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Strafbefehl


Definition und Allgemeiner Überblick zum Strafbefehl

Ein Strafbefehl ist ein Instrument des deutschen Strafprozessrechts, das dazu dient, die Ahndung von Straftaten in einem vereinfachten und beschleunigten Verfahren, ohne Hauptverhandlung, zu ermöglichen. Es handelt sich hierbei um eine gerichtliche Entscheidung, die auf Antrag der Staatsanwaltschaft im schriftlichen Verfahren erlassen wird. Der Strafbefehl richtet sich vor allem an Fälle, in denen eine geringe Schuld des Täters und eine einfache Beweislage vorliegen. Ziel ist es, das Strafverfahren effizient zu gestalten und Gerichte zu entlasten.

Formelle und Laienverständliche Definition

Formelle Definition

Unter einem Strafbefehl versteht man eine gerichtliche Anordnung, mit der das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine Sanktion (z. B. Geldstrafe, Fahrverbot) gegen eine beschuldigte Person ohne mündliche Hauptverhandlung verhängt. Dies ist gesetzlich in den §§ 407-412 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt.

Laienverständliche Definition

Vereinfacht ausgedrückt ist ein Strafbefehl ein offizielles Schreiben vom Gericht. Darin steht, dass jemand eine bestimmte Strafe für eine Straftat zahlen oder eine andere Maßnahme befolgen soll, ohne dass dazu eine Gerichtsverhandlung stattfindet. Betroffene können innerhalb einer Frist Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Gesetzliche Vorschriften zum Strafbefehl

Die rechtlichen Grundlagen des Strafbefehlsverfahrens finden sich hauptsächlich in der Strafprozessordnung (StPO), insbesondere in den §§ 407-412 StPO. Todesstrafe, Freiheitsstrafe ohne Bewährung oder Maßnahmen der Besserung und Sicherung dürfen im Strafbefehlsverfahren nicht verhängt werden. In der Praxis werden insbesondere Geldstrafe und Fahrverbot mittels Strafbefehl ausgesprochen.

Wichtige Paragrafen im Überblick

  • § 407 StPO: Zulässigkeit des Strafbefehls, Voraussetzungen
  • § 408 StPO: Verfahren; Voraussetzungen für den Erlass
  • § 408a StPO: Zustellung und Einspruchsrecht
  • § 409 StPO: Folgen des Einspruchs
  • § 410 StPO: Weitere Vorgehensweise nach Einspruch

Zweck und Relevanz des Strafbefehls

Der Strafbefehl dient dazu, einfache und weniger schwerwiegende Delikte wie Diebstahl, Betrug, Verkehrsdelikte oder andere Ordnungswidrigkeiten ohne großen Aufwand und ohne öffentliche Gerichtsverhandlung zu ahnden. Das Verfahren soll Prozessökonomie herstellen und die Gerichte von minderschweren Fällen entlasten.

Eine typische Situation, in der ein Strafbefehl eingesetzt wird, ist beispielsweise ein erstmaliger Diebstahl geringwertiger Sachen, ein einzelnes Fahren ohne gültiges Zugticket oder ein Verstoß gegen Verkehrsvorschriften wie z. B. eine Trunkenheitsfahrt ohne Personenschaden.

Typische Anwendungsbereiche des Strafbefehls

Der Strafbefehl findet in verschiedenen Konstellationen Anwendung, vor allem wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Sachlage ist klar und einfach.
  • Es handelt sich um weniger schwere Delikte.
  • Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass keine Hauptverhandlung erforderlich ist.
  • Die Strafe kann auf eine Geldstrafe, ein Fahrverbot oder – in Ausnahmefällen – eine Freiheitsstrafe zur Bewährung (bis zu einem Jahr) lauten.

Typische Delikte im Anwendungsbereich des Strafbefehls sind:

  • Ladendiebstahl
  • Leistungserschleichung (sog. „Schwarzfahren“)
  • Beleidigung
  • Körperverletzung ohne schwere Folgen
  • Betrug in einfach gelagerten Fällen
  • Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (geringe Menge)

Übersicht: Sanktionen im Strafbefehlsverfahren

Im Strafbefehlsverfahren können folgende Sanktionen verhängt werden:

  • Geldstrafe
  • Verwarnung mit Strafvorbehalt
  • Fahrverbot (1-6 Monate)
  • Entziehung der Fahrerlaubnis (nur in besonderen Konstellationen)
  • Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, jedoch nur zur Bewährung

