Stehendes Gewerbe

Begriff und Abgrenzung des stehenden Gewerbes

Das stehende Gewerbe bezeichnet eine auf Dauer angelegte, selbstständige, entgeltliche Tätigkeit, die von einem festen Standort aus betrieben wird. Kennzeichnend sind eine Betriebsstätte (etwa Laden, Werkstatt, Praxisähnlichkeit in zulässigen Bereichen, Büro oder Lager) und eine organisatorische Verankerung an einem bestimmten Ort. Das stehende Gewerbe umfasst sowohl produzierende, handwerkliche, dienstleistende als auch handelnde Tätigkeiten.

Abgrenzung zum Reisegewerbe und zum Marktverkehr

Vom stehenden Gewerbe zu unterscheiden ist das Reisegewerbe, bei dem Leistungen ohne vorherige Bestellung außerhalb einer eigenen Niederlassung angeboten oder erbracht werden (beispielsweise von Tür zu Tür oder an wechselnden Orten). Ebenfalls gesondert geregelt ist der sogenannte Marktverkehr, der auf zeitlich befristeten Veranstaltungen wie Wochen-, Jahr- oder Spezialmärkten sowie Messen stattfindet. Maßgeblich für die Zuordnung sind Dauerhaftigkeit, örtliche Bindung und die Art der Kundenansprache.

Typische Beispiele

Zum stehenden Gewerbe zählen unter anderem Einzelhandelsgeschäfte, Restaurants, Cafés, Handwerksbetriebe mit Werkstatt, Reparatur- und Servicebetriebe, Fitnessstudios, Agenturen, Beratungsunternehmen und stationäre Gesundheits- und Körperpflegegewerbe. Auch der Online-Handel wird regelmäßig als stehendes Gewerbe geführt, wenn er von einer festen Betriebsstätte aus organisiert wird.

Rechtliche Einordnung und Aufsicht

Das stehende Gewerbe unterliegt dem allgemeinen Gewerberecht. Es setzt sich aus Anzeigepflichten, gegebenenfalls Erlaubnis- und Überwachungspflichten sowie fachlichen, baulichen und organisatorischen Anforderungen zusammen. Zuständig für die gewerberechtliche Überwachung sind regelmäßig die örtlichen Ordnungs- oder Gewerbebehörden; fachbezogene Anforderungen werden zusätzlich von spezialgesetzlich zuständigen Behörden beaufsichtigt.

Gewerbeanzeige und Zuständigkeiten

Das stehende Gewerbe ist anzeigepflichtig. Zuständig sind in der Regel die kommunalen Gewerbebehörden. Neben der allgemeinen Aufsicht bestehen je nach Tätigkeit Zuständigkeiten weiterer Stellen, etwa für Gesundheit, Umwelt, Lebensmittelüberwachung, Handwerk oder Bau.

Erlaubnis- und Überwachungspflichten

Nicht jedes stehende Gewerbe ist erlaubnispflichtig. Die rechtliche Landschaft unterscheidet zwischen erlaubnisfreien Tätigkeiten, erlaubnispflichtigen Tätigkeiten und überwachungsbedürftigen Gewerben. Hinzu treten branchenspezifische Qualitäts-, Zuverlässigkeits- und Eignungsanforderungen.

Erlaubnispflichtige Tätigkeiten (Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Dazu zählen beispielsweise Bewachungsgewerbe, Vermittlungs- und Beratungsleistungen in sensiblen Bereichen, die Abgabe alkoholischer Getränke in der Gastronomie, bestimmte Verkehrsdienstleistungen sowie Tätigkeiten mit gesteigerten Gesundheits-, Sicherheits- oder Vermögensschutzbezügen. Die Erteilung einer Erlaubnis knüpft regelmäßig an persönliche Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse und teils fachliche Qualifikationen an.

