Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Strafvollzug

Strafvollzug


Definition des Begriffs „Strafvollzug“

Der Begriff „Strafvollzug“ bezeichnet die organisierte, rechtlich geregelte Durchführung und Überwachung von strafrichterlich verhängten Strafen, insbesondere Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Maßnahmen. Der Strafvollzug umfasst damit sämtliche Maßnahmen und Abläufe, die erforderlich sind, um rechtskräftig verhängte Strafen an verurteilten Personen umzusetzen. Hauptsächlich wird der Strafvollzug im Zusammenhang mit der Inhaftierung in Justizvollzugsanstalten angewendet, umfasst jedoch auch Maßnahmen wie den offenen Vollzug, Haftlockerungen oder den Umgang mit Sicherungsverwahrten.

Laienverständlich ausgedrückt, bedeutet Strafvollzug die praktische Umsetzung einer gerichtlich festgestellten Strafe. Ziel ist sowohl die Sicherung der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten als auch die soziale Wiedereingliederung der verurteilten Person.

Allgemeiner Kontext und Relevanz des Strafvollzugs

Der Strafvollzug ist ein zentrales Element des Strafrechts und eng mit dem staatlichen Strafanspruch verknüpft. Ohne einen funktionierenden Strafvollzug wäre die Durchsetzung von Gerichtsentscheiden nicht möglich und das Strafrecht als Mittel sozialer Kontrolle erheblich geschwächt. Strafvollzug leistet darüber hinaus einen Beitrag zum Schutz der Gesellschaft, zur Kontrolle von Kriminalität und zur Resozialisierung von Straftätern.

Rechtliche Grundlagen des Strafvollzugs

Gesetzliche Vorschriften

Der Strafvollzug ist in Deutschland hauptsächlich durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt. Das Gesetz wurde in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1977 eingeführt und legt sowohl Grundprinzipien als auch detaillierte Regelungen für die Ausgestaltung des Vollzugs fest. Infolge der Föderalismusreform 2006 obliegt die Gesetzgebung im Bereich des Strafvollzugs in weiten Teilen den Ländern. Viele Bundesländer haben seither eigene Landesstrafvollzugsgesetze erlassen, die an die jeweiligen regionalen Besonderheiten angepasst sind.

Wichtige Paragraphen im Zusammenhang mit dem Strafvollzug sind unter anderem:

  • § 2 StVollzG: Ziel des Vollzugs der Freiheitsstrafe
  • § 3 StVollzG: Allgemeine Vollzugsgrundsätze
  • § 13-53 StVollzG: Regelungen zur Behandlung, Betreuung und dem Vollzugsalltag
  • Landesstrafvollzugsgesetze: z.B. das Bayerische Strafvollzugsgesetz (BayStVollzG), das Niedersächsische Strafvollzugsgesetz (NStVollzG) usw.

Weitere relevante Rechtsquellen sind das Jugendgerichtsgesetz (JGG) im Bereich des Jugendstrafvollzugs und das Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft (UVollzG).

Zuständige Institutionen

Für die Durchführung des Strafvollzugs sind insbesondere folgende Institutionen verantwortlich:

  • Justizvollzugsanstalten (JVA): Orte, an denen der Vollzug der Freiheitsstrafe erfolgt
  • Strafvollzugsbehörden der Länder: Überwachen und koordinieren die Durchführung des Vollzugs
  • Bewährungshilfe und soziale Dienste: Unterstützen bei der Wiedereingliederung nach der Entlassung und teilweise während der Haft

Kontexte der Anwendung des Strafvollzugs

Strafvollzug findet vornehmlich in folgenden Bereichen Anwendung:

  • Rechtssystem: Umsetzung gerichtlicher Urteile, die eine Freiheitsstrafe oder eine andere freiheitsentziehende Maßnahme (z.B. Sicherungsverwahrung) vorsehen
  • Verwaltung: Organisation und Durchführung der Haft in Justizvollzugsanstalten, Verwaltung interner Abläufe, Versorgung der Inhaftierten, Durchführung von Behandlung, Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen
  • Sozialer Kontext: Wiedereingliederung von Straftätern in das gesellschaftliche Leben (Resozialisierung), Betreuung durch Sozialarbeiter und andere Fachkräfte
  • Wirtschaftlicher Kontext: Justizvollzugsanstalten als eigenständige Wirtschaftsbetriebe, insbesondere im Bereich von Arbeitsbetrieben für Inhaftierte

Darüber hinaus können Teilaspekte des Strafvollzugs auch für Betroffene und deren Angehörige im Alltag von Bedeutung sein, beispielsweise hinsichtlich der Besuchsregelungen oder der Teilnahme an Resozialisierungsmaßnahmen.

