Begriff und rechtliche Grundlagen der Strompreisbremse
Die Strompreisbremse bezeichnet eine staatliche Maßnahme zur Begrenzung des Preisanstiegs für elektrische Energie für private Haushalte sowie für Unternehmen. Sie stellt eine Reaktion auf außergewöhnliche Preissprünge im Energiemarkt dar und wurde insbesondere im Kontext der Energiepreiskrise 2022/2023 infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in Deutschland eingeführt. Ziel ist es, Verbraucher vor übermäßigen finanziellen Belastungen infolge stark gestiegener Strompreise zu schützen und zugleich die Funktionsfähigkeit des Strommarkts sowie die Versorgungssicherheit zu erhalten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen hierzu wurden im deutschen Recht detailliert geregelt und sind insbesondere im Strompreisbremsengesetz (StromPBG) verankert.
Gesetzliche Regelungen zur Strompreisbremse
Strompreisbremsengesetz (StromPBG)
Das am 15. Dezember 2022 vom Bundestag verabschiedete und am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Strompreisbremsengesetz (StromPBG) bildet die zentrale rechtliche Grundlage der Strompreisbremse in Deutschland. Es regelt unter anderem den begünstigten Stromverbrauch, die Ermittlung der individuellen Entlastung, Anspruchsvoraussetzungen sowie die Pflichten der Energieversorgungsunternehmen und der Netzentreiber.
Ziele und Anwendungsbereich
Das StromPBG hat folgende Hauptziele:
- Deckelung des Arbeitspreises für einen bestimmten Grundbedarf an Strom,
- finanzielle Entlastung für private Haushalte und Unternehmen,
- Sicherstellung der Versorgung und der marktwirtschaftlichen Strukturen trotz staatlicher Eingriffe.
Das Gesetz umfasst sowohl private Letztverbraucher als auch Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mehr als 30.000 Kilowattstunden, wobei für unterschiedliche Gruppen verschiedene Regelungen gelten.
Begriffsdefinitionen nach StromPBG
Das StromPBG definiert wesentliche Begriffe, unter anderem:
- Begünstigter Stromverbrauch: eine jährliche Strommenge, für die der Verbraucher einen gedeckelten Preis zahlt,
- Referenzpreis: der maximal zu zahlende Preis pro Kilowattstunde innerhalb der Strompreisbremse,
- Entlastungsbetrag: der Geldbetrag, der rechnerisch zwischen dem tatsächlichen Strompreis und dem Referenzpreis für die begünstigte Verbrauchsmenge entsteht.
Mechanismus und Funktionsweise der Strompreisbremse
Preisdeckelung
Für private Haushalte und kleinere Unternehmen mit einem Jahresverbrauch bis zu 30.000 Kilowattstunden gilt:
- Für 80 % des prognostizierten Jahresverbrauchs wird der Strompreis auf 40 Cent pro Kilowattstunde (brutto) gedeckelt.
- Für die über den Grundbedarf hinausgehenden Strommengen gilt der vertraglich vereinbarte Preis.
Größere Unternehmen profitieren von ähnlichen Deckelungen, jedoch für 70 % des Vorjahresverbrauchs bei einem Preisdeckel von 13 Cent pro Kilowattstunde (netto) zuzüglich Netzentgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen.
Anspruchsvoraussetzungen
Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich sämtliche privaten Letztverbraucher sowie Unternehmen mit relevantem Stromverbrauch. Für Unternehmen gelten zusätzliche Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Nachweisführung über den Verbrauch und wirtschaftliche Verhältnisse.
Berechnung der Entlastung
Der jeweilige Entlastungsbetrag errechnet sich als Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Stromarbeitspreis und dem Referenzpreis, multipliziert mit der begünstigten Strommenge. Dieser Betrag wird auf die monatlichen Abschlagszahlungen angerechnet und ermöglicht damit eine unmittelbare finanzielle Entlastung.
Auszahlung, Anrechnung und Mitteilungspflichten
Die Auszahlung der Entlastung erfolgt automatisch durch die Energieversorger über die Abschlagszahlungen. Versorgungsunternehmen sind verpflichtet, die Berechnungsgrundlagen offenzulegen und die Kunden transparent über die Höhe und Berechnung der Entlastungsbeträge zu informieren.
Rechtliche Verpflichtungen und Kontrollen
Pflichten der Energieversorgungsunternehmen
Versorgungsunternehmen sind durch das StromPBG zu mehreren Maßnahmen verpflichtet:
- Ermittlung und Weitergabe der Entlastungsbeträge
- Transparenzpflichten gegenüber Verbrauchern
- Meldungen an Netzbetreiber und Behörden
- Prüfpflichten bei atypischen Verbrauchsmustern
Bei Verletzung dieser Pflichten sieht das StromPBG Bußgeldregelungen sowie weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen vor.
