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Teilnahme an verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindungen


Teilnahme an verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindungen

Die Teilnahme an verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindungen stellt in Deutschland einen Straftatbestand dar und ist in mehreren Regelungen des Strafgesetzbuches (StGB) sowie in Spezialgesetzen erfasst. Der folgende Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen, Voraussetzungen, Rechtsfolgen sowie die praktische Bedeutung dieses Straftatbestandes.


Gesetzliche Grundlagen

Strafgesetzbuch (StGB)

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen finden sich insbesondere in § 129 StGB („Bildung krimineller Vereinigungen“) und § 129a StGB („Bildung terroristischer Vereinigungen“) sowie in § 129b StGB (Ausländische terroristische Vereinigungen). Zudem existieren Sonderregelungen für Vereinigungen, deren Zwecke oder Tätigkeiten gegen den Gedanken der Völkerverständigung, gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Bestand des Staates gerichtet sind.

Vereinsgesetz (VereinsG)

Das Vereinsgesetz (§§ 3, 14 VereinsG) enthält weitere Bestimmungen über das Verbot von Vereinen und den Umgang mit verbotenen Vereinen. Gemäß § 3 VereinsG sind Vereinigungen verboten, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten.


Tatbestand der Teilnahme an verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindungen

Begriff der Verbindung

Der Begriff der „Verbindung“ oder „Vereinigung“ im rechtlichen Sinne beschreibt einen auf längere Dauer angelegten Zusammenschluss mehrerer Personen mit einem gemeinsamen Zweck. Maßgeblich ist die organisatorische Struktur, die über bloße Treffen hinausgeht und eine gewisse Kontinuität aufweist.

Verbotene Verbindungen

Eine Verbindung ist dann verboten, wenn sie durch Verwaltungsakt (durch das zuständige Innenministerium) nach dem Vereinsgesetz verboten wurde, oder wenn sie aufgrund ihres Zwecks oder ihrer Tätigkeit als staatsfeindlich oder kriminell eingestuft wird.

Typische Verbotsgründe sind:

  • Verfassungswidrige Ziele (zum Beispiel Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung)
  • Förderung von Gewalt, Terrorismus oder Aufruf zu Straftaten
  • Tätigkeiten gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen ihre Einrichtungen

Teilnahmehandlung

Die Beteiligung an verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindungen erfolgt insbesondere durch Mitgliedschaft, Unterstützung (auch durch finanzielle oder organisatorische Hilfe), Werbung oder die Fortführung verbotener Vereinigungen unter neuem Namen oder in anderer Form.

Sowohl aktive Mitgliedschaft als auch Unterstützungsleistungen erfüllen den Tatbestand (§ 129 Abs. 1 StGB, § 129a Abs. 1 und Abs. 5 StGB).

Staatsfeindliche Verbindungen

Der Begriff „staatsfeindlich“ bezieht sich auf Vereinigungen, die sich gegen den Bestand oder die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland wenden. Staatsfeindliche Handlungen können auch den inneren Frieden und die Völkerverständigung gefährden.


Strafbarkeit und Voraussetzungen

Objektive Voraussetzungen

  • Verbotene oder staatsfeindliche Vereinigung: Es muss sich um eine tatsächliche, auf längere Zeit organisierte Verbindung handeln, die verboten ist oder deren Zweck/Tätigkeit staatsfeindlich ausgerichtet ist.
  • Teilnahmehandlung: Die Handlung des Täters muss als Mitgliedschaft oder Unterstützung einzuordnen sein.

Subjektive Voraussetzungen

  • Vorsatz: Die Beteiligten müssen die Merkmale der Vereinigung und das Verbot bzw. die staatsfeindliche Zielsetzung kennen und in ihrem Handeln bejahen.

Versuchsstrafbarkeit

Sowohl der Versuch der Mitgliedschaft als auch der Unterstützung ist in bestimmten Fällen strafbar, etwa bei terroristischen Vereinigungen (§ 129a Abs. 5 StGB).


Rechtsfolgen

Strafmaß

  • Kriminelle Vereinigungen (§ 129 StGB): Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
  • Terroristische Vereinigungen (§ 129a StGB): Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. In besonders schweren Fällen droht eine Freiheitsstrafe von nicht unter fünf Jahren.
  • Ausländische terroristische Vereinigungen (§ 129b StGB): Strafmaß entspricht dem für inländische Vereinigungen.

