Begriff und rechtliche Bedeutung der Stammeinlage
Die Stammeinlage bezeichnet im deutschen Gesellschaftsrecht denjenigen Geld- oder Sachwert, den ein Gesellschafter bei der Gründung oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft (UG) zur Verfügung stellt. Sie bildet zusammen mit den Einlagen weiterer Gesellschafter das Stammkapital der Gesellschaft. Durch die Stammeinlage verpflichtet sich der Gesellschafter, einen in der Satzung festgelegten Betrag zu leisten, der zur Absicherung der Gläubiger und als finanzielle Basis der Gesellschaft dient.
Gesetzliche Grundlagen
Relevante Rechtsnormen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Stammeinlage sind maßgeblich im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) geregelt. Insbesondere sind die §§ 5, 7, 14, 19 und 40 GmbHG wesentliche Vorschriften, die Definition, Höhe, Einzahlung, sowie Haftungsfolgen der Stammeinlage festlegen. Analog finden sich beim Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) sowie beim Handelsgesetzbuch (HGB) weitere relevante Bestimmungen.
Höhe der Stammeinlage
Die Mindesthöhe der einzelnen Stammeinlage ist vom Gesetzgeber klar geregelt:
- Mindeststammkapital: Das Stammkapital einer GmbH beträgt mindestens 25.000 Euro (§ 5 Abs. 1 GmbHG).
- Mindestbetrag pro Stammeinlage: Eine einzelne Stammeinlage muss mindestens 1 Euro betragen (§ 5 Abs. 3 GmbHG).
- Mehrere Stammeinlagen: Ein Gesellschafter kann mehrere Stammeinlagen übernehmen, jedoch nicht mehrere Teilbeträge an einer einzelnen Stammeinlage.
Im Gesellschaftsvertrag (Satzung) ist verbindlich festzulegen, welchen Betrag jeder Gesellschafter als Stammeinlage übernimmt.
Arten der Stammeinlage
Bareinlage
Die häufigste Form der Stammeinlage ist die Bareinlage. Hierbei verpflichtet sich der Gesellschafter zur Zahlung eines Geldbetrags auf das Geschäftskonto der GmbH. Nach § 7 Abs. 2 GmbHG muss bei Gründung einer GmbH für jede Stammeinlage mindestens ein Viertel eingezahlt sein, insgesamt aber mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals (also 12.500 Euro).
Sacheinlage
Eine Stammeinlage kann auch als Sacheinlage erfolgen (§ 5 Abs. 4 GmbHG). Sacheinlagen bestehen aus Vermögensgegenständen, wie z. B. Maschinen, Fahrzeugen, Patenten oder Immobilien. Für Sacheinlagen gelten strengere Anforderungen:
- Sacheinlagen müssen in der Satzung konkret bezeichnet und bewertet werden (§ 5 Abs. 4 GmbHG).
- Einbringungsnachweis: Die vollständige Leistung der Sacheinlage ist durch einen Nachweis zu bestätigen (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG).
- Werthaltigkeit und Überbewertungsverbot: Sacheinlagen müssen einen objektiven, wirtschaftlichen Wert besitzen. Eine Überbewertung kann zur persönlichen Haftung des Gesellschafters führen (§ 9a GmbHG).
Leistung und Fälligkeit der Stammeinlage
Fälligkeit und Einzahlungspflicht
Die Verpflichtung zur Einzahlung der Stammeinlage entsteht mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages gemäß § 19 Abs. 1 GmbHG. Die Einzahlung erfolgt auf ein Geschäftskonto der Gesellschaft. Erst nach vollständiger oder teilweiser Einzahlung ist die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung ins Handelsregister möglich (§ 7 GmbHG).
Konsequenzen der Nichtleistung
Wird die Stammeinlage nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erbracht, haftet der betreffende Gesellschafter persönlich für den ausstehenden Betrag (§ 19 Abs. 2 GmbHG). Verbleibende Einzahlungspflichten bleiben auch nach Übertragung der Geschäftsanteile bestehen (§ 16 Abs. 3 GmbHG).
Haftungsfragen und Gläubigerschutz
Haftung bei nicht voll eingezahlter Stammeinlage
Bis zur vollständigen Einzahlung der übernommenen Stammeinlage haften Gesellschafter, auch wenn sie ihre Geschäftsanteile veräußert haben, unter bestimmten Voraussetzungen für die noch offene Einzahlungsschuld. Dies geschieht insbesondere im Rahmen des Gläubigerschutzes.
Differenzhaftung und Nachschusspflicht
Sollte der Wert einer eingebrachten Sacheinlage unter dem vereinbarten Einlagebetrag liegen, besteht eine sogenannte Differenzhaftung (§ 9 GmbHG). Zudem dürfen Nachschusspflichten nur durch Gesellschaftsvertrag und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften vereinbart werden (§ 26 GmbHG).
