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Sicherungsabtretung


Sicherungsabtretung – Definition, rechtliche Grundlagen und Anwendungsbereiche

Begriff und Funktion der Sicherungsabtretung

Die Sicherungsabtretung ist ein Rechtsinstitut des deutschen Zivilrechts und stellt eine besondere Form der Forderungsabtretung (Zession) dar, die der Kreditsicherung dient. Dabei wird eine bestehende oder zukünftige Forderung vom bisherigen Gläubiger (Zedenten) an einen neuen Gläubiger (Zessionar) übertragen, um zur Sicherung eines bestimmten Anspruchs, typischerweise einer Darlehens- oder Kreditforderung, zu dienen.

Die Sicherungsabtretung ist im deutschen Recht ausdrücklich geregelt in den §§ 398 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und unterscheidet sich von anderen Sicherungsrechten wie Hypothek, Grundschuld oder Eigentumsvorbehalt. Sie zählt zu den sogenannten fiduziarischen Sicherheiten (Treuhandsicherheiten), da der Sicherungsnehmer zwar Inhaber der Forderung wird, sie jedoch nur aus dem Sicherungszweck heraus geltend machen darf.


Gesetzliche Grundlagen der Sicherungsabtretung

Abtretung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Das BGB regelt die allgemeinen Voraussetzungen und Wirkungen der Abtretung in §§ 398 bis 413 BGB. Nach § 398 BGB kann der Gläubiger eine Forderung durch Vertrag auf einen anderen übertragen, sofern nicht die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner oder kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.

Sicherungsabrede und Zweckabrede

Wesentlich für die Sicherungsabtretung ist eine sogenannte Sicherungsabrede, durch die der Sicherungsgeber die Forderung nur zur Absicherung einer bestimmten Forderung an den Sicherungsnehmer überträgt. Diese Einzelvereinbarung legt fest, unter welchen Umständen und in welchem Umfang der Sicherungsnehmer berechtigt ist, die abgetretene Forderung geltend zu machen oder zurückzuübertragen.

Rechtsnatur und Abgrenzung

Die Sicherungsabtretung ist von anderen Abtretungskonstellationen abzugrenzen, etwa der Erfüllungsabtretung, bei der der Sicherungszweck nicht im Vordergrund steht. Im Gegensatz zur Globalzession, bei welcher sämtliche oder eine Vielzahl von Forderungen abgetreten werden, bezieht sich die Sicherungsabtretung regelmäßig auf genau definierte, vom Sicherungszweck umfasste Forderungen.


Voraussetzungen und Wirksamkeit der Sicherungsabtretung

Bestimmtheit der Forderung

Eine wirksame Abtretung setzt voraus, dass die abgetretene Forderung hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Dies betrifft sowohl bereits bestehende als auch künftige Forderungen, beispielsweise aus Lieferungen und Leistungen, Lohnforderungen oder Mietzinsforderungen.

Schriftform und Formvorschriften

Das Gesetz sieht grundsätzlich keine besondere Form für die Abtretung vor, sofern nicht für die Forderung selbst eine besondere Form erforderlich ist. Die Sicherungsvereinbarung kann somit formfrei, also auch mündlich, geschlossen werden, sofern sich nichts Abweichendes aus dem Gesetz ergibt.

Zustimmung des Schuldners

Die Abtretung einer Forderung bedarf nicht der Zustimmung des Schuldners. Gemäß § 404 BGB kann der Schuldner jedoch Einreden und Einwendungen, die zu seinen Gunsten bestanden, auch dem neuen Gläubiger entgegenhalten.


Rechtswirkungen und Folgen der Sicherungsabtretung

Stellung des Sicherungsnehmers

Der Sicherungsnehmer wird durch die Abtretung Inhaber der Forderung und kann sie – beschränkt durch den Sicherungszweck – im eigenen Namen geltend machen. Im Sicherungsfall, beispielsweise bei Zahlungsverzug des Sicherungsgebers, kann der Sicherungsnehmer die Forderung zur Befriedigung seiner gesicherten Ansprüche verwenden.