Praktische Beispiele

  • Eine Person wird nach Verurteilung zu drei Jahren Freiheitsstrafe in eine Justizvollzugsanstalt eingewiesen. Dort wird nach den Vorgaben des jeweiligen Strafvollzugsgesetzes sichergestellt, dass die Strafe unter Beachtung der Rechte des Inhaftierten verbüßt wird.
  • Bei einer Haftstrafe unterhalb einer bestimmten Dauer oder bei entsprechender Bewährung kann eine Person von bestimmten Lockerungsmaßnahmen (z.B. Freigang, Hafturlaub) profitieren.
  • Nach Entlassung aus dem Strafvollzug kann die Bewährungshilfe den Übergang in das Leben außerhalb der Anstalt unterstützen, um Rückfälle zu vermeiden.

Ziele und Prinzipien des Strafvollzugs

Hauptziele

Das Strafvollzugsgesetz definiert als zentrales Ziel des Vollzugs die „Resozialisierung“ des Inhaftierten (§ 2 StVollzG). Zugleich ist die Gesellschaft vor weiteren Straftaten zu schützen. Daraus leiten sich folgende Hauptziele ab:

  • Resozialisierung: Vorbereitung des Gefangenen auf ein straffreies Leben nach der Entlassung
  • Sicherung der Allgemeinheit: Verhinderung weiterer Straftaten während des Freiheitsentzugs
  • Wahrung der Menschenwürde: Achtung und Schutz der Persönlichkeitsrechte der Inhaftierten
  • Differenzierter Vollzug: Anpassung des Vollzugs an die individuellen Bedürfnisse und Gefährdungspotenziale der Gefangenen

Grundprinzipien

Im Rahmen des modernen Strafvollzugs werden die folgenden Grundprinzipien berücksichtigt:

  • Respekt vor der Menschenwürde
  • Individualisierung der Behandlungs- und Fördermaßnahmen
  • Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in Freiheitsrechte
  • Transparenz und Rechtssicherheit der Abläufe im Vollzug

Typische Regelungen und Maßnahmen im Strafvollzug

Der Ablauf des Strafvollzugs ist durch eine Vielzahl von Regelungen und Maßnahmen strukturiert. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen:

  • Aufnahmeuntersuchung und Diagnostik
  • Erstellung eines Vollzugs- und Behandlungsplans
  • Zuweisung zu offenen oder geschlossenen Vollzugsformen
  • Angebot von Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen
  • Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalb der Anstalt (z.B. in Werkstätten)
  • Therapeutische und sozialpädagogische Betreuung
  • Durchführung von Haftlockerungen wie Freigang, Ausführungen, Ausgang, Urlaub
  • Entlassungsvorbereitung und Nachsorge

Formen des Strafvollzugs

Unterschieden werden im Wesentlichen folgende Formen:

  • Offener Vollzug: Geringere Sicherungsmaßnahmen, Gefangene können die Anstalt teilweise verlassen
  • Geschlossener Vollzug: Unterbringung unter erhöhten Sicherheitsbedingungen, kein unbeaufsichtigter Ausgang
  • Sicherungsverwahrung: Unterbringung zum Schutz der Allgemeinheit, wenn nach Verbüßung der Strafe eine hohe Rückfallgefahr festgestellt wird

Problemstellungen und Besonderheiten des Strafvollzugs

Der Strafvollzug ist mit verschiedenen Herausforderungen und gesellschaftlichen Diskussionen konfrontiert. Typische Problembereiche sind:

Überbelegung

Viele Justizvollzugsanstalten sind aufgrund hoher Inhaftiertenzahlen überbelegt. Dies kann zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen, erhöhtem Stress und einer erschwerten Durchführung von Resozialisierungsmaßnahmen führen.