Rückforderung und Missbrauchsprävention
Wurden Entlastungen zu Unrecht oder in zu hohem Umfang ausgezahlt, sieht das Gesetz Rückforderungsansprüche sowie zusätzliche Sanktionen vor. Unternehmen sind zudem verpflichtet, Erklärungen zur wirtschaftlichen Lage und zu erhaltenen Entlastungen abzugeben, um eine Kumulierung und Missbrauch zu vermeiden.
Staatliche Finanzierung und europarechtliche Bezüge
Finanzierung der Strompreisbremse
Die Mittel zur Finanzierung der Strompreisbremse werden maßgeblich aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes bereitgestellt. Diese staatlichen Finanzhilfen werden aus dem Bundeshaushalt getragen und unterliegen haushaltsrechtlichen und beihilferechtlichen Vorgaben.
Europarechtliche Grundlage
Die deutschen Regelungen zur Strompreisbremse stehen im Kontext der beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union. Das Maßnahmepaket ist durch die EU-Kommission genehmigt worden und steht im Einklang mit dem sog. Temporary Crisis Framework der EU zum Umgang mit den Folgen der Energiekrise.
Laufzeit, mögliche Änderungen und Ausblick
Die Strompreisbremse war ursprünglich bis zum 30. April 2024 befristet. Ihre Verlängerung, Aufhebung oder Veränderung trägt dem jeweils aktuellen Marktgeschehen Rechnung und erfordert entsprechende gesetzliche Anpassungen. Über etwaige neue Regelungen entscheidet der Gesetzgeber unter Abwägung von Markt- und Verbraucherinteressen.
Zusammenfassung
Die Strompreisbremse ist ein zentral reguliertes Instrument des Energierechts, das der Abfederung außergewöhnlicher Kostensteigerungen beim Strombezug dient. Sie basiert auf der speziellen Gesetzgebung des StromPBG, welche die Anspruchsvoraussetzungen, die konkrete Ausgestaltung sowie die Pflichten der beteiligten Energieunternehmen detailliert regelt. Die Maßnahme steht in einem engen Zusammenhang mit europäischen Vorgaben, staatlicher Finanzierung und regelmäßig stattfindenden Kontrollen. Ziel bleibt es, Verbraucher kurzfristig zu schützen und zugleich die Stabilität und Effizienz des Strommarkts zu erhalten.
Häufig gestellte Fragen
Wann besteht aus rechtlicher Sicht ein Anspruch auf die Strompreisbremse?
Ein Anspruch auf die Strompreisbremse besteht für berechtigte Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher gemäß den Voraussetzungen, die das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) regelt. Rechtlich gesehen ist der Anspruch davon abhängig, dass der Vertragspartner als Letztverbraucher eingestuft wird, also die beschaffte elektrische Energie eigenverantwortlich entnimmt und für eigene Zwecke nutzt (§ 2 Abs. 5 StromPBG). Unternehmen, Haushalte und bestimmte Einrichtungen (zum Beispiel Bildungseinrichtungen oder soziale Dienste) müssen zusätzlich auch die Höchstverbrauchsgrenzen sowie etwaige beihilferechtliche Vorgaben beachten. Die Zuteilung erfolgt nicht automatisch, sondern wird in enger Zusammenarbeit mit den sogenannten Energieversorgungsunternehmen umgesetzt, welche verpflichtet sind, die Entlastungen nach Maßgabe der jeweils anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen (Treibhausgasemissionshandelsgesetz, Beihilfevorschriften der EU) zu gewähren. In Streitfällen ist die ordnungsgemäße Anspruchsdarlegung durch die Antragstellenden gegenüber dem Versorgungsunternehmen erforderlich, gegebenenfalls auch im Rahmen von Zivilklagen.
Ist die Strompreisbremse mit dem EU-Beihilferecht vereinbar?
Die Strompreisbremse wurde unter Berücksichtigung des Unionsrechts ausgestaltet, insbesondere der beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Kommission. Da die Strompreisbremse als eine staatliche Beihilfemaßnahme verstanden wird, musste sie von der EU-Kommission notifiziert und genehmigt werden. Zentrale rechtliche Rahmen setzen dabei die „Temporary Crisis Framework“-Regelungen der Kommission, die aufgrund der Energiekrise eingeführt wurden. Die rechtliche Einhaltung beihilferechtlicher Grenzen, insbesondere zur maximalen Höhe der Beihilfe und der Adressatengruppen (zum Beispiel gemäß Unternehmensgröße, Sektoren), ist zwingende Voraussetzung für die Gewährung der Preisbremse. Das bedeutet, dass mögliche Rückforderungen im Raum stehen könnten, falls durch die Umsetzung der Strompreisbremse eine unmittelbare oder mittelbare Überkompensation festgestellt wird.
