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Strafausstand

Strafausstand: Bedeutung, Einordnung und Anwendungsbereiche

Der Begriff Strafausstand bezeichnet den noch offenen, nicht erledigten Teil einer rechtskräftig verhängten staatlichen Sanktion. Gemeint ist die Differenz zwischen dem gesamten Inhalt der Strafe oder Maßnahme und dem bereits erfüllten oder erlassenen Anteil. Der Strafausstand ist damit eine Bezugsgröße der Strafvollstreckung: Er beschreibt, was von einer verurteilten Person noch zu verbüßen, zu zahlen oder zu erfüllen ist. Der Ausdruck ist ein Praxisbegriff und wird teilweise auch als „Strafrest”, „offene Strafe” oder „noch zu verbüßender Teil” umschrieben.

Der Strafausstand spielt eine Rolle bei Freiheitsstrafen, Geldstrafen und sonstigen rechtlichen Maßnahmen, ebenso bei Fragen der Aussetzung, Unterbrechung, Anrechnung, Verjährung und internationalen Rechtshilfe. Er ist Grundlage für Vollstreckungsentscheidungen und administrative Abläufe, etwa bei der Führung von Vollstreckungsakten und Registern.

Gegenstände des Strafausstands

Freiheitsstrafe

Bei einer Freiheitsstrafe bezeichnet der Strafausstand den noch nicht verbüßten Zeitraum. Er verändert sich täglich durch die Verbüßung und kann durch Anrechnungen (z. B. vorangegangene Haftzeiten) oder durch Entscheidungen über Aussetzung, Aufschub oder Unterbrechung beeinflusst werden. In der Vollstreckungspraxis wird der Strafausstand in Tagen oder Monaten geführt, um Berechnungen und Entscheidungen zu erleichtern.

Geldstrafe und vermögensbezogene Sanktionen

Bei Geldstrafen beschreibt der Strafausstand den noch offenen Zahlungsbetrag. Bleiben Zahlungen aus, kann ein unbezahlter Strafausstand je nach Rechtsordnung in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden. Ratenzahlungen, Stundungen oder Teilzahlungen verringern den Strafausstand entsprechend. Auch Nebenfolgen mit Geldleistungspflichten oder Kosten können als „ausstehend” geführt werden.

Maßnahmen und Auflagen

Bei Maßnahmen (z. B. therapeutische Anordnungen, Weisungen, Auflagen) kann der Strafausstand in Form eines noch offenen Erfüllungsumfangs bestehen. Er ist dann kein „Zeitkonto”, sondern eine qualitative Erledigungsfrage: Die Maßnahme ist erledigt oder eben noch offen. Verstöße oder Nichterfüllung beeinflussen den Fortbestand des Strafausstands.

Entstehung und Feststellung des Strafausstands

Ausgangspunkt: Rechtskraft und Vollstreckung

Der Strafausstand entsteht mit der Vollstreckbarkeit einer Entscheidung. Ab diesem Zeitpunkt wird in den zuständigen Stellen erfasst, was noch umzusetzen ist. Das betrifft vor allem den Beginn von Haft, die Zahlungsaufforderung bei Geldstrafen oder die Organisation von Maßnahmen.

Berechnung und Anrechnung

Der Strafausstand wird nach klaren Berechnungsregeln geführt. Anrechnungen (etwa bereits erlittene Freiheitsentziehungen in derselben Sache) verkleinern den Strafausstand. Auch Zeiten in Übergaben, Auslieferung oder vorläufiger Haft können je nach Rechtsordnung angerechnet werden. Gleiches gilt für Teilzahlungen bei Geldstrafen. Dokumentiert werden diese Vorgänge in Vollstreckungsakten und Registereinträgen.

Dokumentation

Der Strafausstand ist ein dynamischer Wert und wird im Laufe der Vollstreckung fortlaufend aktualisiert. Er zeigt den jeweils aktuellen Stand und ermöglicht Entscheidungen über weitere Schritte, etwa bei Bewährungsfragen oder internationalen Überstellungen.

Veränderungen des Strafausstands

Erledigung durch Verbüßung oder Zahlung

Der Strafausstand reduziert sich durch die tatsächliche Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder die Zahlung einer Geldstrafe. Mit vollständiger Erledigung entfällt der Strafausstand.

Aufschub und Unterbrechung

Der Vollzug kann aus wichtigen Gründen aufgeschoben oder unterbrochen werden. In dieser Zeit ruht die laufende Erledigung, der Strafausstand bleibt bestehen. Je nach Konstellation kann die Vollstreckungsverjährung gehemmt oder unterbrochen sein.

Aussetzung des Strafrests

Bei bestimmten Voraussetzungen kann der noch ausstehende Teil einer Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Strafausstand wird dadurch rechtlich nicht „erfüllt”, sondern unter auflösenden Bedingungen ruhend gestellt: Bei erfolgreichem Ablauf erlischt der Strafausstand, bei Widerruf lebt der noch offene Teil wieder auf.

Umwandlung und Anpassung

Bleibt eine Geldstrafe offen, kann der Strafausstand je nach Rechtsordnung in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden. Umgekehrt kann bei Freiheitsstrafe unter Umständen eine Umstellung auf gelindere Mittel oder die Nutzung von Vollzugsformen erfolgen, ohne dass der Strafausstand als solcher entfällt. Raten- oder Teilzahlungen verringern den ausstehenden Betrag.

Begnadigung, Amnestie, Zusammenrechnung

Gnadenentscheidungen oder Amnestien können den Strafausstand ganz oder teilweise beseitigen. Bei mehreren Verurteilungen kann der Strafausstand zusammengeführt werden, um einen einheitlichen Vollstreckungsplan zu bilden.

