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Unrichtigkeit des Grundbuchs


Begriff und Bedeutung der Unrichtigkeit des Grundbuchs

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs ist ein zentrales Rechtskonzept im deutschen Grundstücksrecht. Sie bezeichnet den Zustand, in dem die im Grundbuch eingetragene Rechtslage nicht mit der tatsächlichen materiellen Rechtslage übereinstimmt. Das Grundbuch genießt gemäß § 891 BGB öffentlichen Glauben; dies bedeutet, dass dessen Eintragungen grundsätzlich richtig und vollständig sind. Dennoch kann das Grundbuch trotz seiner formellen Richtigkeit inhaltlich unrichtig sein.

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage zur Unrichtigkeit des Grundbuchs ergibt sich in erster Linie aus den §§ 891 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) sowie aus den Bestimmungen der Grundbuchordnung (GBO). Regelungen betreffen dabei die Formen der Unrichtigkeit, deren Beseitigung (Berichtigung) und die Ersatzansprüche bei Schäden infolge von unrichtigem Grundbuchinhalt.

§ 892 BGB: Öffentlicher Glaube des Grundbuchs

Gemäß § 892 BGB wird vermutet, dass eine im Grundbuch vermerkte Rechtslage der Wahrheit entspricht. Dies dient der Verkehrssicherheit und schützt gutgläubige Erwerber. Die Vorschrift behandelt Fälle, in denen der öffentliche Glaube nicht gilt, nämlich bei „Unrichtigkeit“ des Grundbuchs.

§ 894 BGB: Grundbuchberichtigung

Für die Beseitigung der Unrichtigkeit ist § 894 BGB einschlägig. Nach dieser Norm kann derjenige, zu dessen Gunsten das Grundbuch unrichtig ist, die Berichtigung verlangen, soweit ihm ein entsprechender materieller Anspruch zusteht.

Formen und Ursachen der Unrichtigkeit

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs kann verschiedene Ursachen und Erscheinungsformen haben. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen formeller und materieller Unrichtigkeit.

Materielle Unrichtigkeit

Die materielle Unrichtigkeit ist die zentrale Form und bedeutet, dass der rechtliche Zustand des Grundstücks (z. B. Eigentumsverhältnisse, Belastungen) nicht mehr mit den tatsächlichen, materiell-rechtlichen Verhältnissen übereinstimmt. Beispiele sind:

  • Eintrag eines nicht (mehr) bestehenden Rechts, etwa eines gelöschten Nießbrauchs.
  • Falsche Angaben zum Eigentümer, etwa durch fehlerhafte Abwicklung eines Erbfalls.
  • Eintrag eines Rechts ohne rechtswirksame Verfügungsgrundlage, z. B. bei nichtigen Rechtsgeschäften.

Formelle Unrichtigkeit

Formelle Unrichtigkeit liegt vor, wenn die im Grundbuch enthaltenen Angaben nicht den Verfahrensregeln der Grundbuchordnung entsprechen, ohne dass die materielle Rechtslage davon betroffen ist. In der Praxis spielt sie gegenüber der materiellen Unrichtigkeit jedoch eine untergeordnete Rolle.

Ursachen für Unrichtigkeit

Typische Ursachen für die Unrichtigkeit des Grundbuchs sind:

  • Fehler bei der Eintragung oder Löschung von Rechten durch das Grundbuchamt.
  • Nichtbeachtung gesetzlicher Formerfordernisse (z. B. fehlende Notarbestätigung).
  • Fehlerhafte Bewilligung oder fehlender Nachweis im Sinne des § 19 GBO.
  • Nachträgliche Veränderungen der Rechtslage (beispielsweise durch Erbfolge, Rücktritt, Auflagenauflösung, gerichtliche Entscheidungen).

Korrektur und Bereinigung: Grundbuchberichtigung

Anspruch auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB)

Besteht eine Abweichung zwischen Buchlage und Rechtslage, kann jeder, dessen Recht durch die Unrichtigkeit betroffen ist, die Berichtigung verlangen. Hierfür ist der Nachweis der Unrichtigkeit erforderlich. Die Berichtigung erfolgt ausschließlich auf Antrag beim Grundbuchamt und erfordert in der Regel eine Berichtigungsbewilligung des Betroffenen.

