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Signatur, elektronische


Begriff und Definition der elektronischen Signatur

Die elektronische Signatur ist ein rechtlich geregeltes Verfahren zur Authentifizierung elektronischer Daten und Dokumente. Im Unterschied zur handschriftlichen Unterschrift findet die Authentifikation digital statt und ermöglicht den rechtssicheren Austausch, Abschluss und Versand von Verträgen sowie anderen Schriftstücken im elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr. Die elektronische Signatur ist insbesondere durch die EU-Verordnung Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt, besser bekannt als eIDAS-Verordnung, sowie das deutsche Signaturgesetz (SigG) und das Vertrauensdienstegesetz (VDG) geregelt.


Arten der elektronischen Signatur

Einfache elektronische Signatur (EES)

Die einfache elektronische Signatur gem. Art. 3 Nr. 10 eIDAS-Verordnung ist jede elektronische Daten, die an oder logisch mit anderen elektronischen Daten angehängt ist und mit denen die unterzeichnende Person einen Willenserklärung abgibt. Sie setzt keine besonderen technischen Vorgaben voraus und erfüllt insbesondere keine erhöhten Anforderungen an Sicherheit und Identifikation. Beispiele sind das Abtippen eines Namens unter einer E-Mail oder das Scannen einer handschriftlichen Unterschrift.

Fortgeschrittene elektronische Signatur (FES)

Die fortgeschrittene elektronische Signatur nach Art. 3 Nr. 11 eIDAS-Verordnung muss zusätzliche Merkmale erfüllen:

  • Sie ist eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet.
  • Sie ermöglicht die Identifizierung des Unterzeichners.
  • Sie wird mit Mitteln erstellt, die der Unterzeichner ausschließlich kontrollieren kann.
  • Sie ist mit den signierten Daten so verknüpft, dass jede nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann.

Fortgeschrittene elektronische Signaturen kommen bei Vorgängen zum Einsatz, die einen erhöhten Grad an Verbindlichkeit und Integrität verlangen.

Qualifizierte elektronische Signatur (QES)

Die qualifizierte elektronische Signatur gemäß Art. 3 Nr. 12 eIDAS-Verordnung stellt die höchste Stufe dar und ist rechtlich der handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt (§ 126a Abs. 1 BGB). Sie wird unter Verwendung eines qualifizierten elektronischen Signaturerstellungssystems und basierend auf einem qualifizierten Zertifikat erstellt. Letztere werden nur von offiziellen Anbieter*innen sog. Vertrauensdiensteanbieter im Sinne der eIDAS-Verordnung ausgegeben.


Rechtliche Grundlagen und nationale Regelungen

Europäische Regulierung: eIDAS-Verordnung

Die eIDAS-Verordnung bildet den verbindlichen Rechtsrahmen für elektronische Signaturen im europäischen Binnenmarkt. Sie regelt Begriffsbestimmungen, Anforderungen an Vertrauensdienste und die grenzüberschreitende Anerkennung elektronischer Signaturen. Die Verordnung ist unmittelbar anwendbar und entfaltet in allen EU-Mitgliedsstaaten Geltung.

Deutsches Recht: Vertrauensdienstegesetz (VDG) und Signaturgesetz (SigG)

Im deutschen Recht wird das europarechtliche Regelungsgefüge durch das Vertrauensdienstegesetz sowie die Verordnung zur Durchführung des Vertrauensdienstegesetzes ergänzt. Diese regeln die Anforderungen und Verfahren zur Ausgabe qualifizierter Zertifikate und die Überwachung von Vertrauensdiensteanbietern. Das frühere Signaturgesetz (SigG) wurde mit Inkrafttreten der eIDAS-Verordnung weitgehend abgelöst.


Rechtswirkung und Anwendungsbereiche

Beweis- und Rechtswirkung

  • Die qualifizierte elektronische Signatur ist der handschriftlichen Unterschrift rechtlich gleichgestellt (vgl. § 126a BGB). Sie erfüllt sämtliche Formerfordernisse einer Schriftform, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich die handschriftliche Originalunterschrift vorschreibt.
  • Die fortgeschrittene elektronische Signatur und die einfache elektronische Signatur besitzen keine mit der handschriftlichen Unterschrift identische Rechtswirkung, können jedoch als Beweismittel im Zivilprozess nach § 371a ZPO herangezogen werden. Ihre Beweiskraft hängt vom Einzelfall und dem Grad der Sicherheitsvorkehrungen ab.

