Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Tierquälerei

Tierquälerei


Begriff und Definition der Tierquälerei

Tierquälerei bezeichnet die vorsätzliche oder fahrlässige Zufügung von Leid, Schmerzen oder Schäden an Tieren. Tierquälerei ist in vielen nationalen und internationalen Rechtsordnungen strafbewehrt und stellt eine zentrale Kategorie des Tierschutzrechts dar. Besonders prägnant ist dabei die Abgrenzung zu erlaubten Handlungen und das Festlegen der Anforderungen an einen straf- oder bußgeldbewehrten Verstoß.

Rechtsgrundlagen zur Tierquälerei in Deutschland

Tierschutzgesetz (TierSchG)

Das maßgebliche Gesetz in Deutschland ist das Tierschutzgesetz (TierSchG). Nach § 1 TierSchG ist es das oberste Ziel, „aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen.“

§ 17 TierSchG: Strafbare Handlungen

§ 17 TierSchG regelt die strafbaren Handlungen der Tierquälerei. Der Tatbestand der Tierquälerei wird hier wie folgt definiert:

  • Wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet,
  • Wer einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt,
  • Wer einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt,

macht sich nach deutschem Recht strafbar. Die Strafandrohung reicht bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

§ 18 TierSchG: Ordnungswidrigkeiten

Nicht jede Missachtung des Tierschutzgesetzes ist bereits eine Straftat. § 18 TierSchG regelt bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten, etwa geringfügige Verstöße gegen Haltungsvorschriften.

Definition des „vernünftigen Grundes“

Ein entscheidendes Merkmal im Gesetz ist der „vernünftige Grund“. Ohne einen solchen ist jede Tötung oder Schädigung von Wirbeltieren rechtswidrig. Zu den anerkannten vernünftigen Gründen zählen z. B.:

  • Veterinärmedizinisch indizierte Tötung zur Leidverringerung
  • Schlachtung gemäß gesetzlicher Vorschriften zur Lebensmittelgewinnung
  • Gefahrenabwehr für Menschen oder Tiere

Gewinnorientierte oder rein unterhaltende Zwecke werden hingegen in der Regel nicht als vernünftiger Grund anerkannt.

Weitere Vorschriften und Richtlinien

Die Tierschutz-Hundeverordnung, die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und zahlreiche andere Spezialnormen ergänzen die gesetzlichen Grundlagen in Bezug auf Haltung, Transport und Umgang mit spezifischen Tierarten.

Abgrenzungen und Tatbestandsmerkmale

Subjektiver Tatbestand

Tierquälerei kann vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden. Vorsatz bedeutet, dass der Täter das Tier bewusst und gewollt quält. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn eine im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet wird und es dadurch zu Schmerzen, Leiden oder Schäden kommt.

Schmerzen, Leiden und Schäden

Das Gesetz unterscheidet zwischen:

  • Erhebliche Schmerzen: Körperliche Beeinträchtigungen, die über das übliche Maß hinausgehen
  • Erhebliche Leiden: Zustand verlängerten Unwohlseins oder Qual, auch psychischer Art
  • Schäden: Gesundheitliche Beeinträchtigungen körperlicher oder seelischer Natur, langfristig oder dauerhaft

Ob eine Grenze zur Straftat überschritten ist, wird immer anhand des Einzelfalls beurteilt, wobei Gutachten und tiermedizinische Einschätzungen zu Rate gezogen werden.

Tierquälerei im internationalen Kontext

Europäische Gesetzgebung

Auch auf europäischer Ebene existieren zahlreiche Vorschriften, die dem Schutz von Tieren dienen. Die Europäische Konvention zum Schutz von Heimtieren (Strassburger Konvention) verpflichtet unterzeichnende Staaten zu Mindeststandards beim Umgang mit Haustieren und verbietet das Zufügen unnötiger Schmerzen und Leiden.

Die Tierschutzrichtlinien der Europäischen Union umfassen Normen für Viehtransport, Schlachtung, Tierversuche und Nutztierhaltung.

Internationale Abkommen

Das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten (CITES) schützt besonders bedrohte Tiere auch vor Ausbeutung und grausamer Behandlung.

Straf- und Bußgeldverfahren bei Tierquälerei

Anzeige und Ermittlungsverfahren

Die Strafverfolgung wird meist durch Anzeige, oft durch Dritte (z. B. Nachbarn, Vereine), eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Anfangsverdacht auf Tierquälerei vorliegt. Bei Verdachtsfällen erfolgt die Ermittlung durch Polizei- oder Veterinärbehörden.

Sanktionen

Im Fall einer Verurteilung drohen:

  • Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (§ 17 TierSchG)
  • Zusätzliche Maßnahmen wie Tierhalteverbot, Einziehung des Tieres oder Erteilung behördlicher Auflagen
  • Bußgelder bis zu 25.000 Euro bei Ordnungswidrigkeiten

Verjährung

Die Verfolgungsverjährung richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts. In der Regel beträgt die Verjährung bei Ordnungswidrigkeiten drei Jahre, bei Straftaten bis zu fünf Jahre.