Rückfallquoten

Die Rückfallraten nach dem Haftende stellen eine kontinuierliche Herausforderung dar. Zwischenstrafe und Integration optimal zu verbinden, ist ein Dauerproblem – zahlreiche Programme versuchen, die Resozialisierungschancen zu verbessern.

Haftbedingungen

Immer wieder stehen Haftbedingungen im Mittelpunkt gesellschaftlicher Debatten, insbesondere hinsichtlich der Wahrung der Menschenwürde, ausreichender therapeutischer Angebote und der strukturellen Ausstattung der Anstalten.

Besonderheiten im Jugendstrafvollzug

Der Jugendstrafvollzug unterscheidet sich durch einen noch stärkeren Resozialisierungsauftrag und eigene gesetzliche Grundlagen, insbesondere das Jugendgerichtsgesetz (JGG).

Internationale Unterschiede

Im internationalen Vergleich existieren teils erhebliche Unterschiede in der Ausgestaltung des Strafvollzugs, etwa bei den Haftstandards, der Bedeutung von Freiheitsentzug vs. alternativen Sanktionen sowie der Ausstattung der Haftanstalten.

Wichtige Aspekte und Zusammenfassung

Der Strafvollzug ist ein vielschichtiges und rechtlich streng geregeltes Teilgebiet des Strafrechts, das auf die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs, den Schutz der Allgemeinheit und die Resozialisierung verurteilter Straftäter ausgerichtet ist. Zu den wichtigsten Aspekten zählen:

  • Rechtlich verankert durch das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) und ergänzende landesrechtliche Regelungen
  • Organisation und Durchführung in Justizvollzugsanstalten sowie durch spezifische Behörden und Hilfseinrichtungen
  • Orientierung an Grundsätzen wie Menschenwürde, Resozialisierung und Verhältnismäßigkeit
  • Unterschiedliche Formen wie offener und geschlossener Vollzug sowie Sicherungsverwahrung
  • Diverse Problemstellungen, insbesondere durch Überbelegung, Rückfallquoten und Anforderungen an die Resozialisierung

Zielgruppen und Relevanz

Der Begriff „Strafvollzug“ ist insbesondere für folgende Personengruppen und Kontexte von Bedeutung:

  • Personen, die in der Strafrechtspflege oder im Bereich des Strafvollzugs arbeiten (z.B. in Justizvollzugsanstalten, bei Bewährungshilfen und Sozialdiensten)
  • Wissenschaftliche und gesellschaftliche Akteure, die sich mit der Entwicklung und Bewertung von Maßnahmen der Kriminalprävention und Resozialisierung beschäftigen
  • Betroffene und deren Angehörige, etwa hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Haft und Möglichkeiten der Wiedereingliederung

Der Strafvollzug bleibt ein zentrales Element der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Straftaten und ihrer Sanktionierung. Im Fokus steht stets das Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Allgemeinheit, dem staatlichen Strafanspruch und dem Ziel, nach der Entlassung den Weg in die Gesellschaft zu ebnen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der Zweck des Strafvollzugs?

Der Strafvollzug verfolgt mehrere zentrale Ziele: Neben der Bestrafung von Straftäterinnen und Straftätern steht insbesondere deren Resozialisierung im Vordergrund. Straftäter sollen während des Vollzugs befähigt werden, künftig ein straffreies Leben in sozialer Verantwortung zu führen. Gleichzeitig dient der Strafvollzug auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Darüber hinaus erfüllt der Vollzug eine generalpräventive Funktion, indem durch die spürbare Vollstreckung von Strafen das Vertrauen der Gesellschaft in die Rechtsordnung gestärkt werden soll. Um Missstände und Rückfälle zu vermeiden, gibt es im Strafvollzug umfangreiche Angebote wie Bildungsmaßnahmen, Arbeitsmöglichkeiten, psychologische Betreuung und soziale Hilfen.

Welche Rechte und Pflichten haben Gefangene im Strafvollzug?

