Legal Lexikon

Totschlag


Begriff und Definition des Totschlags

Totschlag ist ein zentraler Straftatbestand im deutschen Strafrecht. Er zählt zu den vorsätzlichen Tötungsdelikten und ist im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Die rechtliche Einordnung des Totschlags, seine Abgrenzung zu anderen Tötungsdelikten sowie die relevanten Tatbestandsmerkmale werden im Folgenden ausführlich und systematisch dargestellt.

Gesetzliche Regelung des Totschlags

§ 212 StGB – Der Grundtatbestand

Der Straftatbestand des Totschlags ist in § 212 Abs. 1 StGB geregelt und lautet:

„Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.“

Damit beschreibt § 212 StGB den Grundfall der vorsätzlichen Tötung eines anderen Menschen, bei dem keine Mordmerkmale des § 211 StGB vorliegen.

Aufbau des § 212 StGB

  1. Tatobjekt: Das Tatobjekt ist ein lebender Mensch. Die Tötung eines ungeborenen Kindes unterfällt anderen gesetzlichen Regelungen, namentlich dem Schwangerschaftsabbruch (§§ 218 ff. StGB).
  2. Tathandlung: Die Tötung kann durch aktives Tun (Beibringung letaler Gewalt) oder – seltener – durch Unterlassen erfolgen, sofern dem Täter eine Garantenstellung zukommt (§ 13 StGB).
  3. Vorsatz: Es wird Vorsatz hinsichtlich der Tötung eines anderen Menschen vorausgesetzt (Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung).

Abgrenzung zu anderen Tötungsdelikten

Mord (§ 211 StGB)

Der Mord ist das qualifizierte Tötungsdelikt und liegt vor, wenn bestimmte Mordmerkmale (z. B. Heimtücke, Grausamkeit, Habgier oder niedrige Beweggründe) erfüllt sind. Der wesentliche Unterschied zum Totschlag besteht in diesen besonderen, die Tat besonders verwerflich erscheinen lassenden Merkmalen.

Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)

Im Unterschied zum Totschlag bezieht sich die Körperverletzung mit Todesfolge auf eine vorsätzliche Körperverletzung, bei der der Tod eines Menschen fahrlässig oder zumindest nicht mit Tötungsvorsatz herbeigeführt wird.

Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)

Die fahrlässige Tötung erfasst Fälle, bei denen der Tod eines Menschen durch eine Sorgfaltspflichtverletzung, aber ohne Tötungsvorsatz verursacht wird.

Tatbestandsmerkmale und Voraussetzungen

Objektiver Tatbestand

1. Tötung eines anderen Menschen

Der Totschlag setzt die Vollendung des Tötungserfolgs voraus, also den Tod eines anderen – natürlichen – Menschen (Beginn mit dem Einsetzen der Geburt, Ende mit dem Hirntod).

2. Kausalität und objektive Zurechnung

Die Handlung muss für den Tod ursächlich und objektiv zurechenbar sein. Liegt ein atypischer Kausalverlauf vor, kann die objektive Zurechnung und somit der Tatbestand entfallen.

Subjektiver Tatbestand

1. Vorsatz

Erforderlich ist mindestens bedingter Vorsatz hinsichtlich des Todes des Tatopfers. Der Täter muss den Erfolgseintritt zumindest billigend in Kauf nehmen.

Besondere Formen des Totschlags

Totschlag im Affekt (minderschwerer Fall, § 213 StGB)

Totschlag kann als minder schwerer Fall vorliegen, wenn der Täter beispielsweise durch eine provozierende Handlung des Opfers „auf der Stelle zur Tat hingerissen“ wird. Dies betrifft klassische Affekttaten und ist in § 213 StGB besonders geregelt. Hier ist eine verringerte Strafandrohung vorgesehen (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren).

Versuchte und vollendete Tat

Der Totschlag kann auch versucht werden (§§ 22, 23 StGB). Der Versuch ist bereits strafbar und setzt an, bevor der Tötungserfolg eintritt.

