Legal Lexikon

Seeschiffer


Begriff und Definition des Seeschiffers

Der Begriff Seeschiffer bezeichnet im deutschen Recht die verantwortliche, nautisch-technisch ausgebildete Person, die ein seegängiges Schiff führt oder in verantwortlicher Position nautische Aufgaben auf einem Seeschiff wahrnimmt. Das Tätigkeitsfeld des Seeschiffers ist im Wesentlichen im Kontext der Seeschifffahrt, insbesondere auf hoher See, zu verorten und unterliegt spezifischen nationalen sowie internationalen Regelungen. Der Seeschiffer ist häufig gleichzusetzen mit dem Kapitän (Schiffsführer), kann aber auch auf den verantwortlichen Wachoffizier oder andere entsprechend zertifizierte nautische Dienstgrade an Bord eines Seeschiffs ausgedehnt werden.

Rechtliche Grundlagen

Nationale Rechtsvorschriften

Seemannsgesetz (SeeArbG) und Seeaufgabengesetz (SeeAufgG)

In Deutschland wird das Berufsbild des Seeschiffers maßgeblich durch das Seearbeitsgesetz (SeeArbG) und das Seeaufgabengesetz (SeeAufgG) geregelt. Diese Gesetze regeln die arbeitsrechtlichen, sicherheitsrelevanten und haftungsbezogenen Rahmenbedingungen von Seeschiffern.

Das Seearbeitsgesetz definiert die Rechte und Pflichten der an Bord eines Seeschiffs tätigen Personen, einschließlich der Anforderungen an die berufliche Qualifikation und Eignung zum Erwerb und zur Führung von Befähigungszeugnissen für nautische Dienstgrade.

Verordnung über Befähigungen und Befähigungszeugnisse in der Seeschifffahrt (See-BV)

Die See-Befähigungsverordnung (See-BV) regelt die Qualifikationsanforderungen, den Erwerb und die Anerkennung von Befähigungszeugnissen für die Besetzung verschiedener nautisch-technischer Dienstposten, einschließlich des Seeschiffers. In ihr werden die Standards für Ausbildung, Befähigungsnachweise sowie laufende Weiterbildungsmaßnahmen festgelegt und an die Vorgaben internationaler Abkommen (insbesondere STCW) angepasst.

Verantwortlichkeiten und Befugnisse

Der Seeschiffer trägt gemäß § 6 Seeaufgabengesetz in Verbindung mit weiteren Vorschriften die Gesamtverantwortung für die sichere Schiffahrt, die Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen an Bord sowie für das Leben und die Gesundheit der auf dem Schiff beschäftigten Personen. Dazu zählt insbesondere die Durchsetzung der Vorschriften zur Seeverkehrsordnung, zur Schiffssicherheit sowie zur Umweltschutzgesetzgebung.

Internationale Regelungen

International Convention on Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers (STCW)

Die Ausbildung und Anerkennung von Seeschiffern ist international durch das STCW-Übereinkommen (International Convention on Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers) geregelt. Die Umsetzung der STCW-Regeln ist für alle Schifffahrtsnationen verbindlich, welche das Übereinkommen ratifiziert haben. Die Vorschriften betreffen die Mindestanforderungen an Ausbildung, Befähigung, Dienstzeiten und regelmäßige Überprüfungen.

SOLAS und MARPOL

Darüber hinaus unterliegt der Seeschiffer den Anforderungen internationaler Übereinkommen wie dem International Convention for the Safety of Life at Sea (SOLAS) und dem International Convention for the Prevention of Pollution from Ships (MARPOL) bezüglich Schiffsführung, Sicherheit und Umweltschutz.

Aufgaben und Pflichten des Seeschiffers

Gewährleistung der Schiffssicherheit

Der Seeschiffer ist verpflichtet, den sicheren Betrieb des Schiffs in sämtlichen Betriebszuständen zu gewährleisten. Dies umfasst die Sicherstellung der Schiffstüchtigkeit, die Überprüfung der Gerätschaften sowie die Einhaltung der vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen.

