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Teilung der Wohnung nach der Ehescheidung


Teilung der Wohnung nach der Ehescheidung

Die Teilung der Wohnung nach der Ehescheidung beschreibt die rechtlichen Regelungen bezüglich des weiteren Verbleibs in einer bislang gemeinsam genutzten Ehewohnung nach Trennung und Scheidung. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Wohnung für die Lebensverhältnisse der Eheleute und etwaiger Kinder ist dieses Thema gesetzlich umfangreich geregelt, insbesondere in den §§ 1361b und 1568a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dabei werden sowohl mietrechtliche als auch eigentumsrechtliche Fragestellungen berührt.


Rechtliche Grundlagen der Wohnungszuweisung

Ehewohnung und gesetzliche Definition

Als Ehewohnung wird die Wohnung bezeichnet, in der die Ehegatten während des Zusammenlebens überwiegend gemeinsam leben. Unerheblich ist dabei, ob beide Ehegatten als Mieter oder Eigentümer im Miet- beziehungsweise Grundbuch stehen. Aus Sicht des Gesetzes kann dies eine Mietwohnung, eine Eigentumswohnung oder ein selbstbewohntes Eigenheim sein.

Trennungszeit und Zuweisung der Ehewohnung (§ 1361b BGB)

Im Falle der Trennung regelt § 1361b BGB die vorübergehende Zuweisung der Ehewohnung. Grundsätzlich gilt, dass die Ehegatten einvernehmliche Absprachen treffen sollten. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann das Familiengericht auf Antrag eine Regelung treffen. Folgende Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt sein:

  • Unbillige Härte: Eine Zuweisung gegen den Willen eines Ehegatten erfolgt nur, wenn die weitere gemeinsame Nutzung der Wohnung für einen Ehegatten oder für im Haushalt lebende Kinder unzumutbar wäre.
  • Kindeswohl: Das Gericht berücksichtigt vorrangig die Belange gemeinsamer Kinder, etwa aus dem Gesichtspunkt der Kontinuität des Lebensumfelds.
  • Dauer: Die Zuweisung erfolgt grundsätzlich nur für die Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung.

Wohnungszuweisung nach der Scheidung (§ 1568a BGB)

Nach Rechtskraft der Scheidung gelten die Regelungen des § 1568a BGB. Im Unterschied zur vorläufigen Regelung im Trennungsjahr kann hier die endgültige Überlassung der Ehewohnung angeordnet werden. Dabei sind folgende Aspekte beachtlich:

  • Antragstellung: Ein Ehegatte kann beim Familiengericht beantragen, dass ihm die Wohnung ganz oder zum Teil (etwa einzelne Zimmer) zugewiesen wird.
  • Ermessensausübung des Gerichts: Das Gericht entscheidet nach Abwägung der Interessen beider Ehegatten und unter Berücksichtigung der Belange der im Haushalt lebenden Kinder.
  • Eigentumsverhältnisse: Eigentum an der Wohnung oder am Haus spielt eine untergeordnete Rolle, entscheidend ist vor allem die soziale und persönliche Situation der Beteiligten.

Auswirkungen auf Mietverhältnisse

Einzelmietverhältnis und gemeinsames Mietverhältnis

Bei Mietwohnungen unterscheidet das Gesetz:

  • Einzelmietverhältnis: Steht nur einer der Ehegatten im Mietvertrag, kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass das Mietverhältnis mit dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten fortgesetzt wird. Der Vermieter ist an diese Entscheidung gebunden und kann weder widersprechen noch kündigen, allein aufgrund des ausgetauschten Vertragspartners.
  • Gemeinsames Mietverhältnis: Besteht ein gemeinsamer Mietvertrag, kann auf Antrag der Ehegatte, der auszieht, aus dem Mietverhältnis entlassen werden. Die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag gehen dann ausschließlich auf den verbleibenden Ehegatten über.

Benachrichtigung des Vermieters und Vertragsänderung

Jede Änderung der Mietparteien infolge einer gerichtlichen Entscheidung ist dem Vermieter unverzüglich mitzuteilen, um Rechtssicherheit etwa hinsichtlich der Mietzahlungen herzustellen.


Folgen für das Eigentum an der Immobile

Bei gemeinschaftlichem Eigentum (z. B. Ehegatten als Miteigentümer)

Verbleibt ein Ehegatte in einer im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Immobilie, ist das reine Wohnrecht von den Eigentumsverhältnissen zu unterscheiden. Das Gericht kann einem Ehegatten die Nutzung überlassen, wodurch aber keine Eigentumsübertragung erfolgt. Die güterrechtliche Auseinandersetzung – insbesondere im Rahmen des Zugewinnausgleichs – ist gesondert zu behandeln.

Alleineigentum eines Ehegatten

Gehört die Immobilie allein einem Ehegatten, kann dennoch die Zuweisung zur Nutzung an den anderen Ehegatten erfolgen, soweit dies zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich ist, insbesondere wenn das Kindeswohl betroffen ist.