Anwendungsgebiete

  • Vertragsrecht: Abschluss und Unterzeichnung von Kauf-, Dienstleistungs- und Arbeitsverträgen
  • Behördenkommunikation: Digitalisierte Verwaltungsvorgänge, E-Government, E-Justice
  • Gesellschaftsrecht: Unternehmensgründung, Gesellschafterbeschlüsse
  • Banken- und Finanzbereich: Kontoeröffnungen, Kreditverträge, Investitionsdokumente
  • Gesundheitswesen: Elektronische Patientenakten, Rezepte
  • Gerichtsverfahren: Einreichung und Unterzeichnung von Schriftsätzen vor Gericht (insbesondere im elektronischen Rechtsverkehr)

Technische und organisatorische Anforderungen

Signaturerstellung und -prüfung

Die Erstellung elektronischer Signaturen erfolgt in der Regel über Hardwarekomponenten (z. B. Smartcards, USB-Token) oder über Softwarelösungen, die kryptographische Verfahren nutzen. Die Echtheit wird durch die Überprüfung der Signatur und des zugehörigen Zertifikats sichergestellt.

Funktion von Zertifikaten und Vertrauensdiensteanbietern

Zertifikate dienen als verbindlicher Nachweis der Identität des Unterzeichnenden und werden von qualifizierten Vertrauensdiensteanbietern gemäß den eIDAS-Anforderungen ausgestellt und überwacht. In öffentlichen Verzeichnissen sind diese Dienstleister gelistet und staatlich kontrolliert, um Manipulationen zu verhindern.

Sicherungsmaßnahmen

Zu den Anforderungen zählen unter anderem:

  • Sicherer Umgang mit Signaturerstellungseinheiten
  • Schutz kryptographischer Schlüssel vor unbefugtem Zugriff
  • Regelmäßige Aktualisierung und Überprüfung der Zertifikatsgültigkeit

Grenzen und Ausschlüsse der elektronischen Signatur

Ausnahmen vom Anwendungsbereich

Bestimmte Dokumente und Urkunden sind weiterhin vom Einsatz der elektronischen Signatur ausgeschlossen. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Testamente (§ 2247 BGB)
  • Bürgschaftserklärungen (§ 766 BGB)
  • notarielle Beurkundungen und Grundstücksverträge (§ 311b BGB)

In diesen Fällen ist zwingend die eigenhändige, schriftliche Form erforderlich.

Missbrauch und Fälschungsschutz

Obwohl die qualifizierte elektronische Signatur einen hohen Sicherheitsstandard aufweist, besteht – wie bei jeder Authentifikationsmethode – ein Restrisiko für Missbrauch. Der Gesetzgeber fordert deshalb technische und organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung von Identitätsdiebstahl oder unbefugter Nutzung.


Internationale Aspekte

Anerkennung in anderen Staaten

Während die eIDAS-Verordnung einen europaweiten Rahmen setzt, unterscheiden sich die Regelungen zur Anerkennung elektronischer Signaturen international erheblich. Insbesondere außerhalb der Europäischen Union können divergierende Standards und rechtliche Vorgaben Anwendung finden.

Interoperabilität und grenzüberschreitende Nutzung

Zur Förderung eines europäischen Marktes sind Vertrauensdiensteanbieter und erzeugte Signaturen EU-weit interoperabel angelegt. Die grenzüberschreitende Anerkennung qualifizierter elektronischer Signaturen ist daher gewährleistet, sofern die technischen Voraussetzungen erfüllt sind.


Zusammenfassung

Die elektronische Signatur ist ein zentrales Element der Digitalisierung von Geschäfts- und Rechtsverkehr. Durch die Abstufung in einfache, fortgeschrittene und qualifizierte Formen werden verschiedene Sicherheits- und Rechtsanforderungen abgedeckt. Die qualifizierte elektronische Signatur ermöglicht die Erfüllung gesetzlicher Schriftformerfordernisse, während niedrigere Stufen vorwiegend zur Authentifizierung und zur Beweissicherung verwendet werden. Die Regelungen der eIDAS-Verordnung und die nationalen Rechtsvorschriften bilden den maßgeblichen Rechtsrahmen, der sowohl technische als auch organisatorische Anforderungen an die Nutzung elektronischer Signaturen stellt. Ihr Einsatz eröffnet zahlreiche Möglichkeiten für effizienten und rechtssicheren digitalen Geschäftsverkehr – unterliegt allerdings auch klaren rechtlichen Grenzen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen müssen erfüllt sein, damit eine elektronische Signatur wirksam ist?