Überwachungsbedürftige Gewerbe

Einige Tätigkeiten unterliegen besonderen Zuverlässigkeits- und Kontrollanforderungen. Hierzu gehören etwa Branchen, in denen Vertrauensschutz, Kundengelder, Sicherheitsbelange oder jugendschutzrechtliche Aspekte im Vordergrund stehen. Die Behörden können hierzu Auskünfte einholen und Nachweise verlangen.

Standort, Räume und baurechtliche Aspekte

Betriebsstätte und Niederlassung

Die Betriebsstätte ist der organisatorische Mittelpunkt des stehenden Gewerbes. Sie kann Hauptniederlassung, Zweigniederlassung oder unselbstständige Filiale sein. Aus der Zuordnung ergeben sich Melde-, Register- und Kennzeichnungspflichten sowie Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden.

Bau-, Planungs- und Nutzungsrecht

Für die Nutzung von Räumen und Flächen sind planungsrechtliche Zulässigkeit, bauordnungsrechtliche Anforderungen und gegebenenfalls Genehmigungen relevant. Dazu gehören insbesondere die zulässige Nutzungsart, Brandschutz, Stellplätze, Fluchtwege, sanitäre Anlagen und die Barrierefreiheit im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Vorgaben.

Brandschutz, Hygiene, Umwelt- und Immissionsschutz

Je nach Branche gelten Anforderungen an Hygiene, Lagerung, Entsorgung, Lärm- und Geruchsemissionen, Gefahrstoffe, Energieanlagen sowie Brandschutz. Die Einhaltung wird durch zuständige Fachbehörden überwacht.

Außenwerbung und Nutzung des öffentlichen Raums

Werbeanlagen, Schilder, Leuchtmittel, Außenverkaufsflächen oder Möblierung auf öffentlichen Flächen (z. B. Außengastronomie) bedürfen je nach Ort und Ausgestaltung der Zustimmung oder Gestattung. Kommunale Satzungen und Gestaltungsrichtlinien können zusätzliche Vorgaben enthalten.

Betrieb und Organisation

Öffnungszeiten und Feiertagsrecht

Stationäre Verkaufsstellen, Dienstleistungen und Gaststätten unterliegen landesrechtlichen Vorgaben zu Ladenöffnungszeiten und Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen. Spezifische Ausnahmen, Branchenregelungen und kommunale Freigaben sind möglich.

Beschäftigung und Arbeitsschutz

Arbeitsschutzrecht, Arbeitszeitregelungen, Jugendarbeitsschutz, Mutterschutz und betriebliche Mitbestimmung greifen auch im stehenden Gewerbe. Organisation, Unterweisung, Gefährdungsbeurteilungen und Dokumentation sind entsprechend den gesetzlichen Anforderungen auszurichten.

Kassenführung und Aufzeichnungspflichten

Bei Bargeschäften bestehen besondere Pflichten zur ordnungsgemäßen Kassenführung. Technische Sicherheitseinrichtungen, Belegausgabe, Aufbewahrungspflichten und Nachvollziehbarkeit der Geschäftsvorfälle sind für Betriebsprüfungen bedeutsam.

Datenschutz und IT-Sicherheit

Erhebung, Speicherung und Nutzung von Kunden-, Beschäftigten- und Lieferantendaten unterliegen dem Datenschutzrecht. Erforderlich sind transparente Informationen, rechtmäßige Rechtsgrundlagen, Datensparsamkeit, Betroffenenrechte und angemessene technische und organisatorische Maßnahmen.

Branchen- und Sonderregelungen

Handwerk

Handwerkliche Tätigkeiten können qualifikations- oder zulassungspflichtig sein. Eintragungen in handwerksrechtliche Verzeichnisse, Nachweise zur Betriebsleitung und Ausbildungsbefugnis spielen eine Rolle. Auch Mischbetriebe aus Handel und Handwerk sind möglich.

Gastgewerbe

Im Gastgewerbe gelten Hygiene-, Lebensmittel-, Jugend- und Lärmschutzvorgaben. Die Abgabe alkoholischer Getränke ist erlaubnisgebunden. Räumliche Eignung, Zuverlässigkeit, Hygienekonzepte und gegebenenfalls Sperrzeiten sind zentrale Aspekte.

