Begriff und Bedeutung der Strafbaren Handlung
Eine strafbare Handlung ist ein zentraler Begriff des Strafrechts und bezeichnet ein Verhalten, das den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, rechtswidrig ist und schuldhaft begangen wird. Die strafbare Handlung ist Voraussetzung für die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion und bildet die Grundlage für die strafrechtliche Verantwortlichkeit einer Person. Sie ist im Strafgesetzbuch (StGB) und weiteren spezialgesetzlichen Regelwerken ausgeführt; je nach Rechtssystem und nationalen Vorschriften können Definition und Umfang variieren.
Allgemeine Voraussetzungen einer strafbaren Handlung
Tatbestandsmäßigkeit
Eine Handlung ist zunächst tatbestandsmäßig, wenn sie mit dem gesetzlichen Straftatbestand übereinstimmt, das heißt, sämtliche objektiven und subjektiven Merkmale des betreffenden Straftatbestandes vorliegen.
Objektiver Tatbestand
Hierunter versteht man die äußeren Merkmale der Straftat, wie etwa die Handlung selbst, deren Folgen und besondere Umstände (z. B. beim Diebstahl: Wegnahme einer fremden beweglichen Sache).
Subjektiver Tatbestand
Der subjektive Tatbestand umfasst die inneren Voraussetzungen, wie Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Manche Straftatbestände setzen spezielle Absichten oder Beweggründe, beispielsweise Habgier oder niedrige Beweggründe, voraus.
Rechtswidrigkeit
Die Erfüllung des Straftatbestandes führt grundsätzlich dazu, dass eine Handlung als rechtswidrig gilt. Jedoch kann die Rechtswidrigkeit durch Rechtfertigungsgründe, wie Notwehr (§ 32 StGB) oder rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB), ausgeschlossen sein.
Schuld
Neben Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit verlangt das Strafrecht Schuld. Der Täter muss das Unrecht persönlich vorwerfbar begangen haben, das heißt insbesondere steuerungsfähig und ohne Schuldausschließungsgründe (z. B. Verbotsirrtum, Schuldunfähigkeit).
Formen der strafbaren Handlung
Vorsätzliche und fahrlässige Handlungen
Strafbare Handlungen können vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden. Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen der Verwirklichung des Tatbestandes, Fahrlässigkeit hingegen steht für außer Acht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt.
Begehungs- und Unterlassungsdelikte
Strafbare Handlungen können als aktives Tun (Begehungsdelikt) oder durch Unterlassen einer gebotenen Handlung (Unterlassungsdelikt) begangen werden. Für Unterlassungsdelikte verlangt das Gesetz regelmäßig eine Garantenstellung.
Versuch und Vollendung
Nicht nur vollendete strafbare Handlungen können geahndet werden. Der Versuch der Verwirklichung eines Straftatbestandes ist in vielen Fällen ebenfalls strafbar, sofern der Täter unmittelbar zur Tat ansetzt und den Erfolg (noch) nicht herbeigeführt hat.
Mittäterschaft und Teilnahme
Das Strafrecht unterscheidet zwischen Tätern, Mittätern und Teilnehmern (Anstifter, Gehilfen). Dadurch kann auch die Beteiligung am Geschehen als strafbare Handlung gewertet werden.
Abgrenzungen und verwandte Begriffe
Straftat vs. Ordnungswidrigkeit
Im Unterschied zur strafbaren Handlung stellt die Ordnungswidrigkeit (z. B. Verkehrsverstöße, Bußgelder) kein Unrecht dar, das strafrechtlich verfolgt wird, sondern lediglich einen Gesetzesverstoß, der mit einer Verwaltungsmaßnahme geahndet wird.
Verbrechen und Vergehen
Das Strafgesetzbuch differenziert bei strafbaren Handlungen zwischen Verbrechen (Mindeststrafe: Freiheitsstrafe von einem Jahr) und Vergehen (geringere Mindeststrafe), §§ 12 ff. StGB.
Strafbare Handlung im Ablauf des Strafverfahrens
Ermittlungsverfahren
Bei Verdacht einer strafbaren Handlung werden durch die Ermittlungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Polizei) Untersuchungen eingeleitet, um festzustellen, ob tatsächlich eine strafbare Handlung vorliegt.
