Legal Lexikon

Stammkapital


Definition und Bedeutung des Stammkapitals

Das Stammkapital ist ein zentraler Begriff im Gesellschaftsrecht und bezeichnet das in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag festgelegte Kapital, mit dem eine Kapitalgesellschaft, insbesondere die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in Deutschland, ausgestattet ist. Es bildet die finanzielle Grundlage der Gesellschaft und dient primär der Haftungsbegrenzung sowie dem Schutz von Gläubigerinteressen.

Das Stammkapital spiegelt die Mindesteinlage der Gesellschafter wider und steht der Gesellschaft von Beginn an zur Verfügung. Es ist unabdingbarer Bestandteil der Gründung und Voraussetzung für die Eintragung in das Handelsregister.

Stammkapital bei verschiedenen Gesellschaftsformen

Stammkapital der GmbH

Nach § 5 Abs. 1 GmbHG beträgt das Stammkapital einer GmbH mindestens 25.000 Euro. Es kann in bar oder durch Sacheinlagen erbracht werden. Die Stammeinlage jedes Gesellschafters muss mindestens 1 Euro betragen (§ 5 Abs. 2 GmbHG). Die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister erfolgt erst, wenn mindestens ein Viertel jeder Stammeinlage und insgesamt mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals einbezahlt wurden (§ 7 Abs. 2 GmbHG).

Stammkapital bei der Unternehmergesellschaft (UG)

Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist eine Sonderform der GmbH, bei der das Stammkapital unterhalb der Schwelle von 25.000 Euro liegen kann und mindestens 1 Euro beträgt. Die Besonderheit liegt darin, dass bis zur Erreichung des regulären Stammkapitals von 25.000 Euro Rücklagen gebildet werden müssen (§ 5a GmbHG).

Stammkapital bei der Aktiengesellschaft (AG)

Für Aktiengesellschaften spricht man zwar formal vom Grundkapital, doch erfüllt dieses im rechtlichen Sinne denselben Zweck. Das Mindestgrundkapital einer AG beträgt 50.000 Euro (§ 7 AktG).

Gesetzliche Funktion und Zweck des Stammkapitals

Haftungsfunktion

Das Stammkapital dient vorrangig der Haftungsbegrenzung. Die Gesellschaft haftet ausschließlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen – das Stammkapital signalisiert somit potentiellen Gläubigern die finanzielle Mindestausstattung der Gesellschaft.

Schutz der Gläubiger

Durch gesetzliche Regelungen bezüglich der Kapitalaufbringung, -erhaltung und -rückgewähr wird sichergestellt, dass das registrierte Stammkapital tatsächlich und dauerhaft zum Vermögensbestand der Gesellschaft gehört. Insbesondere dienen §§ 30 ff. GmbHG einem verlässlichen Schutz der Gläubiger vor vorzeitiger Kapitalentnahme.

Kapitalaufbringung und -erhaltung

Das Stammkapital muss bei der Gründung der Gesellschaft tatsächlich eingebracht werden. Entsprechend den §§ 7 und 8 GmbHG ist im Rahmen der Anmeldung zur Eintragung eine Versicherung über die erfolgte Einbringung notwendig. Die Kapitalerhaltungspflicht setzt voraus, dass das Gesellschaftsvermögen in Höhe des Stammkapitals unangetastet bleibt, solange dies zur Erfüllung von Gläubigerforderungen erforderlich ist.

Einbringungsarten: Bareinlagen und Sacheinlagen

Bareinlagen

Bei Bareinlagen leisten die Gesellschafter ihre Einlage durch Einzahlung auf das Geschäftskonto der Gesellschaft. Der Einzahlungsvorgang muss dem Registergericht nachgewiesen werden.

Sacheinlagen

Bei Sacheinlagen werden Vermögensgegenstände, beispielsweise Immobilien, Fahrzeuge oder Patente, als Einlage in die Gesellschaft eingebracht. Die Bewertung dieser Gegenstände muss klar nachvollziehbar und dokumentiert sein. Missbräuchliche Überbewertung ist rechtswidrig und kann zu zivilrechtlicher Haftung führen (§ 9 GmbHG).