Einzelhandel und Preisangaben

Im stationären Verkauf greifen Regeln zur Preisauszeichnung, Grundpreisangabe, Produkt- und Sicherheitshinweisen, Energiekennzeichnung sowie zur Gewichts- und Mengenangabe. Verbraucherschutzbehörden überwachen die Einhaltung.

E-Commerce vom festen Standort

Wird Online-Handel von einer festen Betriebsstätte aus betrieben, zählt er gewerberechtlich zum stehenden Gewerbe. Zusätzlich gelten Fernabsatz- und Informationspflichten, Plattform- und Zahlungsdiensterahmen sowie telemedienrechtliche Pflichten.

Wirtschafts- und steuerrechtliche Bezüge

Unternehmensformen und Register

Je nach Rechtsform bestehen Eintragungs-, Offenlegungs- und Rechnungslegungspflichten. Kaufmännisch eingerichtete Betriebe unterliegen handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Firmen- und Vertretungsangaben sind im Geschäftsverkehr anzugeben.

Mitgliedschaften in Kammern

Betriebe des stehenden Gewerbes sind in der Regel Mitglied in der zuständigen Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer. Es bestehen Beitragspflichten und Mitwirkungsrechte.

Steuern

Typische Berührungspunkte sind Einkommen- oder Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Für die steuerliche Einordnung sind Art und Umfang der Tätigkeit, Rechtsform und Umsatzhöhe maßgeblich. Vorsteuerabzug, Steuerbefreiungen und besondere Besteuerungsverfahren können einschlägig sein.

Gebühren und Abgaben

Je nach Branche und Standort fallen Verwaltungsgebühren, Beiträge und Abgaben an, zum Beispiel für Kammern, Abfallentsorgung, Gewässer- oder Straßenbenutzung, Rundfunk sowie Sondernutzungen. Grundlage sind gesetzliche und kommunale Regelwerke.

Verbraucherrechtliche Bezüge

Vertragsschluss im stationären Umfeld

Im Laden kommt der Vertrag regelmäßig durch Angebot und Annahme an der Kasse oder im Beratungsgespräch zustande. Informationspflichten, AGB-Transparenz und Preisangabenrecht sind zu beachten.

Gewährleistung und Garantien

Bei Mängeln bestehen gesetzliche Ansprüche auf Nacherfüllung und – unter Voraussetzungen – Minderung, Rücktritt oder Schadensersatz. Freiwillige Garantien dürfen die gesetzlichen Rechte nicht einschränken und müssen klar kommuniziert werden.

Widerrufsrechte im stationären Handel

Für vor Ort geschlossene Verträge besteht in der Regel kein gesetzliches Widerrufsrecht. Abweichend gelten besondere Rechte bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Kulanzregelungen sind freiwillig und unabhängig von gesetzlichen Ansprüchen.

Jugendschutz

Der Verkauf und die Abgabe bestimmter Waren und Dienstleistungen (etwa Alkohol, Tabak, Trägermedien, Glückspielprodukte) sind altersabhängig reglementiert. Es bestehen Kontroll- und Hinweispflichten.

Internationale und grenzüberschreitende Aspekte

Dienstleistungsfreiheit

Innerhalb der Europäischen Union gelten Erleichterungen für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen. Informations- und Nachweispflichten bleiben bestehen; nationale Verbraucherschutz-, Sicherheits- und Arbeitsstandards sind zu beachten.

Anerkennung von Qualifikationen

Für reglementierte Berufe kann die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen erforderlich sein. Zuständig sind je nach Branche unterschiedliche Stellen; die Anerkennung knüpft an Gleichwertigkeits- und Eignungsprüfungen an.

Abgrenzungs- und Sonderfälle

Pop-up-Stores

Temporäre Ladengeschäfte mit befristeter Mietdauer gehören zum stehenden Gewerbe, sofern sie von einer festen Betriebsstätte aus betrieben werden. Unabhängig von der Dauer gelten die einschlägigen öffentlich-rechtlichen und verbraucherrechtlichen Vorgaben.