Nutzungsausgleich

Sofern ein Ehegatte alleine in der Ehewohnung verbleibt, während der andere ausgezogen ist, kann ein Nutzungsausgleich gefordert werden. Dies richtet sich nach den §§ 745 Abs. 2, 748 BGB und wird insbesondere relevant, wenn die Eigentumsverhältnisse gemeinschaftlich sind.


Schutz von Kindern und Härtefälle

Kindeswohl im Fokus

Das Gesetz legt besonderes Gewicht auf die Auswirkungen der Wohnungszuweisung auf gemeinsame Kinder. Kontinuität im schulischen und sozialen Umfeld darf bei gerichtlichen Entscheidungen nicht gefährdet werden.

Härtefallregelungen

Die Zuweisung der Ehewohnung gegen den erklärten Willen eines Ehegatten ist an das Vorliegen einer unbilligen Härte geknüpft, beispielsweise bei Fällen häuslicher Gewalt, schweren persönlichen Konflikten oder gravierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen.


Praktische Durchführung der Wohnungsaufteilung

Antrag und gerichtliches Verfahren

Ein Antrag auf Wohnungszuweisung ist beim zuständigen Familiengericht zu stellen. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften des FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Das Gericht prüft die persönliche, soziale und wirtschaftliche Lage der Beteiligten umfassend.

Vollzug der Wohnungszuweisung

Mit der gerichtlichen Entscheidung ist der ausziehende Ehegatte verpflichtet, die Wohnung zu räumen. Im Streitfall kann die Räumung vollstreckt werden. Die Entscheidung trifft auch Regelungen zur Übergabe und zu eventuellen finanziellen Ausgleichszahlungen.


Besonderheiten und weitere rechtliche Folgen

Teilung der Wohnung (z. B. Nutzung einzelner Räume)

Bei ausreichend großen Wohnungen oder Häusern ist auch eine teilweise Zuweisung möglich. Dies kann insbesondere während der Trennungsphase eine pragmatische Lösung bieten, etwa wenn beide Ehegatten im Haus verbleiben und bestimmte Bereiche exklusiv nutzen.

Absicherung von Dritten (z. B. Vermieter, Gläubiger)

Die Rechte Dritter, insbesondere des Vermieters oder etwaiger Gläubiger, bleiben durch eine gerichtliche Wohnungszuweisung unberührt. Betroffene müssen sich an die maßgeblichen Vertragspartner halten.

Rückgaben, Einrichtungsgegenstände, Hausrat

Die Wohnungszuweisung betrifft lediglich das Nutzungsrecht an der Immobilie. Die Aufteilung des Hausrats erfolgt in einem gesonderten Verfahren gemäß § 1568b BGB oder auf einvernehmlicher Grundlage.


Zusammenfassung

Die Teilung der Wohnung nach der Ehescheidung ist ein komplexer, rechtlich vielfach geregelter Bereich, der sowohl mietrechtliche als auch eigentumsrechtliche Aspekte umfasst. Oberstes Kriterium bei gerichtlichen Entscheidungen ist stets das Wohl aller Beteiligten, insbesondere aber das von Kindern. Die gesetzlichen Vorschriften bieten dabei flexible und weitreichende Lösungen, um faire und sachgerechte Regelungen für die Wohnsituation getrennt lebender und geschiedener Ehegatten zu schaffen. Die praktische Ausgestaltung hängt stark vom Einzelfall und den individuellen Lebensumständen der Parteien ab.

Häufig gestellte Fragen

Wer darf nach einer Scheidung in der gemeinsamen Wohnung verbleiben?

Nach einer Ehescheidung stellt sich häufig die Frage, welcher Ehegatte berechtigt ist, weiterhin in der bislang gemeinsam genutzten Wohnung zu leben. Im rechtlichen Kontext unterscheidet das Gesetz, insbesondere § 1568a BGB, zwischen der Situation während des Scheidungsverfahrens (Trennungsphase) und nach Rechtskraft der Scheidung. Während der Trennungsphase kann jeder Ehegatte verlangen, dass dem anderen die Wohnungsnutzung ganz oder teilweise überlassen wird, sofern dies unter Abwägung der Interessen beider Seiten erforderlich ist. Besonders schutzbedürftig ist dabei der Ehegatte, der auf die Wohnung aus wichtigen Gründen – etwa wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder oder aus gesundheitlichen Gründen – angewiesen ist. Nach der Scheidung kann das Gericht die Wohnung einem Ehegatten allein zuweisen, sofern dies zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich ist. Die Eigentumsverhältnisse an der Wohnung oder eine eventuell bestehende Mieterschaft beider Parteien können im Einzelfall überlagert werden. Voraussetzung ist, dass die Fortsetzung des gemeinsamen Wohnens für einen Ehegatten unzumutbar ist, was gerichtlich im Einzelfall festzustellen ist.

Wie wird mit gemeinsam gemieteten Wohnungen nach der Scheidung umgegangen?