Anklage und Hauptverfahren
Bei hinreichendem Tatverdacht leitet die Staatsanwaltschaft Anklage ein, woraufhin ein gerichtliches Hauptverfahren zur Klärung der Schuldfrage folgt.
Bestrafung und Sanktionen
Im Falle der Feststellung einer strafbaren Handlung und entsprechender strafrechtlicher Verantwortlichkeit sieht das Gesetz verschiedene Sanktionen vor, wie Freiheitsstrafe, Geldstrafe oder Nebenstrafen.
Strafbare Handlung im internationalen Vergleich
Die rechtliche Ausgestaltung der strafbaren Handlung unterliegt der jeweiligen nationalen Gesetzgebung. Auch im internationalen Recht, beispielsweise im Bereich schwerer Menschenrechtsverletzungen, werden strafbare Handlungen global verfolgt (etwa nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs).
Bedeutung und Funktion strafbarer Handlungen im Rechtssystem
Die strafbare Handlung ist Kernelement jedes Strafrechts und erfüllt wesentliche Funktionen im gesellschaftlichen Leben. Sie dient der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruches, dem Schutz elementarer Rechtsgüter wie Leben, Freiheit und Eigentum und trägt zur allgemeinen und speziellen Prävention bei.
Zusammenfassung:
Die strafbare Handlung ist eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Tat, deren strafrechtliche Verfolgung der Sicherung der Rechtsordnung dient. Form, Ausmaß und rechtliche Behandlung richten sich nach den Vorgaben des jeweiligen Strafgesetzbuches und werden durch Rechtsprechung und Gesetzgebung stetig weiterentwickelt.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist im rechtlichen Sinne für eine strafbare Handlung verantwortlich?
Für eine strafbare Handlung ist grundsätzlich derjenige verantwortlich, der den Tatbestand eines Strafgesetzes vorsätzlich oder fahrlässig erfüllt und dabei schuldhaft handelt. Im deutschen Strafrecht unterscheidet man zwischen Täterschaft und Teilnahme. Täter ist, wer die Tat eigenhändig oder durch einen Anderen begeht (§ 25 StGB), während Teilnehmer als Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfe (§ 27 StGB) auch dann verantwortlich gemacht werden können, wenn sie selbst die Tat nicht unmittelbar ausführen. Die Strafmündigkeit spielt eine wesentliche Rolle: Nach § 19 StGB sind Kinder unter 14 Jahren strafunmündig und somit generell nicht strafrechtlich verantwortlich. Zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr kommt das Jugendstrafrecht zur Anwendung, welches einen Erziehungsgedanken verfolgt (§ 1 JGG). Auch juristische Personen, wie etwa Unternehmen, sind im deutschen Strafrecht nicht unmittelbar strafrechtlich verantwortlich, jedoch können deren Leitungsorgane oder Mitarbeiter persönlich belangt werden. In Bezug auf Schuldfähigkeit sind zudem besondere Umstände wie Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen zu berücksichtigen (vgl. § 20 StGB).
Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus einer strafbaren Handlung?
Die rechtlichen Konsequenzen einer strafbaren Handlung richten sich in erster Linie nach dem jeweiligen Straftatbestand und dessen im Gesetz vorgesehenen Sanktionen. Dies können Geldstrafen, Freiheitsstrafen oder bei Jugendlichen Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder Jugendstrafe sein. Neben der eigentlichen Strafe kann das Gericht auch Nebenfolgen anordnen, wie beispielsweise ein Fahrverbot, Berufsverbot oder die Einziehung von Tatmitteln (§§ 44-52 StGB). Des Weiteren können strafbare Handlungen zivilrechtliche Konsequenzen wie Schadensersatzansprüche oder Schmerzensgeldforderungen nach sich ziehen. In bestimmten Fällen erfolgt eine Mitteilung an berufsständische Kammern oder andere Behörden, was disziplinar- oder berufsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen kann. Auch die Konsequenzen für das Strafregister (Führungszeugnis) dürfen nicht außer Acht gelassen werden.
