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See-Pflegekasse


Begriff und rechtliche Einordnung der See-Pflegekasse

Die See-Pflegekasse ist eine besondere Form der gesetzlichen Pflegeversicherung in Deutschland, die speziell für die bei den See-Krankenkassen versicherten Personen eingerichtet wurde. Sie bildet eine gesetzlich vorgesehene Institution, die innerhalb der Sozialversicherung Rechtssicherheit für Berufstätige im Bereich der Seefahrt gewährleistet und deren spezielle Arbeits- und Lebensbedingungen berücksichtigt.

Gesetzliche Grundlagen und Organisation

Einbindung in das Sozialgesetzbuch

Die rechtlichen Regelungen zur See-Pflegekasse finden sich insbesondere im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und in ergänzender Form auch im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) für die Krankenversicherung der Seeleute. Die relevantesten Rechtsquellen sind:

  • § 48 SGB XI: Besondere Bestimmungen für Seeleute
  • Siehe auch §§ 21, 46 ff. SGB XI bezüglich Trägerschaft und Aufgaben der Pflegekassen

Zuordnung und Aufbau

Nach deutschem Recht sind Seeleute, die über die See-Krankenkasse krankenversichert sind, automatisch in der See-Pflegekasse pflegeversichert. Träger der See-Pflegekasse ist somit nicht die Bundesknappschaft (wie bei der knappschaftlichen Pflegekasse), sondern die Knappschaft-Bahn-See als Verwaltungsstelle im Bereich Seefahrt. Diese organisatorische Sonderstellung ergibt sich zum Schutz der Sozialversicherungsinteressen von Seeleuten, die besonderen Einsatzbedingungen und -orten unterliegen.

Aufgabenbereich

Die Aufgaben der See-Pflegekasse entsprechen grundsätzlich denen anderer Pflegekassen:

  • Feststellung der Pflegebedürftigkeit (§§ 14 ff. SGB XI)
  • Durchführung der Leistungsgewährung (Pflegesachleistungen, Pflegegeld, Kombinationsleistungen etc.)
  • Erhebung der Beiträge
  • Beratung und Information der Versicherten

Aufgrund des speziellen Anwendungsbereichs bestehen jedoch organisatorische sowie im Leistungsbezug teils abweichende Regelungen, die auf die Besonderheiten der Seefahrt zugeschnitten sind.

Versicherter Personenkreis und Beitragserhebung

Kreis der Versicherten

Versicherungspflichtig in der See-Pflegekasse sind überwiegend Mitglieder der See-Krankenkasse, das sind in der Regel:

  • Beschäftigte auf Seeschiffen unter deutscher Flagge
  • Auszubildende in seemännischen Berufen
  • Familienangehörige, sofern sie über die See-Krankenkasse familienversichert sind

Die maßgeblichen Regelungen zur Zuordnung fußen auf § 48 Abs. 1 SGB XI.

Beitragssätze und Bemessungsgrundlage

Die Beitragserhebung erfolgt in Anlehnung an die Vorgaben des § 55 SGB XI und berücksichtigt das Bruttoarbeitsentgelt, das für die Berechnung maßgeblich ist. Für Seeleute gelten hierbei spezielle Berechnungsvorschriften, insbesondere im Hinblick auf den Ausgleich von beitragsfreien Zeiten und internationalen Entsendungen. Auch Besonderheiten wie der Einkommensausgleich bei langer Abwesenheit sind rechtlich geregelt.

Leistungsrecht und Besonderheiten der See-Pflegekasse

Leistungsarten und Leistungsgewährung

Die See-Pflegekasse bietet sämtliche Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, darunter:

  • Pflegegeld für häusliche Pflege (§ 37 SGB XI)
  • Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI)
  • Kombinationsleistungen
  • Vollstationäre Pflege
  • Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege

Mit Blick auf die spezifische Lebens- und Arbeitssituation von Seeleuten können die Anspruchsvoraussetzungen und Leistungsmodalitäten teilweise angepasst sein. Hierzu gehören etwa Sonderregelungen im Hinblick auf die Erbringung von Pflege bei urlaubsbedingter Abwesenheit oder während Auslandsaufenthalten.

Rechtsstellung und Verfahren

Die Versicherten genießen alle Rechte und Pflichten gemäß SGB XI. Die Entscheidungswege und Zuständigkeiten sind klar definiert: Zuständig ist die See-Pflegekasse mit Sitz bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit oder zur Beantragung von Leistungen erfolgen grundsätzlich analog anderer Pflegekassen; Besonderheiten ergeben sich, wenn die pflegebedürftige Person während eines Auslandseinsatzes auf See ist.