Rückübertragung und Surrogation

Mit Erlöschen des Sicherungszwecks, etwa durch vollständige Tilgung des Kredites, ist der Sicherungsnehmer verpflichtet, die Forderung an den Sicherungsgeber vollständig zurückzuübertragen (Rückzessionsanspruch). Erlangt der Sicherungsnehmer aus der Verwertung der Forderung einen Überschuss, ist dieser regelmäßig an den Sicherungsgeber herauszugeben.


Besonderheiten und praktische Ausgestaltung

Sicherungsabtretung künftiger Forderungen

Die Sicherungsabtretung kann sich auch auf künftige, noch nicht entstandene Forderungen erstrecken. Diese sogenannte Globalzession betrifft häufig Unternehmen, die sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus Vertragsverhältnissen abtreten (Forderungspool). Ihre Wirksamkeit hängt davon ab, ob die abgetretenen Forderungen nach Art, Entstehungszeitpunkt und Höhe bestimmbar sind.

Offene und stille Sicherungsabtretung

Die Sicherungsabtretung kann offen oder still erfolgen. Bei der offenen Abtretung wird der Drittschuldner informiert; bei der stillen bleibt die Abtretung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer vertraulich, der Schuldner der abgetretenen Forderung wird erst im Sicherungsfall benachrichtigt, dass seine Zahlung künftig an den Sicherungsnehmer zu erfolgen hat.

Vorrang und Rangfolge von Abtretungen

Kommt es zum Zusammentreffen mehrerer Abtretungen bezüglich derselben Forderung, bestimmt sich der Vorrang nach dem Prioritätsprinzip des § 398 BGB („wer zuerst kommt, mahlt zuerst“), es sei denn, einzelvertragliche Regelungen sehen etwas anderes vor.


Grenzen und Risiken der Sicherungsabtretung

Abtretungsverbote

Vertragliche oder gesetzliche Abtretungsverbote können die Wirksamkeit der Sicherungsabtretung einschränken. Nach § 399 BGB ist die Abtretung ausgeschlossen, wenn sich aus der vertraglichen Vereinbarung oder der Natur des Rechts etwas anderes ergibt.

Missbrauchsgefahr und Übersicherung

Eine Übersicherung, also die Abtretung über den Wert der gesicherten Forderung hinaus, ist unwirksam. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist bei drohender Übersicherung eine Anpassung vorzunehmen. Übersicherungen verpflichten den Sicherungsnehmer zur Rückübertragung oder Freigabe.

Insolvenzrechtliche Aspekte

Die Sicherungsabtretung ist insolvenzfest, soweit sie nicht nach den Insolvenzanfechtungsvorschriften (§§ 129 ff. InsO) angefochten wird. Der Zessionar kann im Insolvenzverfahren aus der abgetretenen Forderung befriedigt werden, sofern der Sicherungsfall eingetreten ist.


Wirtschaftliche Bedeutung der Sicherungsabtretung

Die Sicherungsabtretung ist insbesondere für Kreditinstitute ein zentrales Instrument zur Sicherung von Darlehen. Unternehmen nutzen dieses Sicherungsmodell zur Finanzierung, etwa im Rahmen von Kontokorrentlinien oder Betriebsmittelfinanzierungen, indem sie ihre Debitorenforderungen abtreten.


Fazit

Die Sicherungsabtretung bietet Rechtsanwendern vielfältige Möglichkeiten der Kreditsicherung. Sie kennzeichnet sich durch Flexibilität, wirtschaftliche Effizienz und rechtliche Ausgereiftheit. Ihre sachgerechte Gestaltung und der sichere Umgang mit ihrer rechtlichen Systematik sind essenziell, um Rechte und Pflichten der Beteiligten klar und rechtssicher zu regeln.


Literaturhinweise

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 398 ff.
  • Palandt, Kommentar zum BGB, 83. Auflage, München 2024
  • MüKoBGB/Micklitz, BGB Kommentar, 9. Auflage, München 2021

Hinweis: Die vorstehenden Ausführungen dienen der ausführlichen Information zum Begriff Sicherungsabtretung und ersetzen keine individuelle Rechtsberatung im Einzelfall.

Häufig gestellte Fragen

Welche Formerfordernisse gelten bei der Sicherungsabtretung?