Mobile Verkaufseinheiten

Mobile Einheiten wie Verkaufswagen oder Foodtrucks können als stehendes Gewerbe gelten, wenn sie dauerhaft an einem genehmigten Standort betrieben werden. Bei wechselnden Orten ohne vorherige Bestellung liegt regelmäßig Reisegewerbe vor. Genehmigungen für Standorte und Sondernutzungen sind gesondert zu betrachten.

Werk- und Montageleistungen beim Kunden

Leistungen an wechselnden Einsatzorten (Montage, Service, Reparaturen) können Teil eines stehenden Gewerbes sein, wenn Organisation und Auftragsannahme von der festen Betriebsstätte ausgehen. Erfolgt die Kundenansprache ohne vorherige Bestellung außerhalb der Niederlassung, ist die Abgrenzung zum Reisegewerbe zu prüfen.

Häufig gestellte Fragen

Was gilt rechtlich als stehendes Gewerbe?

Als stehendes Gewerbe gilt eine auf Dauer angelegte, selbstständige Tätigkeit, die von einem festen Standort aus betrieben wird. Maßgeblich sind eine Betriebsstätte und eine organisatorische Verankerung an einem bestimmten Ort, unabhängig davon, ob es sich um Handel, Dienstleistungen oder Handwerk handelt.

Worin besteht der Unterschied zum Reisegewerbe?

Das Reisegewerbe erfolgt ohne vorherige Bestellung außerhalb einer eigenen Niederlassung und an wechselnden Orten. Das stehende Gewerbe ist an eine feste Betriebsstätte gebunden. Diese Abgrenzung beeinflusst Anzeigepflichten, Erlaubnisse und Kontrollmechanismen.

Ist Online-Handel ein stehendes Gewerbe?

Online-Handel wird regelmäßig als stehendes Gewerbe geführt, wenn die Organisation von einer festen Betriebsstätte aus erfolgt. Zusätzlich gelten die besonderen Informations- und Verbraucherschutzpflichten des Fernabsatzes.

Welche Tätigkeiten im stehenden Gewerbe sind erlaubnispflichtig?

Erlaubnispflichten bestehen insbesondere bei Tätigkeiten mit erhöhten Sicherheits-, Gesundheits- oder Vermögensschutzanforderungen, etwa im Bewachungsbereich, in Teilen des Gastgewerbes oder bei sensiblen Vermittlungsleistungen. Die Erlaubnisvergabe knüpft typischerweise an Zuverlässigkeit und Qualifikation an.

Welche Rolle spielen Bau- und Nutzungsrecht?

Für Räume und Flächen des stehenden Gewerbes sind planungsrechtliche Zulässigkeit, bauordnungsrechtliche Anforderungen und gegebenenfalls Genehmigungen relevant. Diese betreffen unter anderem Nutzungsart, Brandschutz, Fluchtwege, Stellplätze und Barrierefreiheit.

Gibt es im Laden ein gesetzliches Widerrufsrecht?

Bei vor Ort geschlossenen Verträgen besteht grundsätzlich kein gesetzliches Widerrufsrecht. Abweichende Regelungen gelten für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Unberührt bleiben gesetzliche Gewährleistungsrechte.

Wie werden Bargeschäfte rechtlich behandelt?

Bei Bargeschäften sind ordnungsgemäße Kassenführung, Belegausgabe und nachvollziehbare Aufzeichnungen von Bedeutung. Die Pflichten dienen der Nachprüfbarkeit durch Aufsichts- und Finanzbehörden.

Kann ein Foodtruck als stehendes Gewerbe gelten?

Ein Foodtruck zählt als stehendes Gewerbe, wenn er dauerhaft an einem genehmigten Standort betrieben wird. Bei wechselnden Standorten ohne vorherige Bestellung liegt regelmäßig Reisegewerbe vor; zusätzlich sind etwaige Sondernutzungen des öffentlichen Raums zu berücksichtigen.