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Tarifpartner


Begriff und rechtliche Stellung der Tarifpartner

Der Begriff Tarifpartner bezeichnet im deutschen Arbeitsrecht die beiden Parteien, welche an der Aushandlung, dem Abschluss und der Änderung von Tarifverträgen beteiligt sind. Es handelt sich dabei stets um Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände auf der einen Seite und Gewerkschaften auf der anderen Seite. Die rechtliche Grundlage für das Verhältnis der Tarifpartner wird insbesondere durch das Tarifvertragsgesetz (TVG) geregelt.

Definition und Abgrenzung

Tarifpartner sind die unmittelbar am Tarifvertragsschluss beteiligten Vertragsparteien. Im engeren Sinne sind dies:

  • Gewerkschaften: Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern, die auf kollektive Interessenvertretung ausgerichtet sind. Sie verfügen über Tariffähigkeit.
  • Arbeitgeberverbände: Organisationen, welche die Interessen mehrerer Arbeitgeber bündeln und vertreten.
  • Einzelne Arbeitgeber: In Ausnahmefällen können auch einzelne Unternehmen als Tarifpartner agieren, wenn sie eigenständige Tarifverträge mit Gewerkschaften abschließen.

Andere Akteure, wie etwa der Staat oder Betriebsräte, sind grundsätzlich keine Tarifpartner, wenngleich sie mittelbar Einfluss nehmen können.

Rechtliche Grundlagen

Tariffähigkeit

Ein wesentliches Kriterium für die Eigenschaft als Tarifpartner ist die sogenannte Tariffähigkeit. Diese bedeutet, dass eine Organisation berechtigt und imstande ist, Tarifverhandlungen zu führen und Tarifverträge abzuschließen. Die Tariffähigkeit von Gewerkschaften sowie Arbeitgeberverbänden und einzelnen Arbeitgebern ist im Tarifvertragsgesetz (TVG) in § 2 geregelt. Über die Tariffähigkeit entscheidet im Streitfall das Arbeitsgericht (§ 2a ArbGG).

Voraussetzungen der Tariffähigkeit

  • Unabhängigkeit von Dritten, insbesondere vom Arbeitgeber bzw. von der Gegenseite und vom Staat.
  • Durchsetzungsfähigkeit, insbesondere Organisationsmächtigkeit und Streikfähigkeit.
  • Zwecksetzung zur Wahrung und Förderung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.

Tarifautonomie

Das Rechtsverhältnis der Tarifpartner gründet auf dem Grundsatz der Tarifautonomie. Diese ist als Teil der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) geschützt. Nach diesem Grundsatz haben Tarifpartner das Recht, Tarifverträge eigenständig, ohne staatliche Einmischung, auszuhandeln und abzuschließen.

Tarifvertrag und Tarifbindung

Tarifpartner sind berechtigt, Tarifverträge abzuschließen, welche Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln. Die Tarifbindung (§ 3 TVG) bewirkt, dass nur Mitglieder der tarifschließenden Organisationen – sowie im Falle von Firmen- oder Haustarifverträgen auch die beteiligten Unternehmen – an die vereinbarten Tarifnormen unmittelbar und zwingend gebunden sind.

Pflichten der Tarifpartner

Für die Tarifpartner bestehen folgende rechtliche Pflichten:

  • Friedenspflicht: Während der Laufzeit eines Tarifvertrages haben die Tarifpartner die Verpflichtung, keine Arbeitskampfmaßnahmen (Streik, Aussperrung) durchzuführen, die auf eine Änderung des bestehenden Tarifvertrags gerichtet sind.
  • Verhandlungs- und Einigungsbereitschaft: Tarifparteien sind angehalten, ernsthafte Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen zu führen und auf eine Einigung hinzuwirken.
  • Tariftreue: Bindung an die Vereinbarungen und tariflichen Regelungen bis zum Ablauf oder zur Kündigung des Tarifvertrags.

Rolle und Funktionen im Arbeitsrecht

Kollektive Interessenvertretung

Die Tarifpartner übernehmen die kollektivrechtliche Interessenvertretung im Arbeitsleben. Sie gestalten maßgeblich die Arbeitsbedingungen durch Abschluss von Tarifverträgen, welche Mindeststandards (z.B. Vergütung, Arbeitszeit, Urlaub) festlegen.

