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Schwangerschaft


Begriff und rechtliche Grundlagen der Schwangerschaft

Der Begriff Schwangerschaft bezeichnet den Zeitraum zwischen der Befruchtung einer Eizelle und der Geburt eines Kindes oder einem vorzeitigen Ende der Schwangerschaft, etwa durch Fehlgeburt oder Schwangerschaftsabbruch. Die Schwangerschaft bringt für die betroffene Person sowie das ungeborene Kind vielfältige rechtliche Aspekte mit sich, die verschiedene Bereiche des Rechts berühren, insbesondere das Zivilrecht, das Strafrecht, das Sozialrecht und das Arbeitsrecht.

Definition der Schwangerschaft im rechtlichen Kontext

Rechtlich wird die Schwangerschaft als Zustand definiert, in dem sich eine Person nach der Empfängnis bis zur Geburt eines Kindes befindet. Die Feststellung und der Nachweis einer Schwangerschaft haben insbesondere im Arbeits- und Sozialrecht erhebliche Bedeutung und können durch medizinische Untersuchungen wie Ultraschall oder einen positiven Schwangerschaftstest erfolgen.

Berechnung der Schwangerschaftsdauer

Die Dauer der Schwangerschaft bemisst sich üblicherweise ab dem ersten Tag der letzten Menstruation und beträgt etwa 40 Wochen (280 Tage). Rechtliche Regelungen knüpfen regelmäßig an diese Berechnung an, beispielsweise im Mutterschutzrecht oder bei Fristen für den Schwangerschaftsabbruch.


Mutterschutzrecht und Schwangerschaft

Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) regelt den Schutz werdender Mütter im Arbeitsleben. Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen besondere Rechte, um ihre Gesundheit und die des ungeborenen Kindes zu gewährleisten.

Beschäftigungsverbote

Ab Kenntnis der Schwangerschaft durch den Arbeitgeber gelten bestimmte Beschäftigungsverbote, wie das Verbot schwerer oder gefährlicher Arbeiten, Nachtarbeit oder Überstunden. Zusätzlich besteht ein absolutes Beschäftigungsverbot grundsätzlich sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung (bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen nach der Geburt).

Kündigungsschutz bei Schwangerschaft

Während einer Schwangerschaft und bis zu vier Monate nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche besteht ein besonderer Kündigungsschutz. Eine Kündigung während dieses Zeitraums ist nur in Ausnahmefällen und mit Zustimmung der zuständigen Landesbehörde zulässig.


Schwangerschaft und Sozialrecht

Mutterschaftsgeld und Elterngeld

Im Sozialrecht sind finanzielle Sicherungsleistungen wie Mutterschaftsgeld und Elterngeld für Schwangere und Eltern von großer Bedeutung.

Mutterschaftsgeld

Mutterschaftsgeld wird werdenden Müttern während des gesetzlichen Mutterschutzes gezahlt, sofern sie gesetzlich krankenversichert sind. Die Zahlung beginnt sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin und endet acht Wochen nach der Geburt (bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen).

Elterngeld

Das Elterngeld dient der finanziellen Unterstützung von Eltern nach der Geburt eines Kindes und kann unabhängig vom Beschäftigungsstatus beantragt werden. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem durchschnittlichen Nettoeinkommen der letzten zwölf Monate vor der Geburt.


Allgemeines Familienrecht und Schwangerschaft

Vaterschaftsanerkennung und Unterhaltspflichten

Die rechtliche Stellung des ungeborenen Kindes spielt insbesondere im Familienrecht eine wichtige Rolle. Bereits während der Schwangerschaft können Vaterschaftsanerkennung und entsprechende Pflichten wie Unterhaltszahlungen relevant werden.

Rechte des ungeborenen Kindes

Das ungeborene Kind genießt unter bestimmten Voraussetzungen bereits Rechte im Sinne des § 1923 BGB zur Erbfolge oder zum Unterhalt (§ 1615l BGB). Diese Rechte bestehen unter der Bedingung, dass das Kind lebend geboren wird (Nasciturus-Prinzip).

Sorgerecht

Grundsätzlich steht das Sorgerecht für das ungeborene Kind der Mutter zu. Nach der Geburt kann das Sorgerecht in Abhängigkeit von der rechtlichen Elternstellung geregelt werden.