Insolvenzszenarien
Im Insolvenzfall kann der Insolvenzverwalter die noch ausstehenden Stammeinlagen von den Gesellschaftern einfordern (§ 9a GmbHG). Auch bereits rückgezahlte Einlagen können in bestimmten Konstellationen zurückverlangt werden, wenn dies zur Massemehrung erforderlich ist (§ 30 GmbHG).
Besonderheiten bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Für die sogenannte Mini-GmbH oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gelten einige Sonderregelungen:
- Das Stammkapital kann unterhalb von 25.000 Euro liegen, muss jedoch mindestens 1 Euro betragen.
- Die Stammeinlage kann ausschließlich als Bareinlage geleistet werden (§ 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG).
- Es besteht eine Pflicht zur Bildung einer gesetzlichen Rücklage in Höhe von 25 % des Jahresüberschusses bis zur Erreichung des Mindeststammkapitals einer regulären GmbH.
Steuerliche Aspekte der Stammeinlage
Die Einbringung der Stammeinlage ist in der Regel keine Betriebsausgabe und somit nicht steuerlich abzugsfähig. Sacheinlagen können jedoch Bewertungsfragen und ggf. steuerliche Folgen bei Übertragung auslösen, insbesondere im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer oder Umsatzsteuer, sofern Grundstücke oder umsatzsteuerpflichtige Wirtschaftsgüter eingebracht werden.
Zusammenfassung
Die Stammeinlage ist ein zentrales Element des deutschen GmbH-Rechts. Sie stellt die finanzielle Grundlage der Gesellschaft dar und bildet einen wesentlichen Schutzmechanismus für Gläubiger. Gesetzliche Vorgaben sichern die ordnungsgemäße und tatsächliche Erbringung der Einlage. Neben Vorschriften zur Höhe, Form und Fälligkeit der Stammeinlage bestehen detaillierte Regelungen zu besonderen Einlagemodalitäten, Haftungsfolgen und insolvenzrechtlichen Aspekten. Damit erfüllt die Stammeinlage eine tragende Rolle für Kapitalstruktur, Liquidität und Haftung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung sowie der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt).
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Erbringung der Stammeinlage bei der Gründung einer GmbH?
Die Stammeinlage muss im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mindestens in Höhe des Nennbetrags der übernommenen Geschäftsanteile von den jeweiligen Gesellschaftern geleistet werden. Nach § 7 Abs. 2 GmbHG ist bei der Bargründung einer GmbH vorgeschrieben, dass auf jeden Geschäftsanteil mindestens ein Viertel einzuzahlen ist; insgesamt muss jedoch mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals (derzeit 12.500 EUR von 25.000 EUR) in bar eingezahlt werden. Die vollständige Einzahlung kann später, nach Aufforderung durch die Geschäftsführung, erfolgen. Bei Sacheinlagen hingegen muss die Einlageleistung vollständig erbracht werden, bevor die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister erfolgt – unvollständige Sacheinlagen führen zur Unwirksamkeit der Anmeldung. Die Geschäftsführer müssen mit der Anmeldung zum Handelsregister versichern, dass die Einlagen tatsächlich und endgültig zur freien Verfügung der Gesellschaft stehen und keine Rückgewähr der Einlagen vereinbart wurde. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen kann strafrechtliche Konsequenzen und die persönliche Haftung der Geschäftsführer auslösen.
Welche Konsequenzen hat eine nicht vollständig geleistete Stammeinlage?
Wird eine Stammeinlage nicht vollständig geleistet, haftet der betreffende Gesellschafter der Gesellschaft weiterhin auf den offenen Betrag. Die Gesellschaft kann von ihm die Erfüllung seiner Einlageverpflichtung verlangen. Im Insolvenzfall der GmbH haften die Gesellschafter bis zur Höhe ihrer ausstehenden Stammeinlage auch gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft (§ 19 Abs. 2 InsO). Zudem kann eine nicht oder nicht vollständig geleistete Einlage zu einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers führen, wenn er entgegen der gesetzlichen Vorschriften falsche Angaben im Zusammenhang mit der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister macht. Ferner kann der Gesellschafter bei ausstehender Einlagezahlung seine Stimmrechte verlieren oder im Zuge eines satzungsmäßig vorgesehenen Verfahrens ausgeschlossen werden.
Kann die Stammeinlage im Wege einer Verrechnung mit Forderungen gegen die GmbH geleistet werden?
Nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 19 Abs. 2 GmbHG) ist eine Aufrechnung gegen die Einlageverpflichtung in der Regel unzulässig, es sei denn, die Gegenforderung ist unbestritten, fällig und rechtskräftig festgestellt. In der Praxis wird die Möglichkeit zur Aufrechnung jedoch sehr restriktiv gehandhabt, insbesondere bei der Gründung einer GmbH. Grund dafür ist, dass die Stammeinlage tatsächlich zur freien Verfügung der Gesellschaft stehen muss, um den Mindestkapitalschutz zu gewährleisten. Eine Aufrechnung mit nicht liquiden oder unsicheren Forderungen würde diesen gesetzlichen Schutz unterlaufen. Die Aufrechnung ist regelmäßig nur möglich, wenn die Aufrechnungsgegenforderung bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung zum Handelsregister besteht und einwandfrei ist.
Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei der Stammeinlage durch Sacheinlagen?
Sobald ein Gesellschafter seine Stammeinlage durch eine Sacheinlage (z.B. Immobilien, Fahrzeuge, Forderungen oder andere Vermögensgegenstände) erbringen möchte, sind besondere Vorschriften einzuhalten. Laut § 5 Abs. 4 GmbHG muss der Gesellschaftsvertrag sowohl die Art des einzubringenden Gegenstandes als auch dessen Wert und die Person des Einlegenden genau bezeichnen. Die Sacheinlage ist vor der Anmeldung der GmbH zum Handelsregister vollständig zu leisten; eine Teilleistung ist nicht zulässig. Sacheinlagen müssen zudem tatsächlich, unbeschränkt und unbelastet auf die Gesellschaft übertragen werden. Die Geschäftsführung hat in der Anmeldung zu versichern, dass die Gesellschaft über die Sacheinlagen endgültig verfügen kann und keine Rückgewähransprüche bestehen. Überdies kann das Registergericht einen Nachweis verlangen, dass die Bewertung der Sacheinlage den tatsächlichen Wertverhältnissen entspricht und der angesetzte Wert nicht überhöht ist. Überbewertungen führen zu einer Nachschusspflicht des Einlegenden.
Ist eine Rückzahlung der geleisteten Stammeinlage an die Gesellschafter zulässig?
Die Rückzahlung der einmal geleisteten Stammeinlage ist nach § 30 GmbHG grundsätzlich unzulässig, solange das Stammkapital durch die Gesellschaft nicht erhalten bleibt. Jede Auszahlung an die Gesellschafter, die das Vermögen der GmbH unterhalb des Stammkapitals reduziert, ist verboten. Entsprechende Zahlungen stellen eine verbotene Auszahlung dar und können erhebliche Konsequenzen zur Folge haben: Der Gesellschafter muss den ausbezahlten Betrag wieder an die GmbH zurückführen und der Geschäftsführer kann sich für die Anweisung haftbar oder sogar strafbar machen. Zulässig ist eine Auszahlung nur dann, wenn ein vollwertiger Gegenleistungsanspruch der Gesellschaft entgegensteht (z.B. Gewinnausschüttung aus frei verfügbarem Eigenkapital) oder die Gesellschaft im Wege einer Kapitalherabsetzung ordnungsgemäß vorgeht.
Welche Rechte hat die GmbH, wenn ein Gesellschafter seiner Zahlungspflicht zur Stammeinlage nicht nachkommt?
Kommt ein Gesellschafter seiner Zahlungspflicht nicht fristgerecht nach, stehen der Gesellschaft und gegebenenfalls den anderen Gesellschaftern verschiedene rechtliche Mittel zur Verfügung. Die GmbH kann den säumigen Gesellschafter auf Zahlung verklagen. Nach § 21 GmbHG kann der Gesellschaftsvertrag zudem ein Verfahren vorsehen, bei dem der nicht leistende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen und seine Anteile zwangsweise eingezogen werden können. Ferner können Verzugszinsen auf die ausstehende Einlage erhoben werden. Wichtig ist auch, dass der säumige Gesellschafter bis zur vollständigen Leistung seiner Einlage nur eingeschränkte Gesellschafterrechte (z.B. kein Stimmrecht, kein Dividendenanspruch) genießen kann, sofern dies im Gesellschaftsvertrag geregelt wurde.
Sind Nachschüsse auf die Stammeinlage nach Gründung der GmbH zulässig und wie werden sie rechtlich behandelt?
Nachschüsse sind Zahlungen der Gesellschafter, die über ihre ursprünglich vereinbarte Stammeinlage hinausgehen und im Interesse der Gesellschaft erfolgen. Ob und in welchem Umfang Nachschüsse gefordert werden dürfen, muss ausdrücklich (und detailliert) im Gesellschaftsvertrag geregelt sein (§ 26 GmbHG). Die Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen ist also keine gesetzliche Pflicht, sondern beruht ausschließlich auf freiwilliger vertraglicher Vereinbarung. Fehlt eine solche Regelung, besteht keine Pflicht zur Nachschusszahlung. Nachschüsse sind gegenüber der Stammeinlage nachrangig, das heißt, sie begründen keine Nachschusshaftung im Insolvenzfall und werden im Innenverhältnis der Gesellschafter ausgeglichen. Werden Nachschüsse geleistet, erhöhen sie die Eigenkapitalbasis der GmbH, führen aber nicht zu einer Erhöhung des Stammkapitals und beeinflussen die Beteiligungsverhältnisse nicht direkt, falls nichts anderes im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist.