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Tagespflege


Begriffsbestimmung und Übersicht: Tagespflege

Die Tagespflege ist ein sozialrechtlicher Begriff, der im Kontext der Pflegeversicherung sowie der Kinder- und Jugendhilfe verschiedene rechtliche Regelungen umfasst. Im Kern bezeichnet Tagespflege eine teilstationäre Betreuungsform, in der Pflegebedürftige oder Kinder tagsüber betreut und versorgt werden, ohne dass eine Übernachtung in der Einrichtung stattfindet. Die Tagespflege stellt eine Ergänzung und Entlastung zur häuslichen und stationären Pflege dar und ist insbesondere im Zusammenhang mit dem Sozialgesetzbuch (SGB) XI sowie SGB VIII relevant.


Tagespflege nach SGB XI (Pflegeversicherung)

Rechtsgrundlagen

Die Tagespflege für pflegebedürftige Menschen ist im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelt. Wesentliche Vorschriften finden sich in den §§ 41 ff. SGB XI. Hier ist die teilstationäre Pflege, zu der auch Nachtpflege und Tagespflege zählen, für Menschen mit anerkanntem Pflegegrad definiert.

Leistungsumfang und Anspruch

Versicherte der sozialen Pflegeversicherung haben bei Vorliegen eines Pflegegrades Anspruch auf Leistungen der teilstationären Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege (§ 41 Abs. 1 SGB XI). Die Leistungen umfassen insbesondere:

  • Pflege, Betreuung und Aktivierung
  • Grundpflege und medizinische Behandlungspflege (soweit nicht anderweitig erstattet)
  • Transport zur und von der Tagespflegeeinrichtung (soweit notwendig und im Leistungsumfang enthalten)
  • Verpflegung während des Aufenthaltes

Der Anspruch auf die Tagespflege ist neben ambulanten Sachleistungen oder dem Pflegegeld möglich (sogenannte Kombinationsleistungen). Leistungen der Tagespflege werden zusätzlich zu den ambulanten Pflegesachleistungen gewährt und deren Inanspruchnahme kürzt das Pflegegeld nicht (§ 41 Abs. 3 SGB XI).

Finanzierung und Leistungsbeträge

Die Pflegekasse trägt die Kosten für die notwendige Betreuung, Pflege und die Beförderung zur Einrichtung bis zu festgelegten Höchstbeträgen entsprechend des jeweiligen Pflegegrades. Kosten für Verpflegung und Unterkunft sind grundsätzlich privat zu tragen.

Tabelle: Maximalleistungen der Pflegekasse ab 2024 (monatliche Höchstbeträge, gerundet):

| Pflegegrad | Betrag in Euro |
|—————-|:————–:|
| 2 | 689 |
| 3 | 1.298 |
| 4 | 1.612 |
| 5 | 1.995 |

Für den Pflegegrad 1 besteht kein Anspruch auf Leitung der Tagespflege, ab Pflegegrad 2 sind die Ansprüche gestaffelt.

Voraussetzungen für Leistungsanspruch

Voraussetzung für den Anspruch auf Tagespflege ist das Vorliegen eines anerkannten Pflegegrades. Die Leistung setzt weiterhin voraus, dass die teilstationäre Pflege erforderlich ist, um die häusliche Pflege zu ergänzen oder zu entlasten.

Betriebserlaubnis und Qualitätssicherung

Tagespflegeeinrichtungen benötigen eine Betriebserlaubnis nach landesrechtlichen Vorschriften, beispielsweise nach dem Heimgesetz bzw. entsprechenden Landesgesetzen. Die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen werden regelmäßig nach den §§ 113 ff. SGB XI überprüft.


Tagespflege nach SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe)

Rechtsgrundlagen

Im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe ist die Tagespflege in §§ 22, 23 und 43 SGB VIII geregelt. Hier bezeichnet Tagespflege die Betreuung von Kindern durch geeignete Tagespflegepersonen oder in geeigneten Räumlichkeiten außerhalb des Elternhauses.

Anspruch auf Förderung

Kinder haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Förderung in Kindertagespflege (§ 24 SGB VIII), sobald sie das erste Lebensjahr vollendet haben, bis zum Schuleintritt sowie ggf. bis zum Ende der vierten Klasse.

Formen der Kindertagespflege

Kindertagespflege kann erfolgen:

  • Im Haushalt der Tagespflegeperson
  • Im Haushalt der Sorgeberechtigten
  • In anderen geeigneten Räumen

Die Tagespflegeperson muss geeignet und persönlich sowie sachlich zur Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern befähigt sein (§ 23 SGB VIII).