Für die Wirksamkeit einer elektronischen Signatur nach deutschem und europäischem Recht, namentlich der eIDAS-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 910/2014), müssen bestimmte Anforderungen beachtet werden. Zunächst ist zu klären, welcher Signaturtyp benötigt wird: die einfache, fortgeschrittene oder qualifizierte elektronische Signatur. Während die einfache Form grundsätzlich ohne spezielle technische oder organisatorische Maßnahmen auskommt, müssen fortgeschrittene und qualifizierte Signaturen höheren Anforderungen genügen. Bei der fortgeschrittenen Signatur ist beispielsweise sicherzustellen, dass sie eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet werden kann, die Identifizierung des Unterzeichners zweifelsfrei möglich ist und erkennbare nachträgliche Veränderungen am signierten Dokument ausgeschlossen werden. Die qualifizierte elektronische Signatur verlangt zusätzlich, dass sie auf einem qualifizierten Zertifikat basiert und mit einer sicheren Signaturerstellungseinheit erzeugt wird, wie sie von einer qualifizierten Vertrauensdiensteanbieterin bereitgestellt wird. Nur die qualifizierte elektronische Signatur ist nach § 126a BGB der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt. Darüber hinaus müssen Integrität, Authentizität und gegebenenfalls Vertraulichkeit der Daten gewährleistet sein. Die Einhaltung dieser rechtlichen Vorgaben ist zwingend notwendig, damit die Signatur vor Gericht Bestand hat und rechtswirksam eingesetzt werden kann.

Wann ist eine elektronische Signatur für Verträge zulässig?

Grundsätzlich sind nach deutschem Recht Verträge formfrei, das heißt, sie können auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden, sofern nicht das Gesetz eine bestimmte Form vorschreibt. Wird eine Schriftform vorgeschrieben (z.B. nach § 126 BGB), so kann diese durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden, sofern nicht explizit die notarielle Beurkundung oder eine handschriftliche Unterschrift gesetzlich verlangt wird (z.B. bei Immobilienkaufverträgen, Eheverträgen usw.). Für Verträge, die nach ihrer Natur oder gesetzlichen Anordnung also schriftlich vereinbart werden müssen, ist eine elektronische Signatur zulässig, wenn sie die Anforderungen an die qualifizierte Signatur nach eIDAS erfüllt. Bei formfreien Verträgen reicht in der Regel auch eine einfache oder fortgeschrittene elektronische Signatur aus, um den Vertragswillen nachzuweisen. Jedoch ist stets darauf zu achten, welche Form im Einzelfall tatsächlich gesetzlich verlangt wird, und ob eine elektronische Form diese ersetzen kann.

Welche Beweiswirkung hat eine elektronische Signatur im Streitfall?

Die Beweiswirkung einer elektronischen Signatur unterscheidet sich je nach Signaturtyp. Die qualifizierte elektronische Signatur genießt nach Art. 25 Abs. 2 eIDAS-VO und § 371a ZPO die gleiche Beweiskraft wie eine handschriftliche Unterschrift. Sie begründet im Zivilprozess die Vermutung der Echtheit der Erklärung. Eine fortgeschrittene elektronische Signatur hat zwar eine erhöhte Beweiskraft im Vergleich zur einfachen elektronischen Signatur, beweist aber nicht automatisch die Identität des Signierenden oder die Unverändertheit des Dokuments. Im Streitfall muss derjenige, der sich auf eine einfache oder fortgeschrittene Signatur beruft, u.U. weitere Beweise zur Authentizität und Integrität vorlegen. Bei der qualifizierten Signatur hingegen wird gesetzlich vermutet, dass die Person, deren Name mit der Signatur verbunden ist, auch tatsächlich unterzeichnet hat. Gleichwohl ist diese Vermutung widerlegbar, wenn konkrete Zweifel an der Authentizität bestehen.