Änderung des Stammkapitals

Kapitalerhöhung

Eine Erhöhung des Stammkapitals bedarf einer qualifizierten Mehrheit (mindestens drei Viertel der Stimmen, § 53 GmbHG) und muss durch Satzungsänderung beschlossen werden. Die Erhöhung kann durch neue Einlagen oder durch Umwandlung von Rücklagen erfolgen und wird erst wirksam, nachdem sie ins Handelsregister eingetragen wurde.

Kapitalherabsetzung

Die Herabsetzung des Stammkapitals ist grundsätzlich zulässig, jedoch an strenge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft (§§ 58-62 GmbHG). Ziel ist es, Gläubigerinteressen weiterhin zu schützen. Die Herabsetzung muss im Handelsregister eingetragen und den Gläubigern bekannt gemacht werden, welche innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch einlegen können.

Haftungsrechtliche Implikationen

Die Haftung der Gesellschafter einer GmbH bleibt auf die Höhe ihrer Einlage beschränkt (§ 13 Abs. 2 GmbHG). Kommt es allerdings zur Insolvenz der Gesellschaft und das eingebrachte Stammkapital wurde nicht oder nur unvollständig geleistet, können Nachschusspflichten gegenüber der Gesellschaft oder Haftungsdurchgriffstatbestände gegenüber den Gesellschaftern entstehen.

Offenlegungspflichten und Transparenz

Das Stammkapital einer Gesellschaft ist im Handelsregister verzeichnet und für jedermann einsehbar (§ 8 Abs. 1 GmbHG). Im Rahmen der jährlichen Bilanzierung muss der Stand des Stammkapitals offen ausgewiesen werden. Diese Offenlegung dient sowohl dem Kapitalmarktschutz als auch dem Gläubigerschutz.

Zusammenfassung

Das Stammkapital stellt die grundlegende Kapitalbasis einer GmbH und vergleichbarer Gesellschaftsformen dar, ist mit weitreichenden gesetzlichen Pflichten verbunden und dient maßgeblich dem Schutz der Gläubiger. Es ist sowohl bei der Gründung als auch während der gesamten Dauer der Gesellschaft rechtlich relevant. Änderungen am Stammkapital unterliegen strengen formellen und publikationspflichtigen Verfahren. Das Stammkapital erfüllt neben einer psychologischen auch eine faktische Sicherungsfunktion im deutschen Gesellschaftsrecht.

Häufig gestellte Fragen

Wann muss das Stammkapital bei einer GmbH in Deutschland eingezahlt werden?

Das Stammkapital muss im Zuge der Gründung einer GmbH grundsätzlich vor der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister eingezahlt werden. Nach § 7 Abs. 2 GmbHG ist Voraussetzung für die Anmeldung, dass auf jeden Geschäftsanteil, der übernommen wurde, mindestens ein Viertel des Nennbetrags eingezahlt ist und der Gesamtbetrag der Bareinlagen mindestens zur Hälfte des Mindeststammkapitals, also 12.500 Euro, erreicht ist. Sach- und Bareinlagen können hierbei kombiniert werden. In der Anmeldung muss der Geschäftsführer versichern, dass die Geldeinlagen zur freien Verfügung der Geschäftsführer eingezahlt worden sind und sich tatsächlich auf einem Konto der Gesellschaft befinden. Erst nach ordnungsgemäßer Erbringung dieser Einlageverpflichtungen kann die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen werden und entsteht damit als juristische Person.

Welche rechtlichen Folgen hat eine Nichterbringung des Stammkapitals?

Wird das erforderliche Stammkapital nicht ordnungsgemäß eingezahlt, hat dies schwerwiegende rechtliche Folgen. Bereits vor der Eintragung ins Handelsregister ist die Gesellschaft in Gründung (GmbH i.G.) und haftet, vertreten durch die Gesellschafter und Geschäftsführer, persönlich und gesamtschuldnerisch für alle Verbindlichkeiten. Kommt es später zur Anmeldung ohne ausreichende Einzahlung, kann das Registergericht die Eintragung ablehnen. Im Fall einer Falschangabe zur Einzahlung droht zudem die persönliche Haftung des Geschäftsführers nach § 9a GmbHG sowie eine strafrechtliche Verfolgung nach § 82 GmbHG. Wird das Stammkapital nach Eintragung nicht erbracht, können Gläubiger die ausstehenden Einlagen unmittelbar von den Gesellschaftern einfordern.