Familienversicherung und freiwillige Weiterversicherung

Für Familienangehörige gelten die Regelungen nach § 25 SGB XI (Familienversicherung). Darüber hinaus sind für ausscheidende Seeleute Sonderregelungen hinsichtlich einer freiwilligen Weiterversicherung vorgesehen, insbesondere wenn ein Übergang in die Arbeit an Land erfolgt.

Verwaltung und Aufsicht

Verwaltungspraxis

Die Leitung der See-Pflegekasse erfolgt innerhalb der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See durch besondere Abteilungen mit spezifischer Fachkenntnis im Seereich. Die Beitrags- und Leistungsabrechnung unterliegt der behördlichen Überprüfung nach den Bestimmungen des SGB XI.

Aufsichtsbehörden

Die See-Pflegekasse steht unter der Rechtsaufsicht des Bundesamtes für Soziale Sicherung (§ 66 SGB XI). Die Aufsicht erstreckt sich auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, ordnungsgemäße Beitragsverwendung und sachgemäße Durchführung des Leistungsrechts.

Wechsel der Pflegekasse und Beendigung der Mitgliedschaft

Kassenwechsel

Versicherte Seeleute können unter Einhaltung der allgemeinen Fristen (siehe § 175 SGB XI) die Pflegekasse wechseln, sofern ein Wechsel der zugrundeliegenden Krankenversicherung erfolgt (beispielsweise bei Beendigung des Seemannsdienstverhältnisses).

Beendigung der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft endet grundsätzlich mit dem Ende der Versicherung bei der See-Krankenkasse. Bei Eintritt in eine andere gesetzliche Krankenversicherung wird der Versicherungsschutz nahtlos übertragen.

Bedeutung und praktische Relevanz

Die See-Pflegekasse stellt eine zentrale Institution zur Absicherung des Pflegerisikos von Seeleuten und deren Angehörigen dar und berücksichtigt die strukturellen sowie praktischen Besonderheiten der Schifffahrt. Sie gewährleistet, dass auch für die traditionell mobilsten Berufsgruppen ein umfassender und rechtssicherer Zugang zu den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung garantiert ist.


Siehe auch:

Rechtsquellen:

  • Sozialgesetzbuch XI (SGB XI)
  • Sozialgesetzbuch V (SGB V)

Häufig gestellte Fragen

Kann der Leistungsanspruch gegenüber der See-Pflegekasse auch geltend gemacht werden, wenn der Versicherte seinen dauerhaften Wohnsitz ins Ausland verlegt?

Grundsätzlich sieht das Recht der sozialen Pflegeversicherung (§ 34 SGB XI) vor, dass der Anspruch auf Leistungen der See-Pflegekasse auch bei dauerhaftem Aufenthalt im Ausland fortbestehen kann. Allerdings wird ausdrücklich unterschieden zwischen Geldleistungen (z. B. Pflegegeld nach § 37 SGB XI), die bei einem dauerhaften Aufenthalt in der EU, dem EWR sowie Staaten, mit denen ein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen besteht, weiterhin gezahlt werden können, und Sachleistungen (z. B. Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI), die regelmäßig an den Aufenthalt im Inland gebunden sind. Für Versicherte, die ihren Wohnsitz in ein Land außerhalb dieses Raums verlegen, entfällt der Anspruch auf Leistungen der See-Pflegekasse grundsätzlich, es sei denn, ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen regelt etwas anderes. Stattdessen bleibt im Regelfall lediglich die Versicherungspflicht bestehen, solang die sonstigen Voraussetzungen dafür vorliegen (z. B. bei deutschen Seeleuten auf ausländischen Schiffen). Entsprechende Regelungen finden sich sowohl im SGB IV als auch im SGB XI.

Muss ich vor Inanspruchnahme von Leistungen der See-Pflegekasse einen Antrag stellen, und wie läuft das Verfahren ab?

