Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Unterdrückung des Personenstandes

Unterdrückung des Personenstandes


Begriff und Bedeutung der Unterdrückung des Personenstandes

Die Unterdrückung des Personenstandes bezeichnet im deutschen Recht eine Straftat, bei der eine Person wissentlich ihren eigenen oder den Personenstand einer anderen Person vor Behörden oder anderen dazu berufenen Stellen verbirgt, verfälscht oder als falsch ausgibt. Der Personenstand umfasst insbesondere die Identität, Geburt, Abstammung, Eheschließung, Partnerschaft, Adoption und den Tod einer Person. Die Unterdrückung des Personenstandes ist vorrangig in § 169 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Verankerung

Die zentrale Vorschrift zur Unterdrückung des Personenstandes findet sich in § 169 StGB, der folgenden Wortlaut hat:

„Wer den Personenstand eines Menschen unterdrückt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Zusätzlich zu den allgemeinen Strafvorschriften können Folge- oder Begleitdelikte einschlägig sein, insbesondere wenn durch die Unterdrückung weitere unrechtmäßige Handlungen, etwa im Bereich von Erbschaft, Sozialleistungen oder Meldewesen, ermöglicht oder begünstigt werden.

Schutzgut der Vorschrift

Die Strafnorm schützt die Richtigkeit und die Verlässlichkeit von Informationen über den Personenstand. Dies fördert:

  • Die Rechtssicherheit im Zivilrechtsverkehr,
  • die Erfüllung öffentlicher Aufgaben (z. B. Führung von Personenstandsbüchern),
  • das Vertrauen des Staates und der Gesellschaft in Angaben über persönliche Verhältnisse.

Tatbestand der Unterdrückung des Personenstandes

Objektiver Tatbestand

Die Unterdrückung kann sich auf folgende Grundkonstellationen erstrecken:

  • Verheimlichung: Verschweigen der Geburt, des Todes oder anderer personenstandsrelevanter Ereignisse gegenüber standesamtlichen Behörden,
  • Vortäuschung: Vorspiegelung eines unzutreffenden Personenstandes,
  • Verfälschung: Manipulation von Personenstandsdaten, etwa durch Vorlage unzutreffender Urkunden.

Beispielhafte Handlungen sind etwa die Nichtermeldung einer Geburt oder der widerrechtliche Einsatz von falschen Identitätspapieren.

Subjektiver Tatbestand

Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist Vorsatz, das heißt, der Täter muss zumindest billigend in Kauf nehmen, dass sein Verhalten auf die Unterdrückung des Personenstandes abzielt.

Täterkreis

Täter kann jeder sein, der am personenstandsrelevanten Ereignis beteiligt ist oder entsprechende Informationen hat, typischerweise Eltern, Sorgeberechtigte, Standesbeamte oder sonstige Meldepflichtige.

Abgrenzung zu verwandten Straftatbeständen

Die Unterdrückung des Personenstandes unterscheidet sich von anderen Strafnormen, etwa von

  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB): Hier steht die Herstellung oder Benutzung gefälschter Dokumente im Vordergrund, nicht die bloße Verheimlichung von Tatsachen.
  • Kindesentziehung (§ 235 StGB): Diese Norm zielt auf das widerrechtliche Vorenthalten eines Kindes gegenüber Sorgeberechtigten ab, nicht auf die Manipulation von Angaben über den Personenstand.

Oft kann jedoch eine Tat mehrere Delikte gleichzeitig verwirklichen (sogenannte Tateinheit).

Personenstandsrechtliche Aspekte

Personenstand im deutschen Recht

Der Personenstand ist im Personenstandsgesetz (PStG) geregelt und umfasst insbesondere:

  • Geburt,
  • Eheschließung,
  • Begründung einer Lebenspartnerschaft,
  • Tod.

Für jedes dieser Ereignisse besteht eine Meldepflicht gegenüber dem Standesamt. Das Standesamt dokumentiert diese Ereignisse in den Personenstandsbüchern. Die Eintragung hat u. a. Bedeutung für das Zivilrecht (z. B. Erbrecht, Familienrecht).

