Definition und rechtliche Bedeutung von Takeover
Der Begriff „Takeover“ bezeichnet im rechtlichen Kontext die Übernahme eines Unternehmens oder einer Unternehmenskontrolle, meist durch den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an einer Aktiengesellschaft oder einer anderen Kapitalgesellschaft. Takeover-Vorgänge zählen zu den zentralen Vorgängen im Kapitalmarkt- und Unternehmensrecht. Die Übernahme kann entweder freundlich, mit Zustimmung der Leitungsgremien des Zielunternehmens, oder feindlich, gegen den Willen dieser Gremien, erfolgen. Wesentlich sind die umfassende Regulierung und vielfältigen Schutzmechanismen für beteiligte Parteien, insbesondere den Schutz von Minderheitsaktionären und die Wahrung der Marktintegrität.
Arten von Takeover
1. Öffentliches Übernahmeangebot
Ein öffentliches Übernahmeangebot ist ein Angebot, das sich an alle Aktionäre eines börsennotierten Unternehmens richtet und typischerweise auf den Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung abzielt. Gemäß § 29 ff. Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) ist ein solches Angebot detailliert zu veröffentlichen und unterliegt zahlreichen regulatorischen Vorgaben, darunter Transparenzpflichten, Angebotsunterlagen und Mindestpreisregelungen.
2. Pflichtangebot
Ein Pflichtangebot entsteht, wenn ein Bieter durch einen Anteilserwerb gemäß § 35 WpÜG die Kontrolle (mindestens 30 % der Stimmrechte) an einer Zielgesellschaft erlangt. In diesem Fall muss der Bieter ein Übernahme- bzw. Pflichtangebot an alle übrigen Aktionäre abgeben, um diesen die Möglichkeit zu geben, ihre Anteile zu denselben Konditionen zu veräußern.
3. Kontrollierende Beteiligung (Kontrollerwerb)
Der Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung ist für die Beurteilung eines Takeovers maßgeblich. Nach deutschem Recht ist die Überschreitung eines Stimmrechtsanteils von 30 Prozent an einer börsennotierten Gesellschaft der Auslöser für Kontrollregelungen, um die Gleichbehandlung aller Anteilsinhaber zu gewährleisten.
Rechtlicher Ablauf eines Takeover
1. Absichtserklärung und Due Diligence
Ein Takeover beginnt häufig mit einer Absichtserklärung (Letter of Intent), der die sogenannte Due Diligence-Prüfung folgt. Dabei prüft der potenzielle Erwerber (Bieter) sämtliche relevanten rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse des Zielunternehmens.
2. Veröffentlichung des Übernahmeangebots
Beim Erreichen der in § 35 WpÜG genannten Schwelle ist der Bieter verpflichtet, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie der Öffentlichkeit das Übernahmeangebot bekanntzugeben. Dies erfolgt in einer formalisierten Angebotsunterlage, die Mindestinhalte nach § 11 WpÜG aufweisen muss.
3. Annahmefrist und Vollzug
Das Angebot ist für einen gesetzlich bestimmten Zeitraum (Annahmefrist) zu unterbreiten. Während dieser Frist können die Aktionäre das Angebot annehmen. Ein gesondertes Verfahren ist die Nachfrist (Weitere Annahmefrist) bei erfolgreichem Angebot. Im Anschluss erfolgt der Vollzug des Übernahmeangebots und die Abwicklung der Wertpapierübertragungen.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
1. Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG)
Das WpÜG ist die zentrale Rechtsgrundlage für Takeover-Vorgänge in Deutschland. Es regelt nicht nur die Angebotsverfahren, sondern setzt auch Standards für Transparenz, Gleichbehandlung der Aktionäre und Kontrolle durch die BaFin. Es ist integraler Bestandteil des Anlegerschutzes und der Marktorganisation auf dem deutschen Kapitalmarkt.
2. Europäische Übernahmerichtlinie
Die Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und Rates über Übernahmeangebote hat die wesentlichen Standards zur Wahrung des Schutzes von Minderheitsaktionären und die freie Handelbarkeit von Wertpapieren in ganz Europa harmonisiert. Das deutsche WpÜG setzt diese Vorgaben um.
3. Kartellrechtliche Prüfungen
Parallel zum übernahmerechtlichen Prüfungsverfahren sind oft auch fusionskontrollrechtliche Prüfungen nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) oder durch die Europäische Kommission erforderlich, wenn durch den Takeover eine marktbeherrschende Stellung entstehen könnte.
Schutzmechanismen und rechtliche Folgen eines Takeover
1. Schutz der Aktionäre
Zur Sicherung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dürfen alle Aktionäre die gleichen Konditionen erhalten. Insbesondere Minderheitsaktionäre genießen besondere Schutzrechte, beispielsweise durch die Möglichkeit, Anteile zum Mindestpreis zu veräußern.
