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Strafbare Handlung

Strafbare Handlung: Begriff, Bedeutung und Abgrenzung

Eine strafbare Handlung ist ein menschliches Verhalten, das vom Gesetz mit Strafe bedroht ist. Der Begriff umfasst sowohl aktives Tun als auch pflichtwidriges Unterlassen. Strafbare Handlungen dienen aus Sicht des Rechts dazu, zentrale Werte der Gemeinschaft zu schützen, etwa Leben, körperliche Unversehrtheit, Eigentum, staatliche Ordnung oder die Sicherheit des Straßenverkehrs.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird häufig auch von „Straftat” gesprochen. Davon zu unterscheiden sind bloße Ordnungswidrigkeiten. Diese verletzen ebenfalls Verhaltensregeln, gelten aber als weniger schwerwiegend und werden mit Bußgeldern statt mit Strafen geahndet. Eine strafbare Handlung setzt demgegenüber ein höheres Maß an Unrecht voraus und kann zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe führen.

Voraussetzungen der Strafbarkeit

Tatbestand: objektive und subjektive Seite

Der Tatbestand beschreibt die Merkmale, die eine Handlung erfüllen muss, damit sie als strafbar gilt. Objektiv geht es um das äußere Geschehen, etwa eine Handlung, eine dadurch verursachte Folge und den Zusammenhang dazwischen. Subjektiv kommt es auf die innere Einstellung an. Üblicherweise ist Vorsatz erforderlich, also das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Daneben gibt es Tatbestände, die bereits bei Fahrlässigkeit erfasst sind, wenn eine im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird.

Rechtswidrigkeit: Fehlen von Rechtfertigungsgründen

Auch wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, liegt nicht in jedem Fall eine strafbare Handlung vor. Die Tat muss rechtswidrig sein. Rechtswidrigkeit entfällt, wenn ein anerkannter Rechtfertigungsgrund vorliegt. Klassische Beispiele sind Notwehr, rechtfertigender Notstand, Einwilligung des Betroffenen oder die Ausübung gesetzlicher Befugnisse. In diesen Situationen ist das Verhalten ausnahmsweise erlaubt und damit nicht strafbar.

Schuld: persönliche Vorwerfbarkeit

Neben Tatbestand und Rechtswidrigkeit verlangt Strafbarkeit eine persönliche Vorwerfbarkeit. Schuld setzt voraus, dass die handelnde Person das Unrecht einsehen und nach dieser Einsicht handeln konnte. Kinder sind regelmäßig nicht schuldfähig. Bei Jugendlichen gelten besondere Regeln mit erzieherischem Schwerpunkt. Bei schweren seelischen Störungen kann die Schuldfähigkeit vermindert oder ausgeschlossen sein. Irrtümer können die Schuld mindern, wenn sie unvermeidbar sind, oder sie ganz entfallen lassen, wenn das Unrecht nicht erkannt werden konnte. Entschuldigungsgründe wie eine extreme Notlage können die persönliche Vorwerfbarkeit ebenfalls entfallen lassen.

Versuch und Rücktritt

Der Versuch liegt vor, wenn mit der Ausführung einer strafbaren Handlung begonnen wird, der Erfolg aber ausbleibt. Der Versuch ist in vielen Fällen strafbar, insbesondere bei schweren Delikten. Wer freiwillig vom Versuch Abstand nimmt und die Vollendung verhindert, kann vom Gesetz in bestimmten Konstellationen begünstigt werden; der Rücktritt kann dann strafbefreiend wirken.

Unterlassen

Nicht nur aktives Tun, sondern auch Unterlassen kann eine strafbare Handlung darstellen. Voraussetzung ist in der Regel eine besondere Rechtspflicht zum Handeln, etwa aufgrund enger persönlicher Beziehungen, der Übernahme von Schutzpflichten oder eines vorangegangenen gefährlichen Verhaltens. Wer eine gebotene Handlung nicht vornimmt und dadurch einen tatbestandlichen Erfolg ermöglicht, kann verantwortlich sein.

