Begriff und Definition des Strafgesetzbuchs
Das Strafgesetzbuch (Abkürzung: StGB) ist das zentrale Gesetzeswerk des deutschen Strafrechts. Es regelt die Voraussetzungen der Strafbarkeit, die einzelnen Straftatbestände, die Formen der Strafe sowie die Rechtsfolgen strafbaren Verhaltens. Das Strafgesetzbuch enthält sowohl allgemeine Grundsätze des Strafrechts als auch konkrete Beschreibungen strafbarer Handlungen. Es bildet damit einen essenziellen Bestandteil der Rechtsordnung zum Schutz von Rechtsgütern, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs.
Historische Entwicklung des Strafgesetzbuchs
Das heutige deutsche Strafgesetzbuch trat am 1. Januar 1872 in Kraft und ist eine Weiterentwicklung des Strafrechts nach der Rechtsvereinheitlichung im Deutschen Kaiserreich. Es wurde in den darauffolgenden Jahrzehnten vielfach reformiert und durch bedeutende Gesetze, wie das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch, ergänzt. Bedeutende Reformen betrafen insbesondere die Abschaffung der Todesstrafe, Änderungen bei Sexualstraftaten, Delikte gegen die persönliche Freiheit und umfassende Modernisierungen, etwa durch das 6. Strafrechtsreformgesetz 1998 und zahlreiche Einzelreformen.
Aufbau und Systematik des Strafgesetzbuchs
Allgemeiner Teil (§§ 1-79b StGB)
Der Allgemeine Teil des Strafgesetzbuchs legt die grundlegenden Prinzipien des deutschen Strafrechts fest, darunter:
- Geltungsbereich: Regelungen zur Anwendbarkeit des StGB auf Taten im Inland und Ausland.
- Begriffsdefinitionen: Zentrale Begriffe wie Tat, Schuld, Vorsatz, Fahrlässigkeit.
- Verbrechensaufbau: Voraussetzungen für die Strafbarkeit, wie Handlungstatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld.
- Strafarten: Definition und Höhe von Freiheitsstrafe, Geldstrafe sowie Nebenstrafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung.
- Versuch und Beteiligung: Strafbarkeit des Versuchs und Regelungen zur Täterschaft und Teilnahme.
- Strafaufhebung: Rechtsfolgen wie Strafverjährung, Rücktritt und tätige Reue.
Besonderer Teil (§§ 80-358 StGB)
Im Besonderen Teil werden die einzelnen Straftatbestände aufgeführt. Die Delikte werden systematisch in verschiedene Kapitel gegliedert, etwa:
- Straftaten gegen den Frieden, Hochverrat und Landesverrat
- Straftaten gegen die öffentliche Ordnung
- Straftaten gegen die Person (z. B. Tötungsdelikte, Körperverletzung, Freiheitsdelikte)
- Straftaten gegen das Vermögen (z. B. Diebstahl, Betrug, Unterschlagung, Raub)
- Straftaten gegen den Staat und die staatliche Autorität
Jeder Straftatbestand besteht aus einem Tatbestandsteil, einer Rechtsfolgenregelung und teils aus Qualifikationen und Privilegierungen.
Nebenbestimmungen und Ergänzende Vorschriften
Daneben existieren Vorschriften zu Nebenfolgen einer Straftat, etwa:
- Verfall und Einziehung: Vermögensabschöpfende Maßnahmen zugunsten des Staates
- Maßregeln der Besserung und Sicherung: Unterbringung in der Psychiatrie, Führungsaufsicht, Berufsverbot
Anwendungsbereich und Geltung des Strafgesetzbuchs
Das Strafgesetzbuch ist im gesamten Bundesgebiet verbindlich. Es gilt für alle natürlichen Personen, die im Sinne des Gesetzes eine strafbare Handlung begehen. Seine Anwendung erfolgt monopolartig durch die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte.
Räumlicher und sachlicher Geltungsbereich
- Territorialprinzip: Das StGB gilt grundsätzlich für Straftaten, die im Inland begangen werden.
- Weltrechtsprinzip: In spezifischen Fällen (z. B. Völkermord, Kriegsverbrechen) ist auch eine Anwendung bei Auslandstaten vorgesehen.
