Legal Lexikon

Staatsbürgerschaft


Begriff und rechtliche Grundlagen der Staatsbürgerschaft

Die Staatsbürgerschaft ist ein zentrales rechtliches Verhältnis zwischen einer natürlichen Person und einem Staat. Sie begründet Rechte und Pflichten sowohl für die betreffende Person als auch für den Staat und definiert deren Zugehörigkeit zu einer staatlichen Gemeinschaft. Die Staatsbürgerschaft ist international als „nationality“ bekannt und unterscheidet sich vom Begriff der „Staatsangehörigkeit“, der oft synonym verwendet, jedoch in einzelnen Rechtsordnungen differenziert behandelt wird.

Historische Entwicklung der Staatsbürgerschaft

Die rechtliche Konzeption der Staatsbürgerschaft entwickelte sich parallel zur Herausbildung moderner Staaten im 18. und 19. Jahrhundert. Die Idee basiert auf der Zugehörigkeit zu einer politisch-rechtlich organisierten Gemeinschaft. Während in vormodernen Gesellschaften oft Untertanenschaft oder Vasallität vorherrschten, etablierte sich mit der Entstehung von Nationalstaaten die Staatsbürgerschaft als rechtliche Kategorie mit klar definierten Rechten und Pflichten.

Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft

Erwerbsarten

Geburt und Abstammung (Ius Sanguinis)

Der Erwerb kraft Abstammung – auch als Ius Sanguinis bezeichnet – bedeutet, dass eine Person die Staatsbürgerschaft durch Geburt von einem Elternteil erhält, der selbst Staatsbürger des betreffenden Staates ist. Diese Form wird in zahlreichen Ländern, darunter Deutschland und viele europäische Staaten, als primärer Weg zum Erwerb der Staatsbürgerschaft verwendet.

Geburtsortprinzip (Ius Soli)

Das Geburtsortprinzip – das sogenannte Ius Soli – räumt Personen die Staatsbürgerschaft des Staates ein, auf dessen Territorium sie geboren wurden. Dieses Prinzip findet beispielsweise in den USA Anwendung, aber auch in anderen Staaten mit unterschiedlicher Ausgestaltung (z.B. bedingter Ius Soli in Deutschland).

Einbürgerung

Durch Einbürgerung kann die Staatsbürgerschaft auf Antrag verliehen werden, sofern bestimmte Voraussetzungen – wie gewöhnlicher Aufenthalt, Sprachkenntnis, Integration sowie Loyalität zum aufnehmenden Staat – erfüllt sind.

Sonstige Erwerbstatbestände

Weitere Erwerbstatbestände umfassen die Wiedererwerbsmöglichkeit (oft für frühere Staatsbürger) sowie spezielle Regelungen für Adoption, Eheschließung oder Staatenlose.

Verlust der Staatsbürgerschaft

Der Verlust der Staatsbürgerschaft kann durch Entlassung, Verzicht oder rechtskräftige Aberkennung durch den Staat erfolgen. Im deutschen Recht kann ein automatischer Verlust auch durch den Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft ohne behördliche Erlaubnis eintreten.

Rechte und Pflichten aus der Staatsbürgerschaft

Mit der Staatsbürgerschaft gehen wesentliche Grundrechte und staatsbürgerliche Pflichten einher.

Rechte

  • Schutzrecht: Der Staat gewährt seinen Staatsbürgern diplomatischen und konsularischen Schutz im Ausland.
  • Bürgerrechte: Hierzu zählen das Wahlrecht, das Recht auf Einreise und Aufenthalt, das Recht auf freie Berufsausübung sowie der Zugang zu öffentlichen Ämtern.
  • Gleichbehandlungsgebot: Staaten sind gehalten, ihre Bürger vor Benachteiligung und Diskriminierung zu schützen.

Pflichten

  • Treuepflicht: Die Person ist verpflichtet, die Verfassung und Gesetze des Staates zu achten.
  • Steuer- und Abgabepflicht: Staatsbürger sind grundsätzlich verpflichtet, die festgelegten Steuern und Abgaben zu leisten.
  • Wehrpflicht: In einzelnen Staaten besteht eine allgemeine Wehrpflicht für Staatsbürger.
  • Mitwirkungspflichten: Dies umfasst etwa die Pflicht, bei Wahlen als Wahlhelfer zu dienen oder an öffentlichen Befragungen teilzunehmen.

Staatenlosigkeit und Mehrstaatigkeit

Staatenlosigkeit

Eine Person ist staatenlos, wenn kein Staat sie nach seinem innerstaatlichen Recht als Staatsbürger ansieht. Staatenlosigkeit kann durch vielfältige Ursachen entstehen, etwa durch politische Umwälzungen, willkürliche Aberkennung der Staatsbürgerschaft oder das Zusammentreffen widersprüchlicher Staatsangehörigkeitsgesetze. Die Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Staatenlosen von 1954 regelt Mindestschutzstandards für Betroffene.