Formen der Beteiligung

Täterschaft und Mittäterschaft

Als Täter gilt, wer die Tat eigenhändig beherrscht oder sie zusammen mit anderen bewusst als gemeinschaftliches Projekt verwirklicht. Bei Mittäterschaft werden die Beiträge aller Beteiligten zugerechnet, sofern ein gemeinsamer Tatplan besteht.

Teilnahme: Anstiftung und Beihilfe

Wer einen anderen zur Tat bestimmt, kann sich wegen Anstiftung verantwortlich machen. Wer die Tat eines anderen fördert, ohne sie selbst zu steuern, kommt als Gehilfe in Betracht. Die Teilnahme setzt grundsätzlich eine vorsätzlich begangene Haupttat voraus.

Einteilung strafbarer Handlungen

Verbrechen und Vergehen

Strafbare Handlungen werden nach ihrer abstrakten Schwere eingeteilt. Verbrechen sind besonders schwerwiegende Delikte mit entsprechend hohen Strafandrohungen. Vergehen sind weniger schwer, können aber ebenfalls erhebliche Sanktionen nach sich ziehen.

Deliktsbereiche

Ein gängiger Überblick unterscheidet Delikte gegen die Person (z. B. Körperverletzung, Tötungsdelikte), gegen das Vermögen (z. B. Diebstahl, Betrug), gegen die Allgemeinheit (z. B. Umwelt-, Gesundheits- oder Verkehrssicherheitsdelikte) sowie gegen den Staat und die öffentliche Ordnung (z. B. Urkunden- oder Amtsdelikte). Die genaue Einordnung richtet sich nach dem jeweiligen gesetzlichen Tatbestand.

Strafmündigkeit und Altersstufen

Strafmündigkeit beschreibt, ab welchem Alter eine Person für strafbare Handlungen verantwortlich gemacht werden kann. Kinder sind nicht strafmündig. Für Jugendliche gilt ein eigenständiges System mit erzieherischem Schwerpunkt und speziellen Maßnahmen. Heranwachsende können je nach persönlicher Reife dem Jugend- oder dem allgemeinen System zugeordnet werden. Erwachsene unterliegen grundsätzlich dem allgemeinen Strafrecht.

Sanktionen und weitere Rechtsfolgen

Hauptstrafen

Die zentralen Strafen sind Geldstrafe und Freiheitsstrafe. Welche Strafe verhängt wird, richtet sich nach der Schwere der Schuld, den Tatfolgen, den Beweggründen sowie den persönlichen Umständen. Ziel ist sowohl gerechter Schuldausgleich als auch Prävention künftiger Taten.

Nebenfolgen und Maßregeln

Neben der Strafe können weitere Rechtsfolgen angeordnet werden, etwa Fahrverbot, Entziehung einer Erlaubnis, Einziehung von Tatmitteln oder Tatprodukten sowie bestimmte Tätigkeits- oder Aufenthaltsbeschränkungen. Maßregeln der Besserung und Sicherung dienen dem Schutz der Allgemeinheit und der Behandlung von Ursachen, zum Beispiel therapeutische Unterbringung oder Entziehungsbehandlung.

Eintragung und Auswirkungen

Verurteilungen werden nach bestimmten Regeln registriert und können sich über einen gewissen Zeitraum auf berufliche und persönliche Bereiche auswirken. Nach Ablauf festgelegter Fristen können Eintragungen getilgt werden.

Ablauf eines Strafverfahrens in Grundzügen

Ermittlungsverfahren

Bei einem Anfangsverdacht leiten die zuständigen Behörden Ermittlungen ein. Dazu zählen Vernehmungen, Sicherung von Beweismitteln, Durchsuchungen oder Beschlagnahmen. Die Unschuldsvermutung gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung.

Anklage und Zwischenverfahren

Ergeben die Ermittlungen einen hinreichenden Tatverdacht, kann Anklage erhoben werden. Ein Gericht prüft, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird.