Erlaubnispflicht und Prüfung

Wer mehr als fünf Kinder gleichzeitig außerhalb der elterlichen Wohnung betreut, benötigt nach § 43 SGB VIII eine Erlaubnis durch das zuständige Jugendamt. Die Erlaubnis ist davon abhängig, dass die Person für die Kindertagespflege geeignet ist und kindgerechte Räumlichkeiten zur Verfügung stehen.

Finanzierung der Kindertagespflege

Die Kosten für die Kindertagespflege werden in der Regel anteilig durch die öffentliche Hand (Jugendamt) übernommen. Der Verpflichtung zur Kostenbeteiligung der Eltern unterliegt landes- und kommunalrechtlichen Reglungen.


Abgrenzung zu anderen Betreuungsformen

Die Tagespflege ist von der vollstationären Pflege und der rein ambulanten Pflege zu unterscheiden. In Abgrenzung zur Kurzzeitpflege handelt es sich bei der Tagespflege um eine wiederkehrende, regelmäßige Betreuung am Tag, während die Kurzzeitpflege die vorübergehende, ganztägige und auch nächtliche Unterbringung betrifft.

Auch zur Betreuung in Pflegefamilien oder Wohngruppen bestehen rechtliche Unterschiede, insbesondere bezüglich der Intensität der Betreuung, des Settings und der gesetzlichen Grundlage.


Rechtliche Besonderheiten und Entwicklungen

Landesrechtliche Regelungen

Landesgesetze und Verordnungen können ergänzende Anforderungen an die Erlaubniserteilung, Qualitätssicherung und räumliche Voraussetzungen der Tagespflege stellen.

Qualitäts- und Prüfungsanforderungen

Im Pflegebereich sind externe Prüfungen etwa durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) gesetzlich vorgeschrieben. Auch in der Kindertagespflege finden regelmäßige Überprüfungen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben statt.

Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Für Tagespflegepersonen bestehen besondere Regelungen bezüglich der Sozialversicherungspflicht, Arbeitszeitregelungen und Vergütungsansprüche. Diese sind insbesondere in den jeweiligen Landesgesetzen und Durchführungsverordnungen geregelt.


Bedeutung in der Praxis

Die Tagespflege ist ein wichtiger Bestandteil der Pflege- und Betreuungslandschaft in Deutschland. Sie unterstützt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, entlastet Angehörige und bietet Pflegebedürftigen sowie Kindern professionelle Betreuung außerhalb des eigenen Zuhauses.


Literatur und weiterführende Quellen

  • Sozialgesetzbuch (SGB) XI – Soziale Pflegeversicherung
  • Sozialgesetzbuch (SGB) VIII – Kinder- und Jugendhilfe
  • Bundesministerium für Gesundheit: Pflegeleistungen und Pflegegrade
  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Kindertagespflege
  • Landesrechtliche Vorschriften zur Tagespflege

Durch die umfassenden gesetzlichen Regelungen und die verschiedenen Anwendungsbereiche stellt die Tagespflege eine bedeutende, rechtlich vielseitig geregelte Betreuungsform dar, die sowohl im Pflegebereich als auch in der Kinderbetreuung tief in das Sozialrecht eingebettet ist.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich zur Führung einer Tagespflege berechtigt?

Die rechtliche Berechtigung zur Führung einer Tagespflege ergibt sich in Deutschland aus den Vorgaben des Sozialgesetzbuches, insbesondere § 43 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe). Tagespflege darf grundsätzlich nur von Personen ausgeübt werden, die über eine entsprechende Pflegeerlaubnis des zuständigen Jugendamtes verfügen. Diese Pflegeerlaubnis wird erteilt, wenn die Kindertagespflegeperson die erforderliche Eignung besitzt, welche sich insbesondere auf die persönliche Zuverlässigkeit, Fachkompetenz, gesundheitliche Eignung und auf die Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses erstreckt. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass kindgerechte Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und die Betreuung den Empfehlungen des Jugendamtes entspricht. Ohne diese Erlaubnis ist die Ausübung der Tagespflege rechtswidrig und kann Sanktionen nach sich ziehen.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen die Räumlichkeiten erfüllen?

Für die Ausübung der Tagespflege gelten bestimmte Anforderungen an die Räumlichkeiten, die sich sowohl aus bundesrechtlichen Vorgaben als auch aus länderspezifischen Regelungen und behördlichen Auflagen ergeben. Es muss sichergestellt sein, dass genügend Raum zur Verfügung steht, üblicherweise mindestens 10 Quadratmeter pro betreutem Kind, wobei sich diese Vorgabe je nach Bundesland unterscheiden kann. Die Räume müssen sicher, kindgerecht und hygienisch sein, Fluchtwege müssen vorhanden und zugänglich sein, elektrische Anlagen sowie Spielzeug und Möbel müssen den aktuellen Sicherheitsvorschriften entsprechen. Darüber hinaus kann das Jugendamt Auflagen zu Ausstattung, Lüftung, Beleuchtung, Sanitärräumen und Außenflächen machen. Vor Erteilung der Erlaubnis erfolgt regelmäßig eine Begehung durch das Jugendamt, welches ggf. Nachbesserungen fordert.