Ablauf des Strafbefehlsverfahrens

Der Ablauf eines Strafbefehlsverfahrens kann wie folgt zusammengefasst werden:

  1. Ermittlungen: Die Polizei oder die Staatsanwaltschaft führt Ermittlungen durch.
  2. Antrag der Staatsanwaltschaft: Liegen genügend Beweise vor, stellt die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls.
  3. Erlass des Strafbefehls: Das Gericht prüft den Antrag und erlässt im Regelfall den Strafbefehl.
  4. Zustellung: Der Strafbefehl wird der betroffenen Person amtlich zugestellt.
  5. Einspruchsfrist: Innerhalb von zwei Wochen kann gegen den Strafbefehl schriftlich oder zur Niederschrift beim Gericht Einspruch eingelegt werden.
  6. Reaktion auf Einspruch: Legt die betroffene Person Einspruch ein, kommt es in aller Regel zur Hauptverhandlung vor Gericht. Ohne Einspruch wird der Strafbefehl rechtskräftig und ist einer rechtskräftigen Verurteilung gleichgestellt.

Einspruch gegen den Strafbefehl

Ein zentrales Element des Strafbefehlsverfahrens ist das Recht auf Einspruch. Die betroffene Person kann, nach Zustellung des Strafbefehls, innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder mündlich (zur Niederschrift) beim zuständigen Amtsgericht Einspruch einlegen. Der Einspruch kann auf den gesamten Strafbefehl oder auf bestimmte Teile, wie etwa die Höhe einer Geldstrafe, beschränkt werden.

Nach Einspruch kommt es grundsätzlich zu einer Hauptverhandlung, in der sowohl die Sach- als auch die Rechtslage erneut geprüft wird. Das Gericht ist dabei nicht an den ursprünglichen Strafbefehl gebunden und kann auch eine mildere oder eine strengere Strafe verhängen (sog. „reformatio in peius“, Verschlechterungsverbot beachten).

Bedeutung und Folgen eines rechtskräftigen Strafbefehls

Ein rechtskräftiger Strafbefehl hat die gleichen Folgen wie ein Urteil. Die betroffene Person gilt damit als vorbestraft, wenn eine bestimmte Geldstrafenhöhe überschritten wird (i. d. R. ab 90 Tagessätzen bei Geldstrafe) oder eine Freiheitsstrafe verhängt wird. Der Eintrag im Bundeszentralregister und Führungszeugnis ergibt sich aus den gesetzlichen Voraussetzungen nach §§ 32 ff. Bundeszentralregistergesetz (BZRG).

Mögliche Konsequenzen eines rechtskräftigen Strafbefehls sind:

  • Eintrag im Führungszeugnis (ab bestimmten Tagessatzhöhen)
  • Auswirkungen auf Bewährungsauflagen, ausländisches Aufenthaltsrecht
  • Disziplinarische Folgen im Beruf, insbesondere im öffentlichen Dienst

Häufige Problemstellungen und Besonderheiten

Fehlende persönliche Anhörung

Ein Strafbefehl wird in der Regel ohne persönliche Anhörung der beschuldigten Person erlassen. Das kann zur Folge haben, dass wichtige entlastende Umstände unberücksichtigt bleiben, wenn sie nicht bereits im Ermittlungsverfahren vorgetragen wurden.

Fristversäumnisse

Wer die zweiwöchige Einspruchsfrist versäumt, hat in der Regel nur noch in Ausnahmefällen, wie z. B. bei unverschuldeter Verhinderung, die Möglichkeit, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen und so erneut gegen den Strafbefehl vorzugehen.

Gefahr falscher Einschätzung

Betroffene unterschätzen manchmal die Tragweite des Strafbefehls als wenig bedeutsames „Verwaltungsverfahren“ und akzeptieren das Schreiben vorschnell. Ein vorschneller Verzicht auf Einspruch kann jedoch erhebliche Folgen für den eigenen Strafregistereintrag bzw. das Führungszeugnis haben.

Nachträgliche Änderung oder Aufhebung

Sofern der Strafbefehl rechtskräftig ist, sind Änderungen oder Aufhebungen grundsätzlich nur durch Wiederaufnahmeverfahren nach §§ 359 ff. StPO möglich, und dies nur unter strengen Voraussetzungen.