Hauptverhandlung und Urteil

In der Hauptverhandlung werden Beweise erhoben, Zeugen gehört und die Angelegenheit mündlich verhandelt. Am Ende steht ein Urteil über Schuld- oder Freispruch sowie über die Rechtsfolgen.

Rechtsmittel

Gegen Urteile stehen Rechtsmittel zur Verfügung, mit denen die Entscheidung auf Fehler in der Tatsachenfeststellung oder in der Anwendung des Rechts überprüft werden kann.

Grundlegende Verfahrensgarantien

Zu den wesentlichen Garantien zählen das Recht auf ein faires Verfahren, das Recht, zu schweigen und sich nicht selbst belasten zu müssen, sowie das Recht auf Verteidigung.

Besondere Aspekte

Konkurrenzen: mehrere Taten, eine Tat

Wenn mehrere strafbare Handlungen zusammentreffen, stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen einer einheitlichen Tat und mehreren selbstständigen Taten. Davon hängen unter anderem die Strafzumessung und die Bildung einer Gesamtstrafe ab.

Verjährung

Strafbare Handlungen verjähren grundsätzlich nach bestimmten Fristen, die sich nach der Schwere des Delikts richten. Mit Ablauf der Verjährung kann die Tat nicht mehr verfolgt werden. Auch die Vollstreckung rechtskräftiger Strafen unterliegt eigenen Fristen.

Auslandsbezug

Bei Taten mit Auslandsbezug regeln Zuständigkeits- und Anknüpfungsnormen, ob und in welchem Umfang eine Verfolgung möglich ist. Maßgeblich sind insbesondere der Tatort, der Wohnsitz der betroffenen Person und völkerrechtliche Vereinbarungen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist eine strafbare Handlung?

Eine strafbare Handlung ist ein Verhalten, das ein Gesetz mit Strafe bedroht. Sie setzt in der Regel die Erfüllung eines Tatbestands, Rechtswidrigkeit und persönliche Schuld voraus.

Worin besteht der Unterschied zwischen strafbarer Handlung und Ordnungswidrigkeit?

Strafbare Handlungen sind schwerwiegender und werden mit Strafen wie Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet. Ordnungswidrigkeiten sind minder schwere Regelverstöße und führen typischerweise zu einem Bußgeld.

Ab welchem Alter ist man für eine strafbare Handlung verantwortlich?

Kinder sind nicht strafmündig. Für Jugendliche gilt ein besonderes System mit erzieherischem Schwerpunkt. Heranwachsende werden je nach Reife geprüft. Erwachsene sind grundsätzlich verantwortlich, sofern keine Gründe gegen die Schuldfähigkeit sprechen.

Ist der Versuch einer strafbaren Handlung strafbar?

Der Versuch ist in vielen Fällen strafbar, insbesondere bei schweren Delikten. Wer freiwillig von der weiteren Ausführung Abstand nimmt und die Vollendung verhindert, kann unter Umständen von Strafe verschont bleiben.

Was bedeutet Vorsatz und was bedeutet Fahrlässigkeit?

Vorsatz liegt vor, wenn jemand den tatbestandlichen Erfolg kennt und will oder ihn zumindest billigend in Kauf nimmt. Fahrlässigkeit bedeutet, dass eine gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen wird und dadurch der tatbestandliche Erfolg eintritt.

Können auch Unterlassungen strafbar sein?

Ja. Wer rechtlich verpflichtet ist zu handeln und dies unterlässt, kann sich strafbar machen, wenn dadurch ein tatbestandlicher Erfolg ermöglicht oder nicht verhindert wird.

Welche Folgen kann eine strafbare Handlung haben?

Mögliche Folgen sind Geld- oder Freiheitsstrafe, Nebenfolgen wie Fahrverbot oder Einziehung sowie Maßnahmen der Besserung und Sicherung. Verurteilungen können zeitweise registriert werden und Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche haben.