Die Inanspruchnahme von Leistungen der See-Pflegekasse setzt zwingend einen formellen Antrag voraus (§ 33 Abs. 1 SGB XI). Das Antragsverfahren beginnt mit der schriftlichen, elektronischen oder – in Ausnahmefällen – mündlichen Antragstellung bei der zuständigen Kasse. Nach Eingang des Antrags prüft die See-Pflegekasse, ob die Voraussetzungen einer Pflegebedürftigkeit nach § 14 SGB XI und eine Zuordnung zu einem Pflegegrad (§ 15 SGB XI) vorliegen. Zur Feststellung dieser Voraussetzungen wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder andere Gutachter eine Begutachtung durchgeführt. Nach Abschluss der Begutachtung entscheidet die See-Pflegekasse, erlässt einen Bescheid und informiert den Antragsteller über Art, Umfang und Dauer der bewilligten Leistungen. Die Entscheidung ist dem Antragsteller mitzuteilen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (§ 35 SGB X), sodass innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden kann.

In welchen Fällen kann die See-Pflegekasse Leistungen rückwirkend gewähren?

Eine rückwirkende Bewilligung von Leistungen ist grundsätzlich ab Antragstellung möglich (§ 33 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Das bedeutet, dass die Gewährung von Pflegeleistungen rückwirkend ab dem Monat erfolgen kann, in dem der Antrag gestellt worden ist, sofern die Feststellung der Pflegebedürftigkeit ab diesem Zeitpunkt erfolgt. Eine weitergehende Rückwirkung – also Leistungen für einen Zeitraum vor Antragstellung – ist grundsätzlich ausgeschlossen, außer es besteht ein nachweislicher Hinderungsgrund, beispielsweise ein unverschuldeter, unverschuldet verspäteter Antrag wegen höherer Gewalt oder unvollständiger Auskünfte durch die Kasse selbst (§ 44 SGB X). Auch bei einem rechtswidrig abgelehnten Antrag kann ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt werden, mit dem eine rückwirkende Erbringung der Leistungen für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren erreicht werden kann.

Unterliegen die Entscheidungen der See-Pflegekasse einem bestimmten Rechtsweg bei Streitigkeiten?

Streitigkeiten über die Gewährung oder Höhe von Leistungen der See-Pflegekasse unterliegen der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 SGG). Versicherte, Leistungserbringer oder andere Betroffene können gegen belastende oder ablehnende Bescheide Widerspruch bei der See-Pflegekasse einlegen. Wird dem Widerspruch nicht oder nur teilweise abgeholfen, ergeht ein Widerspruchsbescheid. Gegen diesen kann Klage zum örtlich zuständigen Sozialgericht erhoben werden. Das gerichtliche Verfahren ist kostenfrei, es sei denn, es handelt sich ausnahmsweise um mutwillige Rechtsverfolgung (§ 183 SGG). Die Sozialgerichtsbarkeit gewährleistet den Anspruch auf rechtliches Gehör und auf eine vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch eine unabhängige Gerichtsinstanz.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen gegenüber der See-Pflegekasse im Leistungsbezug?

Versicherte und deren Angehörige sind gemäß § 60 SGB I und §§ 47, 50 SGB XI verpflichtet, der See-Pflegekasse alle für die Leistungen erheblichen Tatsachen unverzüglich mitzuteilen. Hierzu zählen insbesondere Veränderungen des Pflegebedarfs, der häuslichen Umgebung oder des Aufenthaltsorts – zum Beispiel ein Umzug ins Ausland, ein Wechsel der Pflegeperson oder eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes. Auch sind sie verpflichtet, an Untersuchungen und Begutachtungen teilzunehmen und angeforderte Unterlagen vorzulegen. Kommt der Versicherte seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, kann die Kasse Leistungen teilweise oder vollständig entziehen bzw. verweigern (§ 66 SGB I).

Wie läuft die Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei Mitgliedern der See-Pflegekasse ab?

Für die Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit sind bei der See-Pflegekasse in der Regel die Gutachterdienste des Sozialmedizinischen Dienstes der Knappschaft-Bahn-See oder bei Bedarf der MDK zuständig (§ 18 SGB XI). Die Begutachtung findet entweder im häuslichen Umfeld des Versicherten oder – falls unmöglich – mittels Aktenlage statt. Ziel ist es, auf Grundlage der gesetzlichen Kriterien eine Einordnung in einen Pflegegrad nach dem Pflegebedürftigkeitsbegriff vorzunehmen. Im Rahmen der Begutachtung wird insbesondere die Alltagskompetenz, die Mobilität, die kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten sowie der Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen umfassend bewertet. Die Begutachtung ist transparent zu dokumentieren, die Ergebnisse werden zur Akte genommen und stellen die Grundlage für die Entscheidung der See-Pflegekasse dar. Der Versicherte hat das Recht auf Einsicht in die Begutachtungsunterlagen und kann deren Ergebnisse auch durch ein Zweitgutachten überprüfen lassen.