Mitwirkungspflichten und Verantwortlichkeiten

Nach § 18 PStG besteht für bestimmte Angehörige und Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Bestatter, Standesbeamte) eine Anzeige- und Mitwirkungspflicht. Die Verletzung dieser Pflichten kann neben der strafrechtlichen auch zu ordnungswidrigkeitsrechtlichen Sanktionen führen.

Strafrechtliche Folgen und Sanktionen

Strafen und Verfolgung

Die Unterdrückung des Personenstandes wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet. Die Strafzumessung richtet sich nach dem Umfang und den Folgen der Tat sowie nach der Motivation des Täters.

Versuch und Vollendung

Das Delikt tritt erst mit der tatsächlichen Unterdrückung (Vollendung) ein; ein strafbarer Versuch ist rechtlich nicht vorgesehen.

Verjährung

Die Verjährung des Straftatbestandes richtet sich nach § 78 StGB und beträgt fünf Jahre.

Praxisbeispiele und Rechtsprechung

In der Praxis spielen Sachverhalte mit Bezug auf Kindesaussetzungen, Adoptionen ohne Behördengänge, aber auch Fälle illegalen Aufenthalts und Identitätswechsels eine Rolle. Die Rechtsprechung behandelt regelmäßig Fälle, in welchen Geburten nicht gemeldet oder Kinder durch Dritte ausgegeben werden, ohne dass dies im Geburtenregister dokumentiert wurde.

Verhältnis zu internationalen Normen

Im internationalen Recht gibt es vergleichbare Regelungen. Die meisten Staaten Europas sehen eigene Strafbestände vor, die etwa auf Kindesaussetzungen, Identitätsbetrug oder Urkundenfälschung abzielen. Im Rahmen transnationaler Sachverhalte kann die Zusammenarbeit der Justizbehörden relevant werden, etwa bei der Feststellung von Identitäten oder Geburtsorten.

Zusammenfassung und Bedeutung in der Rechtsordnung

Die Unterdrückung des Personenstandes stellt einen bedeutenden strafrechtlichen Schutzmechanismus dar, um die Integrität und Nachvollziehbarkeit von persönlichen Lebensdaten sicherzustellen. Sie dient der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und schützt zentrale gesellschaftliche Prozesse – von der Geburt bis zum Tod. Das Delikt ist selten im Strafrechtsalltag, besitzt aber im Einzelfall große gesellschaftliche und individuelle Tragweite, insbesondere für Kinder und sozial Schutzbedürftige. Die genaue Kenntnis der rechtlichen Grundlagen ist wichtig für Personen, die in Melde- und Personenstandspflichten eingebunden sind.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann einen Antrag auf Unterdrückung des Personenstandes stellen?

Ein Antrag auf Unterdrückung des Personenstandes kann grundsätzlich von jeder Person gestellt werden, deren schutzwürdige Interessen betroffen sind, insbesondere dann, wenn durch die Veröffentlichung von Personenstandsdaten eine Gefährdung der persönlichen Sicherheit oder der Privatsphäre drohen würde. In der Praxis betrifft dies häufig Personen, die Opfer von Stalking, häuslicher Gewalt oder Bedrohung geworden sind. Minderjährige oder nicht voll geschäftsfähige Personen können den Antrag über ihre gesetzlichen Vertreter stellen. Der Antrag ist schriftlich mit einer entsprechenden Begründung und, wenn möglich, mit Nachweisen über die Gefährdungslage bei dem zuständigen Standesamt einzureichen. Die Entscheidung über die Unterdrückung trifft die zuständige Personenstandsbehörde nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände des Einzelfalls.

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Unterdrückung des Personenstandes?