Bei der Sicherungsabtretung handelt es sich grundsätzlich um ein formfreies Rechtsgeschäft gemäß § 398 BGB, wonach die Abtretung einer Forderung keiner besonderen Form bedarf. Das bedeutet, dass die Abtretungsvereinbarung sowohl schriftlich, mündlich als auch konkludent getroffen werden kann. In der Praxis wird jedoch fast immer die Schriftform gewählt, insbesondere aus Beweisgründen und zur Klarstellung der Vertragsparteien über Inhalt und Umfang der Sicherungsabtretung. Eine Ausnahme gilt, wenn die abgetretene Forderung ihrerseits einem gesetzlichen oder vertraglichen Schriftformerfordernis unterliegt, wie dies etwa bei der Abtretung von Forderungen aus Grundstücksgeschäften gemäß § 311b BGB der Fall sein kann. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass in bestimmten Branchen, etwa im Bankwesen, besondere Formvorschriften durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) oder spezielle Sicherungsvereinbarungen Anwendung finden können. Die Einhaltung dieser Formvorgaben ist insbesondere für die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Sicherungsabtretung im Insolvenzfall von erheblicher Bedeutung.

Muss der Schuldner über die Sicherungsabtretung informiert werden?

Grundsätzlich ist der Schuldner der abgetretenen Forderung nicht von der Wirksamkeit der Sicherungsabtretung betroffen, solange er keine Kenntnis von der Abtretung hat. Dennoch empfiehlt es sich aus Gläubigersicht, den Schuldner zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung, auch „Offenlegung der Abtretung“ genannt, hat insbesondere Auswirkungen auf den Schutz des neuen Gläubigers: Leistet der Schuldner an den bisherigen Gläubiger, obwohl er keine Kenntnis von der Abtretung hat, wird er gemäß § 407 Abs. 1 BGB von seiner Schuld befreit. Erst nach offener Anzeige der Abtretung kann der neue Gläubiger unmittelbar gegen den Schuldner vorgehen, etwa im Falle der Durchsetzung der Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung. Zudem kann eine vertragliche Vereinbarung, das sogenannte „Abtretungsverbot“, Auswirkungen auf die Notwendigkeit oder die Möglichkeit der Offenlegung haben. Besondere Beachtung verdient dies im Kontext der Sicherungsabtretung im Zessionsgeschäft, damit Klarheit darüber besteht, wem gegenüber der Schuldner leisten muss.

Welche Rechte und Pflichten bestehen für den Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber?

Durch die Sicherungsabtretung wird der Sicherungsnehmer (Zessionar) Inhaber der abgetretenen Forderung, übt daraus jedoch nicht alle Rechte uneingeschränkt aus. Sein Recht ist typischerweise auf die Verwertung der Forderung im Sicherungsfall (z. B. bei Nichtzahlung eines besicherten Kredits) beschränkt. Der Sicherungsgeber (Zedent) bleibt in der Regel, solange der Sicherungsfall nicht eintritt, zur Einziehung und Verwaltung der Forderung berechtigt, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Der Sicherungsnehmer hat die Pflicht, auf die wirtschaftlichen Interessen des Sicherungsgebers Rücksicht zu nehmen, insbesondere im Rahmen der Verwertung (Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwertung und der Herausgabe eines etwaigen Überschusses an den Sicherungsgeber). Beide Parteien sind zudem verpflichtet, einander über Veränderungen im Bestand der abgetretenen Forderung zu informieren. Weiterhin bestehen umfassende Auskunfts- und Rechenschaftspflichten des Sicherungsgebers gegenüber dem Sicherungsnehmer, damit dieser die Entwicklung der Sicherheiten überwachen kann.

Was passiert mit einer Sicherungsabtretung im Falle der Insolvenz des Sicherungsgebers?

