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Uneheliche Kinder


Uneheliche Kinder: Rechtliche Einordnung und Entwicklung

Begriffserklärung und historische Entwicklung

Uneheliche Kinder, auch als nichteheliche Kinder bezeichnet, sind Personen, die außerhalb einer gesetzlich gültigen Ehe geboren wurden. In Deutschland und vielen anderen Ländern wurde dieser Status in der Vergangenheit sowohl gesellschaftlich als auch rechtlich differenziert behandelt. Während eheliche Kinder grundsätzlich mit automatischer rechtlicher Verbindung zu beiden Elternteilen geboren wurden, standen uneheliche Kinder und deren Mütter vielfach unter rechtlichen und sozialen Nachteilen.

Seit dem späten 20. Jahrhundert haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen maßgeblich verändert. Ziel der Gesetzgeber in Deutschland und Europa war es, die Diskriminierung nichtehelicher Kinder sukzessive abzubauen und die rechtliche Gleichstellung sicherzustellen. Zentrale Regelungen hierzu finden sich heute primär im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).


Rechtliche Stellung unehelicher Kinder in Deutschland

Abstammungsrecht

Die wesentliche Vorschrift hinsichtlich der Abstammung findet sich in §§ 1591 ff. BGB. Ein Kind, das außerhalb einer Ehe geboren wird, erhält seine rechtliche Abstammung zur Mutter durch die Geburt. Die rechtliche Vaterschaft hingegen entsteht nicht automatisch, sondern muss anerkannt oder gerichtlich festgestellt werden (§§ 1592, 1593 BGB). Das Abstammungsrecht unterscheidet daher:

  • Mutter: Automatisch durch die Geburt
  • Vater: Entweder durch Anerkennung der Vaterschaft (§ 1594 BGB) oder durch gerichtliche Feststellung der Vaterschaft (§ 1600d BGB)

Eine automatische Vaterschaft wie im Rahmen der Ehe bei § 1592 Nr. 1 BGB (Vater des Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist), findet bei unehelichen Kindern zunächst nicht statt.

Sorge- und Umgangsrecht

Für uneheliche Kinder galt lange Zeit, dass die alleinige elterliche Sorge der Mutter zustand. Durch mehrere Gesetzesänderungen, zuletzt maßgeblich durch das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern (2013), besteht heute die Möglichkeit, dass beide Elternteile gemeinsam die elterliche Sorge ausüben können (§§ 1626, 1626a BGB). Voraussetzung ist die Abgabe einer Sorgeerklärung oder eine gerichtliche Entscheidung im Interesse des Kindes.

  • Sorgerecht: Bei Geburt liegt die elterliche Sorge allein bei der Mutter, sofern keine gemeinsame Sorgeerklärung vorliegt.
  • Umgangsrecht: Auch der nicht sorgeberechtigte Elternteil hat grundsätzlich ein Recht auf Umgang mit dem Kind (§ 1684 BGB).

Unterhaltsrecht

Uneheliche Kinder sind gegenüber ihren Eltern in gleichem Umfang unterhaltsberechtigt wie eheliche Kinder. Der Unterhaltsanspruch ist in §§ 1601 ff. BGB geregelt. Die Höhe des Unterhalts richtet sich maßgeblich nach dem Einkommen der unterhaltspflichtigen Person sowie der Düsseldorfer Tabelle.

Erbrechtliche Stellung

Gemäß § 1924 BGB sind Kinder, unabhängig von ihrem Status als ehelich oder unehelich, zum gesetzlichen Erben berufen. Das Erbrecht unehelicher Kinder wurde durch das Gesetz zur Gleichstellung nichtehelicher Kinder (2009) vollständig dem ehelicher Kinder gleichgestellt. Auch beim Pflichtteilsrecht (§ 2303 BGB) bestehen keine Differenzierungen.


Internationaler Rechtsvergleich

In vielen Staaten weltweit wurden im Verlaufe des 20. und 21. Jahrhunderts vergleichbare Entwicklungen zur rechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder umgesetzt. Insbesondere im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wurden Diskriminierungen abgebaut. Dennoch bestehen weltweit weiterhin teils signifikante Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen, insbesondere hinsichtlich Unterhalts- und Erbrechten.


