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Terrorismus


Begriff und rechtliche Einordnung von Terrorismus

Terrorismus ist ein vielschichtiger Begriff, der vor allem für politisch motivierte Gewaltanwendung steht und eine erhebliche gesellschaftliche und rechtliche Relevanz besitzt. In der Rechtswissenschaft und Gesetzgebung wird Terrorismus durch spezifische Merkmale, Regelungen und Strafnormen definiert und abgegrenzt. Der folgende Artikel bietet eine umfassende, systematische Darstellung der rechtlichen Aspekte des Begriffs Terrorismus und beleuchtet die maßgeblichen nationalen sowie internationalen Rechtsgrundlagen.

Definition und Abgrenzung

Allgemeine Definition

Terrorismus bezeichnet im rechtlichen Sinne die planmäßige Begehung schwerer Gewalttaten mit dem Ziel, Angst und Schrecken in der Bevölkerung hervorzurufen, staatliche Einrichtungen, internationale Organisationen oder Privatpersonen zu destabilisieren oder politische, wirtschaftliche oder religiöse Forderungen durchzusetzen.

Wesentliche Merkmale

Charakteristisch für terroristische Handlungen sind insbesondere:

  • Anwendung oder Androhung schwerer Gewalt
  • Zielrichtung gegen die Allgemeinheit oder staatliche Strukturen
  • Politisch, religiös oder ideologisch motivierte Zielsetzung
  • Einschüchterung bzw. Destabilisierung einer Bevölkerung oder Struktur

Abgrenzung zu anderen Straftaten

Terroristische Handlungen unterscheiden sich von gewöhnlichen Straftaten insbesondere durch Motivation, Organisationsstruktur und Zielrichtung. Während klassische Straftaten meist individuelle oder materielle Beweggründe haben, steht beim Terrorismus die Verfolgung kollektiver, politischer oder gesellschaftlicher Ziele im Vordergrund.

Terrorismus im deutschen Recht

Strafgesetzbuch (StGB) und Sondergesetze

Im deutschen Strafrecht finden sich spezifische Regelungen zur Terrorismusbekämpfung. Maßgeblich sind hierbei vorrangig §§ 129a und 129b StGB sowie diverse Nebengesetze.

§ 129a StGB – Bildung terroristischer Vereinigungen

§ 129a StGB stellt die Gründung, Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung unter Strafe. Maßgebliche Kriterien sind die organisatorische Struktur der Vereinigung und das Ziel, erhebliche Straftaten (insbesondere Katalogtaten wie Mord, Totschlag, Geiselnahme, schwere Körperverletzung, Brandstiftung usw.) zu begehen, um die Bevölkerung einzuschüchtern oder staatliche Einrichtungen zu beeinflussen.

§ 129b StGB – Terroristische Vereinigungen im Ausland

§ 129b StGB erweitert den Tatbestand des § 129a auf im Ausland agierende Vereinigungen. Erfasst werden deutsche Staatsangehörige oder Personen, die sich in Deutschland aufhalten und ausländischen terroristischen Vereinigungen angehören oder diese unterstützen.

Weitere Straftatbestände

Zahlreiche weitere Tatbestände beziehen sich auf terroristische Handlungen, beispielsweise:

  • § 89a StGB: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
  • § 89c StGB: Terrorismusfinanzierung
  • § 89b StGB: Anleitungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Straftat

Verfahren und Strafverfolgung

Terrorismusdelikte gelten als Staatsschutzsachen und werden von besonderen Abteilungen der Strafverfolgungsbehörden, beispielsweise der Generalbundesanwaltschaft, bearbeitet. Die Ermittlungsbefugnisse sind erweitert; dies betrifft etwa Telekommunikationsüberwachung, längerfristige Observation und verdeckte Ermittler nach Maßgabe der Strafprozessordnung (StPO) und des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG).

Gesetzliche Maßnahmen und Instrumente

  • Vorratsdatenspeicherung: Zur Aufklärung terroristischer Straftaten können Verkehrsdaten auf Vorrat gespeichert werden.
  • Gefährderansprache und Prävention: Polizei- und Ordnungsbehörden sind befugt, präventive Maßnahmen gegenüber sogenannten Gefährdern einzuleiten.
  • Verbot extremistischer Vereinigungen: Das Vereinsgesetz erlaubt das Verbot von Organisationen, die terroristische Ziele verfolgen.

Terrorismus im europäischen und internationalen Recht

Europäische Rechtsgrundlagen

Im Europäischen Recht ist Terrorismus unter anderem durch den Rahmenbeschluss 2002/475/JI des Rates über die Terrorismusbekämpfung definiert und harmonisiert. Die Europäische Union verfolgt eine gemeinsame Strategie zur Prävention, Verfolgung und Bekämpfung terroristischer Aktivitäten, unter anderem durch

  • Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden (Europol, Eurojust)
  • Gemeinsame Strafvorschriften bezüglich Terrorismusfinanzierung und Ausbildungslager

Internationale Übereinkommen und UN-Resolutionen

Die internationale Gemeinschaft hat zahlreiche Konventionen und Abkommen gegen den Terrorismus verabschiedet. Wesentliche Übereinkommen sind etwa:

  • Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (UN-Terrorismusfinanzierungskonvention)
  • Internationales Übereinkommen gegen Geiselnahme
  • Anti-Terror-Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (z. B. Resolution 1373)

Auslieferung und internationale Zusammenarbeit

Die grenzüberschreitende Verfolgung terroristischer Straftaten beruht auf internationalen Rechtshilfeabkommen und Auslieferungsübereinkommen. Für Terrorismus besteht ein international anerkannter Grundsatz, dass politische Straftaten grundsätzlich nicht von der Auslieferung ausgenommen sind.

