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Summenversicherung


Definition und grundlegende Bedeutung der Summenversicherung

Die Summenversicherung stellt eine besondere Form des Versicherungsvertrags dar, bei dem sich der Versicherer verpflichtet, im Versicherungsfall einen im Voraus festgelegten Geldbetrag (die Versicherungssumme) an den Versicherungsnehmer oder eine begünstigte Person zu zahlen. Im Gegensatz zur Schadensversicherung ist es dabei unerheblich, ob und in welcher Höhe dem Versicherten tatsächlich ein finanzieller Schaden entstanden ist. Die Leistung wird demnach rein an der vereinbarten Versicherungssumme orientiert und nicht an der konkreten Schadenshöhe.

Abgrenzung zur Schadensversicherung

Während bei Schadensversicherungen, etwa der Haftpflicht-, Hausrat- oder Kfz-Versicherung, das sog. Bereicherungsverbot gilt (Leistung nur in Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens), ist die Summenversicherung darauf ausgerichtet, eine pauschale Versicherungsleistung auszulösen. Die Versicherungsarten lassen sich in Kontingentversicherungen und Summenversicherungen einteilen, wobei letztere besonders bei personenbezogenen Risiken wie Leben, Unfall oder Krankheit zur Anwendung kommen.

Rechtliche Grundlagen

Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Summenversicherung sind in Deutschland im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt. Hier finden sich besondere Bestimmungen für Summenversicherungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Lebens-, Unfall- und Krankenversicherung:

  • § 1 VVG: Regelt das Zustandekommen des Versicherungsvertrags und das grundlegende Leistungsversprechen des Versicherers.
  • § 56 VVG ff.: Enthält Vorschriften zur Lebensversicherung, die regelmäßig als Summenversicherung ausgestaltet ist, insbesondere zum Bezugsrecht, Rückkaufswert sowie zur Abtretung und Beleihung von Ansprüchen.
  • § 178 VVG: Betrifft die Krankenversicherung, die sowohl als Summen- als auch als Schadensversicherung angeboten werden kann.

Grundsatz der freien Summenvereinbarung

Bei Summenversicherungen besteht für Versicherungsnehmer und Versicherer weitgehende Vertragsfreiheit in Bezug auf die Höhe der Versicherungssumme, solange keine gesetzlichen Beschränkungen entgegenstehen. Allerdings kann eine Überversicherung je nach gesetzlicher Ausgestaltung zur Nichtigkeit oder zur Anpassung des Vertrags führen.

Bereicherungsverbot und Versicherung auf fremde Rechnung

Im Gegensatz zur Schadensversicherung gilt das strikte Bereicherungsverbot ausdrücklich nicht für Summenversicherungen. Es ist somit rechtlich zulässig, dass der Versicherungsnehmer in einem Leistungsfall mehr erhält, als ihm objektiv an Vermögensschaden entstanden ist.

Zudem ist es möglich, eine Summenversicherung auf fremde Rechnung abzuschließen (vgl. §§ 43 ff. VVG). Hierbei wird der Versicherungsnehmer nicht zwingend mit der versicherten Person identisch sein, und die Auszahlung erfolgt vom Versicherer an den Bezugsberechtigten.

Typische Anwendungsbereiche

Lebensversicherung

Die Lebensversicherung ist das klassische Beispiel der Summenversicherung: Der Versicherer zahlt im Todesfall oder nach Erleben eines bestimmten Zeitpunkts die vereinbarte Versicherungssumme aus. Die tatsächlichen Lebensumstände, beispielsweise die Höhe des Einkommens oder bestehende finanzielle Verpflichtungen, sind für die Auszahlung irrelevant.

Unfallversicherung

Auch bei der privaten Unfallversicherung handelt es sich um eine Summenversicherung. Im Falle eines Unfalls und daraus resultierender Invalidität wird der vereinbarte Betrag – abhängig vom Grad der Invalidität – ausbezahlt, unabhängig von Behandlungs- oder Wiederherstellungskosten.

Krankenversicherung (Teilaspekte)

Die private Krankenversicherung kann sowohl als Schadens- wie auch als Summenversicherung ausgestaltet werden (beispielsweise bei Krankenhaustagegeld oder Krankentagegeld). Im letzteren Fall wird pro Krankheitstag eine fest vereinbarte Summe gezahlt.

Vertragsrechtliche Besonderheiten

Antragstellung und Risikoprüfung

Insbesondere bei höheren Summen werden im Rahmen der Antragstellung detaillierte Gesundheitsfragen oder eine ärztliche Untersuchung verlangt. Im Fall einer falschen oder unvollständigen Angabe können eingeschränkte Leistungspflichten oder ein Rücktrittsrecht des Versicherers entstehen (vgl. §§ 19 ff. VVG).

Bezugsrecht und Abtretung

Bei der Summenversicherung kann der Versicherungsnehmer eine dritte Person als Bezugsberechtigten bestimmen. Diese Bestimmung ist sowohl widerruflich als auch unwiderruflich möglich. Auch die Abtretung der Ansprüche aus einer Summenversicherung ist gesetzlich zulässig, insbesondere als Kreditsicherheit.