Schwangerschaftsabbruch und Strafrecht

Strafrechtliche Regelungen (StGB)

Das Strafgesetzbuch (StGB) regelt die Grundlagen eines Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland. Grundsätzlich ist der Schwangerschaftsabbruch gemäß § 218 StGB rechtswidrig, bleibt jedoch unter bestimmten Bedingungen straffrei.

Indikationsregelung und Beratungsregelung

Ein Schwangerschaftsabbruch bleibt straffrei, wenn eine ärztliche Beratung erfolgt ist (§ 219 StGB), eine dreitägige Bedenkzeit eingehalten wird und der Eingriff innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen durchgeführt wird (Beratungsregelung). Darüber hinaus gibt es medizinische und kriminologische Indikationen, bei denen der Abbruch ebenfalls straffrei ist.

Verbot der Fremdbestimmung

Das Strafrecht schützt Schwangere vor Zwang und Gewalt in Bezug auf ihre Schwangerschaft. Eine Zwangsabtreibung ist strafbar und kann mit Freiheitsstrafe geahndet werden.


Schwangerschaft und Datenschutz

Medizinische Schweigepflicht

Daten zur Schwangerschaft unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht und dem Schutz der besonderen Kategorien personenbezogener Daten nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Übermittlungen etwa an den Arbeitgeber dürfen nur mit Einwilligung der Schwangeren erfolgen oder wenn eine gesetzliche Grundlage besteht.


Nachweise und Feststellung der Schwangerschaft

Rechtliche Anforderungen

Im Arbeits- und Sozialrecht können für die Inanspruchnahme bestimmter Leistungen Nachweise über die Schwangerschaft erforderlich sein. In der Regel wird dafür eine ärztliche Bescheinigung verlangt, aus der der voraussichtliche Entbindungstermin hervorgeht.


Internationale und europäische Regelungen zur Schwangerschaft

Die Rechtslage zur Schwangerschaft unterscheidet sich international erheblich. Insbesondere im europäischen Recht werden Schutzstandards durch die EU-Mutterschutzrichtlinie (RL 92/85/EWG) vorgegeben, die Mindestanforderungen an den Mutterschutz enthalten und von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen.


Fazit

Die Schwangerschaft ist im deutschen Recht multidimensional geregelt und tangiert zahlreiche Rechtsgebiete. Die gesetzlichen Bestimmungen zielen dabei insbesondere auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit, den sozialen und wirtschaftlichen Schutz sowie die Wahrung der Rechte werdender Mütter und ungeborener Kinder ab. Die Kenntnis der einschlägigen Rechtsnormen ist für Schwangere und alle betroffenen Personen unerlässlich, um die umfassenden Schutzmaßnahmen bestmöglich nutzen zu können.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Regelungen gelten für den Mutterschutz in Deutschland?

Der Mutterschutz ist in Deutschland im Mutterschutzgesetz (MuSchG) geregelt. Dieses Gesetz hat das Ziel, die Gesundheit der werdenden Mutter und ihres ungeborenen Kindes während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit zu schützen. Der Mutterschutz beginnt meistens sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin und endet acht Wochen nach der Geburt (bei Früh- oder Mehrlingsgeburten zwölf Wochen). Während dieses Zeitraums besteht ein generelles Beschäftigungsverbot, es sei denn, die Arbeitnehmerin erklärt ausdrücklich ihre Bereitschaft, weiterzuarbeiten. Arbeitgeber dürfen schwangere und stillende Frauen nicht mit Arbeiten beschäftigen, die für sie oder das Kind eine Gefährdung bedeuten könnten. Darüber hinaus erhalten schwangere Arbeitnehmerinnen während des Mutterschutzes Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss, um Einkommenseinbußen auszugleichen. Es besteht zudem ein besonderer Kündigungsschutz für schwangere Frauen, der bereits ab dem Zeitpunkt der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Entbindung gilt. Verstöße gegen das Mutterschutzgesetz können mit empfindlichen Strafen geahndet werden.

Welche Rechte haben werdende Mütter gegenüber ihrem Arbeitgeber?