Mehrstaatigkeit (Doppelte Staatsbürgerschaft)

Bei Mehrstaatigkeit besitzt eine Person mehr als eine Staatsbürgerschaft. Diese Situation kann aus unterschiedlichen Erwerbstatbeständen – etwa Geburt im Ausland (Ius Soli) und Abstammung (Ius Sanguinis) – resultieren. Viele Staaten regeln Mehrstaatigkeit unterschiedlich: Während einige sie tolerieren, schließen andere sie weitgehend aus oder stellen besondere Bedingungen.

Internationales Staatsangehörigkeitsrecht

Staatsbürgerschaft unterliegt nicht nur nationalem Recht, sondern wird auch durch überstaatliche Regelungen beeinflusst.

Internationale Übereinkommen

Zentrale internationale Verträge befassen sich mit der Verhinderung von Staatenlosigkeit, dem Schutz der Rechte von Minderheiten sowie der Koordination bei der Regelung von Mehrstaatigkeit. Bedeutende Abkommen sind die Genfer Konvention über Staatenlose (1954), das Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (1997) und die Haager Konvention zur Vermeidung von Staatenlosigkeit (1961).

Europäische Regelungen

Innerhalb des europäischen Rechtsraums – insbesondere in der Europäischen Union – hat die Staatsbürgerschaft eine zusätzliche Bedeutungsebene. Alle Angehörigen der Mitgliedsstaaten besitzen die Unionsbürgerschaft, die ihnen u.a. Freizügigkeit und politische Mitbestimmungsrechte auf europäischer Ebene garantiert.

Staatsbürgerschaft im deutschen Recht

Im deutschen Recht ist die Staatsangehörigkeit im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. Zentrale Erwerbstatbestände sind das Ius Sanguinis (Abstammung), das durch das Geburtsortprinzip erweiterte Ius Soli, sowie die rechtsgeschäftliche Verleihung durch Einbürgerung. Besondere Bedeutung kommt der Vermeidung und dem Umgang mit Staatenlosigkeit, der Regelung von Mehrstaatigkeit sowie der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben zu.

Literatur und weiterführende Informationen

  • Convention on the Reduction of Statelessness, 1961
  • Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) – Bundesrepublik Deutschland
  • Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit, 1997
  • Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Staatenlosen, 1954
  • Bundesministerium des Innern: Themendossier Staatsangehörigkeit

Dieser Artikel bietet eine umfassende und strukturierte Darstellung des Begriffs „Staatsbürgerschaft“ sowie der wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen und aktuellen Fragestellungen im innerstaatlichen und internationalen Kontext.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erfüllt sein?

Für die Einbürgerung in Deutschland gibt es zahlreiche Voraussetzungen, die im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) normiert sind. Zentrale Voraussetzung ist in der Regel ein rechtmäßiger und gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet von mindestens acht Jahren, der auf sieben Jahre verkürzt werden kann, wenn erfolgreich an einem Integrationskurs teilgenommen wurde. Ferner müssen Einbürgerungsbewerber ihre Identität und Staatsangehörigkeit eindeutig nachweisen, einen unbefristeten oder einen auf Dauer angelegten Aufenthaltstitel besitzen und zum Zeitpunkt der Einbürgerung in der Lage sein, den eigenen Lebensunterhalt sowie den ihrer unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen (z.B. Arbeitslosengeld II) zu sichern. Zudem wird verlangt, dass keine erheblichen Straftaten vorliegen; das heißt, ein Bewerber darf nicht vorbestraft sein. Voraussetzungen sind weiterhin ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache (mindestens Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens), Grundkenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland, nachzuweisen durch einen Einbürgerungstest oder schulische Leistungen. Schließlich muss der Bewerber in der Regel seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben, sofern dies möglich und zumutbar ist; es gibt jedoch bestimmte Ausnahmen, etwa bei EU-Bürgern oder wenn der Herkunftsstaat keine Entlassung vorsieht. Die Einhaltung dieser umfangreichen Bestimmungen wird von der zuständigen Einbürgerungsbehörde individuell geprüft.

Welche rechtlichen Folgen ergeben sich aus dem Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft?

Mit dem Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft erlangt der Betroffene umfassende Rechte und Pflichten nach deutschem Recht. Dazu zählt vorrangig das aktive und passive Wahlrecht auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene, das nur deutschen Staatsangehörigen zusteht. Deutsche Staatsbürger genießen darüber hinaus den diplomatischen Schutz und die konsularische Betreuung durch Deutschland im Ausland sowie umfassenden Zugang zum Arbeitsmarkt, zu selbstständigen Erwerbstätigkeiten und öffentlichen Ämtern. Außerdem besteht Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union. Pflichten sind insbesondere die Treuepflicht gegenüber der Bundesrepublik und, bei männlichen Personen die vor dem 1. Juli 2011 geboren wurden, die (heute ausgesetzte) Wehrpflicht. Die Rechtsstellung kann nur in Ausnahmefällen, etwa bei Nachweis rechtswidrig erlangter Staatsbürgerschaft oder freiwilligem Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit ohne Erlaubnis, aberkannt werden.