Nachweis der Unrichtigkeit

Die Unrichtigkeit muss durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden (§ 29 GBO). Alternativ sind gerichtliche Entscheidungen oder Urteile ausreichend, wenn diese die Unrichtigkeit belegen.

Keine Gutgläubigkeit bei Eintragungen wider öffentlichen Glauben

Gutgläubige Erwerber genießen nach § 892 BGB Schutz, solange keine Eintragungen „wider besseren Wissens“ erfolgen. Die Berichtigung hat keinen Einfluss auf bereits bestehende Rechte, die im Vertrauen auf das Grundbuch gutgläubig und über den öffentlichen Glauben erworben wurden.

Fälle des Berichtigungsanspruchs

  1. Erwerb von Grundstücken aufgrund unwirksamer Verträge

Ist ein Übertragungsvertrag nichtig (etwa wegen Formmangels), bleibt das Grundbuch unrichtig, sofern die Eintragung angeordnet wurde.

  1. Erbfolge

Nach dem Tod des Eigentümers erfolgt automatisch der Übergang der Rechtsstellung auf die Erben (Universalsukzession). Das Grundbuch ist unrichtig, sofern der Erbe nicht eingetragen wird.

  1. Rückabwicklung von Rechtsgeschäften

Wird ein Grundstückskaufvertrag rückabgewickelt, ist das Grundbuch unrichtig, bis die alten Eintragungen wiederhergestellt sind.

Rechtsfolgen der Unrichtigkeit

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs hat erhebliche Auswirkungen:

  • Berichtigungsanspruch: Ermöglicht die Anpassung der Buchlage an die Rechtslage.
  • Haftung: Bei schuldhaft herbeigeführter Unrichtigkeit kann Schadensersatz gem. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG gegen den Staat bestehen.
  • Grenzen des guten Glaubens: Gutgläubiger Erwerb bleibt nach § 892 BGB geschützt, soweit keine negative Feststellung (Unrichtigkeitsvermerk) im Grundbuch steht.
  • Sicherung des Rechtsverkehrs: Die Berichtigung ist zum Schutz des Vertrauens in die Richtigkeit des Grundbuchs eingeschränkt möglich.

Abgrenzung zu verwandten Rechtsbegriffen

Eigentumserwerb und Eintragung

Der Erwerb des Grundstückseigentums setzt Einigung und Eintragung voraus. Die Unrichtigkeit wirkt sich daher vor allem dann aus, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Eintragung beim Grundbuchamt nicht erfüllt sind.

Widerspruch (§ 899 BGB)

Der Widerspruch, eingetragen im Grundbuch, schützt vor gutgläubigem Erwerb bei anhängiger Berichtigungsklage. Er signalisiert potenziellen Erwerbern die Möglichkeit der Unrichtigkeit einer Eintragung.

Vormerkung (§ 883 BGB)

Während die Unrichtigkeit des Grundbuchs die Diskrepanz zur wahren Rechtslage bezeichnet, dient die Vormerkung der Sicherung eines künftigen oder bedingten Anspruchs auf Eintragung und schützt vor Veränderungen zu Lasten des Berechtigten.

Praktische Bedeutung im Grundstücksverkehr

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs ist praxisrelevant bei nahezu allen Immobiliengeschäften. Sie betrifft die Verfügungsbefugnis, die Erwerbssicherheit und maßgeblich die Verkehrsfähigkeit von Grundstücken. Einträge im Grundbuch werden vielfach als Nachweis der Eigentumsverhältnisse angesehen, weshalb Berichtigungsverfahren einen erheblichen Stellenwert in der rechtlichen Betreuung und Abwicklung von Grundstückstransaktionen haben.

Zusammenfassung

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs beschreibt die Abweichung zwischen eingetragener und tatsächlicher Rechtslage eines Grundstücks. Sie wirkt sich auf die Rechte von Eigentümern, Gläubigern und Dritten aus. Das Gesetz schützt den Rechtsverkehr durch den öffentlichen Glauben des Grundbuchs, sieht aber Korrekturmöglichkeiten vor. Die rechtssichere und vollständige Führung des Grundbuchs ist Grundpfeiler des deutschen Grundstücksrechts und zentral für die Sicherheit des Rechtsverkehrs im Immobilienbereich.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Folgen hat eine Unrichtigkeit des Grundbuchs für den Erwerber eines Grundstücks?