Steuerrechtliche Aspekte

Die Leistungen aus Summenversicherungen unterliegen teilweise einer steuerlichen Begünstigung. Insbesondere bei der Lebensversicherung können – je nach Ausgestaltung und Laufzeit – steuerfreie Auszahlungen möglich sein. Für genauere Informationen sind die Steuerrechtsvorschriften im Einkommensteuergesetz (EStG) maßgeblich.

Summenversicherung im Verhältnis zu Gläubigerschutz und Zwangsvollstreckung

Ansprüche aus Summenversicherungen unterliegen grundsätzlich dem Zugriff von Gläubigern. Allerdings bestehen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) und in Verbindung mit dem VVG in bestimmten Fällen Pfändungsschutzgrenzen, etwa bei Leistungen aus der Lebensversicherung zugunsten naher Angehöriger (vgl. §§ 851c ZPO, § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

Internationale Aspekte und europarechtliche Einflüsse

Im grenzüberschreitenden Kontext sind die Vorgaben der EU-Versicherungsrichtlinien und des internationalen Privatrechts zu beachten. Unterliegt eine Summenversicherung ausländischem Recht, können Abweichungen im Leistungsumfang oder im Schutz des Versicherungsnehmers bestehen. Die Kollisionsnormen im Versicherungsvertragsgesetz und die Rom I-Verordnung sind dabei maßgeblich.

Zusammenfassung

Die Summenversicherung ist ein eigenständiges Versicherungsmodell, bei dem der Versicherer unabhängig vom eingetretenen Schaden eine vereinbarte Leistung erbringt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind im Versicherungsvertragsgesetz detailliert geregelt und betreffen insbesondere Lebens-, Unfall- und bestimmte Krankenversicherungen. Die vertraglichen, steuerlichen und vollstreckungsrechtlichen Aspekte machen die Summenversicherung zu einem facettenreichen Regelungsgegenstand mit großer praktischer Bedeutung im Personenversicherungsrecht.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für die Summenversicherung in Deutschland?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Summenversicherung in Deutschland sind maßgeblich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt. Im Unterschied zur Schadenversicherung zahlt die Summenversicherung bei Eintritt des versicherten Ereignisses eine vereinbarte Geldsumme aus, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe tatsächlich ein Vermögensschaden eingetreten ist. Rechtlich relevant ist insbesondere, dass die Summenversicherung häufig in Bereichen wie der Lebens-, Unfall- oder Krankenversicherung Anwendung findet. Das VVG unterscheidet klar zwischen Summen- und Schadenversicherung. Für die Summenversicherung bestehen Besonderheiten, unter anderem bei der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers (§ 19 VVG), bei vorvertraglichen Informationspflichten sowie beim Recht auf Widerruf (§§ 8, 152 VVG). Auch gestaltet sich die Anfechtung oder Kündigung eines Vertrags teils anders als bei der Schadenversicherung. Insbesondere ist die Bezifferung der Leistung nicht an den tatsächlich entstandenen Schaden gekoppelt, was spezielle Anforderungen an die Transparenz und Formulierung des Vertrages stellt. Das Versicherungsunternehmen ist dazu verpflichtet, die Vertragspartner umfassend über die rechtlichen Auswirkungen und den Umfang des Versicherungsschutzes zu informieren.

Wie verhält sich die vorvertragliche Anzeigepflicht bei Summenversicherungen?

Bei der Summenversicherung trifft den Versicherungsnehmer eine weitreichende vorvertragliche Anzeigepflicht nach § 19 VVG. Er muss alle gefahrerheblichen Umstände, die für die Entscheidung des Versicherers über die Annahme des Versicherungsantrags oder die Konditionen des Vertrags maßgeblich sind, wahrheitsgemäß und vollständig angeben. Die rechtlichen Konsequenzen einer Verletzung dieser Pflicht sind gravierend: Der Versicherer kann je nach Grad des Verschuldens vom Vertrag zurücktreten, ihn anfechten oder kündigen. Insbesondere bei Risikolebens-, privaten Kranken- oder Unfallversicherungen kommt diesem Aspekt eine große Bedeutung zu, da fehlerhafte oder unvollständige Angaben zu einer Leistungsfreiheit oder zu einer Vertragsanpassung führen können. Der Gesetzgeber gibt den Versicherern strenge Formvorgaben für die Belehrung über diese Pflichten und die möglichen Rechtsfolgen.

Welche Bedeutung hat das Bezugsrecht bei der Summenversicherung?

Das Bezugsrecht nimmt im Rahmen der Summenversicherung eine zentrale rechtliche Stellung ein. Der Versicherungsnehmer kann eine oder mehrere bezugsberechtigte Personen bestimmen (§ 159 VVG), die im Leistungsfall (z.B. beim Tod des Versicherten in der Lebensversicherung) die vereinbarte Versicherungssumme erhalten. Das Bezugsrecht kann widerruflich oder unwiderruflich ausgestaltet werden, wobei im Falle des unwiderruflichen Bezugsrechts die Rechte des Begünstigten durch den Versicherungsnehmer nicht mehr einseitig geändert werden können. Die rechtlichen Folgen treten direkt beim Eintritt des Versicherungsfalles ein: Die Versicherungssumme fällt in das Vermögen des Bezugsberechtigten und gelangt – abhängig von der Vertragsgestaltung – nicht in die Erbmasse des Versicherungsnehmers. Auch das Pfändungsschutzrecht, familienrechtliche Besonderheiten und Fragen der Schenkungs- bzw. Erbschaftssteuer können je nach Konstellation betroffen sein.