Ist das Stammkapital durchgehend verfügbar zu halten oder darf es für Gesellschaftszwecke verbraucht werden?

Nach der Eintragung der GmbH ins Handelsregister ist das Stammkapital nicht wie ein Treuhandvermögen dauerhaft zu erhalten. Es steht vielmehr dem satzungsmäßigen Geschäftszweck der Gesellschaft zur Verfügung und darf für betriebliche Ausgaben verwendet werden. Allerdings darf während der Gründungsphase nicht über das eingezahlte Stammkapital verfügt werden, bis die Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen ist. Nach Eintragung sind Auszahlungen an die Gesellschafter, die das gebundene Kapital betreffen, gemäß § 30 GmbHG untersagt, wenn dadurch das Gesellschaftsvermögen unter das Stammkapital sinken würde. Verstöße führen zur Rückerstattungspflicht und Haftung nach § 31 GmbHG.

Können Einlagen auf das Stammkapital auch in Form von Sacheinlagen erfolgen und welche rechtlichen Besonderheiten sind hierbei zu beachten?

Sacheinlagen sind nach § 5 Abs. 4 GmbHG zulässig, wobei alle Arten von Vermögensgegenständen eingebracht werden dürfen, sofern sie übertragbar und bewertbar sind. Im Gesellschaftsvertrag müssen Wert, Art und Gegenstand der Sacheinlage genau bezeichnet werden. Zudem ist bei Gründung eine sogenannte „Sacheinlagebestätigung“ durch die Geschäftsführer gegenüber dem Registergericht erforderlich, in der die Erbringung dieser Sacheinlagen versichert wird. Mangels vollständiger Leistung oder bei Überbewertung der eingebrachten Gegenstände haften die Einbringenden nach § 9 GmbHG der Gesellschaft gegenüber. Die Eintragung kann bei falschen Angaben abgelehnt werden.

Welche gesetzliche Mindesthöhe ist für das Stammkapital vorgeschrieben?

Gemäß § 5 Abs. 1 GmbHG beträgt das Mindeststammkapital für eine GmbH in Deutschland 25.000 Euro. Diese Summe ist zwingendes Recht und kann weder durch Gesellschaftsvertrag noch durch Beschluss der Gesellschafter unterschritten werden. Von diesem Betrag muss bei Gründung mindestens die Hälfte, also 12.500 Euro, tatsächlich eingezahlt werden, um die Gesellschaft wirksam in das Handelsregister eintragen zu lassen. Eine Eintragung mit niedrigerem Stammkapital ist unzulässig und wird vom Registergericht nicht vollzogen.

Wie wird das Stammkapital auf mehrere Gesellschafter verteilt?

Das Stammkapital der GmbH wird durch die Übernahme von Geschäftsanteilen durch die einzelnen Gesellschafter aufgeteilt. Jeder Gesellschafter übernimmt einen oder mehrere Geschäftsanteile, deren Nennbetrag auf volle Euro lauten muss. Die Summe aller übernommenen Anteile muss mit dem Stammkapital übereinstimmen (§ 5 Abs. 3 GmbHG). Die Pflicht jedes Gesellschafters zur Einzahlung richtet sich nach der Höhe seines übernommenen Anteils. Die Haftung für nicht geleistete Einlagen verbleibt bis zur vollständigen Zahlung anteilig beim jeweiligen Gesellschafter.

Dürfen Gesellschafter nachträgliche Erhöhungen oder Herabsetzungen des Stammkapitals beschließen?

Erhöhungen und Herabsetzungen des Stammkapitals sind rechtlich zulässig, allerdings an formale und materielle Voraussetzungen geknüpft. Eine Erhöhung des Stammkapitals erfolgt durch satzungsändernden Gesellschafterbeschluss mit notarieller Beurkundung und Eintragung im Handelsregister (§§ 55-57 GmbHG). Gleiches gilt für die Herabsetzung, die zum Schutz der Gläubiger strengen gesetzlichen Vorgaben unterliegt (§§ 58-62 GmbHG), darunter Anmelde- und Wartepflichten, um eine Gefährdung des Gesellschaftsvermögens zu verhindern. Ohne handelsregisterliche Eintragung sind diese Maßnahmen unwirksam.