Besondere Formen der Tierquälerei

Tierquälerei im Zusammenhang mit Tierversuchen

Tierversuche unterliegen strengen Genehmigungs- und Dokumentationspflichten nach dem Tierschutzgesetz sowie der EU-Tierversuchsrichtlinie. Verstöße gegen diese Vorgaben können als Tierquälerei eingestuft und strafrechtlich verfolgt werden.

Tierquälerei im privaten Umfeld

Insbesondere bei Haustieren kann es zu Tierquälerei durch Verletzungen, Vernachlässigung, Fütterungsverweigerung oder das Unterlassen tierärztlicher Maßnahmen kommen.

Tierquälerei in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung

Hier stehen Missstände wie mangelhafte Haltung, mangelhafte tierärztliche Versorgung oder übermäßige Belastungen (z. B. Transport, Überbelegung, unzureichende Hygiene) im Vordergrund. Die Bewertung erfolgt anhand tierschutzrechtlicher Mindeststandards und Leitlinien.

Prävention und Kontrolle

Behörden und Kontrollinstanzen

Die Überwachung der Einhaltung des Tierschutzes obliegt den Veterinärbehörden auf Landes- und Kommunalebene. Daneben spielen Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Ahndung von Straftaten eine zentrale Rolle.

Tierschutzvereine und Whistleblower

Tierschutzvereine nehmen eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung und Dokumentation von Tierquälerei ein und können durch Anzeigen initiativ werden. Whistleblower genießen, sofern sie rechtmäßig handeln, einen besonderen Schutz.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Deutsches Tierschutzgesetz (TierSchG)
  • Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport (TierSchTrV)
  • Europäische Tierschutzrichtlinien
  • Kommentierungen zum Strafrecht und Tierschutzrecht

Fazit

Tierquälerei stellt sowohl eine strafbare als auch ordnungswidrige Handlung dar, die im deutschen und europäischen Recht detailliert geregelt ist. Eine rechtskonforme Tierhaltung und der Schutz des Tierwohls sind durch umfassende gesetzliche Bestimmungen, europäische Richtlinien und internationale Abkommen gesichert. Verstöße, ob vorsätzlich oder fahrlässig, werden streng geahndet und können weitreichende Konsequenzen für die Betroffenen nach sich ziehen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafen drohen bei nachgewiesener Tierquälerei?

Bei nachgewiesener Tierquälerei nach deutschem Recht, insbesondere gemäß § 17 des Tierschutzgesetzes (TierSchG), handelt es sich um eine Straftat. Die Sanktionen reichen hier von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung ist ab einer Verurteilung zu mehr als zwei Jahren möglich. Besonders schwerwiegend wird das Quälen eines Tieres mit Todesfolge, aus Rohheit oder aus wiederholtem Motiv bewertet. Neben der eigentlichen Strafe können zur Sicherung auch Nebenstrafen oder Maßnahmen wie ein Tierhaltungsverbot oder das Einziehen des Tieres angeordnet werden. Absatz 2 des § 17 TierSchG erlaubt es den Gerichten darüber hinaus, die Einziehung von Geräten oder Vorrichtungen, mit denen die Tat begangen wurde, zu bestimmen. Außerdem kann das Strafregister Eintragungen erhalten, die sich auf einschlägige berufliche Tätigkeiten auswirken, zum Beispiel im Bereich Landwirtschaft, Zucht oder Tierpflege.

Wie wird Tierquälerei vor Gericht nachgewiesen?

Um Tierquälerei vor Gericht nachzuweisen, bedarf es in der Regel der Vorlage konkreter Beweise. Das können Zeugenaussagen, Gutachten von Veterinärmedizinern, Videoaufnahmen, Fotos und tierärztliche Atteste sein. Im Strafprozess gilt der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“, weshalb eine lückenlose Beweiskette besonders wichtig ist. Gerichte stützen sich regelmäßig auf die Sachkunde von gerichtlich bestellten Gutachtern, um Art und Ausmaß der Misshandlung objektiv festzustellen. Neben den physischen Befunden am Tier werden häufig auch Haltungsbedingungen und Vorsichtsmaßnahmen des Beschuldigten geprüft. Bei wiederholten oder systematischen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz ist eine nachdrücklichere Strafverfolgung möglich. Dennoch muss jede Einzelfallprüfung die Tatmotivation, die Auswirkungen auf das Tier und etwaige Notlagen berücksichtigen.

Wer ist für die Anzeige und Verfolgung von Tierquälerei zuständig?