Welche Möglichkeiten gibt es für Kinder, die in Deutschland geboren werden, die Staatsbürgerschaft zu erlangen?

Kinder, die in Deutschland geboren werden, können nach dem Abstammungsprinzip (jus sanguinis) oder dem Geburtsortsprinzip (jus soli) die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Nach § 4 Abs. 1 StAG gilt: Ein Kind erwirbt mit Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Unabhängig davon sieht § 4 Abs. 3 StAG das Geburtsortsprinzip vor: Ist ein Kind ausländischer Eltern in Deutschland geboren, erhält es automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, sofern bei Geburt mindestens ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Es bestehen Meldepflichten und Fristen, und es kann je nach Sachlage zur Optionspflicht kommen, wenn weitere Staatsbürgerschaften erhalten bleiben.

Unter welchen Umständen kann die deutsche Staatsbürgerschaft wieder verloren gehen?

Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist im Staatsangehörigkeitsgesetz umfassend geregelt und erfolgt primär durch Entlassung auf Antrag, durch Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit auf eigenen Antrag ohne Genehmigung der deutschen Behörden, durch Verzicht, Adoption durch einen Ausländer oder in seltenen Fällen durch Verwaltungsakt bei nachgewiesenen Täuschungen oder arglistiger Erschleichung der Staatsangehörigkeit. Mit Ausnahme bestimmter Personengruppen (wie zum Beispiel im Rahmen von Mehrstaatigkeit erlaubten Fällen) verliert ein Deutscher automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit mit Annahme einer fremden, sofern keine Beibehaltungsgenehmigung nach § 25 StAG vorliegt. Der Verlust ist in jedem Fall grundsätzlich von der zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörde festzustellen.

Welche rechtlichen Regelungen bestehen hinsichtlich der doppelten Staatsangehörigkeit?

Nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht ist die doppelte Staatsangehörigkeit grundsätzlich zu vermeiden, allerdings gibt es etliche gesetzlich geregelte Ausnahmen. Dazu gehören unter anderem Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates oder der Schweiz, die nach den seit 2014 modernisierten Regelungen die deutsche Staatsangehörigkeit zusätzlich zu ihrer bisherigen behalten dürfen. Entsprechendes gilt für Kinder, die nach dem Geburtsortsprinzip die deutsche und eine weitere Staatsangehörigkeit durch Geburt erwerben, wobei die sogenannte Optionspflicht für viele Fälle durch Gesetzesänderungen 2014 gelockert wurde. Für Drittstaatsangehörige bleibt grundsätzlich das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit bestehen, es sei denn, die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit ist unmöglich oder mit unzumutbaren Bedingungen verbunden. Die genaue Bewertung und die Entscheidung über die Erlaubnis zur Beibehaltung erfolgt durch die zuständigen Behörden, die jeweils individuelle Faktoren berücksichtigen.

In welchen Fällen ist eine Wiedereinbürgerung möglich?

Eine Wiedereinbürgerung ist grundsätzlich für Personen möglich, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, etwa durch Entlassung, Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit oder Verzicht. Hierbei müssen die allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen erneut vorliegen. Für Opfer des Nationalsozialismus und ihre Nachkommen existiert seit 2022 ein besonderer Rechtsanspruch auf (Wieder-)Einbürgerung nach Artikel 116 Absatz 2 Grundgesetz, der unabhängig vom gewöhnlichen Aufenthalt und weiterer Voraussetzungen gewährt wird. In anderen Fällen muss ein berechtigtes öffentliches oder privates Interesse nachgewiesen werden und eine Integration in die deutschen Lebensverhältnisse erkennbar sein. Die Entscheidung liegt nach pflichtgemäßem Ermessen bei den zuständigen Behörden.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen gegen die Ablehnung eines Einbürgerungsantrages?

Wenn ein Antrag auf Einbürgerung durch die zuständige Behörde abgelehnt wird, hat der Antragsteller das Recht, eine schriftliche Begründung zu verlangen. Gegen die Ablehnung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides schriftlich Widerspruch bei der entscheidenden Behörde eingelegt werden. Wird diesem Widerspruch nicht abgeholfen, kann Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Die gerichtliche Überprüfung erstreckt sich auf die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen und die Ausübung des behördlichen Ermessens. Während des gerichtlichen Verfahrens kann, etwa bei drohender Ausreise, auch Eilrechtsschutz begehrt werden. Gegen eine endgültige Ablehnung sind, je nach Streitwert und Zulassung, in der Regel weitere Rechtsmittel wie Berufung und Revision möglich.