Die Unterdrückung von Personenstandsdaten ist in Deutschland primär durch das Personenstandsgesetz (PStG) und die zugehörige Personenstandsverordnung (PStV) geregelt. Darüber hinaus finden datenschutzrechtliche Bestimmungen, insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), Anwendung, da es sich um besonders schützenswerte personenbezogene Daten handelt. Weitere gesetzliche Regelungen, etwa aus dem Melderecht oder den Vorschriften zum Schutz vor Gewalt, ergänzen den rechtlichen Rahmen. Die Behörden sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Ermessensausübung den Grundrechtsschutz der betroffenen Personen zu berücksichtigen, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Schutz des Persönlichkeitsrechts.

Welche Wirkungen hat die Unterdrückung des Personenstandes auf Auskünfte aus Personenstandsregistern?

Wird die Unterdrückung des Personenstandes rechtskräftig angeordnet, führt dies dazu, dass Auskünfte aus dem Personenstandsregister über die betroffene Person oder deren Daten nur noch sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr erteilt werden. Behörden, Dritte oder Privatpersonen erhalten entweder gar keine Informationen mehr oder erst nach besonderer Prüfung und Nachweis eines berechtigten Interesses, das die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person nicht überwiegen darf. Dabei werden insbesondere Anfragen hinsichtlich Eheschließungen, Geburtennamen oder anderen familienrechtlich relevanten Informationen streng geprüft bzw. abgelehnt, um die Sicherheit und den Datenschutz aufrechtzuerhalten.

Ist die Unterdrückung des Personenstandes befristet oder unbefristet?

In den meisten Fällen erfolgt die Unterdrückung des Personenstandes befristet und orientiert sich an dem Fortbestand der Gefährdungssituation, die Anlass für die Unterdrückung war. Die Behörden setzen meist eine Frist und prüfen auf Antrag oder von Amts wegen regelmäßig, ob die Gründe weiterhin bestehen. Nach Ablauf der Frist kann eine Verlängerung bei fortdauernder Gefährdung beantragt werden. Erlischt der Anlass oder wird dieser nicht mehr nachgewiesen, kann die Unterdrückung aufgehoben werden. In Ausnahmefällen ist jedoch auch eine unbefristete Unterdrückung möglich, sofern dies zum Schutz der betroffenen Person erforderlich und verhältnismäßig erscheint.

Welche Nachteile können sich durch die Unterdrückung des Personenstandes ergeben?

Neben dem Vorteil des erhöhten Datenschutzes kann die Unterdrückung auch Nachteile mit sich bringen. So kann zum Beispiel die Beantragung bestimmter amtlicher Dokumente (etwa Ausstellung von beglaubigten Abschriften, Eheschließungen oder Erbschaftsangelegenheiten) erschwert werden, weil die Behörden zur Wahrung des Datenschutzes besonders restriktiv Auskünfte und Urkunden erteilen. Darüber hinaus kann es bei alltäglichen Geschäftsabläufen, etwa bei Anmeldungen zu Kindergärten, Schulen oder beim Abschluss von Verträgen zu Schwierigkeiten kommen, wenn die erforderlichen Nachweise und Dokumente nur noch eingeschränkt zugänglich sind. Es empfiehlt sich daher eine sorgfältige Abwägung und Beratung vor Beantragung der Unterdrückung.

Wie kann gegen die Entscheidung zur Unterdrückung oder deren Ablehnung vorgegangen werden?

Gegen eine behördliche Entscheidung zur Gewährung oder Ablehnung der Unterdrückung des Personenstandes kann der Betroffene innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen Widerspruch einlegen. Das weitere Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Im Falle einer weiterhin ablehnenden Haltung der Behörde besteht die Möglichkeit, vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Klage zu erheben. Im gerichtlichen Verfahren findet eine umfassende Interessenabwägung statt, wobei insbesondere das Persönlichkeitsrecht der antragstellenden Person und etwaige berechtigte Interessen Dritter abzuwägen sind. In der Praxis empfiehlt sich die Hinzuziehung eines spezialisierten Rechtsanwalts, um die Erfolgsaussichten und das konkrete Vorgehen optimal bewerten zu können.