Verantwortlichkeit gegenüber der Mannschaft und Dritten

Gegenüber der Besatzung trägt der Seeschiffer eine Fürsorgepflicht, welche Arbeitszeitregelungen, Unfallverhütungsvorschriften, medizinische Versorgung und Organisation der Arbeitsbereiche einschließt. Auch der Schutz der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen, wie zum Beispiel Meeresverschmutzung oder Gefahrenabwehr, gehört zum Pflichtenkreis.

Einhaltung der Melde- und Berichtspflichten

Der Seeschiffer hat umfangreiche Melde- und Berichtspflichten gegenüber den zuständigen Behörden, insbesondere im Falle von Unfällen, Havarien oder bei anderen außergewöhnlichen Vorkommnissen an Bord.

Haftung und Sanktionen

Zivilrechtliche Haftung

Bei schuldhaftem Verstoß gegen die gesetzlichen Pflichten haftet der Seeschiffer gegenüber dem Reeder, der Crew oder Dritten für entstandene Schäden. Die Haftung kann im Innenverhältnis – insbesondere gegenüber dem Arbeitgeber (Reeder) – auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein.

Ordnungswidrigkeiten und Strafrecht

Das Fahren unter Alkoholeinfluss, Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften oder die Gefährdung der Schiffssicherheit werden als Ordnungswidrigkeiten oder strafrechtliche Delikte sanktioniert. Die Ahndung erfolgt durch die zuständigen Verwaltungs- und Strafbehörden.

Berufszugang und Befähigungszeugnisse

Voraussetzungen für den Erwerb

Der Zugang zum Beruf des Seeschiffers erfordert den Nachweis spezifischer Ausbildungsgänge, Praxiszeiten auf See und erfolgreicher Prüfungen. Die Voraussetzungen für das Befähigungszeugnis sind durch die See-Befähigungsverordnung und die internationalen STCW-Vorgaben verbindlich geregelt.

Fort- und Weiterbildung

Zur Erhaltung und Aktualisierung der Befähigungszeugnisse ist die regelmäßige Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen notwendig. Dies betrifft insbesondere Themen wie Notfallmanagement, Brandbekämpfung, erster Hilfe, sowie Spezialtrainings in Bezug auf Gefahrgut und andere spezielle Herausforderungen der Seeschifffahrt.

Besonderheiten und Abgrenzungen

Abgrenzung zum Binnenschiffer

Der Seeschiffer ist deutlich abzugrenzen vom Binnenschiffer, dessen Tätigkeit sich auf Binnengewässer beschränkt und der anderen gesetzlichen Regelungen unterliegt (insbesondere dem Binnenschifffahrtsgesetz).

Unterschiedliche Dienstgrade

Der Begriff Seeschiffer ist kein feststehender Dienstgrad, sondern beschreibt einen Personenkreis mit nautischen Führungsaufgaben. Die Bezeichnung kann, je nach Schiff und Fahrtgebiet, sowohl den Kapitän als auch andere nautische Offiziere erfassen, sofern diese verantwortlich tätig sind.

Zusammenfassung

Der Seeschiffer ist eine rechtlich umfassend definierte und streng regulierte Person im Bereich der Seeschifffahrt, deren Verantwortung sich über sicherheitsrelevante, arbeitsrechtliche und haftungsrechtliche Aspekte erstreckt. Die ausgeprägte nationale und internationale Reglementierung stellt dabei einen hohen Standard für Qualifikation und Verantwortungsbewusstsein sicher. Der Begriff Seeschiffer ist dabei stets im Kontext der geltenden Gesetze und Vorschriften zu verstehen, welche die spezifischen Anforderungen und Pflichten dieses Berufsstandes bestimmen.


(Die genannten Gesetze und Vorschriften sind in ihrer jeweils aktuellen Fassung zu beachten. Die Angaben dieses Artikels erfolgen ohne Anspruch auf Vollständigkeit und unterliegen der ständigen Anpassung durch nationale und internationale Rechtsentwicklungen.)

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen Seeschiffer zur Ausübung ihres Berufs erfüllen?