Zeitlicher Geltungsbereich
Es gilt der Grundsatz, dass das jeweils bei Tatbegehung gültige Gesetz angewendet wird (Rückwirkungsverbot, Art. 103 II GG). Neuere, mildere Gesetze werden unter Umständen rückwirkend zugunsten der betroffenen Person angewendet (Lex mitior).
Bedeutung des Strafgesetzbuchs im Rechtssystem
Das Strafgesetzbuch steht im Zentrum des materiellen Strafrechts. Seine Normen entfalten Bindungswirkung für die Rechtsprechung und orientieren die Auslegung und Anwendung in jedem strafrechtlichen Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren. Daneben existieren zahlreiche Nebengesetze mit Strafbestimmungen, die jedoch meist auf die Systematik des StGB Bezug nehmen oder ergänzend herangezogen werden.
Reformen und Kritik
Das Strafgesetzbuch ist regelmäßig Gegenstand gesellschaftlicher und politischer Diskussionen. Debatten betreffen beispielsweise die Reformulierung einzelner Straftatbestände, die Anpassung von Strafrahmen an veränderte Wertvorstellungen oder die Einführung neuer Deliktskategorien, z. B. im Bereich Cyberkriminalität und Hate Speech. Des Weiteren wird das Verhältnis zwischen Prävention und Repression sowie die Sinnhaftigkeit bestimmter Strafandrohungen regelmäßig hinterfragt.
Internationale Einflüsse und Vergleich
Das deutsche Strafgesetzbuch steht im Zusammenhang mit internationalen Übereinkommen und wird durch Vorgaben der Europäischen Union sowie völkerrechtliche Abkommen beeinflusst. Andere Länder haben teilweise ähnlich strukturierte Gesetzeswerke mit vergleichbarem Anwendungsbereich, wobei sich Regelungsinhalte und Strafandrohungen teils deutlich unterscheiden.
Literatur und weiterführende Informationen
- Strafgesetzbuch (StGB) – Gesetze im Internet (BMI)
- Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB)
- Handkommentare und Lehrbücher zum deutschen Strafrecht
Hinweis: Die hier dargestellten Inhalte bieten einen zusammenfassenden Überblick zum Strafgesetzbuch und beleuchten die wichtigsten rechtlichen Aspekte, Systematiken und Auswirkungen für das deutsche Rechtssystem.
Häufig gestellte Fragen
Wann kommt das Strafgesetzbuch (StGB) zur Anwendung?
Das Strafgesetzbuch (StGB) ist das zentrale Gesetzbuch des deutschen Strafrechts und findet immer dann Anwendung, wenn eine in Deutschland begangene oder mit Deutschland eng verbundene Handlung strafrechtlich bewertet werden muss. Das StGB gilt grundsätzlich für alle Taten, die im Bundesgebiet begangen werden (Territorialitätsprinzip gemäß § 3 StGB). Auch außerhalb Deutschlands begangene Straftaten können unter bestimmten Voraussetzungen dem StGB unterfallen, etwa wenn das Opfer ein Deutscher ist oder die Tat im Ausland gegen deutsche Rechtsgüter gerichtet war (§§ 7, 9 StGB). Zusätzlich gibt es spezielle Regelungen für Taten auf deutschen Schiffen und Luftfahrzeugen sowie für Auslandstaten bestimmter Tätergruppen. Das StGB kommt außerdem immer dann zur Anwendung, wenn keine spezielleren Strafgesetze eingreifen (Subsidiaritätsprinzip) und sofern die Tat zum Zeitpunkt der Begehung mit Strafe bedroht war (Rückwirkungsverbot nach Art. 103 II GG und § 1 StGB).
Welche Arten von Strafen sieht das Strafgesetzbuch vor?
Das StGB unterscheidet verschiedene Arten strafrechtlicher Sanktionen, wobei die Hauptformen die Freiheitsstrafe und die Geldstrafe sind. Die Freiheitsstrafe kann zeitlich befristet oder, im Falle besonders schwerer Delikte wie Mord, auch lebenslang verhängt werden (§ 38 StGB). Die Geldstrafe wird in Tagessätzen bemessen, deren Höhe sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters richtet (§ 40 StGB). Nebenstrafen wie Fahrverbot (§ 44 StGB) oder Berufsverbot (§ 45 StGB) können zusätzlich ausgesprochen werden. Darüber hinaus kennt das StGB Maßregeln der Besserung und Sicherung, darunter die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder die Entziehung der Fahrerlaubnis, die nicht als Strafen, sondern als präventive Maßnahmen gelten (§ 61 ff. StGB).