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus einer Unterversicherung oder Überversicherung bei der Summenversicherung?

Anders als bei der Schadenversicherung spielen die Begriffe Unter- oder Überversicherung im rechtlichen Kontext der Summenversicherung eine besondere Rolle, da es hier keinen Ausgleich am tatsächlich entstandenen Schaden gibt. Die Versicherungssumme wird bei Vertragsschluss frei vereinbart, unabhängig vom Wert eines konkret zu ersetzenden Schadens. Eine Überversicherung – also der Abschluss einer Versicherungssumme, die den wirtschaftlichen Bedarf übersteigt – löst keine unmittelbaren Leistungsbeschränkungen aus; eine Unterversicherung wiederum benachteiligt den Versicherungsnehmer ausschließlich in dem Sinne, dass die vereinbarte Summe möglicherweise nicht ausreicht, um die gewünschten finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Versicherungsrechtlich existieren keine gesetzlichen Vorschriften, die eine Anpassung der Auszahlung in diesen Fällen vorsehen, der Vertrag bleibt in seiner ursprünglich vereinbarten Form verbindlich. Das Prinzip der Bereicherung, das in der Schadenversicherung greift, findet in der Summenversicherung keine Anwendung.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann eine Summenversicherung vom Versicherer gekündigt werden?

Die Kündigungsmöglichkeiten des Versicherers bei einer Summenversicherung sind eng an die gesetzlichen Bestimmungen des VVG gebunden, insbesondere an die §§ 38, 194 VVG. Ein ordentliches Kündigungsrecht durch den Versicherer besteht in der Regel nicht, sondern ist nur unter besonderen, gesetzlich geregelten Umständen möglich, etwa bei einer erheblichen Gefahrerhöhung oder bei einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch den Versicherungsnehmer. Weiterhin kann das Recht zur außerordentlichen Kündigung bei erheblichem Zahlungsverzug oder arglistigem Verhalten greifen. Die Kündigung hat stets schriftlich zu erfolgen und die vorgegebenen Fristen sind einzuhalten. Im Fall der Kündigung ist eine Rückabwicklung des Vertrages gesetzlich geregelt; etwaige Rückkaufswerte, wie sie insbesondere bei Lebensversicherungen vorgesehen sind, sind auszuzahlen.

Welche rechtlichen Streitpunkte treten häufig bei der Leistungsauszahlung der Summenversicherung auf?

Im Zusammenhang mit der Auszahlung der Versicherungssumme treten regelmäßig unterschiedliche rechtliche Streitfragen auf. Dazu gehören insbesondere Uneinigkeiten über das Vorliegen des Versicherungsfalles, etwa beim Nachweis der Invalidität nach einem Unfall oder eines bestimmten Krankheitsbildes in der Krankenversicherung. Häufig geht es zudem um die Frage, ob der Begünstigte rechtlich wirksam benannt oder das Bezugsrecht wirksam übertragen wurde. Auch kommt es gelegentlich zu Streitigkeiten über die Anwendbarkeit von Ausschlussklauseln, vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzungen oder vorsätzlichem bzw. grob fahrlässigem Verhalten, was zu einer Ablehnung der Leistung führen kann. Die Klärung dieser Streitpunkte erfolgt regelmäßig vor den ordentlichen Gerichten, wobei der Beweislastverteilung und der Auslegung der Versicherungsbedingungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs große Bedeutung zukommt.

Wie wirkt sich eine Abtretung oder Verpfändung des Anspruchs aus einer Summenversicherung rechtlich aus?

Die Abtretung und Verpfändung von Ansprüchen aus der Summenversicherung sind gemäß § 398 BGB zulässig und stellen ein übliches Sicherungsmittel, insbesondere im Zusammenhang mit Kreditverträgen, dar. Rechtlich ist dabei zu beachten, dass eine wirksame Abtretung dem Versicherer anzuzeigen ist (§ 13 VVG), da dieser ansonsten weiter mit befreiender Wirkung an den bisherigen Anspruchsinhaber leisten kann. Bei der Verpfändung gehen die Rechte aus der Versicherung auf den Pfandgläubiger über, der sich im Sicherungsfall unmittelbar aus der Versicherungssumme befriedigen kann. Die rechtliche Wirksamkeit der Abtretung oder Verpfändung kann an Formvorschriften, vertraglichen Regelungen und Zustimmungserfordernissen des Versicherers geknüpft sein, die stets zu beachten sind. Auch besteht die Möglichkeit, dass solche Vorgänge von der Einwilligung und Mitwirkung des Bezugsberechtigten abhängig gemacht werden, insbesondere bei unwiderruflicher Bezugsrechtsbestimmung.