2. Abwehrmaßnahmen durch die Zielgesellschaft
Das WpÜG beschränkt die Möglichkeiten der Unternehmensleitung, während eines Takeovervorhabens Maßnahmen zur Abwehr ohne Zustimmung der Hauptversammlung zu ergreifen. Dies dient der Verhinderung des Missbrauchs von Verteidigungsstrategien, sogenannten „Abwehrmaßnahmen“, die den freien Handel behindern oder zu einer Marktverzerrung führen könnten.
3. Squeeze-Out und Delisting
Nach einem erfolgreichen Takeover kann der neue Mehrheitseigner einen Squeeze-Out nach §§ 327a ff. AktG einleiten, um verbleibende Minderheitsaktionäre gegen Barabfindung auszuschließen. Häufig folgt im Anschluss ein Delisting, bei dem das Unternehmen von der Börse genommen wird.
Internationale Aspekte von Takeover
1. Cross-Border-Takeover
Internationale Übernahmen, sogenannte grenzüberschreitende Übernahmen, unterliegen unterschiedlichen nationalen und supranationalen Regelwerken. Die EU-Übernahmerichtlinie, nationale Umsetzungsvorschriften sowie fusionskontrollrechtliche Vorgaben müssen beachtet werden.
2. Unterschiede in Rechtsordnungen
Je nach Sitz des Zielunternehmens und der Börsennotierung sind spezifische Vorschriften und Meldepflichten zu beachten. Dies kann zum Beispiel unterschiedliche Schwellenwerte für die Kontrollerlangung oder divergierende Regelungen zum Pflichtangebot betreffen.
Steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Aspekte
Im Rahmen eines Takeovers sind neben den gesellschaftsrechtlichen Aspekten auch die steuerlichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Dazu zählen insbesondere mögliche steuerpflichtige Veräußerungsgewinne, umsatzsteuerrechtliche Folgen sowie die Behandlung von Umstrukturierungsmaßnahmen.
Fazit
Ein Takeover im rechtlichen Sinne ist ein vielschichtiger Prozess, der durch zahlreiche gesetzliche Vorgaben geregelt wird. Wesentliche Ziele der Regulierung sind der Schutz von Anlegerinteressen, die Förderung des freien Kapitalmarkts und die Verhinderung von Marktmissbrauch. Neben dem WpÜG sind zahlreiche weitere Rechtsgebiete wie das Gesellschaftsrecht, Kartellrecht und Steuerrecht betroffen. Durch internationale Bezüge und komplexe Transaktionsstrukturen gewinnen Takeovers zunehmend eine zentrale Bedeutung im modernen Wirtschaftsrecht.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Takeover (Übernahme) erfüllt sein?
Die rechtlichen Voraussetzungen für einen Takeover, insbesondere beim Erwerb von Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften oder GmbHs, sind vielfältig und richten sich nach verschiedenen nationalen und zum Teil europäischen Vorschriften. Grundsätzlich setzt ein Takeover voraus, dass das übernehmende Unternehmen die Kontrolle über das Zielunternehmen erlangt, beispielsweise durch den Erwerb einer bestimmten Mehrheit an Anteilen. Im deutschen Recht sind dabei insbesondere das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) sowie das Aktiengesetz (AktG) relevant. Das WpÜG regelt öffentliche Übernahmeangebote bei börsennotierten Gesellschaften. Zu den Voraussetzungen zählen unter anderem ein wirksam gefasstes Erwerbsangebot, die Publizitätspflichten (Bekanntmachung des Angebots gemäß § 10 WpÜG) sowie die Einhaltung von Fristen und Mindestinhalte des Angebots. Darüber hinaus können kartellrechtliche Prüfungen und Freigaben durch das Bundeskartellamt oder andere Wettbewerbsbehörden erforderlich sein, wenn durch die Übernahme eine marktbeherrschende Stellung droht. Besonders zu beachten sind zudem gesellschaftsrechtliche Zustimmungserfordernisse, etwa durch die Haupt- oder Gesellschafterversammlung beim Erwerb wesentlicher Vermögenswerte. Bestehen Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer oder Betriebsräte, kommen darüber hinaus die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) ins Spiel.
Welche Informations- und Meldepflichten bestehen beim Takeover gegenüber den Marktteilnehmern und Behörden?
Im Rahmen eines Takeovers bestehen weitreichende Informations- und Meldepflichten, die dem Schutz der Marktteilnehmer sowie der Transparenz dienen sollen. Nach dem WpÜG muss das Übernahmeangebot unverzüglich nach der Entscheidung zur Abgabe veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung erfolgt, um Insiderhandel und unfaire Kursmanipulationen zu verhindern. Zu den wesentlichen Veröffentlichungspflichten zählt die Angabe der Bedingungen und Ziele des Angebots, die Beteiligungsverhältnisse sowie die Finanzierung des Erwerbs. An die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sind Angebotsunterlagen zur Prüfung zu übermitteln, ehe ein Angebot veröffentlicht werden darf. Weiterhin bestehen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) Anzeigepflichten, wenn bestimmte Stimmrechtsschwellen erreicht oder überschritten werden. Beim Zusammenschluss größerer Unternehmen ist zudem eine Anmeldung nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) beim Bundeskartellamt erforderlich. Auch internationale Meldepflichten können relevant werden, etwa bei Überschreiten von Umsatzschwellen nach europäischem Fusionskontrollrecht.