Wie ist das Strafmaß im Strafgesetzbuch geregelt?
Das Strafmaß ist im StGB für jede Straftat im sogenannten besonderen Teil (Zweiter Abschnitt) geregelt. Dort finden sich für jeden Straftatbestand Mindest- und Höchststrafen. Das Gericht hat im Einzelfall einen legalen Strafrahmen, innerhalb dessen es die konkrete Strafe nach Maßgabe schuldangemessener Strafzumessung (§ 46 StGB) festsetzen muss. Dabei werden sowohl strafmildernde als auch strafschärfende Umstände berücksichtigt, etwa das Geständnis des Täters, besondere Grausamkeit oder einschlägige Vorstrafen. In besonders schweren Fällen oder bei Vorliegen von Strafzumessungsregeln kann der Strafrahmen durch das Gesetz erweitert, gemildert oder ausgeschlossen werden (beispielsweise bei minder schweren Fällen oder Versuch einer Straftat).
Welche Bedeutung hat das Schuldprinzip im Strafgesetzbuch?
Das Schuldprinzip ist im deutschen Strafrecht ein zentrales Grundprinzip, das auch im StGB verankert ist. Nach § 46 StGB darf die Strafe nur auf der individuellen Schuld des Täters beruhen. Die Schuld ergibt sich aus der individuellen Vorwerfbarkeit der Straftat und setzt voraus, dass der Täter vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt und dabei die soziale Bedeutung seines Tuns verstanden hat. Ohne Schuld kann keine Strafe verhängt werden (Nulla poena sine culpa). Das Gericht muss daher im Strafverfahren feststellen, inwieweit dem Täter das Ergebnis seiner Handlung vorwerfbar ist. Besondere Regelungen wie Schuldfähigkeit (§§ 19 ff. StGB), verminderte Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen limitieren die Anwendung des Schuldprinzips im Einzelfall.
Welche Rolle spielen Verjährungsfristen im Strafgesetzbuch?
Verjährung bedeutet im Strafrecht, dass ein bestimmtes Delikt nach Ablauf einer gesetzlich geregelten Zeitspanne nicht mehr verfolgt werden kann. Die Verjährungsfristen richten sich dabei nach der Schwere der Straftat und sind in § 78 StGB geregelt. Beispielsweise beträgt die Verjährungsfrist bei Mord keine Grenze, das heißt, Mord verjährt nicht. Für andere Delikte variiert die Frist von drei Jahren (bei geringfügigen Straftaten) bis zu dreißig Jahren (bei schweren Straftaten wie schwerer Körperverletzung oder Totschlag). Nach Eintritt der Verjährung kann die Tat strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden. Die Verjährung kann durch bestimmte Handlungen wie Anklageerhebung oder Haftbefehl unterbrochen werden, sodass die Frist von Neuem zu laufen beginnt (§ 78c StGB).
Was ist der Unterschied zwischen Verbrechen und Vergehen laut Strafgesetzbuch?
Das StGB unterscheidet in § 12 zwischen Verbrechen und Vergehen. Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind. Beispiele sind Mord, Raub oder schwere Brandstiftung. Vergehen hingegen sind Straftaten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder lediglich mit Geldstrafe bedroht sind, wie Diebstahl, Körperverletzung oder Betrug. Diese Unterscheidung ist vor allem für Fragen wie Versuchsstrafbarkeit, Strafrahmenverschiebung oder bestimmte besondere Vorschriften relevant, etwa im Bereich der Teilnahme oder des Strafaufhebungsgrundes.
Unter welchen Bedingungen kann eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden?
Nach § 56 StGB kann das Gericht eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren zur Bewährung aussetzen, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte künftig keine Straftaten mehr begehen wird und besondere Umstände dies rechtfertigen. Hierbei werden insbesondere die Persönlichkeit des Täters, sein Vorleben, die Umstände der Tat sowie sein Verhalten nach der Tat berücksichtigt. Während der Bewährungszeit, die normalerweise zwischen zwei und fünf Jahren beträgt, muss der Verurteilte bestimmte Auflagen und Weisungen befolgen. Verstöße gegen diese Auflagen können den Widerruf der Bewährung und nachträgliche Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Folge haben. Das Ziel der Bewährung ist dabei, Resozialisierung zu ermöglichen und einen erneuten Straffälligkeit zu verhindern.