Seeschiffer unterliegen in Deutschland einer Vielzahl rechtlicher Vorgaben, die sich insbesondere aus dem Seearbeitsgesetz (SeeArbG), dem Seemannsgesetz (SeeG), internationalem Seerecht und weiteren spezifischen Bestimmungen ergeben. Grundvoraussetzung ist das Vorliegen eines entsprechenden Befähigungsnachweises (z.B. Patent zum Kapitän oder nautisches Patent), der auf den jeweiligen Schiffstyp und das Fahrtgebiet abgestimmt sein muss. Dieser Befähigungsnachweis wird durch erfolgreich abgeschlossene Ausbildungen, Seefahrtzeiten und Prüfungen erlangt. Ferner wird regelmäßig die gesundheitliche Eignung durch ein Seediensttauglichkeitszeugnis nachgewiesen, das die körperliche und psychische Fähigkeit zur Ausübung des Berufs dokumentiert. Darüber hinaus gelten spezielle arbeitsrechtliche Vorschriften etwa zu Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten, die durch das SeeArbG und internationale Regelungen wie das Maritime Labour Convention (MLC, 2006) festgelegt sind. Hinzu treten Meldepflichten bei Behörden, Nachweis- und Dokumentationsverpflichtungen an Bord sowie das Einhalten der Sicherheitsbestimmungen nach dem internationalen SOLAS-Übereinkommen (International Convention for the Safety of Life at Sea).

Welche arbeitsrechtlichen Besonderheiten gelten für Seeschiffer im Vergleich zu Arbeitnehmern an Land?

Für Seeschiffer gelten zahlreiche arbeitsrechtliche Besonderheiten, die sich aus den besonderen Anforderungen der Seefahrt ergeben. Das Seearbeitsgesetz enthält spezielle Vorschriften zu Arbeitszeiten, Ruhezeiten, Pausen und Urlaub, die von den Standards des deutschen Arbeitszeitgesetzes in einigen Punkten abweichen. Beispielsweise dürfen Seeschiffer nach § 45 SeeArbG maximal 14 Stunden innerhalb von 24 Stunden und 72 Stunden innerhalb von 7 Tagen arbeiten, wobei die Mindestruhezeiten von 10 Stunden pro Tag zu gewährleisten sind. Darüber hinaus bestehen gesonderte Vorschriften hinsichtlich der Beschäftigung Minderjähriger, der Unterbringung an Bord, sowie der Verpflegung und Versorgung. Weiterhin genießen Seeschiffer besonderen Kündigungsschutz nach dem Seemannsrecht; jedoch ist beispielsweise eine fristlose Kündigung unter bestimmten Umständen, wie schwerwiegenden Verstößen gegen die Schiffordnung, erleichtert möglich. Ein weiteres arbeitsrechtliches Spezifikum bildet die Verpflichtung des Reeders zur Rückbeförderung des Seeschiffers nach Vertragsende oder bei Erkrankung.

Welche Pflichten treffen Seeschiffer nach dem internationalen und nationalen Seerecht?

Seeschiffer sind verpflichtet, die Gesetze und Vorschriften sowohl des Flaggenstaates als auch internationale Seerechtsnormen strikt einzuhalten. Zu ihren Hauptpflichten gehört die sichere Führung und Navigation des Schiffes unter Beachtung der Kollisionsverhütungsregeln (KVR). Sie müssen sämtliche Anweisungen und Weisungen des Kapitäns respektieren, wobei sie im Rahmen ihrer Funktion selbst weitreichende Verantwortung für den Betrieb und die Sicherheit des Schiffes, der Besatzung, der Passagiere und der Ladung tragen. Pflichten ergeben sich zudem aus den SOLAS-Bestimmungen bezüglich Brandverhütung, Rettungsmittel, Notfallmanagement und Gefahrenabwehr. Seeschiffer müssen zudem im Sinne des Umweltschutzes handeln und Vorschriften wie das MARPOL-Übereinkommen (Verhinderung der Meeresverschmutzung durch Schiffe) beachten. Melde- und Dokumentationspflichten betreffen z.B. den Seemeilenbuch, das Schiffsjournal und Unfallbenachrichtigungen.

Welche Rechte stehen Seeschiffern im Falle von Unfällen oder Krankheit an Bord zu?