Eine Unrichtigkeit des Grundbuchs kann für den Erwerber eines Grundstücks gravierende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das Grundbuch genießt öffentlichen Glauben gemäß § 892 BGB, was bedeutet, dass der Erwerber auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der eingetragenen Rechte vertrauen darf. Stellt sich das Grundbuch jedoch als unrichtig heraus, etwa weil ein Recht zu Unrecht eingetragen oder gelöscht wurde, kann dies dazu führen, dass ein gutgläubiger Erwerb eines Rechts (z. B. Eigentum oder Dienstbarkeiten) möglich ist. Sollte der Erwerb jedoch nicht im guten Glauben erfolgen – beispielsweise bei positiver Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Unrichtigkeit – ist der Schutz des öffentlichen Glaubens ausgeschlossen, und der Erwerb ist unwirksam. Für den wahren Berechtigten entsteht ein Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB), was auch Schadensersatzansprüche gegen den Erwerber oder gegebenenfalls gegen den Staat (Staatshaftung) nach sich ziehen kann, wenn Dritte durch die Eintragung Schaden erleiden. Der Erwerber muss sich zudem möglicherweise Rückabwicklungs- oder Herausgabeansprüchen des tatsächlichen Eigentümers stellen.

Wie kann eine Unrichtigkeit des Grundbuchs rechtlich beseitigt werden?

Die Beseitigung einer Unrichtigkeit des Grundbuchs erfolgt in der Regel durch das sogenannte Berichtigungsverfahren nach § 894 BGB. Derjenige, dessen Recht durch die Unrichtigkeit des Grundbuchs beeinträchtigt ist (der wahre Rechtsinhaber), kann vom im Grundbuch Eingetragenen verlangen, dass dieser die Berichtigung bewilligt. Voraussetzung für die Berichtigung ist, dass die Unrichtigkeit – etwa durch Vorlage von Urkunden oder gerichtlichen Entscheidungen – gegenüber dem Grundbuchamt nachgewiesen wird. Liegt die erforderliche Berichtigungsbewilligung nicht vor, kann der betroffene Berechtigte diese im Wege der Klage gegen den Buchberechtigten geltend machen. Im Falle eines vollstreckbaren Titels kann auf dessen Grundlage die Eintragung erzwungen werden. Besondere Regelungen gelten, wenn der Grundbuchberichtigungsanspruch gesichert werden muss (z. B. durch die Eintragung einer Vormerkung nach § 883 BGB).

Wer trägt die Beweislast für die Unrichtigkeit des Grundbuchs?

Für die Unrichtigkeit des Grundbuchs trägt grundsätzlich derjenige die Beweislast, der sich darauf beruft und daraus Rechte herleiten möchte, typischerweise also der wahre Berechtigte, der einen Berichtigungsanspruch geltend macht (§ 891 BGB). Er muss lückenlos und substantiiert darlegen, dass das Grundbuch von der materiellen Rechtslage abweicht, also dass der im Grundbuch Eingetragene tatsächlich nicht berechtigt ist oder ein eingetragenes Recht in Wahrheit nicht besteht bzw. ein nicht eingetragenes Recht tatsächlich besteht. Dem Grundbuch kommt ein starker Beweiswert zu, weshalb an den Nachweis der Unrichtigkeit strenge Anforderungen gestellt werden.

Welche Rolle spielt der öffentliche Glaube des Grundbuchs im Zusammenhang mit seiner Unrichtigkeit?

Der öffentliche Glaube des Grundbuchs gemäß § 892 BGB verleiht dessen Eintragungen eine Vermutungswirkung und schützt den gutgläubigen Erwerber vor den Folgen möglicher Unrichtigkeiten. Solange keine Gründe für Zweifel an der Richtigkeit bestehen und der Erwerber keinen Anlass zu Misstrauen hat, kann er auf den Inhalt des Grundbuchs vertrauen. Ist das Grundbuch unrichtig, ermöglicht dies dennoch in vielen Fällen den gutgläubigen Erwerb von Rechten, selbst wenn der Veräußerer tatsächlich nicht berechtigt war. Demgegenüber haben der wahre Berechtigte und andere Betroffene einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung und ggf. Auskehrung des durch den Erwerb Erlangten.

