Legal Lexikon

Staatsangehörigkeit


Begriff der Staatsangehörigkeit

Die Staatsangehörigkeit – auch als Nationalität oder Staatsbürgerschaft bezeichnet – ist ein rechtliches Verhältnis zwischen einer natürlichen Person und einem Staat. Sie legt fest, zu welcher staatlichen Gemeinschaft eine Person rechtlich gehört und welche Rechte und Pflichten durch dieses Zugehörigkeitsverhältnis entstehen. Der Begriff bildet eine der zentralen Kategorien des Staatsrechts, beeinflusst Fragen der Identität, Rechtewahrnehmung, internationalen Schutz und Mobilität.

Definition und Bedeutung

Die Staatsangehörigkeit ist das rechtliche Band, das die Beziehung zwischen einer Person und einem bestimmten Staat begründet. Über die Staatsangehörigkeit erlangen Personen den Status als Mitglieder des Staates, mit allen daraus resultierenden grundgesetzlichen, politischen und staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten. Sie stellt insbesondere die Vorbedingung für die Inanspruchnahme politischer Mitwirkungsrechte (z.B. Wahlrecht), Ausübung bestimmter Berufe sowie den diplomatischen Schutz dar.

Erwerb der Staatsangehörigkeit

Der Erwerb der Staatsangehörigkeit unterliegt gesetzlichen Regelungen, die sich je nach Staat unterscheiden. Grundsätzlich werden folgende Erwerbsarten unterschieden:

Erwerb durch Geburt

Abstammungsprinzip (Ius Sanguinis)

Nach dem Abstammungsprinzip wird die Staatsangehörigkeit durch die Abstammung von einem Staatsangehörigen erworben. Dieses Prinzip ist in vielen europäischen Staaten maßgeblich. Kinder erwerben automatisch mit der Geburt die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern, unabhängig vom Geburtsort.

Geburtsortsprinzip (Ius Soli)

Beim Geburtsortsprinzip erhalten Personen die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Gebiet sie geboren werden. Dieses Prinzip ist vor allem im anglo-amerikanischen Rechtsraum verbreitet (z. B. in den Vereinigten Staaten, Kanada).

Kombination beider Prinzipien

In einigen Rechtsordnungen ist ein kombiniertes Modell vorgesehen, das sowohl die Abstammung als auch den Geburtsort berücksichtigt.

Erwerb durch Einbürgerung

Die Einbürgerung ist der formalisierte Vorgang, durch den eine Person, die nicht durch Geburt Staatsangehöriger eines Landes ist, auf Antrag und unter bestimmten Voraussetzungen diese erwirbt. Voraussetzungen können unter anderem ein dauerhafter Aufenthalt, Sprachkenntnisse, Integration in die Gesellschaft und das Bekenntnis zur Verfassungsordnung umfassen.

Erwerb durch Adoption oder Legitimation

Ein minderjähriges Kind kann unter bestimmten Voraussetzungen die Staatsangehörigkeit erhalten, wenn es von einem Staatsangehörigen adoptiert wird oder durch Legitimation als ehelich gilt.

Erwerb durch Anzeige oder Option

In manchen Staaten besteht die Möglichkeit, die Staatsangehörigkeit durch eine formelle Erklärung (Anzeige oder Option) zu erwerben, etwa beim Erreichen der Volljährigkeit oder in besonderen integrationspolitischen Konstellationen.

Verlust der Staatsangehörigkeit

Der Verlust der Staatsangehörigkeit kann durch mehrere Tatbestände eintreten:

Automatischer Verlust

Der automatische Verlust tritt in Kraft, wenn bestimmte gesetzlich festgelegte Bedingungen erfüllt sind, beispielsweise durch den Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit ohne erforderliche Genehmigung (z. B. § 25 StAG in Deutschland).

Entlassung

Durch Antrag kann eine Person aus der Staatsangehörigkeit entlassen werden, wenn sie eine andere Staatsangehörigkeit erwirbt oder dies beabsichtigt und die Voraussetzungen dafür erfüllt.

Widerruf und Aberkennung

In Fällen, in denen die Staatsangehörigkeit durch Täuschung, Falschangaben oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen erworben wurde, ist die Aberkennung möglich. Ebenso kann der Widerruf erfolgen, wenn erhebliche Gründe des öffentlichen Interesses dies rechtfertigen.

Mehrstaatigkeit (Doppel- und Mehrfachstaatsangehörigkeit)

Der gleichzeitige Besitz mehrerer Staatsangehörigkeiten (Mehrstaatigkeit) tritt ein, wenn eine Person kraft Abstammung, Geburt oder Einbürgerung mehreren Staaten angehört. Die einzelnen Staaten stehen diesem Umstand unterschiedlich gegenüber – manche fördern, andere beschränken oder verbieten ihn.

Mehrstaatigkeit kann praktische Auswirkungen auf Wehrpflicht, Steuerpflicht, Rechtschutz und Reisefreiheit haben und erfordert häufig spezifische Regelungen für Kollisionsfälle, etwa welches Recht zur Anwendung gelangt.