Reformen und aktuelle Bedeutung

Rechtliche Gleichstellung

Mit Inkrafttreten verschiedener Reformgesetze, insbesondere seit den 1970er-Jahren, sind die Unterschiede zwischen ehelichen und unehelichen Kindern im deutschen Recht nahezu vollständig aufgehoben. Die Diskriminierungsfreiheit manifestiert sich sowohl in den Grundrechten nach Art. 6 GG als auch in den einfachgesetzlichen Normen des BGB.

Öffentliche Wahrnehmung und gesellschaftliche Entwicklung

Der Anteil nichtehelicher Geburten ist in Deutschland und zahlreichen Staaten Europas in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen. Die rechtliche Gleichstellung ist ein wichtiger Faktor für die gesellschaftliche Akzeptanz und die Chancengleichheit der betroffenen Kinder.


Zusammenfassung

Die Begrifflichkeit der unehelichen Kinder ist ein rechtshistorisch bedeutsames Relikt, das infolge umfangreicher Reformen im heutigen Recht weitgehend an Bedeutung verloren hat. Die gesetzliche Gleichstellung wurde in allen zentralen Rechtsgebieten – Abstammung, Sorge, Unterhalt und Erbe – konsequent umgesetzt. Damit ist sichergestellt, dass Kinder unabhängig vom Ehestatus ihrer Eltern die gleichen Rechte genießen. Bestehende Unterschiede, insbesondere in der Begründung der rechtlichen Vaterschaft und im Sorgerecht, sind inzwischen an die Interessen des Kindeswohls angepasst worden.


Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die rechtliche Lage und Historie unehelicher Kinder in Deutschland und beleuchtet zentrale Aspekte des Familien- und Erbrechts, wodurch er einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis dieses Rechtsbegriffs leistet.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlicher Vater eines unehelichen Kindes?

Rechtlicher Vater eines unehelichen Kindes ist grundsätzlich der Mann, der das Kind entweder anerkannt hat (§ 1592 Nr. 2 BGB) oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde (§ 1600d BGB). Die automatische Vaterstellung, wie sie beim in einer Ehe geborenen Kind für den Ehemann der Mutter gilt (§ 1592 Nr. 1 BGB, sog. Vater­schaftsvermutung), existiert bei unehelichen Kindern nicht. Das Kind hat somit zunächst rechtlich nur eine Mutter, bis ein Mann die Vaterschaft anerkennt oder diese gemäß Feststellungsverfahren nachgewiesen wird. Die Anerkennung der Vaterschaft ist eine formbedürftige Erklärung, die öffentlich beurkundet werden muss, etwa beim Jugendamt oder Standesamt. Wird die Vaterschaft nicht freiwillig anerkannt, kann die Mutter oder das Kind eine gerichtliche Klärung beantragen. Nach der Feststellung der Vaterschaft ergeben sich daraus unter anderem Unterhaltsansprüche und Erbansprüche für das Kind.

Welche Unterhaltsansprüche bestehen für uneheliche Kinder?

Uneheliche Kinder haben nach deutschem Recht die gleichen Unterhaltsansprüche gegen ihre Eltern wie ehelich geborene Kinder (§ 1615l, §§ 1601 ff. BGB). Der Kindesunterhalt berechnet sich nach dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils – in der Regel des Vaters, sofern das Kind bei der Mutter lebt. Die Düsseldorfer Tabelle dient als Orientierung für die Höhe des Unterhalts. Darüber hinaus besteht auch ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für die Mutter, insbesondere in den ersten drei Lebensjahren des Kindes, um dessen Betreuung sicherzustellen (§ 1615l BGB). Bei Nichtzahlung kann der Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragt werden. Der Anspruch auf Unterhalt besteht bis zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit des Kindes, also meist bis zum Abschluss einer ersten Berufsausbildung oder Studiums.

Welche erbrechtlichen Ansprüche haben uneheliche Kinder?