Strafrechtliche Folgen und Rechtsfolgen des Totschlags

Strafrahmen

Für den vollendeten Totschlag sieht § 212 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren vor. Beim minder schweren Fall (§ 213 StGB) ist der Strafrahmen auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren abgesenkt.

Strafzumessung

Stets sind die Umstände des Einzelfalls im Rahmen der Strafzumessung (§ 46 StGB) umfassend zu berücksichtigen. Vor allem Motiv, Nachtatverhalten und die konkrete Tatausführung spielen eine Rolle.

Versuch und Rücktritt

Ein Rücktritt vom Versuch nach § 24 StGB kann in minder schweren Fällen auch eine Strafbefreiung bewirken, wenn der Täter freiwillig von der Tat absieht und den Tötungserfolg verhindert.

Totschlag in Abgrenzung zu anderen Delikten

Verdeckter Totschlag

Übt der Täter vorsätzlich Gewalt aus, ohne das Opfer töten zu wollen, und verstirbt das Opfer dennoch, ist eine genaue Abgrenzung zu Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) erforderlich. Entscheidend ist der innere Tatentschluss.

Teilnahme an Totschlag

Tatbeteiligte – Mittäter, Anstifter oder Gehilfen – haften nach den allgemeinen Regeln zum jeweiligen Tatbeitrag (§§ 25 ff. StGB).

Prozessuale Aspekte beim Totschlag

Untersuchung und Anklageerhebung

Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wird geprüft, ob Mordmerkmale oder sonstige strafmildernde Umstände vorliegen. Die Einordnung als Totschlag ist häufig Ergebnis ausführlicher Ermittlungen, insbesondere bezüglich des Vorsatzes und etwaiger Beweggründe.

Verteidigung und Beweiswürdigung

In der Hauptverhandlung ist die Motivation des Täters und die Art und Weise der Tatausführung von zentraler Bedeutung für die Subsumtion unter § 212 StGB oder § 211 StGB.

Totschlag im internationalen Vergleich

Die Einordnung von Totschlag-Staatstatbeständen unterscheidet sich im internationalen Recht häufig, sowohl bezüglich der Abgrenzung zu Morddelikten als auch hinsichtlich des Strafrahmens. In vielen Rechtssystemen existiert jedoch ein abgestuftes System von vorsätzlichen Tötungsdelikten.

Zusammenfassung

Der Totschlag stellt ein zentrales Tötungsdelikt im Strafgesetzbuch dar, das sich durch das Fehlen von Mordmerkmalen vom Mord unterscheidet. Wesentliche Voraussetzungen sind die vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen ohne besondere Verwerflichkeit der Tat. Die Rechtsfolgen reichen von langjährigen Freiheitsstrafen bis hin zur Möglichkeit einer Strafmilderung im minder schweren Fall. Die genaue rechtliche Einordnung hängt stets von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab und erfordert eine differenzierte Betrachtung im Rahmen der geltenden Strafgesetze.

Häufig gestellte Fragen

Wann liegt eine Strafbarkeit wegen Totschlags vor?

Eine Strafbarkeit wegen Totschlags liegt nach deutschem Strafrecht vor, wenn eine Person vorsätzlich das Leben eines anderen Menschen beendet, ohne dass die Merkmale des Mordes – also bestimmte besonders verwerfliche Tatmerkmale wie etwa Heimtücke, Grausamkeit oder niedrige Beweggründe – erfüllt sind. Gemäß § 212 Strafgesetzbuch (StGB) genügt für die Verwirklichung des Tatbestandes bereits der sogenannte Vorsatz, das heißt, der Täter weiß um die Tötung und nimmt dies zumindest billigend in Kauf. Eine besondere Motivation oder Planung, wie sie beim Mord benötigt wird, ist hingegen nicht erforderlich. Die Beweislage hinsichtlich des Vorsatzes wird meist anhand von Indizien und dem Ablauf der Tat bestimmt. Zu beachten ist, dass fahrlässige Tötungen (ohne Vorsatz) nicht als Totschlag, sondern gesondert als fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) geahndet werden.

