Legal Lexikon

TV-H


Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H)

Einführung

Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H) stellt das maßgebliche Tarifwerk für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Landesdienst des Bundeslandes Hessen dar. Der TV-H regelt umfassend die rechtlichen Arbeitsbedingungen, Vergütung, Arbeitszeit und weitere arbeitsrechtliche Grundbedingungen für Angestellte im unmittelbaren Landesdienst Hessens. Er bildet eine spezielle Rechtsgrundlage, da sich das Land Hessen 2009 vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) löste und eigene tarifvertragliche Regelungen einführte.

Rechtliche Grundlagen und Geltungsbereich

Rechtlicher Rahmen

Der TV-H beruht auf § 4 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) und ist ein zwischen dem Land Hessen und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes (ver.di, GEW und GdP) abgeschlossener Tarifvertrag. Richtungsweisende Verhandlungen unterliegen dem Tarifvertragsgesetz (TVG), das die rechtlichen Grundlagen, insbesondere zur Wirksamkeit, Kündigung und Fortgeltung des Tarifvertrags, bestimmt.

Geltungsbereich

Der TV-H gilt für:

  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Landes Hessen einschließlich seiner Landesbehörden, Gerichte, Hochschulen sowie weiterer öffentlicher Einrichtungen,
  • mit Ausnahme der Beamtinnen und Beamten sowie Auszubildenden, die eigenen gesetzlichen Regelungen und Tarifverträgen unterliegen.

Ausgenommen sind zudem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Grundlage von Arbeitsverträgen außerhalb des Geltungsbereichs des TV-H oder per Sonderregelung.

Aufbau und Systematik des TV-H

Grundstruktur des Tarifvertrags

Der TV-H gliedert sich in verschiedene Abschnitte, die allem voran folgende Bereiche abdecken:

  • Allgemeine Vorschriften (Geltungsbereich, Begriffsbestimmungen, Normen zur Arbeitsaufnahme)
  • Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen
  • Vergütung (Entgelttabellen, Eingruppierung, Leistungsentgelt)
  • Sonderzahlungen (Jahressonderzahlung, zusätzliche Urlaubstage)
  • Kündigungsfristen, Beendigung von Arbeitsverhältnissen
  • Sonderurlaubsregelungen, Arbeitsbefreiung
  • Übergangs- und Schlussvorschriften

Entgeltordnung und Eingruppierung

Die Entgeltordnung zum TV-H regelt die Eingruppierung der Beschäftigten anhand von Tätigkeitsmerkmalen. Innerhalb der Entgeltgruppen (E 1 bis E 15) wird die Zuordnung nach dem Anforderungsprofil der jeweiligen Stelle vorgenommen. Die Stufenzuordnung ergibt sich aus Berufserfahrung und Beschäftigungsdauer.

Arbeitszeitregelungen

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist im TV-H konkret geregelt und beträgt grundsätzlich 40 Stunden für Vollzeitbeschäftigte. Es bestehen spezifische Bestimmungen für Teilzeitbeschäftigte sowie individuelle Regelungen bei Nacht-, Wochenend- und Schichtarbeit. Die Modalitäten von Mehr- und Überstunden sind detailliert erfasst.

Vergütung und Sozialleistungen

Entgelttabellen und Zulagen

Die Vergütungsstruktur des TV-H ist durch jährlich aktualisierte Entgelttabellen gekennzeichnet. Neben dem Grundentgelt bestehen Anspruchsgrundlagen für Zulagen, z. B. für besondere Tätigkeiten, Erschwernisse oder Leitungstätigkeiten.

Jahressonderzahlungen und Zusatzleistungen

Der TV-H sieht jährliche Sonderzahlungen („Weihnachtsgeld“) vor. Zudem bestehen Regelungen für vermögenswirksame Leistungen, betriebliche Altersversorgung und weitere Nebenleistungen.

Rechte und Pflichten der Beschäftigten

Mitwirkung und Beteiligung

Beteiligungsrechte durch Personalräte, Gleichstellungsbeauftragte und Schwerbehindertenvertretungen sind im TV-H ausdrücklich geregelt. Diese Gremien wirken an der Gestaltung wesentlicher Arbeitsbedingungen mit.

Kündigungsschutz und Beendigung von Arbeitsverhältnissen

Kündigungsschutzrechte, Kündigungsfristen sowie Regelungen zu Abwicklungsmodalitäten sind umfassend geregelt. Kündigungen unterliegen den gesetzlichen Anforderungen, insbesondere nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG).

Unterschiede zwischen TV-H und TV-L

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum TV-L besteht in abweichenden Regelungen zur Vergütung, Arbeitszeit und Jahressonderzahlung. Die Autonomie des Landes Hessen ermöglicht flexiblere Anpassungen an landesspezifische Besonderheiten, etwa im Bereich der Hochschulen, im Schuldienst oder bei der Gestaltung von Befristungen.