Seit der Abschaffung der Diskriminierung unehelicher Kinder durch Reformen des Erbrechts (insbesondere durch das Gesetz zur Gleichstellung unehelicher Kinder von 1998) besitzen uneheliche Kinder dieselben Erb- und Pflichtteilsrechte wie eheliche Kinder. Das heißt, sie treten als gesetzliche Erben erster Ordnung neben den ehelichen Kindern auf und haben Anspruch auf einen Pflichtteil (§ 1924, § 2303 BGB). Voraussetzung hierfür ist, dass die Vaterschaft rechtlich festgestellt ist, also eine Vaterschaftsanerkennung oder Vaterschaftsfeststellung vorliegt. Die Gleichstellung gilt sowohl im gesetzlichen Erbrecht als auch in Bezug auf das Pflichtteilsrecht und etwaige Auskunfts- und Ergänzungsansprüche gegenüber dem Nachlass.

Wie wird die Vaterschaft bei unehelichen Kindern festgestellt?

Die Feststellung der Vaterschaft kann durch freiwillige Anerkennung oder gerichtlich erfolgen. Für die freiwillige Anerkennung bedarf es einer öffentlichen Beurkundung, meist durch das Jugendamt, Standesamt oder einen Notar (§ 1594 BGB). Die Mutter muss der Anerkennung zustimmen. Wird die Vaterschaft nicht freiwillig anerkannt, können die Mutter, das Kind oder der mutmaßliche Vater eine Vaterschaftsfeststellungsklage beim Familiengericht erheben (§ 1600d BGB). Im gerichtlichen Verfahren wird regelmäßig ein Abstammungsgutachten (DNA-Test) durchgeführt. Das Verfahren dient dem Interesse des Kindes auf Feststellung seiner rechtlichen Abstammung, worauf auch Unterhalts- und Erbansprüche beruhen.

Wer hat das Sorgerecht für ein uneheliches Kind?

Alleinige Inhaberin des Sorgerechts für ein unehelich geborenes Kind ist zunächst die Mutter (§ 1626a Abs. 3 BGB). Das gilt, bis die Eltern eine gemeinsame Sorge erklären (Sorgeerklärung) oder ein Gericht diese anordnet (§ 1626a Abs. 1 BGB). Die Sorgeerklärung muss öffentlich beurkundet werden und ist unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt. Die gerichtliche Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist möglich, wenn diese dem Kindeswohl nicht widerspricht. Der Vater kann die Mitsorge also aktiv beantragen, die Mutter kann dieser aber nur aus schwerwiegenden Gründen widersprechen.

Welche Bedeutung hat das Umgangsrecht bei unehelichen Kindern?

Das Umgangsrecht regelt den Kontakt zwischen dem Kind und beiden Elternteilen, unabhängig davon, ob diese miteinander verheiratet sind (§ 1684 BGB). Es ist ein eigenständiges Recht des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen sowie ein Recht der Eltern auf Umgang mit ihrem Kind. Das Umgangsrecht besteht grundsätzlich auch dann, wenn die Eltern nicht zusammenleben oder nie verheiratet waren. Über den konkreten Umfang und die Ausgestaltung des Umgangs entscheidet das Familiengericht im Streitfall am Kindeswohl orientiert. Auch Großeltern und weitere Bezugspersonen können ein Umgangsrecht beanspruchen, soweit es dem Kindeswohl entspricht (§ 1685 BGB).

Welche Ansprüche auf Familienleistungen hat ein uneheliches Kind?

Uneheliche Kinder sind bezüglich staatlicher Familienleistungen gleichgestellt. Sie haben Anspruch auf Kindergeld, Elterngeld sowie Kinderzuschlag, sofern die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Relevant für die Antragstellung ist die rechtliche Elternschaft sowie ggf. die Klärung der Sorgerechtsverhältnisse. Bei Ein-Eltern-Familien können ergänzende Leistungen, etwa Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG), beantragt werden, wenn der andere Elternteil keinen oder nicht ausreichend Unterhalt zahlt. Gleiche Rechte bestehen auch hinsichtlich weiterer familienbezogener Sozialleistungen.