Begriff und Grundlagen: Strafen im rechtlichen Sinne
Der Begriff Strafen bezeichnet im rechtlichen Kontext Sanktionen, die von staatlichen Organen aufgrund eines gesetzlich festgelegten Handlungsmusters, einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat gegen eine Person verhängt werden. Ziel von Strafen ist es, Rechtsverletzungen zu ahnden, gesellschaftliche Normen zu schützen, unerwünschtes Verhalten zu verhindern und die Allgemeinheit sowie das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung zu stärken. Strafen finden insbesondere im Strafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und im Disziplinarrecht Anwendung.
Historische Entwicklung der Strafen
Die Entwicklung von Strafen ist eng mit der Geschichte des Rechts verbunden. Frühe Formen der Strafe reichten von Sippenhaft bis hin zu körperlichen Züchtigungen und Todesstrafen. Mit der Aufklärung und der Entwicklung des modernen Rechtsstaats trat zunehmend der Gedanke der Resozialisierung und Verhältnismäßigkeit in den Vordergrund. Heutzutage bestimmen Rechtsstaatsprinzipien, Menschenrechte sowie das Übermaßverbot die Ausgestaltung staatlicher Strafbefugnisse.
Rechtliche Einordnung der Strafe
Strafrechtlicher Kontext
Im Strafrecht bezeichnet die Strafe eine vom Staat verhängte Sanktion für schuldhafte und rechtswidrige Handlungen. Die Vorschriften über Strafen sind im Strafgesetzbuch (StGB), in Nebengesetzen sowie im Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt.
Voraussetzungen der Strafverhängung
Strafverhängung setzt voraus:
- eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung,
- persönliche Strafbarkeit des Täters,
- Verfahrensgrundsätze wie das Recht auf Gehör und faires Verfahren.
Strafen im Ordnungswidrigkeitenrecht
Das Ordnungswidrigkeitenrecht, geregelt im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), sieht als Sanktion die Geldbuße („Verwarnung mit Verwarnungsgeld“) vor. Die Abgrenzung zwischen Strafe und Maßnahme spielt im Ordnungswidrigkeitenrecht eine zentrale Rolle; trotz materieller Gemeinsamkeiten sind Geldbußen formal keine Strafen im strafrechtlichen Sinn.
Disziplinar- und Nebenstrafrecht
Auch das Disziplinarrecht etwa für Beamte enthält strafähnliche Sanktionen als Konsequenz aus dienstrechtlichen Verstößen. Weitere Spezialgesetze können eigene Sanktionssysteme enthalten (z. B. Steuerrecht, Straßenverkehrsrecht, Berufsrecht).
Arten und Formen der Strafe im deutschen Recht
Hauptstrafen
Freiheitsstrafe
Die Freiheitsstrafe ist die einschneidendste Form der staatlichen Sanktion und bedeutet den zeitweisen oder lebenslangen Entzug der Freiheit (§ 38 StGB). Sie kann in Form von
- zeitiger Freiheitsstrafe (zwischen einem Monat und fünfzehn Jahren) oder
- lebenslanger Freiheitsstrafe
verhängt werden. Der Vollzug und die Voraussetzungen richten sich nach dem Strafvollzugsgesetz.
Geldstrafe
Die Geldstrafe besteht im deutschen Recht in Geldzahlung, die in Tagessätzen bemessen wird (§ 40 StGB). Die Höhe richtet sich nach Schuld, Einkommen und Vermögensverhältnissen des Täters.
Nebenstrafen
Nebenstrafen wie das Fahrverbot (§ 44 StGB) können zusätzlich zu Hauptstrafen, insbesondere bei Verkehrsdelikten, verhängt werden. Auch der Verlust von Amtsrechten oder Berufsverbot zählen zu Nebenstrafen.
Maßregeln der Besserung und Sicherung
Neben den genannten Strafen gibt es Maßnahmen, die im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder zur Resozialisierung des Täters angeordnet werden können (z. B. Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung, Führungsaufsicht).
Ziel und Zweck staatlicher Strafen
Sühne und Gerechtigkeit
Das Bedürfnis nach gerechtem Ausgleich (Vergeltungsfunktion) für begangenes Unrecht prägt das Strafrecht seit jeher. Die Strafe dient als gesellschaftliches Signal zur Wiederherstellung der verletzten Rechtsordnung.
Prävention
Strafen verfolgen sowohl general- als auch spezialpräventive Ziele:
- Generalprävention: Abschreckung der Allgemeinheit vor vergleichbaren Taten.