Welche Schutzrechte haben Minderheitsaktionäre im Übernahmeverfahren?
Minderheitsaktionäre sind im Rahmen eines Takeovers durch zahlreiche gesetzliche Vorschriften besonders geschützt. Nach dem WpÜG müssen Übernahmeangebote so gestaltet sein, dass alle Anteilseigner des Zielunternehmens gleich behandelt werden, was insbesondere durch den sogenannten Mindestpreis und das Gleichbehandlungsgebot (§§ 3, 31 WpÜG) sichergestellt wird. Minderheitsaktionäre haben für den Fall, dass nach dem Takeover der Angebotspreis unangemessen niedrig ist, das Recht, eine Nachbesserung im Rahmen eines Spruchverfahrens (nach dem Spruchverfahrensgesetz) zu verlangen. Weitere Schutzmechanismen finden sich im Aktiengesetz, beispielsweise das Recht auf Anfechtung und gegebenenfalls die Möglichkeit, die Angemessenheit der Kompensation gerichtlich überprüfen zu lassen. Im Fall eines sogenannten Squeeze-out, bei dem der Hauptaktionär nach Übernahme eine vollständige Übernahme anstrebt, schreibt das Aktiengesetz ein Abfindungsangebot an die Minderheitsaktionäre vor.
Welche kartellrechtlichen Aspekte müssen bei einem Takeover beachtet werden?
Kartellrechtliche Prüfungen spielen beim Takeover eine zentrale Rolle. Kommt es durch eine Übernahme zu einer Verschiebung der Wettbewerbsverhältnisse, insbesondere bei großen Unternehmen und solchen mit großen Marktanteilen, ist die Übernahme in Deutschland nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bei bestimmten Umsatzschwellen beim Bundeskartellamt anzumelden. Die Behörde überprüft, ob durch die Übernahme eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder der Wettbewerb erheblich behindert wird. In bestimmten Fällen kann eine zusätzliche Überprüfung durch die Europäische Kommission notwendig sein, insbesondere bei grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen großer Konzerne (EU-Fusionskontrollverordnung). Die Übernahme darf in solchen Fällen erst nach Freigabe durch die zuständige Behörde vollzogen werden. Die Nichtbeachtung kann wettbewerbsrechtliche Sanktionen und die Nichtigkeit des Zusammenschlusses zur Folge haben.
Wie gestaltet sich die Rolle und Haftung der Leitungsorgane im Zielunternehmen während eines Takeovers?
Vorstände bzw. Geschäftsführer des Zielunternehmens unterliegen im Übernahmeprozess besonderen rechtlichen Pflichten. Sie müssen im Interesse des Unternehmens handeln und unterliegen dabei einem Neutralitätsgebot, das sie zur Objektivität und Unparteilichkeit im Übernahmeprozess verpflichtet (§ 3 Abs. 1 WpÜG). Das bedeutet, dass die Organe keine Maßnahmen ergreifen dürfen, die den Erfolg eines Angebots verhindern könnten, es sei denn, die Hauptversammlung hat zugestimmt oder rechtliche Verpflichtungen bestehen. Darüber hinaus besteht eine umfassende Informationspflicht gegenüber den Aktionären und dem Kapitalmarkt. Die Verletzung dieser Pflichten kann zu persönlichen Haftungsansprüchen gegen die Mitglieder der Leitungsorgane führen, insbesondere bei Vermögensschäden, die durch pflichtwidriges Verhalten verursacht wurden. Die einschlägigen Vorschriften finden sich im Aktiengesetz, im WpÜG sowie in den jeweiligen Satzungen der Gesellschaften.
Inwiefern spielt das Konzernrecht im Zusammenhang mit einem Takeover eine Rolle?
Das Konzernrecht nach dem Aktiengesetz (insbesondere §§ 15 ff. AktG) gewinnt beim Takeover an Bedeutung, wenn das übernehmende Unternehmen nach dem Erwerb einen beherrschenden Einfluss auf das Zielunternehmen ausübt. Infolgedessen können sogenannte Unternehmensverträge (Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge) geschlossen werden, die bestimmten inhaltlichen und formellen Anforderungen unterliegen. Der Übergang zur Konzernstruktur bringt erweiterte Schutzrechte für Minderheitsaktionäre, Offenlegungspflichten sowie spezielle Haftungsregeln für den herrschenden bzw. beherrschten Konzernteil mit sich. Insbesondere sind im Falle eines Beherrschungsvertrags die Interessen der Außenstehenden Aktionäre durch eine verpflichtende Abfindung und/oder eine Ausgleichszahlung zu wahren (§§ 304, 305 AktG). Auch eine „faktische Konzernierung“ kann rechtliche Folgen für das Weisungsrecht des Mutterunternehmens und die Gläubigerschutzmechanismen nach sich ziehen.