Legal Lexikon

Stammaktie


Begriff und rechtliche Einordnung der Stammaktie

Die Stammaktie (englisch: common share) ist eine grundlegende Form der Aktie im Aktienrecht. Sie verkörpert einen Anteil am Grundkapital einer Aktiengesellschaft (AG) und gewährt den Aktionären umfangreiche vermögens- und mitgliedschaftsrechtliche Befugnisse. Stammaktien stellen die Standardform der Beteiligung an einer Aktiengesellschaft dar und sind im deutschen Aktiengesetz (AktG) sowie ergänzenden Regelwerken ausführlich geregelt.

Rechtsgrundlagen der Stammaktie

Die maßgeblichen Regelungen zur Stammaktie finden sich im Aktiengesetz (AktG), insbesondere in den §§ 11 ff. AktG. Die Unterscheidung zwischen Stammaktien und anderen Aktiengattungen – vor allem Vorzugsaktien – ist für die gesellschaftsrechtliche Praxis und die Rechte der Aktionäre von zentraler Bedeutung. Der Gesetzgeber sieht die Stammaktie als die gesetzliche Regelform der Aktie an.

Ausstattungsmerkmale und Rechte der Stammaktie

Mitgliedschaftsrechte

Stimmrecht

Das wichtigste Mitgliedschaftsrecht, das sich aus einer Stammaktie ableitet, ist das Stimmrecht (§ 12 Abs. 1 AktG). In der Hauptversammlung der Gesellschaft ermöglicht jede Stammaktie, sofern sie nicht auf mehrstimmige Aktien oder stimmrechtslose Vorzugsaktien entfällt, ein Stimmrecht, das zur Mitbestimmung über zentrale Gesellschaftsangelegenheiten berechtigt. Dazu zählen unter anderem die Wahl des Aufsichtsrats, Entscheidungen über Kapitalmaßnahmen oder Satzungsänderungen sowie die Gewinnverwendung.

Teilnahme an der Hauptversammlung

Inhaber von Stammaktien sind berechtigt, an der Hauptversammlung teilzunehmen (§ 118 AktG), Anträge zu stellen und Auskünfte zu verlangen (§ 131 AktG). Die Ausübung dieser Rechte ist maßgeblich für die Einflussnahme auf die Leitung und strategische Ausrichtung der Gesellschaft.

Bezugsrecht

Das Bezugsrecht (§ 186 AktG) sichert Aktionären bei Kapitalerhöhungen mit Bezug auf die Stammaktie das Vorrecht, neue Aktien im Verhältnis ihres bisherigen Anteils zu erwerben und so eine Verwässerung ihrer Beteiligung zu vermeiden.

Vermögensrechte

Dividendenanspruch

Stammaktien gewähren grundsätzlich einen Anspruch auf Beteiligung am Bilanzgewinn der Gesellschaft (§ 58 AktG). Die Höhe der Dividende wird durch die Hauptversammlung beschlossen und richtet sich regelmäßig nach der Anzahl der gehaltenen Stammaktien.

Anspruch auf Liquidationserlös

Im Fall der Auflösung der Gesellschaft steht Inhabern von Stammaktien ein Anspruch auf den Anteil am Liquidationserlös zu, sofern nach Begleichung sämtlicher Verbindlichkeiten noch Vermögen vorhanden ist (§ 271 AktG).

Abgrenzung zu anderen Aktienarten

Stammaktie und Vorzugsaktie

Die wichtigste Unterscheidung erfolgt gegenüber der Vorzugsaktie. Vorzugsaktien bieten meist vorrangige oder erhöhte Dividendenansprüche, sind jedoch oft mit einem Ausschluss des Stimmrechts verbunden (§ 139 AktG). Im Gegensatz dazu vermitteln Stammaktien stets das volle Stimmrecht.