Anpassung und Fortentwicklung

Die Tarifvertragsparteien überprüfen und verhandeln den TV-H regelmäßig, um die Bedingungen an aktuelle gesellschaftliche, rechtliche und wirtschaftliche Entwicklungen anzupassen. Dadurch ändern sich Tarife, Eingruppierungsregelungen sowie arbeitsschutzrechtliche Aspekte.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Verstöße gegen den TV-H können zu arbeitsrechtlichen Sanktionen führen. Beschäftigte haben einen arbeitsgerichtlich einklagbaren Anspruch auf Einhaltung der tarifvertraglichen Regelungen. Streitfälle werden im Instanzenzug von den Arbeitsgerichten bis hin zu den Landesarbeitsgerichten entschieden.

Literatur und Rechtsprechung

Die Auslegung, Anwendung und Weiterentwicklung des TV-H erfolgt im Lichte einschlägiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung sowie auf Basis der Regelungssystematik des Tarifvertragsgesetzes. Kommentierungen, Tariferläuterungen und einschlägige Urteile dienen der Klärung strittiger Fragen.


Hinweis: Die Informationen zum TV-H unterliegen einer laufenden Aktualisierung. Die jeweils aktuelle Fassung des Tarifvertrags und der Entgelttabellen wird regelmäßig von den zuständigen Tarifvertragsparteien veröffentlicht. Für weitergehende rechtliche Bewertungen empfiehlt sich die Konsultation des vollständigen Vertragstextes und der zugehörigen Ausführungsbestimmungen.

Häufig gestellte Fragen

Wann und wie kommt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) rechtlich zur Anwendung?

Der TV-L findet rechtlich Anwendung auf Beschäftigte der Länder – mit Ausnahme von Hessen, das einen eigenen Tarifvertrag hat -, sofern das Arbeitsverhältnis dem Geltungsbereich des TV-L nach § 1 Abs. 1 und § 2 TV-L unterliegt. Der TV-L wird entweder durch beiderseitige Tarifbindung (Mitgliedschaft in einer tarifschließenden Gewerkschaft und beim Arbeitgeber im Arbeitgeberverband der Länder, TdL) oder durch arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den TV-L rechtsverbindlich. Fehlt eine formale Mitgliedschaft oder Bezugnahmeklausel, gilt grundsätzlich das allgemeine Arbeitsrecht, wobei Regelungen des TV-L unter Umständen mittelbar Anwendung finden können (z.B. über die betriebliche Übung oder Gleichbehandlung). Der TV-L entfaltet Normwirkung, das heißt, er gilt zwingend und kann grundsätzlich nicht zuungunsten der Beschäftigten abbedungen werden, ausgenommen in den gesetzlich oder tariflich zulässigen Fällen. Zu beachten ist, dass einzelne landesrechtliche Vorschriften vorrangig zum TV-L sein können, insbesondere bei haushaltsrechtlichen Vorgaben der einzelnen Bundesländer.

Welche rechtlichen Regelungen enthält der TV-L zu Arbeitszeit und Mehrarbeit?

Die im TV-L normierten Vorschriften zur Arbeitszeit (§ 6 TV-L) sehen grundsätzlich eine regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 39,5 Stunden pro Woche für Angestellte außerhalb von Krankenhäusern vor. Für bestimmte Berufsgruppen und Tätigkeitsbereiche gelten differenzierte Werte, wie z.B. 38,5 Stunden für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Die Arbeitszeit wird grundsätzlich auf fünf Arbeitstage verteilt, abweichende Betriebsvereinbarungen oder landesrechtliche Vorschriften sind möglich. Mehrarbeit im Sinne des § 7 TV-L ist die über die individuell vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit; Vergütung und Ausgleich richten sich nach den tariflichen und ggf. betrieblichen Regelungen. Über die gesetzlichen Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes hinausheit, welches als zwingendes Schutzgesetz Anwendung findet, dürfen die tariflichen Regelungen nicht hinausgehen. Die Zulässigkeit von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft ist rechtlich klar definiert; deren Vergütung richtet sich nach Anlage E und den spezifischen Durchführungshinweisen des TV-L. Die Einhaltung und Kontrolle der Arbeitszeit unterliegt der Mitbestimmung der Personalvertretungen gemäß den landesspezifischen Personalvertretungsgesetzen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten nach TV-L für die Eingruppierung und die Geltendmachung von Ansprüchen?

Die Eingruppierung erfolgt gemäß §§ 12 bis 17 TV-L (in Verbindung mit der Entgeltordnung – Anlagen A bis C TV-L) und ist eine zwingende tarifliche Regelung. Die Eingruppierung richtet sich nach den übertragenen Tätigkeiten, die in den jeweiligen Entgeltgruppen und -merkmalen beschrieben sind. Maßgeblich ist die Wertigkeit der Tätigkeit, nicht der Arbeitsplatzname oder die Ausbildung des Beschäftigten allein. Beschäftigte können die Überprüfung ihrer Eingruppierung verlangen und unterliegen hierbei Ausschlussfristen gemäß § 37 TV-L; Ansprüche auf tarifliche Eingruppierung oder Nachzahlung müssen innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Fehlt eine zutreffende Eingruppierung, können Beschäftigte gerichtlich beim zuständigen Arbeitsgericht Klage erheben.

Wie ist das rechtliche Verhältnis zwischen TV-L und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?

Der TV-L gilt kraft Tarifautonomie vorrangig für die Arbeitsbedingungen, ist jedoch an höherrangige Gesetze, so auch das AGG, gebunden. Tarifliche Regelungen des TV-L dürfen dem Diskriminierungsverbot des AGG (§ 7 AGG) nicht widersprechen, insbesondere nicht hinsichtlich Benachteiligungen wegen Rasse, Ethnie, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität. Sollte eine tarifliche Vorschrift des TV-L im Einzelfall gegen das AGG verstoßen, geht die gesetzliche Regelung vor, und betroffene Beschäftigte haben das Recht, einen Schadenersatzanspruch nach § 15 AGG gelten zu machen. Die tariflichen Ausschlussfristen bleiben bestehen, können aber in Fällen grober Diskriminierung unter Umständen durchbrochen werden.

Welche rechtlichen Regelungen bestehen im TV-L zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Der TV-L regelt in § 30 für Altersgrenzen sowie in § 34 ff. bezüglich der Kündigung gesonderte rechtliche Rahmenbedingungen. Kündigungen durch Arbeitgeber sind nur unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfristen (§ 34 TV-L) möglich, die je nach Beschäftigungsdauer gestaffelt sind und teilweise über die gesetzlichen Mindestfristen des § 622 BGB hinausgehen. Bei bestimmten Beschäftigtengruppen, insbesondere langjährig Beschäftigten, besteht tariflicher Kündigungsschutz gemäß § 34 Abs. 2 TV-L (ordentliche Kündigung ausgeschlossen nach 15-jähriger Beschäftigung und nach Vollendung des 40. Lebensjahres). Tarifliche und gesetzliche Regelungen zur Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) gelten nebeneinander. Zudem existieren für besondere Personengruppen (z. B. Schwangere, Schwerbehinderte) zusätzliche gesetzliche Schutzvorschriften, die als zwingendes Recht den tariflichen Regelungen des TV-L vorgehen.

Wie werden Ansprüche und Rechte aus dem TV-L rechtlich durchgesetzt?

Ansprüche aus dem TV-L, etwa auf Entgelt, Eingruppierung, Arbeitszeit oder Sonderzahlungen, sind zwingend innerhalb der tariflichen Ausschlussfristen (§ 37 TV-L) schriftlich geltend zu machen. Diese Ausschlussfrist beträgt sechs Monate ab Fälligkeit des Anspruchs, bei Versäumung erlischt der Anspruch grundsätzlich, sofern nicht gesetzliche Ausnahmen vorliegen. Für die gerichtliche Durchsetzung ist das Arbeitsgericht gemäß § 2 ArbGG ausschließlich zuständig. Die Einhaltung der Schriftform ist für die Wirksamkeit der Geltendmachung unabdingbar, Erklärungen per Fax oder E-Mail sind mitunter ausreichend, sofern eine Bestätigung auf Verlangen vorgelegt werden kann. Personalvertretungen und Gewerkschaften können Beschäftigte unterstützen, sind aber nicht zwingend für die Rechtsdurchsetzung erforderlich.

Inwiefern schließt der TV-L Veränderungen oder Verschlechterungen des Arbeitsvertrags rechtlich aus?

Der TV-L enthält zugunsten der Beschäftigten zwingende Mindestarbeitsbedingungen, von denen nur zugunsten der Beschäftigten abgewichen werden darf. Vertragsänderungen oder Verschlechterungen, die einzelne TV-L-Regelungen unterschreiten, sind grundsätzlich unzulässig und gemäß § 4 Abs. 3 TVG nichtig, es sei denn, der Tarifvertrag sieht ausdrücklich eine abweichende (zumeist begünstigende) Regelung vor. Vereinbarungen, die einzelne Nachteile für den Beschäftigten bewirken, bedürfen einer klaren tariflichen oder gesetzlichen Legitimation. Lediglich sofern eine schriftliche Änderungskündigung unter Einhaltung der gesetzlichen und tariflichen Vorgaben erfolgt und diese sozial gerechtfertigt ist, können rechtmäßige Änderungen zulasten der Beschäftigten durchgesetzt werden; diese sind aber gerichtlich überprüfbar.

Gibt es tarifvertragliche Besonderheiten bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen im TV-L?

Der TV-L verweist für befristete Arbeitsverhältnisse im Wesentlichen auf die gesetzlichen Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), konkretisiert diese aber in § 30 TV-L für typische Beschäftigungsfelder im öffentlichen Dienst, beispielsweise wissenschaftliches Personal oder Vertretungsfälle. Die ordentliche Kündigung ist bei Befristungen aufgrund von Sachgrund zum Teil tariflich eingeschränkt (§ 30 Abs. 4 TV-L). Unzulässige Kettenbefristungen oder sachgrundlose Befristungen jenseits der gesetzlichen Vorgaben sind unzulässig und können im Rahmen einer Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG überprüft werden. Die tariflichen Ausschlussfristen gelten auch für etwaige Ansprüche aus nicht ordnungsgemäßer Befristung.