Wie unterscheidet das Recht zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit bei strafbaren Handlungen?
Das Strafrecht unterscheidet maßgeblich zwischen vorsätzlichen und fahrlässigen Handlungen. Vorsatz bedeutet, dass der Täter die Tat mit Wissen und Wollen begeht, also bewusst auf die Verwirklichung des Tatbestandes hinarbeitet. Jede Straftat verlangt in der Regel zumindest einen bedingten Vorsatz, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit hingegen liegt vor, wenn der Täter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt und dadurch den Tatbestand verwirklicht, ohne dies zu beabsichtigen, wobei er jedoch die Folgen hätte vorhersehen und vermeiden können (§ 15 StGB). Fahrlässige Handlungen werden nur dann bestraft, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht, was bei bestimmten Delikten wie Körperverletzung (§ 229 StGB) oder Tötung (§ 222 StGB) der Fall ist.
Kann eine strafbare Handlung auch durch Unterlassen begangen werden?
Ja, eine strafbare Handlung kann sowohl durch aktives Tun als auch durch Unterlassen begangen werden. Im Strafrecht spricht man hier von echtem und unechtem Unterlassen. Ein echtes Unterlassungsdelikt liegt vor, wenn das Gesetz ausdrücklich eine Handlungspflicht normiert (z. B. Unterlassene Hilfeleistung, § 323c StGB). Beim unechten Unterlassungsdelikt unterlässt der Täter die Abwendung eines tatbestandsmäßigen Erfolges, obwohl er rechtlich dazu verpflichtet ist – dies ist verbunden mit einer sogenannten Garantenstellung (§ 13 StGB). Garantenstellungen ergeben sich etwa aus Gesetz (z. B. Eltern gegenüber Kindern), aus Verträgen oder durch eigenes, vorangegangenes gefährdendes Verhalten. Für die Strafbarkeit des Unterlassens ist besonders entscheidend, dass dem Täter die gebotene Handlung möglich und zumutbar war.
Welche Rolle spielt das Strafmaß im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen?
Das Strafmaß benennt die konkrete Höhe oder Art der verhängten Strafe und wird im Rahmen des Gerichtsverfahrens entsprechend der Schwere der Tat, den persönlichen Umständen des Täters und etwaigen strafmildernden oder strafschärfenden Gründen festgelegt. Die in den Straftatbeständen vorgegebenen Strafrahmen (z. B. „Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren“) setzen den möglichen Rahmen, innerhalb dessen das Gericht die Strafe individuell festsetzt (§§ 38 f. StGB). Das Gericht berücksichtigt dabei unter anderem das Maß der Schuld, Beweggründe, Vorleben, Nachtatverhalten sowie die Folgen der Tat. Bei besonders schweren Fällen oder Mehrfachtäterschaft (Rückfall) können höhere Strafen verhängt werden; bei minder schweren Fällen oder Vorliegen von Milderungsgründen kann das Strafmaß reduziert werden. Das Jugendstrafrecht sieht gesonderte Strafrahmen und erzieherische Maßnahmen vor.
Wie wirkt sich ein Schuldausschließungsgrund auf die strafbare Handlung aus?
Ein Schuldausschließungsgrund, wie etwa Schuldunfähigkeit infolge psychischer Störungen (§ 20 StGB) oder eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung, führt dazu, dass der Täter trotz Erfüllung des Straftatbestandes nicht bestraft werden kann, da ihm die persönliche Vorwerfbarkeit fehlt. Ebenso kann bei vorübergehenden Störungen der Einsichtsfähigkeit oder Steuerungsfähigkeit – etwa durch Volltrunkenheit (§ 21 StGB) – eine Strafmilderung oder, im Extremfall, eine vollständige Straffreiheit eintreten. Auch Irrtümer bestimmter Art (Tatbestandsirrtum, Erlaubnistatbestandsirrtum) können die Schuld entfallen lassen. Die Feststellung des Schuldausschlusses erfolgt regelmäßig durch psychologische Gutachten. In solchen Fällen kann jedoch die Anordnung von Maßnahmen der Sicherung und Besserung, wie etwa die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung (§ 63 StGB), erfolgen.