Namens- und Inhaberaktien

Stammaktien können sowohl als Namensaktien (§ 67 AktG) als auch als Inhaberaktien ausgestaltet sein. Bei Namensaktien ist der jeweilige Aktionär namentlich im Aktienregister eingetragen, während Inhaberaktien formlos durch Übergabe übertragen werden können.

Stückaktien und Nennwertaktien

Stammaktien unterscheiden sich zudem danach, ob sie als Stückaktien (§ 8 Abs. 1 S. 2 AktG) oder Nennwertaktien (§ 8 Abs. 1 AktG) ausgegeben werden. Die rechtlichen Aktionärsrechte bleiben durch diese Gestaltungsform unberührt, sie betreffen vor allem die technische Zählweise und die Stückelung des Grundkapitals.

Emission, Handel und Übertragung von Stammaktien

Erstausgabe

Die Emission neuer Stammaktien erfolgt regelmäßig im Gründungsstadium einer Gesellschaft oder im Rahmen von Kapitalerhöhungen. Die Ausgabe ist streng reguliert und muss mindestens den gesetzlichen Mindestausgabebetrag einhalten (§ 9 AktG).

Börsennotierung und Handel

Stammaktien sind die häufigste Aktienart im Börsenhandel. Sie werden an nationalen und internationalen Börsen gemäß den Vorgaben des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), der Börsenordnungen und weiteren aufsichtsrechtlichen Anforderungen gehandelt.

Übertragung

Die Übertragung von Stammaktien richtet sich nach ihrer Ausgestaltung als Inhaber- oder Namensaktie. Während Inhaber-Stammaktien regelmäßig formlos durch Einigung und Übergabe übertragen werden können, ist bei Namensaktien zusätzlich eine Umschreibung im Aktienregister notwendig (§ 68 AktG).

Rechte, Pflichten und Schutzmechanismen der Aktionäre

Mitwirkungspflichten

Aktionäre, die Stammaktien halten, können zur Mitwirkung an Hauptversammlungen sowie zur Offenlegung von Beteiligungen nach dem Wertpapierhandelsgesetz verpflichtet sein, insbesondere bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte (§ 33 ff. WpHG).

Anlegerschutzmechanismen

Im Interesse der Minderheitsaktionäre bestehen umfangreiche Schutzvorschriften, um die Rechte auch kleinerer Stammaktionäre zu wahren, beispielsweise über Auskunftsrechte, Anfechtungsrechte gegen Hauptversammlungsbeschlüsse und das Spruchverfahren bei Strukturmaßnahmen (§ 305 ff. AktG).

Haftung und Nachschusspflichten

Mitgliedschaftsrechte aus Stammaktien sind grundsätzlich haftungsbeschränkt auf die Einlageverpflichtung bei der Ausgabe. Eine Nachschusspflicht über den bei der Emission geleisteten Betrag hinaus besteht nicht (§ 54 Abs. 1 AktG).

Bedeutung der Stammaktie im internationalen Kontext

Stammaktien entsprechen im englischsprachigen Raum den sogenannten Common Shares. In anderen Rechtsordnungen können ähnliche Beteiligungsformen andere Rechte und Pflichten für die Anteilseigner mit sich bringen. Die Grundstruktur – die Verbindung von Stimmrecht und Gewinnbezugsrecht – ist jedoch weltweit einheitlich anerkannt.

Fazit

Die Stammaktie ist aus rechtlicher Sicht das zentrale Beteiligungsinstrument an einer deutschen Aktiengesellschaft. Sie gewährt umfassende Mitgliedschafts- und Vermögensrechte, dient als Standard im Börsenhandel und ist durch zahlreiche gesetzliche Regelungen geschützt. Unterschiedliche Ausgestaltungsformen hinsichtlich Stimmrecht, Übertragbarkeit und Dividendenanspruch bestimmen ihre konkrete rechtliche Wertigkeit. Die Stammaktie sichert den Anteilseignern eine aktive Rolle in der Gesellschaft und bildet somit das Rückgrat jeder Aktienkultur.