Nebenfolgen

Zu den möglichen Nebenfolgen zählen:

  • Einziehung von Vermögenswerten der Vereinigung
  • Aufenthaltsverbot oder Ausweisung bei Ausländern
  • Eintrag in das Bundeszentralregister

Besonderheiten und Abgrenzungen

Abgrenzung zu erlaubten Vereinen

Nicht jede kritische Gruppierung ist automatisch eine verbotene oder staatsfeindliche Verbindung. Entscheidend sind das Vorliegen eines behördlichen Verbots oder staatsfeindlicher Ziele und das Erfüllen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale.

Abgrenzung zur bloßen Mitwirkung oder Sympathie

Die bloße Mitwirkung an Veranstaltungen oder das Teilen von Meinungen ohne organisatorische Bindung oder Unterstützung reicht nicht aus, um als Teilnahme im strafrechtlichen Sinne zu gelten.


Verfassungsrechtliche Aspekte

Die gesetzlichen Vorschriften zur Teilnahme an verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindungen stehen in einem Spannungsverhältnis zu den Grundrechten, insbesondere der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) und der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG). Eingriffe sind nur zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und das demokratische Grundprinzip der Verhältnismäßigkeit wahren.

Das Bundesverfassungsgericht prüft in Einzelfällen, ob Verbote und Strafverfolgungsmaßnahmen gegen das Grundgesetz verstoßen, insbesondere im Hinblick auf die Gefahr eines „Overblocking“ politischer Betätigung.


Praxisrelevanz und Fälle aus der Rechtsprechung

Teilnahmedelikte an verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindungen werden häufig im Zusammenhang mit extremistischen Bewegungen, terroristischen Gruppierungen oder kriminellen Netzwerken relevant. Die Behörden verfolgen solche Straftaten mit besonderer Sorgfalt angesichts ihrer möglichen Gefährdung für den Rechtsstaat und die öffentliche Sicherheit.

Die Rechtsprechung konkretisiert die Anforderungen an das Vorliegen einer Vereinigung, die Mitwirkungshandlung sowie die subjektiven Tatbestandsmerkmale stetig weiter.


Fazit

Die Teilnahme an verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindungen ist in Deutschland ein bedeutsamer Straftatbestand, der dem Schutz der öffentlichen Sicherheit, der verfassungsmäßigen Ordnung und des demokratischen Gemeinwesens dient. Die gesetzlichen Regelungen sind umfassend und gehen mit gewichtigen Grundrechtseingriffen einher, denen durch das Gebot der Verhältnismäßigkeit und gerichtliche Überprüfung begegnet wird. Eine differenzierte Betrachtung der konkreten Umstände ist im Einzelfall unerlässlich.


Hinweis: Dieser Beitrag stellt eine sachliche und allgemeine Darstellung dar und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für konkrete Fragen oder im Verdachtsfall empfiehlt sich die Inanspruchnahme individueller Rechtsberatung.

Häufig gestellte Fragen

Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bei Teilnahme an einer verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindung?

Die Teilnahme an einer verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindung kann in Deutschland nach § 129 StGB (Strafgesetzbuch) strafrechtlich verfolgt werden. Unter Strafe stehen hierbei die Gründung, Mitgliedschaft, Unterstützung oder Werbung für solche Vereinigungen. Die grundsätzliche Strafandrohung reicht von Geldstrafe bis hin zu Freiheitsstrafen, je nach Schwere der Straftat und individueller Beteiligung. Wird die Verbindung als besonders gefährlich, etwa in Terrorismusfällen, eingestuft, können auch erhöhte Strafrahmen nach den §§ 129a und 129b StGB zur Anwendung kommen. Darüber hinaus können zusätzliche rechtliche Maßnahmen wie Einreiseverbote, Ausweisung (bei ausländischen Mitgliedern) oder Berufsverbote verhängt werden. Die Verfolgung fällt häufig in den Aufgabenbereich des Staatsschutzes und geht mit umfassenden Ermittlungen einher, etwa Observation, Telekommunikationsüberwachung und Durchsuchungen. Besonders relevant ist auch, dass nicht nur der aktive, sondern bereits der passive Beitrag an einer solchen Verbindung (z. B. regelmäßig Teilnahme an Treffen) rechtlich geahndet werden kann.

Wann gilt eine Verbindung als „verboten“ oder „staatsfeindlich“ im Sinne des Strafrechts?

Ob eine Verbindung verboten oder staatsfeindlich ist, richtet sich nach einer rechtlichen Bewertung durch die zuständigen Behörden. Verbote werden meist vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, auf Basis des Vereinsgesetzes ausgesprochen, wenn von der Vereinigung eine Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung oder die Völkerverständigung ausgeht. Staatsfeindlich ist eine Verbindung dann, wenn sie darauf ausgerichtet ist, die bestehende staatliche Ordnung zu beseitigen oder massiv zu beeinträchtigen, etwa durch Umsturzpläne, Gewaltakte gegen staatliche Institutionen oder deren Repräsentanten. Auch Gruppierungen, die terroristische Methoden anwenden oder unterstützen, werden als staatsfeindlich bewertet. Nach einem Verbot ist jede weitere Betätigung, Werbung oder Unterstützung strafbar, unabhängig davon, ob die Organisation im In- oder Ausland tätig ist.