Bei gemeinsam gemieteten Wohnungen regelt § 1568a Abs. 3 und 5 BGB, wie der Mietvertrag nach der Scheidung behandelt wird. Wird einem Ehegatten die Wohnung zum alleinigen Gebrauch zugewiesen, tritt dieser kraft Gesetzes in das Mietverhältnis ein, unabhängig davon, wer es ursprünglich abgeschlossen hat oder als Hauptmieter geführt wird. Der Vermieter muss über diese Veränderung informiert werden; Einwände kann er grundsätzlich nicht geltend machen, es sei denn, wichtige Gründe sprechen dagegen. Der andere Ehegatte wird aus dem Mietvertrag entlassen (§ 1568a Abs. 3 S. 2 BGB). Der übernehmende Ehegatte haftet ab diesem Zeitpunkt allein für sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag, wie etwa Mietzahlungen und Kautionsleistungen.

Was passiert mit einer im Eigentum eines Ehegatten stehenden Wohnung?

Befindet sich die bisher gemeinsam genutzte Wohnung im Alleineigentum eines Ehegatten, kann auch hier gemäß § 1568a Abs. 2 BGB eine Zuweisung an den anderen Ehegatten erfolgen, sofern dies dringend erforderlich und zur Vermeidung einer unbilligen Härte zwingend geboten ist. Insbesondere dann, wenn minderjährige Kinder betroffen sind, kann dem nichteigentumsberechtigten Ehegatten oder zum Wohl der Kinder die Nutzung zugesprochen werden. Die Anordnung erfolgt in der Regel befristet und steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit – also dass die schadensstiftenden Folgen für den Eigentümer nicht außer Verhältnis zu den Interessen des anderen Ehegatten stehen.

Welche Rolle spielen die Kinder bei der Wohnungszuweisung?

Das Wohl gemeinsamer Kinder ist im Rahmen der Wohnungszuweisung von wesentlicher Bedeutung. Befindet sich der Lebensmittelpunkt der Kinder in der bisherigen Wohnung (z.B. wegen Schule, Freundeskreis und gewohnter Umgebung), wird das Familiengericht vorrangig denjenigen Elternteil bevorzugen, dem die Betreuung und Erziehung der Kinder obliegt. Gemäß § 1568a Abs. 1 Satz 2 BGB ist das Interesse des Elternteils, der die Kinder versorgt, bei der Abwägung der Zuweisung besonders zu berücksichtigen. Dies dient dem Kindeswohl und soll möglichst stabile Lebensumstände gewährleisten.

Besteht ein Anspruch auf Ersatz oder Ausgleich für die Überlassung der Wohnung?

Wird einem Ehegatten die Nutzung der Wohnung allein zugesprochen, so kann der andere Ehegatte, der die Wohnung verlässt oder aufgibt, unter Umständen eine Nutzungsentschädigung verlangen. Diese richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Nutzungsrechts und kann etwa eine ortsübliche Miete oder einen Teil davon umfassen, abhängig davon, wie sehr der andere Ehegatte durch den Auszug benachteiligt ist. Die Bestimmung der Höhe und Fälligkeit einer solchen Entschädigung kann außergerichtlich vereinbart oder gerichtlich entschieden werden.

Wie werden Hausrat und Möbel bei der Wohnungszuweisung behandelt?

Bei der Zuweisung der ehelichen Wohnung ist häufig auch die Aufteilung des Hausrats zu regeln. Hierzu zählt das gemeinsam angeschaffte bzw. für die Haushaltsführung bestimmte Inventar. Die Zuweisung der Wohnung schließt nicht automatisch die Zuweisung des gesamten Hausrats ein. Vielmehr entscheidet das Gericht gemäß § 1568b BGB, wem welcher Hausrat zugeteilt wird, wobei Aspekte wie die Betreuungsmöglichkeit der Kinder, die ehelichen Lebensverhältnisse und spezielle Bedürfnisse zu berücksichtigen sind. Eine vorläufige Regelung ist auch während des Trennungsjahres möglich.

Was geschieht, wenn einer der Ehegatten der gerichtlichen Zuweisung der Wohnung nicht nachkommt?

Setzt sich ein Ehegatte trotz gerichtlicher Zuweisung der Wohnung an den anderen über den Beschluss hinweg und verlässt die Wohnung nicht freiwillig, kann der berechtigte Ehegatte im Wege der Vollstreckung gegenüber dem unberechtigten Ehegatten vorgehen. Grundlage hierfür ist der gerichtliche Wohnungszuweisungsbeschluss, der wie ein Vollstreckungstitel wirkt. Folge kann sein, dass der widersetzende Ehegatte durch den Gerichtsvollzieher zwangsweise geräumt wird, sofern er innerhalb einer entsprechenden Frist der gerichtlichen Anordnung nicht nachkommt.

Kann eine getroffene Regelung zur Wohnungsnutzung später abgeändert werden?

Eine gerichtliche Entscheidung oder eine Vereinbarung über die Wohnungszuweisung ist nicht zwingend endgültig. Sie kann mit Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse durch Antrag einer der Parteien abgeändert werden. Dies gilt vor allem, wenn das ursprüngliche Überlassungsinteresse entfällt – beispielsweise durch Auszug der Kinder, Veränderungen in der Lebenssituation oder nachfolgende Eigentumsverhältnisse. Voraussetzung ist stets, dass eine wesentliche Änderung der zugrundeliegenden Umstände nachgewiesen wird.