Dieser Artikel bietet eine umfassende Darstellung der rechtlichen Aspekte rund um die Stammaktie für ein Rechtslexikon. Weiterführende Informationen ergeben sich insbesondere durch die einschlägigen Vorschriften des Aktienrechts und der Wertpapierregulierung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte stehen einem Inhaber einer Stammaktie nach deutschem Aktienrecht zu?

Inhaber einer Stammaktie besitzen im Rahmen des deutschen Aktienrechts umfassende Mitwirkungsrechte auf der Hauptversammlung der Gesellschaft. Zentrale Rechte umfassen insbesondere das Stimmrecht (§ 12 Abs. 1 AktG), wodurch der Aktionär bei Beschlüssen über Unternehmensbelange (z.B. Wahl des Aufsichtsrats, Dividendenverteilung, Kapitalmaßnahmen, Satzungsänderungen, Fusionen) unmittelbar Einfluss nehmen kann. Ergänzend stehen den Inhabern von Stammaktien das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung (§ 118 AktG), das Antragsrecht, zur Verhandlung über Gegenstände der Tagesordnung Stellung zu nehmen (§ 131 AktG, Auskunftsrecht), sowie das Recht auf Dividendenzahlung im Rahmen der Gewinnverwendung (§ 60 AktG) zu. Im Falle der Auflösung einer Gesellschaft besteht zudem ein Anspruch auf einen Anteil am Liquidationserlös (§ 271 AktG). Stammaktionäre sind somit essentiell an der Willensbildung und Vermögensverteilung der Aktiengesellschaft beteiligt.

Können die Rechte aus einer Stammaktie beschränkt oder ausgeschlossen werden?

Die Rechte aus Stammaktien sind nach dem deutschen Aktienrecht grundsätzlich untrennbar mit der Aktie verbunden, können jedoch in Einzelfällen satzungsmäßig eingeschränkt werden, soweit das Gesetz dies ausdrücklich zulässt. Eine vollständige Ausschließung des Stimmrechts bei Stammaktien ist nicht möglich, jedoch sieht das Gesetz vorübergehende Stimmrechtsausschlüsse vor-beispielsweise bei Verzug mit Einlagen (§ 59 AktG), bei eigenen Aktien (§ 71b AktG) oder im Fall von Interessen- und Pflichtenkonflikten (z.B. in Strukturmaßnahmen gemäß § 136 AktG). Satzungsmäßige Abweichungen bedürfen meist qualifizierter Mehrheiten und sind eng an die Vorgaben des AktG gebunden, da die Sicherung der Aktionärsrechte maßgeblich den Schutz von Minderheiten und die Corporate Governance einer Aktiengesellschaft gewährleisten soll.

Wie erfolgt die Übertragung einer Stammaktie und was ist rechtlich zu beachten?

Die Übertragung von Stammaktien richtet sich maßgeblich nach deren Ausgestaltung als Inhaber- oder Namensaktien. Inhaber-Stammaktien werden durch Einigung und Übergabe des Wertpapierdokuments oder, bei Girosammelverwahrung, durch Einbuchung auf das Depot des Erwerbers übertragen (§ 68 AktG i.V.m. Wertpapierhandelsgesetz). Ist die Stammaktie als Namensaktie ausgestaltet, ist zusätzlich die Eintragung des Erwerbers in das Aktienregister für die Rechtswirksamkeit der Übertragung erforderlich (§ 68 Abs. 2 AktG, § 67 AktG). Besondere Beschränkungen (Vinkulierung) können durch die Satzung vorgesehen werden und erfordern dann eine Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung. Die Übertragung ist grundsätzlich formfrei möglich, kann jedoch durch Handelsusancen oder Depotbedingungen ergänzt werden.

Unterliegen Stammaktien besonderen Einschränkungen im Falle eines öffentlichen Übernahmeangebots?