- Spezialprävention: Abschreckung, Besserung und Resozialisierung des Täters selbst.
Individual- und Sozialprävention
Ein weiteres Ziel ist der Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Täterinnen und Tätern, insbesondere durch den Entzug der Freiheit bei schweren Straftaten (Sicherungsfunktion).
Grundsätze der Strafzumessung
Die Strafzumessung erfolgt nach den Grundregeln des § 46 StGB. Maßgeblich sind
- die Schuld des Täters,
- die Tatumstände,
- Beweggründe und Motive,
- das Vorleben des Angeklagten sowie
- die Folgen der Tat.
Das Übermaßverbot und das Verbot der Doppelbestrafung sind dabei zentrale Leitlinien.
Grenzen der Strafe
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass Strafen nur im notwendigen Umfang und angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat und Schuld erfolgen.
Menschenrechte und strafrechtlicher Schuldgrundsatz
Die Achtung der Menschenwürde (Art. 1 GG) und das Schuldprinzip (nulla poena sine culpa) beschränken die strafrechtliche Reaktion des Staates.
Keine Strafe ohne Gesetz (nulla poena sine lege)
Art. 103 Abs. 2 GG und § 1 StGB stellen sicher, dass niemand ohne gesetzliche Grundlage bestraft werden darf. Rückwirkende Strafgesetze sind unzulässig.
Relevanz in anderen Rechtsbereichen und internationalen Kontexten
Strafe im Europarecht und Völkerrecht
Neben dem nationalen Strafrecht gibt es zunehmend Bedeutung internationaler Strafrechtsnormen, beispielsweise durch den Internationalen Strafgerichtshof. Auch das Europarecht beeinflusst die Ausgestaltung strafrechtlicher Sanktionen.
Besondere Strafarten
Im Rahmen von Sanktionsregimen treten weitere Formen der Strafe auf, etwa Verwaltungssanktionen, Disziplinarmaßnahmen oder Sanktionen im Arbeitsrecht.
Strafe und Resozialisierung
Moderne Strafrechtssysteme verfolgen neben der Ahndung von Taten Anliegen der Wiedereingliederung straffällig Gewordener in die Gesellschaft. Zahlreiche Gesetze und Programme setzen auf therapeutische und soziale Begleitmaßnahmen, etwa bei Bewährungsauflagen oder Maßnahmen zum Opferschutz.
Zusammenfassung:
Strafen sind staatlich verhängte Sanktionen als Reaktion auf Rechtsverstöße mit dem Ziel, normgerechtes Verhalten zu sichern, die Gesellschaft zu schützen und individuelles Unrecht zu sühnen. Die Ausgestaltung und Anwendung von Strafen unterliegen strengen gesetzlichen, verfahrensrechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben. Durch Prävention, Gerechtigkeit und Resozialisierung erfüllt die Strafe im Rechtsstaat eine zentrale Funktion zur Wahrung des gesellschaftlichen Friedens und der Rechtsordnung.
Häufig gestellte Fragen
Was sind mögliche strafrechtliche Folgen bei einer Verurteilung?
Im strafrechtlichen Kontext kann eine Verurteilung verschiedene Folgen nach sich ziehen. Zu den häufigsten strafrechtlichen Sanktionen zählen Freiheitsstrafe, Geldstrafe und Nebenstrafen oder Maßregeln der Besserung und Sicherung. Die Freiheitsstrafe kann sowohl zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 56 StGB) als auch ohne Bewährung vollstreckt werden, je nach Schwere der Schuld und den persönlichen Umständen des Täters. Die Geldstrafe bemisst sich in Tagessätzen, deren Anzahl und Höhe sich nach dem Einkommen des Verurteilten richtet (§§ 40 ff. StGB). Neben diesen primären Strafen können auch Nebenstrafen wie Fahrverbot (§ 44 StGB) oder die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) verhängt werden. Zusätzlich sind Maßnahmen wie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) oder in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) möglich. Auch die Eintragung ins Bundeszentralregister sowie etwaige Auswirkungen auf das Führungszeugnis sind rechtliche Konsequenzen.
Was versteht das Recht unter einer Geldstrafe und wie wird sie berechnet?