Welche Ansprüche hat der wahre Berechtigte bei einer Grundbuchunrichtigkeit?

Steht fest, dass das Grundbuch unrichtig ist, kann der wahre Berechtigte gemäß § 894 BGB vom Buchberechtigten die Berichtigung des Grundbuchs verlangen. Er kann eine Grundbuchberichtigungsbewilligung einfordern und notfalls diesen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Darüber hinaus kommen gegebenenfalls Ansprüche auf Herausgabe des Grundstücks bzw. des entsprechenden Rechts (z. B. bei Eigentum: § 985 BGB) gegenüber dem unrechtmäßigen Erwerber oder auch Schadensersatzansprüche in Betracht, etwa wenn aufgrund der Unrichtigkeit Dritten ein Schaden entstanden ist. Wird der wahre Berechtigte in seinem Recht verletzt, kann auch eine Sicherung des Anspruchs durch Eintragung einer Vormerkung erfolgen.

Welche besonderen Vorschriften gelten bei gutgläubigem Erwerb trotz Unrichtigkeit des Grundbuchs?

Bei einem gutgläubigen Erwerb (§ 892 BGB) trotz Unrichtigkeit kommt es maßgeblich auf die Gutgläubigkeit des Erwerbers an. Wer in gutem Glauben Rechte aus dem Grundbuch erwirbt, wird im Zweifel auch dann geschützt, wenn der Eintragungsstand materiellem Unrecht entspricht. Der Erwerb ist aber ausgeschlossen, wenn eine in der sog. Unrichtigkeitsvermutung (§ 892 II BGB) geregelte Ausnahme greift, beispielsweise wenn eine sog. Vormerkung zugunsten des wahren Berechtigten eingetragen ist oder grobe Fahrlässigkeit bzw. positive Kenntnis des Erwerbers hinsichtlich der Unrichtigkeit vorliegt. Das Gesetz sieht hier besondere Schutzvorschriften zugunsten des gutgläubigen Rechtsverkehrs vor, zugunsten des wahren Berechtigten existieren aber flankierende Korrekturmechanismen (z. B. Schadensersatz oder Bereicherungsanspruch).

Welche Bedeutung haben Auflassung und Eintragung für die Unrichtigkeit des Grundbuchs?

Auflassung (§ 925 BGB) ist die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück erforderliche Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber, die notariell beurkundet und anschließend in das Grundbuch eingetragen werden muss. Kommt es bei der Auflassung oder im Eintragungsverfahren zu formellen oder materiellen Fehlern (z. B. fehlende Geschäftsfähigkeit, Willensmängel, unwirksamer Vertrag), kann das Grundbuch trotz vollzogener Eintragung unrichtig sein. Die Wirksamkeit der Eintragung hängt somit nicht allein von deren Vollzug, sondern von der materiellen Wirksamkeit der zugrundeliegenden Erklärungen ab. Entsprechende Unrichtigkeiten begründen einen Berichtigungsanspruch des wahren Rechtsinhabers.

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Berichtigung des Grundbuchs?

Für eine Berichtigung des Grundbuchs ist erforderlich, dass eine objektive Unrichtigkeit zwischen Eintragung und materieller Rechtslage besteht. Es muss die Unrichtigkeit und die richtige Rechtslage bewiesen werden, typischerweise durch Vorlage öffentlicher oder privater Urkunden, gerichtlicher Entscheidungen oder sonstiger Nachweise, die den vollen Beweiswert erfüllen (§ 29 GBO). In aller Regel ist auch eine Bewilligung der betroffenen Partei nötig, es sei denn, diese wird durch einen vollstreckbaren Titel ersetzt. Solange der Nachweis nicht schlüssig erbracht ist, bleibt das Grundbuch trotz möglicherweise bestehender Zweifel unverändert. Eintragungen dürfen grundsätzlich erst nach hinreichendem Nachweis und ggf. nach Durchführung des Eintragungsverfahrens erfolgen.