Strafausstand und Verjährung der Vollstreckung

Vollstreckungsverjährung

Auch ein Strafausstand unterliegt der Vollstreckungsverjährung. Deren Beginn, Dauer und Unterbrechung richten sich nach Art und Höhe der Sanktion sowie nach verfahrensrechtlichen Vorgängen. Bestimmte Handlungen der Behörden oder Verhaltensweisen der verurteilten Person können die Verjährung hemmen oder unterbrechen. Mit Eintritt der Vollstreckungsverjährung kann ein bestehender Strafausstand nicht mehr zwangsweise durchgesetzt werden.

Strafausstand im internationalen Kontext

Auslieferung und Überstellung

In Rechtshilfeverfahren ist der noch offene Strafrest regelmäßig anzugeben. Der Strafausstand kann für die Frage relevant sein, ob eine Person ausgeliefert oder in einen anderen Staat überstellt wird und in welchem Umfang eine ausländische Entscheidung anerkannt wird.

Anerkennung ausländischer Entscheidungen

Wird eine ausländische Entscheidung anerkannt, kann der Strafausstand an die inländischen Vollstreckungsformen angepasst werden. Dabei bleibt der noch ausstehende Umfang in der Regel maßgeblich, auch wenn die Ausgestaltung (z. B. Umrechnung in lokale Vollstreckungseinheiten) erfolgt.

Auswirkungen auf Rechte und Pflichten

Register und Auskünfte

Ein Strafausstand kann in behördlichen Registern und Auskünften sichtbar sein. Je nach Regelung und Art der Sanktion können daraus rechtliche Folgen entstehen, etwa bei behördlichen Verfahren, Erlaubnissen oder Zuverlässigkeitsprüfungen. Mit Erledigung oder nach Ablauf bestimmter Fristen können Einträge entfallen.

Weitere Rechtsfolgen

Offene Sanktionen können Auswirkungen auf Aufenthalt, Reisen, berufliche Zulassungen oder waffen- und sicherheitsrechtliche Aspekte haben. Der konkrete Umfang hängt von der jeweiligen Rechtslage und der Art des Strafausstands ab.

Abgrenzungen und sprachliche Hinweise

Strafausstand, Strafrest, Aufschub, Unterbrechung, Aussetzung

Strafausstand ist der noch offene Teil einer Sanktion. Der Strafrest ist inhaltsgleich oder ein enger Unterfall. Aufschub bedeutet, dass die Vollstreckung vorübergehend nicht beginnt; Unterbrechung, dass eine laufende Vollstreckung pausiert. Aussetzung (etwa zur Bewährung) stellt die Vollstreckung unter Bedingungen zurück, ohne dass sie als erledigt gilt.

Unterschiedliche Begriffsverwendung

In den deutschsprachigen Rechtsordnungen werden unterschiedliche Begriffe verwendet. Inhaltlich geht es stets um den offenen Teil einer Sanktion, die zu verbüßen, zu bezahlen oder zu erfüllen ist. Die praktischen Folgen sind ähnlich: Der Strafausstand steuert Vollstreckung, Fristen, Registereinträge und internationale Zusammenarbeit.

Häufig gestellte Fragen zum Strafausstand

Was bedeutet Strafausstand?

Strafausstand bezeichnet den noch offenen Teil einer rechtskräftig verhängten Sanktion. Er gibt an, was von einer Person noch zu verbüßen, zu zahlen oder zu erfüllen ist, und dient als Grundlage für Vollstreckungsentscheidungen.

Welche Sanktionen können einen Strafausstand bilden?

Ein Strafausstand kann bei Freiheitsstrafen, Geldstrafen und sonstigen Maßnahmen bestehen. Er umfasst den noch zu verbüßenden Zeitraum, den noch zu zahlenden Betrag oder den noch zu erfüllenden Maßnahmenumfang.

Wie wird der Strafausstand berechnet?

Die Berechnung richtet sich nach der verhängten Sanktion und den Anrechnungsregeln. Bei Freiheitsstrafe wird der noch offene Zeitraum geführt und durch Verbüßung und Anrechnungen reduziert. Bei Geldstrafen vermindern Teil- und Ratenzahlungen den offenen Betrag.

Kann der Strafausstand ruhen oder unterbrochen werden?

Ja. Durch Aufschub oder Unterbrechung ruht die Vollstreckung vorübergehend, der Strafausstand bleibt jedoch bestehen. Solche Phasen können Auswirkungen auf Fristen und Verjährung haben.

Verjährt ein Strafausstand?

Der Vollzug offener Sanktionen unterliegt gesetzlichen Verjährungsregeln. Deren Beginn, Dauer und Unterbrechung hängen von Art und Höhe der Sanktion sowie von verfahrensbezogenen Ereignissen ab.

Was passiert bei unbezahlter Geldstrafe?

Bleibt eine Geldstrafe offen, kann der Strafausstand je nach Rechtsordnung in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden. Teilzahlungen oder Stundungen reduzieren den offenen Betrag und können die Vollstreckungsform beeinflussen.

Welche Rolle spielt der Strafausstand bei Bewährung?

Wird der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt, ruht der Strafausstand unter Bedingungen. Bei erfolgreichem Ablauf erlischt er, bei Widerruf wird der offene Teil wieder vollstreckt.

Welche Bedeutung hat der Strafausstand international?

In Auslieferungs- und Überstellungsverfahren wird der noch offene Strafrest regelmäßig ausgewiesen. Er ist maßgeblich für Anerkennung, Anpassung und Durchführung der Vollstreckung über Staatsgrenzen hinweg.