Die Geldstrafe ist eine vom Gericht verhängte Zahlungspflicht, die in Tagessätzen ausgesprochen wird (§ 40 StGB). Das Gericht legt zunächst die Anzahl der Tagessätze, abhängig von der Schwere der Tat und der persönlichen Schuld, fest. Ein Tagessatz entspricht in der Regel dem 1/30 des Nettoeinkommens des Verurteilten und bewegt sich nach Gesetz in der Regel zwischen 5 und 360, in Ausnahmefällen sogar bis zu 720 Tagessätzen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes orientiert sich ausschließlich am Nettoeinkommen des Täters, um gleiche Härte für alle Betroffenen herzustellen. Kommt der Verurteilte der Zahlungsaufforderung nicht nach, kann die Geldstrafe durch sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden, wobei jeweils ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe entspricht.
Gibt es Umstände, die die Strafe mildern oder verschärfen können?
Ja, das Strafrecht sieht zahlreiche sogenannte Strafzumessungsgründe vor. Mildernde Umstände sind etwa ein Geständnis, Reue, Wiedergutmachung des Schadens oder die geringe Bedeutung der Tat (§ 46 StGB). Verschärfende Umstände können insbesondere Vorstrafen, das Handeln aus niedrigen Beweggründen oder eine besonders hohe kriminelle Energie sein. Auch die Lebenssituation des Täters zum Tatzeitpunkt und eventuelle Provokationen durch das Opfer werden berücksichtigt. Gerichtliche Entscheidungsspielräume existieren bei der Festsetzung der Strafhöhe ebenso wie bei der Frage, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Das Gericht muss alle relevanten Umstände in einer Gesamtwürdigung einbeziehen.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden?
Eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe ist im deutschen Strafrecht an verschiedene Voraussetzungen geknüpft (§ 56 StGB). Grundsätzlich kommt eine Bewährung in Betracht, wenn die verhängte Freiheitsstrafe nicht mehr als zwei Jahre beträgt. Das Gericht muss zudem zu der Prognose kommen, dass von dem Verurteilten in Zukunft keine weiteren Straftaten zu erwarten sind. Die Beurteilung umfasst unter anderem das Nachtatverhalten, die persönlichen und sozialen Lebensumstände sowie etwaige Bemühungen um Schadenswiedergutmachung. Bei einer erfolgreichen Bewährungszeit gilt die Strafe als erledigt, andernfalls droht der Widerruf und die anschließende Vollstreckung der Freiheitsstrafe.
Wie werden Nebenstrafen oder Maßregeln der Besserung und Sicherung verhängt?
Nebenstrafen wie Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis werden zusätzlich zur Hauptstrafe ausgesprochen, wenn die Straftat im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen steht. Maßregeln der Besserung und Sicherung wie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) oder einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) werden angeordnet, sofern dies zum Schutz der Allgemeinheit oder zur Besserung des Täters erforderlich ist. Für die Anordnung sind stets konkrete Anhaltspunkte und eine besondere Gefährlichkeitsprognose erforderlich. Diese Entscheidungen basieren auf psychiatrischen oder medizinischen Gutachten und sind an strenge gesetzliche Voraussetzungen gebunden.
Welche Rolle spielt ein Strafbefehl im deutschen Strafverfahren?
Der Strafbefehl ist eine spezielle Form der strafrechtlichen Ahndung für kleinere und mittelschwere Straftaten im sogenannten beschleunigten Verfahren (§§ 407 ff. StPO). Ohne Hauptverhandlung kann das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine bestimmte Strafe, meist eine Geldstrafe oder kurze Freiheitsstrafe auf Bewährung, direkt festsetzen. Der Beschuldigte kann gegen den Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen, wodurch es zur regulären Hauptverhandlung kommt. Akzeptiert er den Strafbefehl, wird dieser wie ein rechtskräftiges Urteil behandelt, hat allerdings den Vorteil eines vereinfachten und schnelleren Ablaufs, ohne öffentliche Verhandlung.
Haben Strafen immer Auswirkungen auf das Führungszeugnis?
Nicht jede Strafe wird im Führungszeugnis eingetragen. Nach dem Bundeszentralregistergesetz (§ 32 BZRG) werden insbesondere Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten sowie bestimmte Geldstrafen in das Führungszeugnis aufgenommen. Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen wegen eines erstmaligen Vergehens werden in der Regel nicht eingetragen. Bei Wiederholungstaten oder bei Verurteilungen zu höheren Strafen erfolgt jedoch ein Eintrag, der weitreichende Auswirkungen auf das Berufsleben, insbesondere im öffentlichen Dienst oder in sicherheitssensiblen Bereichen, haben kann. Zudem werden bestimmte Straftaten auch bei geringeren Strafen im erweiterten Führungszeugnis sichtbar, das etwa bei Tätigkeiten mit Kindern erforderlich ist.