Ist bereits die bloße Mitgliedschaft in einer solchen Verbindung strafbar?

Bereits die Mitgliedschaft per se, also die formelle Aufnahme und Teilnahme an den Aktivitäten einer verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindung, ist nach deutschem Recht strafbar. Darunter fällt nicht nur ein aktives Mitwirken, sondern auch das bewusste Teilnehmen an Organisationsstrukturen, etwa das regelmäßige Besuchen von Treffen, das Mitwirken bei Planungen oder die finanzielle Unterstützung. Die Strafverfolgung setzt allerdings voraus, dass dem Mitglied klar ist, dass es sich um eine verbotene oder staatsfeindliche Organisation handelt. Die bloße Unwissenheit schützt grundsätzlich vor einer Strafbarkeit, wobei jedoch Fahrlässigkeit in Grenzfällen dennoch problematisch sein kann.

Kann das Werben oder Unterstützen für eine solche Verbindung ebenfalls strafrechtlich relevant sein?

Das Werben für oder das Unterstützen einer verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindung ist explizit im Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt. Dazu zählen Maßnahmen wie das Anwerben neuer Mitglieder, die Bereitstellung von Räumen, finanziellen Mitteln, Ausrüstung oder das Verbreiten von Propagandamaterial. Auch die Nutzung von Online-Plattformen zur Verbreitung von Inhalten oder zur Koordinierung von Aktionen wird als Unterstützung gewertet. Die Strafbarkeit greift auch, wenn die unterstützende Handlung keinen direkten Bezug zu einer konkreten Straftat, sondern lediglich zur Förderung der Struktur oder Ziele der Vereinigung aufweist.

Welche Rolle spielen staatliche Ermittlungsbehörden bei Verdacht auf Teilnahme?

Bei Verdacht auf Teilnahme an einer verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindung sind spezialisierte Ermittlungsabteilungen der Polizei (insbesondere Staatsschutzabteilungen) und die Staatsanwaltschaft zuständig. Ermittlungen erfolgen häufig verdeckt; dazu gehören Observation, Einsatz von V-Leuten, das Abhören von Telefon- und Internetkommunikation oder Durchsuchungen von Wohnungen und Geschäftsräumen. Sobald ausreichend Verdachtsmomente vorliegen, kann die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Der Rechtsschutz für Betroffene besteht etwa in Form von Akteneinsichtsrechten, der Möglichkeit zur Stellungnahme im Ermittlungsverfahren oder der Inanspruchnahme von Verteidigung durch einen Rechtsanwalt.

Gibt es Ausnahmen oder Möglichkeiten der Straffreiheit, etwa durch Ausstieg oder Kooperation?

Das deutsche Strafrecht enthält sogenannte „tätige Reue“-Regelungen, insbesondere in § 129 StGB Absatz 6, die eine Strafmilderung oder sogar das Absehen von Strafe vorsehen können, wenn ein Beteiligter die Verbindung verlässt, sich selbst bei den Behörden stellt oder durch aktive Kooperation zur Aufklärung oder Verhinderung weiterer Straftaten beiträgt. Auch die frühzeitige Einstellung aller Aktivitäten und die glaubhafte Distanzierung von der Organisation können strafmildernd berücksichtigt werden. Allerdings besteht hierbei ein erheblicher Ermessensspielraum seitens Gerichten und Staatsanwaltschaften, der Einzelfall wird sorgfältig geprüft.

Kann die Teilnahme als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn keine Straftat nachweisbar ist?

Im Grundsatz handelt es sich bei der Teilnahme an einer verbotenen oder staatsfeindlichen Verbindung um Straftaten. Ordnungswidrigkeiten kommen allenfalls in Betracht, wenn es sich um geringfügige Verstöße gegen das Vereinsgesetz handelt, etwa eine einmalige Verwendung von Symbolen verbotener Organisationen in der Öffentlichkeit ohne politischen Zusammenhang. Trotzdem ist auch hier Vorsicht geboten, da viele Handlungen, die zunächst geringfügig erscheinen, bei erkennbarem politischem oder gesellschaftsfeindlichem Hintergrund ihrer Qualität nach dem Strafrecht unterfallen, wodurch eine Ordnungswidrigkeit regelmäßig ausscheidet.