Verfassungsrechtliche Aspekte

Grundrechte und Terrorismusbekämpfung

Der Schutz der Bevölkerung vor Terrorismus stellt insbesondere im Spannungsverhältnis zu Grundrechten wie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dem Fernmeldegeheimnis sowie dem Recht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerung eine besondere Herausforderung dar. Gesetzgeber und Gerichte müssen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung stets an den Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit messen.

Bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung

Das Bundesverfassungsgericht hat Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, etwa das Luftsicherheitsgesetz oder die Vorratsdatenspeicherung, mehrfach überprüft und bewertet. Zentral bleibt die Abwägung zwischen dem Schutz der Allgemeinheit und den verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechten.

Begriffsabgrenzung und verwandte Phänomene

Unterschied zu Extremismus

Während Extremismus auf die Ablehnung demokratischer Grundordnungen zielt, wird Terrorismus durch die Anwendung von Gewalt charakterisiert. Dennoch können beide Phänomene inhaltlich und organisatorisch ineinandergreifen.

Bezug zu Organisierter Kriminalität

Im Unterschied zur organisierten Kriminalität, die vornehmlich auf Gewinnorientierung ausgerichtet ist, geht es beim Terrorismus um politische, religiöse oder ideologische Ziele.

Bedeutung in der Praxis und aktuelle Entwicklungen

Die Bekämpfung des Terrorismus ist ein zentrales Anliegen von Politik, Verwaltung und Sicherheitsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene. Gesetzliche Regelungen und Ermittlungsinstrumente werden beständig angepasst, um auf sich wandelnde Bedrohungslagen zu reagieren. Zu aktuellen Herausforderungen zählen etwa die Bekämpfung von Cyber-Terrorismus, Einbindung sozialer Netzwerke und Umgang mit sog. „Einzeltätern“ (Lone Actors).


Weiterführende Hinweise:

  • [Gesetzestexte zum Terrorismus im StGB (§§ 129a, 129b)]
  • [Rahmenbeschluss 2002/475/JI des Rates über die Terrorismusbekämpfung (EU)]
  • [UN-Terrorismusfinanzierungsübereinkommen (deutsche Fassung)]

Bitte beachten Sie: Der umfassende rechtliche Rahmen und die Anwendung der Vorschriften können komplex und abhängig von der Einzelfallbetrachtung sowie der aktuellen Rechtsprechung sein.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einer Verurteilung wegen terroristischer Straftaten?

Im deutschen Recht gelten terroristische Straftaten als besonders schwere Vergehen, die mit erheblichen Strafen geahndet werden. Grundlage hierfür sind insbesondere die Paragrafen 129a und 129b des Strafgesetzbuches (StGB), die die Bildung und Unterstützung terroristischer Vereinigungen im In- und Ausland regeln. Eine Verurteilung nach diesen Vorschriften kann langjährige Freiheitsstrafen, im Regelfall zwischen einem Jahr und zehn Jahren, in besonders schweren Fällen auch darüber hinaus, nach sich ziehen. Je nach individueller Tat und deren Folgen, kommen zudem strafschärfende Vorschriften etwa aus dem Bereich der Körperverletzungs- (§§ 223 ff. StGB) oder Tötungsdelikte (§§ 211 ff. StGB) zum Tragen, was sogar lebenslange Freiheitsstrafe bedeuten kann. Neben der eigentlichen Strafsanktion können auch Nebenfolgen wie der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Ausweisung oder Abschiebung bei Ausländern sowie Einziehungsmaßnahmen angeordnet werden. Besonders zu beachten sind zudem das Vereinsgesetz und das Waffengesetz, die weitere strafrechtliche Sanktionen im Zusammenhang mit Terrorismus bereithalten.

Was versteht man unter der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im rechtlichen Sinne?

Unterstützung im Sinne des § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 StGB umfasst verschiedenste Handlungen, die objektiv geeignet sind, die Existenz oder die Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung zu fördern. Dies kann die Bereitstellung von finanziellen Mitteln, die Beschaffung von Ausrüstung oder die Zurverfügungstellung von Kommunikationsmitteln umfassen, aber auch die Rekrutierung neuer Mitglieder oder logistische Unterstützungsleistungen. Nach neuerer Rechtsprechung reicht bereits jede Handlung, die die terroristische Vereinigung in irgendeiner Weise stärkt oder entlastet. Erforderlich ist jedoch, dass der Unterstützer von der terroristischen Zielsetzung der Vereinigung weiß. Die Unterstützung wird als eigenständige Straftat gewertet und ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht.

Welche besonderen Ermittlungsmaßnahmen sind bei Terrorismusverdacht zulässig?

Im Falle des Terrorismusverdachts sind Ermittlungsbehörden in Deutschland befugt, auf eine Vielzahl an besonders weitreichenden Ermittlungsmaßnahmen zurückzugreifen. Hierzu zählen unter anderem das Abhören und Überwachen von Telekommunikation gemäß § 100a StPO, der Einsatz von verdeckten Ermittlern und sogenannten Vertrauenspersonen, die Durchführung von Online-Durchsuchungen (§ 100b StPO), sowie Observationen und Durchsuchungen. Darüber hinaus ist die Vorratsdatenspeicherung, soweit rechtlich möglich, ein zusätzliches Instrument. Ermittlungsbehörden können auf internationale Rechtshilfeabkommen zurückgreifen und erhalten Unterstützung durch europäische Institutionen wie Europol oder Eurojust. In Einzelfällen kann auch Untersuchungshaft schon im frühen Stadium des Ermittlungsverfahrens verhängt werden, sofern ein dringender Tatverdacht und ein Haftgrund, etwa Flucht- oder Verdunkelungsgefahr, besteht.

Wann spricht man im rechtlichen Kontext von einer terroristischen Vereinigung?

Eine terroristische Vereinigung wird gemäß § 129a StGB dann angenommen, wenn sich mehrere Personen zu dem Zweck zusammengeschlossen haben, schwere Straftaten, insbesondere Mord, Totschlag, Geiselnahme oder Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, zu begehen, um die staatliche Ordnung erheblich zu beeinträchtigen. Es genügt, wenn die Gruppierung auf eine gewisse Dauer angelegt ist und eine gewisse organisatorische Struktur aufweist, die eine Willensbildung über die Durchführung der Straftaten ermöglicht. Der Begriff ist also weiter als bei einer klassischen kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) gefasst und umfasst auch die internationale Zusammenarbeit von Gruppierungen. Entscheidend ist die terroristische Zielsetzung, also die Schaffung von Angst und Schrecken zur Durchsetzung politischer, religiöser oder ideologischer Ziele.

Welche Rolle spielt das Strafmaß bei der Einordnung von terroristischen Straftaten?

Das Strafmaß bei terroristischen Straftaten ist besonders hoch, um der besonderen Gefährlichkeit und dem gesamtgesellschaftlichen Schaden solcher Delikte gerecht zu werden. Im Unterschied zu vielen anderen Delikten werden terroristische Taten regelmäßig mit Mindestfreiheitsstrafen von mehreren Jahren, in Einzelfällen sogar lebenslanger Freiheitsstrafe, belegt. Bei bestimmten Delikten, wie etwa Mord mit terroristischer Motivation, ist ausschließlich lebenslange Freiheitsstrafe vorgesehen. Die Schwere der Strafe orientiert sich an der konkreten Tat, dem Tatbeitrag des Einzelnen, der Rolle innerhalb der Organisation sowie den konkreten Folgen der Handlung (etwa Todesopfer oder erheblicher Sachschaden).

Können Unterstützungsleistungen auch unbewusst als Terrorismus bewertet werden?

Eine Strafbarkeit wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung setzt voraus, dass sich der Täter der Zielsetzung und der kriminellen Natur der Organisation bewusst ist. Fahrlässigkeit genügt im Sinne des § 129a StGB nicht. Wer also beispielsweise ohne Kenntnis der terroristischen Hintergründe einer Organisation eine Spende leistet, macht sich strafrechtlich nicht nach den Vorschriften für Terrorismus schuldig. Die Ermittlungsbehörden prüfen jedoch in der Regel, ob sogenannte „bedingte Kenntnis“ oder ein „billigendes Inkaufnehmen“ im Verhalten des Unterstützers erkennbar ist. Täuschung oder Irreführung durch die Organisation kann im Einzelfall zum Ausschluss des Vorsatzes führen.

Gibt es Unterschiede im Strafverfahren für Terrorismusverdächtige gegenüber normalen Strafverfahren?

Ja, das Strafverfahren gegen Terrorismusverdächtige weist einige Besonderheiten auf. Ein herausragendes Merkmal ist die Zuständigkeit des Staatsschutzsenats bei Oberlandesgerichten für besonders schwere Fälle (§ 120 GVG). Die Staatsanwaltschaften und Gerichte haben weitergehende Kompetenzen in der Anordnung und Durchführung verdeckter Ermittlungsmaßnahmen. Zudem gelten erhöhte Sicherheitsstandards, beispielsweise bei der Haftunterbringung oder beim Zeugenschutz. In vielen Fällen werden die Angeklagten durch besonders spezialisierte Ermittler (z. B. das Bundeskriminalamt) verfolgt; das Ermittlungsverfahren kann sich über Landesgrenzen oder gar international erstrecken. Auch zeitlich sind Terrorismusverfahren meist langwieriger und komplexer als normale Strafverfahren.