Gefangene behalten trotz ihrer Inhaftierung eine Vielzahl ihrer Grundrechte, beispielsweise Menschenwürde, körperliche Unversehrtheit und Religionsfreiheit. Durch den Vollzug wird das Recht auf Freiheit eingeschränkt, aber die Bedingungen müssen dem sogenannten „Angleichungsgrundsatz“ entsprechen – das heißt, das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich angeglichen werden. Gefangene haben also etwa Anspruch auf Besuche, Briefwechsel, Teilnahme an religiösen Veranstaltungen sowie Zugang zu medizinischer Versorgung und Bildung. Andererseits müssen Gefangene bestimmte Pflichten erfüllen, darunter die Befolgung der Hausordnung, der Arbeits- und Bildungspflicht, Teilnahme an festgelegten Tagesabläufen und Anweisungen des Personals. Verstöße können zu Disziplinarmaßnahmen wie Arrest oder Besuchsverbot führen.

Was sind die Unterschiede zwischen Untersuchungshaft und Strafhaft?

Untersuchungshaft wird verhängt, wenn eine Person eines Verbrechens strafverdächtig ist und gegen sie ein Ermittlungsverfahren läuft, um beispielsweise Flucht-, Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr zu verhindern. Sie ist zeitlich begrenzt und dient ausschließlich der Sicherung des Strafverfahrens. Dagegen handelt es sich bei der Strafhaft um die zeitlich befristete Freiheitsentziehung nach der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat. Im Vollzugsalltag unterscheiden sich Umfang und Ausgestaltung von Rechten, Pflichten und Gestaltung des Haftlebens teilweise. Insbesondere bestehen in der Untersuchungshaft zum Schutz der Unschuldsvermutung weitergehende Rechte, wie etwa der freie Briefverkehr mit Verteidigern.

Welche Arbeitsmöglichkeiten gibt es für Inhaftierte?

Arbeit ist ein zentraler Bestandteil des Strafvollzugs und verfolgt das Ziel, die Gefangenen auf ein eigenverantwortliches, straffreies Leben nach der Haft vorzubereiten. Es gibt verschiedene Arbeitsbereiche: interne Betriebe wie Küche, Wäscherei, Gärtnerei oder Schreinerei und externe Aufträge von Unternehmen, die in den Justizvollzugsanstalten durchgeführt werden. Dazu kommen berufliche Ausbildungsmaßnahmen, Umschulungen und Qualifizierungen, die zum Teil mit anerkannten Abschlüssen verbunden sind. Für die geleistete Arbeit erhalten Gefangene eine Vergütung, die jedoch deutlich unter dem auf dem freien Arbeitsmarkt üblichen Niveau liegt. Ein Teil dieser Vergütung wird für Unterhalt, Rücklagen und Prozesskosten verwendet; ein anderes dient als Startkapital nach der Haft.

Wie ist der Tagesablauf im Strafvollzug geregelt?

Der Tagesablauf in Justizvollzugsanstalten ist in der Regel streng geregelt und orientiert sich an festen Uhrzeiten. Der Tag beginnt meist um 6 oder 7 Uhr mit dem Wecken, gefolgt von Frühstück, Arbeitszeit oder Bildungsmaßnahmen. Mittags gibt es in Gemeinschaft oder in der Zelle eine Mahlzeit, anschließend folgt oftmals eine weitere Arbeits- oder Freizeitphase, in der Sport, Gespräche, Weiterbildung, Seelsorge oder Therapieangebote stattfinden können. Nach dem Abendessen gibt es meist noch Freizeit, bevor um etwa 21 oder 22 Uhr Einschluss ist. Der Tagesablauf wird von der jeweiligen Anstalt festgelegt und kann je nach Sicherheitserfordernissen, Anstaltstyp und persönlicher Situation des Gefangenen variieren.

Gibt es spezielle Regelungen für den Strafvollzug von Jugendlichen?

Für Jugendliche und Heranwachsende (in Deutschland in der Regel zwischen 14 und 21 Jahren) gelten besondere Vorschriften, da der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht. Jugendstrafvollzug konzentriert sich insbesondere auf erzieherische Maßnahmen, soziale Integration und den Schutz vor negativen Einflüssen durch erwachsene Gefangene. Es werden gezielt Schul- und Ausbildungsmaßnahmen sowie sozialpädagogische Betreuung angeboten, und der Tagesablauf ist häufig noch strukturierter als im Erwachsenenvollzug. Zudem sind die Haftbedingungen oft weniger restriktiv, die Jugendlichen dürfen beispielsweise häufiger Besuch empfangen, und die Anzahl der möglichen Freizeitangebote ist erhöht, um die soziale Entwicklung zu fördern.