Gibt es beim Totschlag einen sogenannten minder schweren Fall?

Das Gesetz sieht für den Totschlag in § 213 StGB die Möglichkeit eines minder schweren Falles vor. Ein minder schwerer Fall des Totschlags liegt insbesondere dann vor, wenn der Täter etwa aus einer verständlichen heftigen Gemütsbewegung heraus handelt, die durch eine vorangegangene Provokation des Opfers hervorgerufen wurde. In solchen Konstellationen kann das Gericht den Strafrahmen herabsetzen: Statt einer Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren (wie beim regulären Totschlag) kann dann eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren verhängt werden. Das Gericht prüft im Einzelfall, ob die Voraussetzungen für einen minder schweren Fall tatsächlich gegeben sind und bezieht hierzu sämtliche Umstände der Tat und des Täters ein.

Wie unterscheidet sich Totschlag von Mord und fahrlässiger Tötung?

Totschlag unterscheidet sich vom Mord insbesondere durch das Fehlen bestimmter Mordmerkmale, wie sie in § 211 StGB aufgezählt sind (zum Beispiel Heimtücke, grausame Begehungsweise, niedrige Beweggründe oder die Ermöglichung einer anderen Straftat). Während beim Mord das Strafmaß mit lebenslanger Freiheitsstrafe sehr streng ist, wird Totschlag mit einer Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Im Gegensatz zur fahrlässigen Tötung handelt der Täter beim Totschlag mit Vorsatz, das heißt mit Wissen und Wollen der Tötung eines Menschen, während bei der fahrlässigen Tötung die Tat „aus Versehen“ begangen wird, also ohne Absicht, jedoch unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt.

Welche Rolle spielt die Schuldunfähigkeit des Täters beim Totschlag?

Ist der Täter zur Tatzeit schuldunfähig, beispielsweise aufgrund einer schweren psychischen Störung (§ 20 StGB), entfällt die Strafbarkeit wegen Totschlags. In solchen Fällen kann keine Bestrafung erfolgen, da die Fähigkeit des Täters, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aufgehoben war. Liegt lediglich eine verminderte Schuldfähigkeit vor (§ 21 StGB), so kann dies zu einer Strafmilderung führen. Das Gericht prüft hierbei eingehend die psychische Verfassung des Täters unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten.

Wie wird die Strafe für Totschlag im deutschen Strafrecht bemessen?

Die Strafe für Totschlag beträgt nach § 212 Abs. 1 StGB grundsätzlich Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. In minder schweren Fällen (§ 213 StGB) kann das Strafmaß zwischen einem Jahr und zehn Jahren liegen. Bei der Strafzumessung berücksichtigt das Gericht sämtliche Umstände der Tat und die Person des Täters, wie die Beweggründe, die Art der Tatausführung, vorherige Provokationen, mögliche Reue oder Geständnisse sowie eventuelle Vorstrafen. Liegen besonders schwere Gründe wie etwa eine besonders grausame Tatausführung vor, kann das Gericht zwar nicht die Mordmerkmale „nachschieben“, aber im Rahmen des Strafmaßes für Totschlag strengere Maßstäbe anwenden.

Gibt es bei Totschlag die Möglichkeit auf eine vorzeitige Haftentlassung?

Wie bei anderen Straftaten steht auch Tätern, die wegen Totschlags verurteilt wurden, grundsätzlich die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung nach § 57 StGB zu. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Freiheitsstrafe kann ein Antrag auf vorzeitige Entlassung gestellt werden. Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass der Verurteilte während der Haftzeit gute Führung gezeigt hat und eine günstige Sozialprognose besteht, d.h. keine Gefahr weiterer erheblich rechtswidriger Taten besteht. Das zuständige Gericht entscheidet unter Abwägung aller Umstände im Einzelfall über die Entlassung. Bei besonders schweren Taten oder ungünstiger Sozialprognose kann eine Entlassung auch versagt werden.