweigerung kann unter Umständen ein Strafverfahren wegen Unterhaltspflichtverletzung (§ 170 StGB) eingeleitet werden.