Beteiligung an arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen

Neben dem Abschluss von Tarifverträgen sind Tarifpartner auch an arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen beteiligt, beispielsweise:

  • Mitwirkung bei paritätisch besetzten Gremien (z.B. Einigungsstellen oder Ausschüsse auf Bundesebene).
  • Beteiligung an der Ausgestaltung von Sozialpartnerdialogen und arbeitsrechtlichen Reformen.

Bedeutung im System der Arbeitsbeziehungen

Tarifpartner prägen die duale Struktur der Arbeitsbeziehungen in Deutschland, bei der kollektive Regelungen (Tarifverträge) und betriebliche Mitbestimmung (Betriebsräte) koordiniert zusammenwirken. Die Zusammenarbeit wird durch das Prinzip der Tarifautonomie ergänzt und ist wesentlich für das sogenannte „Modell der Sozialpartnerschaft“.

Rechtsfolgen und Streitigkeiten zwischen Tarifpartnern

Tarifvertragsparteien und Arbeitskämpfe

Kommt es im Laufe der Tarifverhandlungen zu keiner Einigung, steht den Tarifpartnern als letztes Mittel der Arbeitskampf offen, insbesondere der Streik durch Gewerkschaften sowie die Aussperrung durch Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverbände. Die Rechtmäßigkeit und Durchführung von Arbeitskämpfen sind eng an das Verhalten der Tarifpartner im Vorfeld und an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit geknüpft.

Überwachung und Kontrolle tariflicher Regelungen

Tarifpartner sind nicht nur zum Abschluss, sondern auch zur Kontrolle und Durchsetzung der vereinbarten Regelungen verpflichtet. Die Einhaltung der Tarifverträge wird im Streitfall durch die Arbeitsgerichte kontrolliert.

Zusammenfassung

Tarifpartner sind zentrale Akteure im deutschen Arbeits- und Tarifrecht. Sie gestalten als Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände oder einzelne Arbeitgeber eigenverantwortlich und im Rahmen der durch das Grundgesetz garantierten Tarifautonomie die Arbeitsbedingungen durch den Abschluss von Tarifverträgen. Die rechtliche Stellung, Rechte und Pflichten der Tarifpartner sind insbesondere im Tarifvertragsgesetz geregelt und bilden einen Grundpfeiler des kollektiven Arbeitsrechts.


Siehe auch:

  • Tarifvertrag
  • Tarifautonomie
  • Gewerkschaft
  • Arbeitgeberverband
  • Arbeitskampf
  • Friedenspflicht

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtliche Bedeutung kommt Tarifpartnern im Rahmen von Tarifverträgen zu?

Tarifpartner sind die zentralen Akteure im Tarifrecht, denen das Recht zur Tarifautonomie (§ 2 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz – TVG) zusteht. Sie handeln eigenverantwortlich Tarifverträge aus, die Mindestarbeitsbedingungen für bestimmte Branchen oder Betriebe festlegen. Die Ergebnisse sind für ihre Mitglieder verbindlich und entfalten eine unmittelbare sowie zwingende Wirkung. Rechtlich betrachtet, bilden Tarifpartner als gleichberechtigte Verhandlungspartner eine Art Kollektivvertretung – sie repräsentieren die Interessen von Arbeitnehmern (in der Regel Gewerkschaften) und Arbeitgebern (Arbeitgeberverbände oder einzelne Arbeitgeber). Ihre Verhandlungs- und Abschlussfähigkeit ist gesetzlich geregelt. Die Tarifpartner müssen sich an die im Grundgesetz (Art. 9 Abs. 3 GG) verankerte Tarifautonomie und an die Vorschriften des TVG halten. Damit sichern sie die Gewährleistung freier und fairer Arbeitsbedingungen im deutschen Arbeitsrecht.

Wie sind die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit von Tarifpartnern geregelt?