Institutionen und Zuständigkeiten

Verantwortliche Institutionen für das Strafbefehlsverfahren sind:

  • Staatsanwaltschaft: Beantragt den Strafbefehl beim zuständigen Amtsgericht.
  • Amtsgericht: Erlässt den Strafbefehl und entscheidet über etwaige Einsprüche.
  • Rechtsmittelinstanz: Das Landgericht kann im Berufungsverfahren entscheiden, falls gegen das Urteil aus der (Einspruchs-)Hauptverhandlung Berufung eingelegt wird.

Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte

Der Strafbefehl ist ein wichtiges Instrument zur effizienten Ahndung minder schwerer Straftaten im deutschen Strafrecht. Er ermöglicht es, Verfahren ohne Hauptverhandlung durchzuführen und Gerichte zu entlasten. Betroffene erhalten die Möglichkeit, durch einen Einspruch eine reguläre Hauptverhandlung zu erwirken. Die gesetzlichen Regelungen finden sich in §§ 407-412 StPO und bestimmen den Ablauf sowie die zulässigen Sanktionen. Mögliche Konsequenzen sollten sorgfältig bedacht werden, insbesondere die Auswirkungen auf das Führungszeugnis oder das Strafregister.

Hinweise zur Relevanz des Begriffs Strafbefehl

Besonders relevant ist der Begriff Strafbefehl für Personen, die wegen eines geringfügigen Delikts erstmals mit dem Strafrecht in Kontakt kommen. Ebenso ist das Verfahren für Unternehmen und Organisationen von Bedeutung, wenn etwa Mitarbeitern oder Führungskräften im Rahmen beruflicher Tätigkeiten ein Strafbefehl zugestellt wird. Auch im Bereich Verkehrsdelikte und Ordnungswidrigkeiten ist der Strafbefehl ein zentrales Verfahren.

Literatur und weiterführende Links

  • Strafprozessordnung (StPO), §§ 407-412
  • Bundeszentralregistergesetz (BZRG), §§ 32 ff.
  • Informationen der deutschen Amtsgerichte und Staatsanwaltschaften zum Strafbefehlsverfahren

Der Strafbefehl bleibt eine effiziente Rechtsfigur, die sowohl Vorteile in Bezug auf Geschwindigkeit und Ressourcen spart, zugleich aber Risiken für die Betroffenen birgt, die einer sorgfältigen Prüfung bedürfen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Strafbefehl und wann wird er erlassen?

Ein Strafbefehl ist eine besondere Form der strafrechtlichen Sanktion im deutschen Recht, mit der geringfügige Straftaten ohne Hauptverhandlung durch einen Richter entschieden werden können. Das Strafbefehlsverfahren dient der schnellen und effizienten Ahndung von Massendelikten, wie zum Beispiel Diebstahl, Betrug, Beleidigung, Straßenverkehrsdelikte oder auch Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die Staatsanwaltschaft beantragt den Erlass eines Strafbefehls, wenn sie die Sachlage für ausreichend geklärt hält und eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich ansieht. Der zuständige Richter prüft den Sachverhalt und kann dem Antrag entsprechen oder ihn ablehnen. Der Strafbefehl selbst enthält eine genaue Beschreibung der Tat, die dem Beschuldigten vorgeworfen wird, sowie die festgesetzte Strafe, beispielsweise eine Geldstrafe, Fahrverbot oder in selteneren Fällen eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr auf Bewährung. Er wird dem Beschuldigten schriftlich zugestellt.

Welche Rechte habe ich, wenn ich einen Strafbefehl erhalte?

Nach Erhalt eines Strafbefehls haben Sie wichtige Rechte. Vor allem können Sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls Einspruch einlegen. Das Einspruchsrecht ermöglicht Ihnen, den wirksamen Eintritt der Sanktion zunächst zu verhindern und eine richterliche Hauptverhandlung zu erzwingen. Bis zur Rechtskraft des Strafbefehls gelten Sie weiterhin als unschuldig. Sie sind außerdem berechtigt, einen Verteidiger zu konsultieren, Akteneinsicht zu beantragen und sich umfassend zur Sache zu äußern. Es ist darüber hinaus möglich, den Einspruch auf bestimmte Teile – zum Beispiel nur das Strafmaß oder einzelne Tatvorwürfe – zu beschränken. Sollten Sie keine fristgerechte Reaktion zeigen, wird der Strafbefehl nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist rechtskräftig und ist einem rechtskräftigen Urteil gleichgestellt.

Welche Folgen hat ein Strafbefehl für meine Vorstrafen?