Seeschiffer haben bei Unfällen oder Erkrankungen an Bord umfassende Rechte nach nationalem und internationalem Recht. Gemäß SeeArbG und MLC haben sie Anspruch auf sofortige medizinische Versorgung, inklusive kostenfreier Behandlung und Medikamente an Bord sowie bei Bedarf an Land. Bei Dienstunfähigkeit besteht grundsätzlich das Recht auf Fortzahlung des Heuers (Arbeitsentgelt) für einen festgelegten Zeitraum (§ 55 SeeArbG). Im Falle einer dauerhaften Erwerbsunfähigkeit oder Verletzung bestehen Ansprüche auf Versorgung durch die See-Berufsgenossenschaft, vergleichbar mit der gesetzlichen Unfallversicherung an Land. Zusätzlich ist der Reeder verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zur Heimschaffung und Nachsorge zu organisieren und zu finanzieren. Die genauen Rechte und Fristen können zudem durch Tarifverträge und Flaggenstaatsgesetze erweitert sein.

Inwiefern unterliegen Seeschiffer besonderen Regelungen zur Haftung und Sanktionierung?

Die Haftung von Seeschiffern unterscheidet sich in einigen Punkten beträchtlich vom allgemeinen Arbeitsrecht. Im Falle von schuldhaften Pflichtverletzungen, die zu Schäden an Schiff, Ladung, Umwelt oder Dritten führen, greifen spezielle haftungsrechtliche Bestimmungen. Im deutschen Recht existiert nach § 617 HGB (Handelsgesetzbuch) beispielsweise eine Mäßigungsmöglichkeit, die die Haftung des Seeschiffers auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz begrenzt. Bei Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften können sowohl arbeitsrechtliche, zivilrechtliche als auch strafrechtliche Sanktionen drohen. Insbesondere schwere Verstöße beim Führen eines Schiffes können zu Berufsverboten, Einzug des Patents und strafrechtlichen Ermittlungen führen. Außerdem sehen internationale Regelwerke, wie das STCW-Übereinkommen (Standards of Training, Certification and Watchkeeping), die Möglichkeit des Entzugs von Befähigungsnachweisen vor.

Welche Vorgaben bestehen zur Wahrung der Ruhezeiten und Arbeitszeiterfassung für Seeschiffer?

Zur Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit an Bord schreiben internationale wie nationale Regelungen detaillierte Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung und Einhaltung der Ruhezeiten vor. Nach § 45 SeeArbG sowie gemäß der Richtlinien der ILO (International Labour Organization) sind Arbeitszeit- und Ruhezeitnachweise zu führen, die regelmäßig kontrolliert und auf Verlangen der Aufsichtsbehörden bereitgestellt werden müssen. Ruhezeiten dürfen grundsätzlich nicht unterbrochen werden, außer in Notfällen. Die Nachweise müssen mindestens 2 Jahre an Bord verfügbar gehalten werden. Verstöße gegen diese Dokumentationspflichten können Sanktionen nach sich ziehen, etwa Repressalien durch Flaggenstaaten oder Hafenstaatkontrollen (Port State Control).

Welche Vorschriften gelten für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Seeschiffern?

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Seeschiffers richtet sich primär nach dem Seearbeitsgesetz, das bestimmte Mindestanforderungen unabhängig von anderen arbeitsrechtlichen Regelungen vorsieht. Ordentliche Kündigungen sind unter Berücksichtigung festgelegter Fristen und nur zu bestimmten Zeitpunkten möglich, wobei die Heimschaffungspflicht des Reeders im Vordergrund steht. Im Falle einer außerordentlichen Kündigung sind strenge Anforderungen (z.B. schwere Pflichtverletzungen) zu erfüllen; dabei gelten verkürzte Fristen aufgrund der Notwendigkeiten an Bord. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis sowie die unverzügliche Heimschaffung zum Ausgangsort oder dem vertraglich vereinbarten Zielort. Besondere Bestimmungen existieren bei Verlängerung der Reise oder bei Havarien, wobei das Beschäftigungsverhältnis unter Umständen fortbesteht, bis das Schiff wieder einen sicheren Hafen erreicht hat.