Im rechtlichen Kontext liegt die Zuständigkeit für die Ahndung und Verfolgung von Tierquälerei bei verschiedenen Behörden. Die Anzeige kann zunächst von jedermann bei der Polizei, beim Ordnungsamt oder bei der Staatsanwaltschaft gemacht werden. Diese leiten dann gegebenenfalls ein Ermittlungsverfahren ein. Feste Ansprechpartner sind die örtlichen Veterinärämter, die mit Durchsuchungs- und Beschlagnahmungsrechten ausgestattet sind und Präventivmaßnahmen anordnen können. Geht es um strafrechtliche Sanktionen, übernimmt die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung und bringt Anklage vor dem zuständigen Amtsgericht. Im Verwaltungsrechtsweg kommen zusätzliche Maßnahmen (z. B. Tierhaltungsverbote, Bußgelder) durch die zuständige Behörde zum Tragen, unabhängig von parallel laufenden Strafverfahren.

Gibt es Unterschiede bei der Tierquälerei je nach Tierart oder -halter?

Das Tierschutzgesetz unterscheidet im Strafmaß grundsätzlich nicht explizit zwischen Haustieren, Nutztieren, Wildtieren oder anderen Tierarten. Allerdings wirken sich Art und Empfinden des Tieres, gesellschaftliche Wertung und Haltungsbedingungen auf die rechtliche Beurteilung aus. Besonders schützenswert gelten Tiere, die dem Menschen nahestehen oder in seiner Obhut stehen. Zudem gibt es spezielle Regelungen, beispielsweise für landwirtschaftliche Nutztiere oder Tiere im Versuchslabor, die über die allgemeinen Bestimmungen hinausgehen und teilweise Ausnahmen erlauben (z. B. bei Tierversuchen oder kulturspezifischen Tierhaltungsformen). Für Tierhalter besteht eine besondere Sorgfaltspflicht, die sich im Missachtungsfall strafschärfend auswirken kann.

Welche Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens haben Zeugen von Tierquälerei?

Personen, die Zeuge von Tierquälerei werden, können Strafanzeige bei der Polizei, beim Ordnungsamt oder direkt bei der Staatsanwaltschaft erstatten. In dringenden Fällen besteht auch die Möglichkeit, die örtliche Tierschutzorganisation oder das Veterinäramt zu informieren, das dann Sofortmaßnahmen zum Schutz des betroffenen Tieres einleiten kann – hierzu gehören Beschlagnahmungen, vorübergehende Unterbringung oder medizinische Versorgung des Tieres. Weiterhin können Zeugen als Nebenkläger auftreten oder, sofern begründet, zivilrechtliche Ansprüche aus dem Tierschutzgesetz (z.B. Unterlassung) geltend machen. Grundsätzlich ist es auch möglich, per anonymem Hinweis Anzeige zu erstatten, wobei dies zu längeren Ermittlungen führen kann, da der Sachverhalt sorgfältig aufgeklärt werden muss.

Können bei Tierquälerei auch Bußgelder verhängt werden, und in welchen Fällen?

Neben strafrechtlichen Sanktionen sieht das Tierschutzgesetz in § 18 auch die Möglichkeit von Bußgeldern vor, insbesondere bei Ordnungswidrigkeiten, also weniger schwerwiegenden oder fahrlässigen Verstößen gegen Haltungsvorschriften oder Meldepflichten. Die Höhe eines Bußgeldes kann bis zu 25.000 Euro betragen, wenn beispielsweise Tiere nicht artgerecht gehalten, wichtige Pflichten zur Versorgung missachtet oder bestimmte Vorschriften zur Registrierung und Kennzeichnung verletzt werden. In diesen Fällen handelt es sich nicht um Straftaten, sondern um Verwaltungsübertretungen, deren Verfolgung und Ahndung ebenfalls durch die zuständigen Behörden erfolgt. Kommt es jedoch zu nachhaltigen Schmerzen oder Leiden des Tieres oder liegt vorsätzliches Handeln vor, wird regelmäßig ein Strafverfahren eingeleitet.

Gibt es Verjährungsfristen bei der Strafverfolgung von Tierquälerei?

Im deutschen Recht gilt für die Verfolgung von Tierquälerei eine Verjährungsfrist von fünf Jahren, da es sich bei der Straftat nach § 17 TierSchG um ein Vergehen mit einer Höchststrafe von bis zu drei Jahren handelt (§ 78 Absatz 3 Nr. 4 StGB). Nach Ablauf dieser Frist ist es nicht mehr möglich, wegen dieser Tat strafrechtlich verfolgt zu werden. Ordnungswidrigkeiten nach dem Tierschutzgesetz unterliegen einer kürzeren Verjährungsfrist von in der Regel drei Jahren (§ 31 Absatz 2 OWiG). Die Frist beginnt mit dem Tag der begangenen Tat, kann aber etwa durch die Erhebung der öffentlichen Klage oder andere verfahrensbezogene Maßnahmen unterbrochen werden. Die korrekte Berechnung der Verjährungsfrist wird durch die Gerichte überprüft, sollte es zu einem Verfahren kommen.