Die Tariffähigkeit ist eine notwendige rechtliche Voraussetzung, damit eine Organisation als Tarifpartner auftreten kann. Sie ist nicht explizit gesetzlich geregelt, sondern wurde durch die Rechtsprechung entwickelt, namentlich durch das Bundesarbeitsgericht (BAG). Tariffähig sind diejenigen Vereinigungen, die kraft ausreichender Organisation und Durchsetzungskraft in der Lage sind, die Interessen ihrer Mitglieder im Tarifbereich wirksam zu vertreten. Für Gewerkschaften gilt insbesondere eine gewisse soziale Mächtigkeit und Unabhängigkeit sowie eine demokratische Willensbildung innerhalb der Organisation. Für Arbeitgeberverbände gilt Entsprechendes in Bezug auf die Vertretung von Arbeitgeberinteressen. Einzelne Arbeitgeber können nur dann Tarifverträge abschließen, wenn sie nachweislich eine größere Belegschaft vertreten. Die Prüfung und Bestätigung der Tariffähigkeit erfolgt nicht durch eine Behörde, sondern gerichtlich im Rahmen von Feststellungsverfahren.

Welche rechtlichen Auswirkungen hat der Abschluss eines Tarifvertrags zwischen Tarifpartnern?

Der Abschluss eines Tarifvertrags bindet die Tarifpartner und ihre jeweiligen Mitglieder unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 TVG). Das bedeutet, die tarifvertraglichen Regelungen treten automatisch für das Arbeitsverhältnis ein, sofern sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer tarifgebunden sind. Die darin enthaltenen Rechten und Pflichten haben Vorrang vor abweichenden individualrechtlichen Vereinbarungen, soweit sie nicht zugunsten der Arbeitnehmer abweichen (Günstigkeitsprinzip). Die gesetzliche Wirkungspflicht umfasst u.a. Lohn, Arbeitszeit, Urlaub und andere Arbeitsbedingungen, die im Tarifvertrag tariflich vereinbart wurden. Eine Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) sichert, dass ablaufende Tarifverträge weiterhin gültig bleiben, bis sie durch neue Regelungen ersetzt werden.

Inwiefern sind die Tarifpartner an die Grundsätze von Treu und Glauben gebunden?

Die Tarifpartner sind verpflichtet, bei Tarifverhandlungen und der Durchführung von Tarifverträgen nach Treu und Glauben zu handeln (§ 242 BGB i.V.m. § 1 TVG). Insbesondere müssen sie die Verhandlungsbereitschaft aufrechterhalten und auf eine faire Einigung hinwirken. Unzulässige Druckmittel oder Vertrauensmissbrauch während der Verhandlungen können einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen. Auch nach Abschluss eines Tarifvertrags sind die Tarifpartner gehalten, das Tarifergebnis korrekt umzusetzen und keine missbräuchlichen Umgehungsversuche zu unternehmen. Gegenseitiges Vertrauen und loyales Verhalten bilden so eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren der Tarifautonomie.

Welche rechtlichen Regelungen bestehen bezüglich der Friedenspflicht der Tarifpartner?

Mit dem Abschluss eines Tarifvertrages geht grundsätzlich eine Friedenspflicht einher. Während der Laufzeit eines Tarifvertrags dürfen die Tarifpartner keine Arbeitskampfmaßnahmen (z. B. Streiks oder Aussperrungen) im Hinblick auf die im Tarifvertrag geregelten Inhalte durchführen. Der rechtliche Hintergrund ist die sogenannte relative Friedenspflicht, welche sich sowohl aus dem allgemeinen Rechtsgedanken als auch meist ausdrücklich aus Tarifvertragsklauseln ergibt. Verstöße gegen die Friedenspflicht können nach § 280 BGB zu Schadensersatzansprüchen führen. Die Friedenspflicht schützt die Tarifvereinbarung und sorgt für Arbeitsfrieden während der Geltungsdauer des Vertrags.

Welche Verantwortlichkeiten treffen Tarifpartner im Rahmen der Durchführung und Kontrolle von Tarifverträgen?

Die Tarifpartner tragen nach Abschluss eines Tarifvertrags die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung, Überwachung und gegebenenfalls Beilegung von Streitigkeiten, die aus dem Tarifvertrag resultieren können. Sie müssen für die Einhaltung der tariflichen Regelungen in den jeweiligen Unternehmen sorgen und haben darüber hinaus das Recht, die Betriebe hinsichtlich der Umsetzung zu kontrollieren (z. B. durch betriebliche Tarifkommissionen oder Betriebsräte als Ansprechpartner). Außerdem sind sie Ansprechpartner für ihre Mitglieder bei Tarifausschluss, -auslegung oder -anpassung. Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten kommt häufig ein Schlichtungsverfahren zur Anwendung, dessen Einzelheiten im jeweiligen Tarifvertrag geregelt sein können.