Ein Strafbefehl und die darin festgesetzte Strafe sind einem Urteil gleichgestellt. Das bedeutet, dass Sie grundsätzlich als vorbestraft gelten, sofern die Strafe in das Bundeszentralregister eingetragen wird. Im Falle von Geldstrafen über 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen, egal ob auf Bewährung oder nicht, erfolgt zwingend eine Eintragung ins Führungszeugnis und das Bundeszentralregister. Kleinere Geldstrafen (bis 90 Tagessätze) tauchen nicht im Führungszeugnis zur Vorlage bei Arbeitgebern, aber im Bundeszentralregister auf. Eintragungen dort bleiben in der Regel drei bis fünf Jahre bestehen, können jedoch bei weiteren Straftaten längere Zeit sichtbar bleiben. Der Strafbefehl kann somit erhebliche Auswirkungen auf Ihre persönliche, berufliche oder auch reiserechtliche Situation haben.

Kann ich mich gegen einen Strafbefehl wehren?

Ja, Sie können und sollten einen Strafbefehl, sofern Sie mit dem Tatvorwurf oder der Höhe der Strafe nicht einverstanden sind, nicht einfach akzeptieren. Die wirksamste Möglichkeit, sich zu wehren, ist das fristgerechte Einlegen eines Einspruchs. Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls entweder schriftlich beim Gericht oder mündlich zur Niederschrift beim Urkundsbeamten eingelegt werden. Nach dem Einspruch ist das Gericht grundsätzlich verpflichtet, eine Hauptverhandlung durchzuführen, in der Sie sich verteidigen oder entlastende Umstände vorbringen können. Es besteht zudem die Möglichkeit, den Einspruch auf bestimmte Aspekte zu beschränken, etwa nur gegen das Strafmaß und nicht den Schuldspruch selbst.

Welche Strafen können im Strafbefehlsverfahren verhängt werden?

Im Strafbefehlsverfahren dürfen grundsätzlich nur bestimmte Strafen ausgesprochen werden. Am häufigsten ist die Verhängung einer Geldstrafe, die sich aus Tagessätzen berechnet, wobei die Höhe eines Tagessatzes abhängig vom jeweiligen Nettoeinkommen ist. Darüber hinaus kann der Strafbefehl ein Fahrverbot für die Dauer von bis zu sechs Monaten, Maßnahmen nach dem Nebenstrafrecht wie ein Berufsverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis enthalten. In besonderen Ausnahmefällen kann auch eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr auf Bewährung verhängt werden. Körperliche Strafen oder Maßnahmen wie Sicherungsverwahrung sind im Strafbefehlsverfahren hingegen nicht möglich.

Was passiert nach einem Einspruch gegen den Strafbefehl?

Nach Einlegung eines fristgerechten Einspruchs setzt das Gericht in der Regel eine Hauptverhandlung an, zu der Sie und gegebenenfalls Zeugen geladen werden. In der Verhandlung prüft das Gericht sämtliche Umstände noch einmal, hört sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Sie als Angeklagten und ggf. einen Verteidiger sowie eventuelle Zeugen an. Es kann das Verfahren einstellen, zu Ihren Gunsten oder zu Ihren Ungunsten entscheiden, das heißt, die Strafe mildern, bestätigen oder sogar verschärfen („reformatio in peius“ ist im Strafbefehlsverfahren zwar eingeschränkt zulässig, aber eine Verschlechterung ist nach vorherigem Hinweis des Gerichts möglich). Nach Abschluss der Hauptverhandlung ergeht ein Urteil, gegen das wieder Rechtsmittel eingelegt werden können.

Welche Kosten entstehen im Strafbefehlsverfahren?

Auch im Strafbefehlsverfahren können Kosten auf Sie zukommen. Bei rechtskräftigem Erlass des Strafbefehls sind Sie verpflichtet, die Kosten des Verfahrens und evtl. notwendige Auslagen, wie zum Beispiel Gebühren für Sachverständige oder Zeugenentschädigungen, zu tragen. Bei einem Einspruch und einer späteren Verurteilung erhöht sich das Kostenrisiko, da beispielsweise weitere Gerichts- und Anwaltskosten anfallen können. Werden Sie in der Hauptverhandlung freigesprochen oder das Verfahren eingestellt, tragen Sie keine gerichtlichen Kosten; etwaige Auslagen für Ihren Verteidiger müssen Sie unter Umständen dennoch selbst übernehmen, sofern keine Pflichtverteidigung bewilligt wurde.