Ist eine elektronische Signatur in der gesamten Europäischen Union rechtsverbindlich?

Die eIDAS-Verordnung regelt die grenzüberschreitende Anerkennung elektronischer Signaturen innerhalb der EU einheitlich. Gemäß Art. 25 eIDAS-VO dürfen elektronische Signaturen innerhalb der Europäischen Union nicht allein deshalb ihre Rechtswirkung oder Beweiskraft verlieren, weil sie elektronisch sind oder in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurden. Die qualifizierte elektronische Signatur, die auf einem in einem EU-Mitgliedsstaat ausgestellten qualifizierten Zertifikat basiert, wird in allen EU-Ländern als der handschriftlichen Unterschrift gleichwertig anerkannt. Dennoch können nationale formelle Anforderungen, wie etwa spezielle Formerfordernisse für bestimmte Rechtsgeschäfte, divergieren, so dass eine Prüfung im Einzelfall ratsam ist.

Können elektronische Signaturen bei öffentlichen Urkunden verwendet werden?

Öffentliche Urkunden, wie sie etwa von Notaren, Gerichten oder Behörden erstellt werden, unterliegen in Deutschland und in vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten besonderen Formerfordernissen. In diesen Fällen genügt eine elektronische Signatur in der Regel nicht, es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich die elektronische Form unter bestimmten Voraussetzungen vor. So regelt etwa das Beurkundungsgesetz (BeurkG) in Deutschland, dass notarielle Beurkundungen grundsätzlich eigenhändig zu unterschreiben sind; elektronische Signaturen sind hier i.d.R. ausgeschlossen, es sei denn, spezielle Vorschriften (wie etwa zum elektronischen Grundbuchverkehr) erlauben Ausnahmen. Für Verwaltungsakte und Schriftstücke von Behörden können jedoch bestimmte Formen der fortgeschrittenen oder qualifizierten elektronischen Signatur zugelassen sein, sofern entsprechende rechtliche Grundlagen bestehen.

Gibt es Fristen oder Besonderheiten bei der Nachweisführung von elektronischen Signaturen?

Bei elektronischen Signaturen ist neben der Signatur selbst häufig die Verfügbarkeit des dazugehörigen Zertifikats, ggf. der Überprüfbarkeit der Signaturkette und der technischen Sicherungssysteme von Bedeutung. Die Nachweisführung kann durch technische Komponenten (Prüfprotokolle, Validierungsdienste etc.) unterstützt werden. Für die Beweisführung ist insbesondere der Erhalt von Validierungsberichten und Speicherung der Signaturdateien von Vorteil. Sollen Beweise über längere Zeiträume aufbewahrt werden (z.B. bei Verträgen mit langen Verjährungsfristen), ist zu beachten, dass die technischen Standards sich ändern können und die Überprüfbarkeit älterer Signaturen dadurch erschwert wird. Empfehlenswert ist daher eine regelmäßige Fortschreibung der Signaturen durch sogenannte Nachsignaturen oder Archivierungsverfahren, um dauerhaft die rechtliche Beweiswirkung zu sichern.

Wie unterscheidet sich die Haftung bei der Nutzung elektronischer Signaturen im Vergleich zur handschriftlichen Unterschrift?

Die Haftung bei der Verwendung einer elektronischen Signatur entspricht rechtlich grundsätzlich derjenigen einer handschriftlichen Unterschrift, sofern die qualifizierte elektronische Signatur eingesetzt wird und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Signierende haftet für die Inhalte, ebenso wie bei einer eigenhändigen Unterschrift. Darüber hinaus besteht jedoch eine besondere Sorgfaltspflicht im Umgang mit den eigenen Authentifizierungsmitteln (z.B. Signaturkarte, PIN, Softzertifikat). Wird beispielsweise das Authentifizierungsmittel nicht hinreichend gegen Missbrauch geschützt oder an Dritte weitergegeben, kann dies im Einzelfall zu einer Haftung des Signierenden führen, sollte es zur unbefugten Nutzung kommen. Auch Vertrauensdiensteanbieter haften unter bestimmten Bedingungen (gemäß eIDAS und TMG) für eine ordnungsgemäße Ausstellung und Verwaltung der qualifizierten Zertifikate.