Im Falle der Insolvenz des Sicherungsgebers (Zedent) ist der Sicherungsnehmer (Zessionar) grundsätzlich gesichert, da er gemäß § 166 Abs. 1 InsO aus der abgetretenen Forderung Befriedigung verlangen kann, soweit er eine ausstehende gesicherte Forderung hat. Die Sicherungsabtretung wird somit insolvenzfest, sofern keine insolvenzrechtlichen Anfechtungsgründe wie etwa eine Gläubigerbenachteiligung nach §§ 129 ff. InsO vorliegen. Allerdings unterscheidet sich die Behandlung der offenen und stillen Sicherungsabtretung im Insolvenzverfahren: Während bei der offenen Abtretung der Insolvenzverwalter regelmäßig von der Forderung ausgeschlossen bleibt, kann der Insolvenzverwalter bei der stillen Sicherungsabtretung die abgetretenen Forderungen zunächst selbst einziehen, solange der Sicherungsnehmer nicht offengelegt hat. Dem Sicherungsnehmer steht dann jedoch ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO) bzw. ein abgesondertes Befriedigungsrecht zu. Ganz entscheidend ist für die Wahrung der Rechte des Sicherungsnehmers, dass die Abtretung vor Insolvenz wirksam vereinbart und dokumentiert wurde.

Welche Einschränkungen bestehen im Hinblick auf das Abtretungsverbot?

Ein vertragliches oder gesetzliches Abtretungsverbot (§ 399 BGB) kann die Wirksamkeit der Sicherungsabtretung maßgeblich beeinträchtigen. Ist in dem ursprünglichen Forderungsverhältnis festgelegt, dass eine Abtretung unzulässig ist, so führt eine entgegenstehende Sicherungsabtretung grundsätzlich zur Unwirksamkeit, es sei denn, es handelt sich um eine Geldforderung im Sinne von § 354a HGB, bei der im kaufmännischen Geschäftsverkehr selbst ein abweichendes Abtretungsverbot gegenüber Dritten nicht wirksam ist. Auch bei Globalzessionen, also der Abtretung aller gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen eines Sicherungsgebers, sind Abtretungsverbote ein bedeutender Prüfungspunkt. Sicherungsnehmer müssen sich regelmäßig vergewissern, ob Abtretungsverbote vereinbart wurden, da ansonsten die Gefahr einer nur eingeschränkten Verwertbarkeit der Sicherheiten im Sicherungsfall droht.

Welche Besonderheiten bestehen bei der Globalzession?

Die Globalzession ist eine besondere Form der Sicherungsabtretung, bei der ein Sicherungsgeber zur Absicherung einer Forderung alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen (z. B. aus Lieferungen und Leistungen) an einen Sicherungsnehmer abtritt. Rechtlich problematisch kann dabei insbesondere die Bestimmbarkeit der einzelnen abgetretenen Forderungen nach § 398 BGB sein; diese muss im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung konkretisierbar sein. Nachteile ergeben sich aus der Möglichkeit von Übersicherungen, was eine Verpflichtung zum Teilrückgewähr der Sicherheiten nach sich zieht (sog. Freigabeklausel nach § 138 BGB, „Sicherungszweckbestimmung“). Hinzu tritt das Problem des „Rangs“ bei Überschneidungen mit anderen Sicherungsnehmern, namentlich bei der Sicherungsabtretung zukünftiger Forderungen (Konkurrenz zwischen mehreren Zessionaren). Letztlich sind zudem datenschutz- und unternehmensrechtliche Aspekte – etwa hinsichtlich der Offenlegung von Kundendaten – zu berücksichtigen.

Kann die Sicherungsabtretung auch zukünftige Forderungen umfassen?

Ja, die Sicherungsabtretung kann sich gemäß § 398 BGB auch auf künftige, das heißt noch nicht entstandene Forderungen beziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass die künftigen Forderungen im Zeitpunkt der Abtretung ausreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sind („Bestimmbarkeitsgrundsatz“). Dies ist insbesondere für Unternehmen relevant, deren Forderungsbestand ständigen Veränderungen unterworfen ist (z. B. Lieferantenkredite im Rahmen von Factoring-Modellen oder der Globalzession). Die Abtretung wird im Zeitpunkt des Entstehens der jeweiligen Forderung wirksam. Es ist dabei jedoch zu beachten, dass der Sicherungsnehmer das Risiko trägt, falls die erwarteten Forderungen nicht entstehen oder nicht werthaltig sind. Praktisch empfiehlt sich eine möglichst präzise Beschreibung der erfassten Forderungen im Sicherungsvertrag, um Streitigkeiten hinsichtlich deren Umfangs und Wirksamkeit zu vermeiden.