Rechtliche Auswirkungen der Staatsangehörigkeit

Rechte

  • Grundrechte: Staatsangehörige haben Anspruch auf nahezu alle den Bürgern eines Staates vorbehaltenen Grundrechte.
  • Politische Rechte: Zu den wichtigsten Rechten zählen das Wahlrecht, das Recht, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Teilnahme an Volksabstimmungen.
  • Diplomatischer Schutz: Im Ausland genießt ein Staatsangehöriger den diplomatischen und konsularischen Schutz seines Staates.

Pflichten

  • Treuepflicht: Staatsangehörige sind zur Loyalität gegenüber ihrem Staat verpflichtet.
  • Wehrpflicht: In vielen Staaten besteht für Bürger die Verpflichtung zum Wehrdienst.
  • Steuerpflicht: Die Staatsangehörigkeit kann die nationale Steuerpflicht begründen oder beeinflussen.

Unionsbürgerschaft der Europäischen Union

Im Rahmen der Europäischen Union ergänzt die Unionsbürgerschaft die mitgliedstaatliche Staatsangehörigkeit. Jeder Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates ist automatisch Unionsbürger mit spezifischen Rechten, wie Freizügigkeit, Wahlrecht zum Europäischen Parlament und diplomatischem Schutz durch andere Mitgliedstaaten.

Staatenlosigkeit

Der Begriff der Staatenlosigkeit bezeichnet die Situation, in der eine Person von keinem Staat als Staatsangehörige betrachtet wird. Staatenlosigkeit kann durch Lücken im nationalen Recht, Staatsauflösung, Entzug der Staatsangehörigkeit oder administrative Fehler entstehen. Staatenlose unterliegen in vielen Bereichen erheblichen Nachteilen und genießen häufig nur eingeschränkten rechtlichen Schutz.

Internationale Konventionen, wie die Konvention über die Rechtsstellung der Staatenlosen (1954), bezwecken einen möglichst wirksamen Schutz dieser Personengruppe und die Reduzierung der Staatenlosigkeit.

Internationale Dimension und völkerrechtliche Grundlagen

Das Völkerrecht räumt es grundsätzlich den Staaten ein, die Kriterien für den Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit in eigener Souveränität festzulegen. Gleichzeitig gibt es jedoch völkerrechtliche Beschränkungen, insbesondere zum Schutz vor Staatenlosigkeit und zur Verhinderung willkürlicher Aberkennung der Staatsangehörigkeit.

Zu den wichtigsten internationalen Regelwerken gehören:

  • Übereinkommen zur Verringerung der Staatenlosigkeit (1961)
  • Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (1997)
  • Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Art. 15)

Zusammenfassung

Die Staatsangehörigkeit verkörpert ein zentrales Rechtsverhältnis zwischen Individuum und Staat, das essenzielle politische, soziale und völkerrechtliche Aspekte umfasst. Ihre Ausgestaltung ist durch nationale und internationale Regelungen geprägt und entwickelt sich in einem Spannungsfeld zwischen staatlicher Souveränität und globalen menschenrechtlichen Standards stetig weiter.

Häufig gestellte Fragen

Wie kann die deutsche Staatsangehörigkeit erworben werden?

Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit kann auf unterschiedlichen rechtlichen Wegen erfolgen, wobei das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) die maßgebliche Rechtsgrundlage bildet. Die häufigsten Formen des Erwerbs sind der Erwerb durch Geburt (Abstammungsprinzip, § 4 StAG), durch Annahme als Kind sowie durch Einbürgerung. Beim Abstammungsprinzip erhält ein Kind automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt deutscher Staatsangehöriger ist. Darüber hinaus besteht für im Inland geborene Kinder ausländischer Eltern unter bestimmten Voraussetzungen ein Geburtsortsprinzip (§ 4 Abs. 3 StAG). Die Einbürgerung setzt in der Regel einen mindestens fünfjährigen rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, Straffreiheit, Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, gesicherten Lebensunterhalt, ausreichende Deutschkenntnisse sowie Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und Lebensverhältnisse in Deutschland voraus (§§ 8, 10 StAG). Abgeleitete Erwerbsformen wie Erwerb durch Legitimation, Erklärungserwerb oder durch Annahme als Kind sind im Gesetz detailliert geregelt, haben aber im aktuellen deutschen Staatsangehörigkeitsrecht nur noch eine untergeordnete Rolle.

Unter welchen Bedingungen ist die Mehrstaatigkeit (doppelte Staatsangehörigkeit) zulässig?

Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht sieht grundsätzlich die Vermeidung von Mehrstaatigkeit vor (§ 10 StAG), macht jedoch zahlreiche Ausnahmen. Ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit unter Beibehaltung einer ausländischen ist insbesondere bei EU-Bürgern und Staatsangehörigen der Schweiz sowie bei Nachweis von besonderen Gründen (unzumutbare Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit) möglich. Minderjährige, die nach dem Geburtsortsprinzip (§ 4 Abs. 3 StAG) mehrere Staatsangehörigkeiten durch Geburt erwerben, können diese behalten, jedoch ist im Rahmen des Optionsverfahrens eine Entscheidung im Erwachsenenalter unter bestimmten Umständen erforderlich. Ebenso kann Mehrstaatigkeit als Folge des Erwerbs durch Geburt oder durch Annahme als Kind entstehen. Wer durch Einbürgerung die bisherige Staatsangehörigkeit nicht ablegen kann, weil dies etwa unmöglich oder unzumutbar ist (z.B. erhebliche Nachteile, Rechtsprobleme, Wehrpflichtgefahr im Herkunftsland), kann in Deutschland ebenfalls die doppelte Staatsangehörigkeit erhalten.

Welche rechtlichen Folgen hat der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit?

Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit führt zum vollständigen Wegfall aller damit verbundenen Rechte und Pflichten, insbesondere der Inanspruchnahme des Schutzes durch die Bundesrepublik Deutschland sowie des Wahlrechts bei Bundestags-, Landtags- und Europawahlen. Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen sind §§ 17 ff. StAG. Hauptgründe für den Verlust sind die Erklärung zum freiwilligen Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit ohne vorherige Beibehaltungsgenehmigung, Entlassung auf Antrag, Adoption durch einen ausländischen Staatsbürger als Minderjähriger sowie nachträgliche Entziehung infolge einer Täuschung oder Falschangabe im Einbürgerungsverfahren (§ 35 StAG). Staatsangehörige, die freiwillig in die Streitkräfte eines ausländischen Staates eintreten, riskieren ebenfalls den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit (§ 28 StAG). Der Verlust tritt kraft Gesetzes ein und ist in der Regel unumkehrbar, es sei denn, eine Wiedereinbürgerung erfolgt nach späteren gesetzlichen Bestimmungen.

Was ist das Optionsmodell und wie wirkt es sich auf in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern aus?

Das Optionsmodell, festgelegt in § 29 StAG, betrifft seit 2000 geborene Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren werden und nach § 4 Abs. 3 StAG neben der deutschen automatisch auch eine ausländische Staatsangehörigkeit durch Geburt erhalten. Diese Personen müssen sich grundsätzlich ab dem 18. Geburtstag und bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres entscheiden, ob sie die deutsche oder ausländische Staatsangehörigkeit behalten wollen. Ausnahmen gelten, wenn sie in Deutschland aufgewachsen sind („Aufwachsenskriterium“: acht Jahre gewöhnlicher Aufenthalt, sechs Jahre Schulbesuch, deutscher Schulabschluss oder berufsbildender Abschluss). Ist diese Voraussetzung erfüllt, können sie beide Staatsangehörigkeiten dauerhaft behalten. Versäumen Betroffene die erforderliche Erklärung, verlieren sie die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch durch Fristablauf.

Welche Bedeutung hat die Staatsangehörigkeit im Hinblick auf Rechte und Pflichten gegenüber dem Staat?

Die Staatsangehörigkeit ist die primäre Voraussetzung für den rechtlichen Status als vollberechtigtes Mitglied des Staates (Bürger). Aus ihr resultiert beispielsweise das Recht, an Wahlen teilzunehmen, deutsche Pässe und Ausweise zu erhalten und das Recht auf diplomatischen Schutz im Ausland. Gleichzeitig ergeben sich Pflichten, z.B. Steuerpflicht, Präsenz im Fall der Wehrpflicht (soweit wieder eingeführt), und die allgemeine Treuepflicht gegenüber dem deutschen Staat. Nur deutsche Staatsangehörige können in das Beamtenverhältnis berufen werden (§ 7 Abs. 1 BeamtStG). Ferner sichert die Staatsangehörigkeit – unter bestimmten Bedingungen – das Rückkehrrecht nach Deutschland, das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU sowie auf konsularische Unterstützung. Die Zugehörigkeit schließt bestimmte diskriminierende oder vorrangige Behandlungen durch den Staatsapparat aus.

Wird die deutsche Staatsangehörigkeit auf zukünftige Generationen im Ausland weitervererbt?

Ob und wie die deutsche Staatsangehörigkeit im Ausland geborenen Nachkommen weitergegeben wird, richtet sich nach § 4 Abs. 4 StAG. Grundsätzlich wird sie durch Abstammung vererbt, jedoch begrenzt durch die sogenannte „eine Generation-Ausland-Regel“. Ein im Ausland geborenes Kind deutscher Eltern, von denen mindestens einer nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt nur dann, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt eine entsprechende Anzeige bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung erfolgt. Erfolgt diese Anzeige nicht, erlischt das Recht auf den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Diese Regelung soll eine unbegrenzte Weitergabe der deutschen Staatsangehörigkeit an im Ausland lebende Generationen verhindern.