Wie gestalten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Betreuungsvertrag?

Der Betreuungsvertrag in der Tagespflege muss bestimmte gesetzliche Anforderungen erfüllen. Er definiert das Vertragsverhältnis zwischen den Eltern (oder Erziehungsberechtigten) und der Tagespflegeperson. Es besteht Vertragsfreiheit, jedoch sind wesentliche Punkte wie Betreuungszeiten, Vergütung, Kündigungsfristen, Vertretungsregelungen, Haftung, Abwesenheiten (z. B. durch Krankheit) und Datenschutz festzuhalten. Die Vorgaben des BGB (§§ 611 ff.) über den Dienstvertrag finden Anwendung, sofern nichts anderes geregelt ist. Zusätzlich ist nach § 8a SGB VIII der Kinderschutz sicherzustellen, d. h. die Tagespflegeperson ist verpflichtet, Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung zu melden. Ebenso sind Vorgaben zum Datenschutz (DSGVO) bei Verarbeitung personenbezogener Daten einzuhalten.

Welche rechtlichen Ansprüche auf Förderung gibt es für Kindertagespflegepersonen?

Kindertagespflegepersonen haben nach § 23 SGB VIII Anspruch auf eine angemessene finanzielle Förderung, wenn sie von einer öffentlichen Stelle zur Betreuung von Kindern beauftragt werden. Dies umfasst die laufende Geldleistung für die Förderung der Kinder in Tagespflege und umfasst neben einer Vergütung für die Förderleistung auch Beiträge zur Alterssicherung, Kranken- und Pflegeversicherung sowie Unfallversicherung. Die Höhe regelt der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wobei Mindestbedingungen zu beachten sind. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Mutterschutzleistungen, da die Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit klassifiziert ist. Neben der öffentlichen Förderung können weitere Einnahmen privat mit den Eltern vereinbart werden, solange die gesetzlichen Vorgaben zur Förderung nicht unterlaufen werden.

Welche gesetzlichen Bestimmungen gelten für die maximale Anzahl der gleichzeitig betreuten Kinder?

Nach § 43 SGB VIII ist die Tagespflege auf eine kleine Gruppe von Kindern beschränkt, in der Regel dürfen nicht mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreut werden. Diese Höchstzahl umfasst sowohl die eigenen als auch fremde Kinder und kann durch landesrechtliche Ausführungsbestimmungen oder im Einzelfall durch Vorgaben des Jugendamtes weiter eingeschränkt werden, beispielsweise je nach Größe und Beschaffenheit der Räumlichkeiten oder individuellen Umständen der Tagespflegeperson. Werden mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreut, ist in der Regel eine Betriebserlaubnis als Kindertageseinrichtung erforderlich, die weitergehende Anforderungen mit sich bringt.

Welche Haftungsregelungen gelten in der Tagespflege?

Haftungsrechtlich sind Tagespflegepersonen meist über eine spezielle Haftpflichtversicherung für Tagespflegepersonen abgesichert, die der Gesetzgeber in vielen Bundesländern auch vorschreibt. Diese Versicherung deckt Schäden ab, die im Rahmen der Betreuungsleistung entstehen können, z. B. Verletzungen bei Kindern durch Unfälle in den betreuten Räumlichkeiten. Sollten grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegen, kann die Tagespflegeperson jedoch persönlich haftbar gemacht werden. Die Eltern haften weiterhin für vorsätzlich durch ihr Kind angerichtete Schäden, soweit das Kind deliktsfähig ist. Es besteht außerdem eine Pflicht zur Unfallversicherung nach dem SGB VII, über die die Kinder während der Betreuungszeiten geschützt sind.

Wie sieht die rechtliche Schweigepflicht und der Datenschutz bei der Tagespflege aus?

Tagespflegepersonen unterliegen, wie pädagogisches Personal auch, einer gesetzlichen Schweigepflicht (§ 203 StGB). Alle im Rahmen der Betreuung bekannt gewordenen persönlichen oder familiären Informationen und Daten der Kinder und Eltern dürfen nicht unbefugt an Dritte weitergegeben werden. Ergänzend zu den Strafrechtsvorschriften sind die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einzuhalten. Personenbezogene Daten – zum Beispiel Angaben zu Gesundheit, Familienstand oder Entwicklung der Kinder – dürfen nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Eltern erhoben, gespeichert oder verarbeitet werden. Die Tagespflegeperson ist verpflichtet, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten. Datenschutzverstöße können mit empfindlichen Verwarnungen und Geldbußen geahndet werden.