Stammaktien unterliegen im Kontext öffentlicher Übernahmeangebote grundsätzlich den allgemeinen aktien- und wertpapierrechtlichen Bestimmungen. Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) sieht vor, dass allen Inhabern von stimmberechtigten Aktien, wozu die Stammaktie zählt, ein gleiches Angebot vorliegen muss (§ 3 WpÜG). Es besteht ein Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG; § 31 WpÜG), wonach keine Aktionärsgruppe bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Gesellschaftsrechtliche Beschränkungen wie Vinkulierung oder Zustimmungsvorbehalte können sich auf die Übertragbarkeit von Stammaktien im Übernahmefall auswirken, dürfen aber den gesetzlichen Grundsatz der Gleichbehandlung nicht unterlaufen.

Welche Rolle spielen Stammaktien im Rahmen von Kapitalmaßnahmen (z.B. Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen)?

Stammaktien sind bei Kapitalmaßnahmen einem besonderen Schutzmechanismus unterstellt. Bei Kapitalerhöhungen steht Stammaktionären regelmäßig ein Bezugsrecht zu (§ 186 AktG), um ihren Anteil an der Gesellschaft aufrechterhalten zu können und eine Verwässerung ihrer Beteiligung zu vermeiden. Bei Kapitalherabsetzungen werden Stammaktien entsprechend dem gesetzlichen oder satzungsmäßigen Verhältnis einbezogen (§ 222-228 AktG). Die spezifische Ausgestaltung der Kapitalmaßnahme sowie etwaige Ausnahmen vom Bezugsrecht bedürfen eines qualifizierten Hauptversammlungsbeschlusses, wobei die Interessen der Inhaber von Stammaktien besonders zu berücksichtigen sind, nicht zuletzt zur Wahrung des Gleichbehandlungsgebots.

Was sind die rechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung von Stammaktien in der Satzung einer Gesellschaft?

Die Satzung einer Aktiengesellschaft muss Festlegungen über die Art und Anzahl der ausgegebenen Aktien, inklusive der Stammaktien, enthalten (§ 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG). Sie muss bestimmen, inwiefern die Aktien als Inhaber- oder Namensaktien ausgegeben werden, ob und welche Rechte mit den Aktien verknüpft sind, und unter Umständen, ob Übertragungsbeschränkungen vorgesehen werden (Vinkulierung). Änderungen an der Ausgestaltung von Stammaktien, etwa die Einführung unterschiedlicher Aktiengattungen oder bevorzugter Ausstattungen, setzen satzungsändernde Beschlüsse voraus, die nur mit einer qualifizierten Mehrheit der Hauptversammlung gefasst werden können (§ 179 Abs. 2 AktG). Zudem muss jede Änderung der mit den Stammaktien verbundenen Rechte ins Handelsregister eingetragen werden und ist gegenüber Aktionären erst mit deren Bekanntmachung wirksam.

Wie werden die Rechte von Stammaktionären bei der Auflösung oder Liquidation einer Gesellschaft rechtlich behandelt?

Im Falle der Auflösung oder Liquidation einer Aktiengesellschaft regelt § 271 AktG, dass Stammaktionären ein anteiliger Anspruch am verbleibenden Vermögen nach Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zusteht. Diese Beteiligung erfolgt gemäß dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Grundkapital, sofern die Satzung keine abweichende Regelung trifft. Bevorzugungen oder Benachteiligungen beim Liquidationserlös sind grundsätzlich nur für Vorzugsaktien möglich, nicht für Stammaktien, außer die Satzung sieht ausdrücklich eine andere Behandlung vor. Das Recht auf Liquidationserlös ist ein Vermögensrecht, das unabdingbar mit der Stammaktie verknüpft ist und bis zur vollständigen Beendigung des Liquidationsverfahrens bestehen bleibt. Die Anspruchstellung erfolgt meist im Rahmen der abschließenden Gläubigerbefriedigung und der Erstellung eines Liquidationsschlussberichts durch den Liquidator.