Welche Pflichten haben Energieversorgungsunternehmen im Rahmen der Strompreisbremse?
Energieversorgungsunternehmen sind nach dem Strompreisbremsegesetz rechtlich verpflichtet, die Preisentlastungen gegenüber berechtigten Letztverbraucherinnen und Letztverbrauchern im Abrechnungszeitraum korrekt zu berücksichtigen. Sie müssen gemäß § 8 StromPBG die Entlastungsbeträge automatisiert berechnen und an die Kundschaft weitergeben. Darüber hinaus unterliegen sie weitgehenden Informations- und Dokumentationspflichten, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Verstöße gegen diese Pflichten können Bußgeldverfahren sowie zivil- oder öffentlich-rechtliche Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Unternehmen müssen zudem Daten zu Verbrauch, Entlastung und Berechtigung regelmäßig an staatliche Stellen übermitteln und werden diesbezüglich strengen Prüfungen unterzogen.
Welche rechtlichen Fristen müssen beim Antrag auf Strompreisbremse beachtet werden?
Beim Bezug der Strompreisbremse sind verschiedene Fristen zu beachten, die das Gesetz und untergesetzliche Regelungen genau definieren. Wenn etwa zusätzliche Angaben, Nachweise oder Abrechnungen von Seiten der Kundschaft erforderlich sind (beispielsweise beim Überschreiten von Verbrauchsgrenzen oder der Einordnung als beihilferechtlich relevanter Fall), sind diese innerhalb bestimmter Fristen, üblicherweise binnen eines Monats nach Aufforderung, vorzulegen. Energieversorgungsunternehmen müssen wiederum die Entlastung spätestens mit der übernächsten Abrechnung nach Wirksamwerden der gesetzlichen Regelung ausweisen. Fristversäumnisse können dazu führen, dass ein Anspruch auf die Preisbremse für das betreffende Abrechnungsjahr ganz oder teilweise entfällt.
Welche Haftungsrisiken bestehen im Zusammenhang mit der Gewährung der Strompreisbremse?
Sowohl Energieversorgungsunternehmen als auch berechtigte Letztverbraucher*innen können im Zusammenhang mit der Strompreisbremse haftungsrechtlichen Risiken unterliegen. Bei unrechtmäßiger Inanspruchnahme oder fehlerhafter Berechnung drohen Rückforderungen sowie strafrechtliche Konsequenzen, etwa bei vorsätzlich falschen Angaben. Energieversorger ihrerseits haften für vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die gesetzlichen Pflichten einschließlich der ordnungsgemäßen Berechnung, Ausweisung und Weiterleitung der Entlastung. Bußgelder und weitere Schadensersatzforderungen können in gravierenden Fällen Anwendung finden. Die rechtssichere Dokumentation sämtlicher Abläufe ist daher von hoher Bedeutung.
Können Verbraucherinnen und Verbraucher die Strompreisbremse gerichtlich einklagen?
Ja, Verbraucherinnen und Verbraucher können ihren rechtlichen Anspruch auf die Strompreisbremse auch gerichtlich durchsetzen, falls Energieversorger die Entlastung nach Auffassung des Kunden nicht korrekt oder überhaupt nicht berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die zivilrechtlichen Klagerechte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) i.V.m. den Bestimmungen des StromPBG. Im Streitfall kann ein Zahlungs- oder Feststellungsantrag beim zuständigen Zivilgericht gestellt werden. Parallel besteht die Möglichkeit, sich an die Schlichtungsstelle Energie oder Verbraucherzentralen zu wenden. Voraussetzung für einen gerichtlichen Erfolg ist regelmäßig die vollständige Darlegung und der Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen.
Wie werden Missbrauchsfälle bei der Strompreisbremse rechtlich behandelt?
Missbrauch und Betrugsversuche im Zusammenhang mit der Strompreisbremse werden aus rechtlicher Sicht streng geahndet. Das StromPBG sieht dazu spezifische Kontroll- sowie Rückforderungsmechanismen für zu Unrecht erhaltene Entlastungsbeträge vor. Zudem greifen allgemeine Strafvorschriften, etwa des Betrugs (§ 263 StGB), wenn wider besseres Wissen falsche Angaben gemacht wurden oder Daten manipuliert wurden, um Grund, Umfang oder Höhe der Strompreisbremse zu beeinflussen. Betroffene Unternehmen und Privatpersonen müssen mit strafrechtlichen Ermittlungen, Rückforderungen sowie möglichen Schadensersatzansprüchen rechnen. Das Gesetz sieht für Versorgungsunternehmen zudem Meldepflichten hinsichtlich festgestellter Missbrauchsfälle an die zuständigen Behörden vor.