Werdende Mütter genießen diverse arbeitsrechtliche Schutzrechte. Nach Bekanntgabe der Schwangerschaft beim Arbeitgeber sind sie sowohl durch den Mutterschutz als auch durch spezielle Regelungen des Arbeitsrechts geschützt. Hierzu gehört insbesondere das Beschäftigungsverbot für bestimmte Tätigkeiten, wie etwa Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden Stoffen, Akkordarbeit oder Nachtarbeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsplatz schwangerschaftsfreundlich zu gestalten und nötigenfalls alternative Arbeitsmöglichkeiten anzubieten. Darüber hinaus ist er zur Freistellung für Untersuchungen im Rahmen der Schwangerschaft verpflichtet, ohne dass dadurch Gehaltskürzungen erfolgen. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht grundsätzlich auch nach der Rückkehr aus dem Mutterschutz, um die Gleichstellung zu sichern. Datenschutzrechtlich unterliegt die Meldung der Schwangerschaft gegenüber dem Arbeitgeber ebenfalls bestimmten Schutzvorschriften.

Unter welchen Voraussetzungen ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland legal?

Rechtlich ist der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland unter den Voraussetzungen der §§ 218 ff. StGB geregelt. Ein Abbruch bleibt straffrei, wenn er innerhalb der ersten zwölf Wochen nach Empfängnis erfolgt, die Schwangere zuvor eine verpflichtende Beratung in einer anerkannten Beratungsstelle wahrgenommen hat und in einer zugelassenen Einrichtung von einem Arzt durchgeführt wird. Eine Mindestfrist von drei Tagen zwischen Beratung und Abbruch ist außerdem einzuhalten. Darüber hinaus sind Abbrüche auch später zulässig, wenn medizinische oder kriminologische Indikationen vorliegen, etwa wenn das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren gefährdet ist oder die Schwangerschaft Folge einer Straftat (z. B. Vergewaltigung) ist. In solchen Fällen entfällt auch die Beratungspflicht. Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, müssen bestimmte Dokumentations- und Informationspflichten beachten. Krankenkassen übernehmen die Kosten unter bestimmten Voraussetzungen, beispielsweise bei medizinischer oder kriminologischer Indikation oder bei geringem Einkommen der Schwangeren.

Wie ist der Kündigungsschutz während der Schwangerschaft und nach der Entbindung geregelt?

Der Kündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen ist im Mutterschutzgesetz und im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Während der gesamten Schwangerschaft und bis zu vier Monate nach der Entbindung darf der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin grundsätzlich nicht kündigen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber von der Schwangerschaft Kenntnis hat oder ihm diese innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Der besondere Kündigungsschutz gilt unabhängig von der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und auch während der Probezeit. Ausnahmen sind nur in ganz besonderen Fällen mit behördlicher Zustimmung möglich, etwa bei Betriebsstilllegung oder gravierendem Fehlverhalten der Arbeitnehmerin. Eine Kündigung ohne Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde ist unwirksam. Der Kündigungsschutz erstreckt sich auch auf Auszubildende und andere besondere Beschäftigungsverhältnisse.

Welche Pflichten bestehen hinsichtlich der Meldung einer Schwangerschaft beim Arbeitgeber?

Eine gesetzliche Pflicht, dem Arbeitgeber die Schwangerschaft unverzüglich mitzuteilen, besteht nicht, wird jedoch aus Gründen des Mutterschutzes dringend empfohlen. Erst nach Bekanntgabe kann der Arbeitgeber seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen, wie etwa dem Erlass eines Beschäftigungsverbots oder der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung. Erfolgt die Mitteilung der Schwangerschaft verspätet, können bestimmte Rechte wie das Beschäftigungsverbot oder der Kündigungsschutz erst ab dem Zeitpunkt der Kenntniswnahme durch den Arbeitgeber in Anspruch genommen werden. Die Mitteilung kann formlos erfolgen, in der Regel wird jedoch eine ärztliche Bescheinigung verlangt, für die dem Arbeitgeber keine Kosten entstehen dürfen. Datenschutzrechtlich dürfen Informationen über die Schwangerschaft nur für die gesetzlichen Zwecke verarbeitet werden.

Welche rechtlichen Regelungen betreffen die Elternzeit im Zusammenhang mit der Schwangerschaft?

Die Elternzeit ist im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) geregelt und unmittelbar mit der Geburt des Kindes verknüpft. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben nach der Geburt eines Kindes Anspruch auf Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes. Die Elternzeit muss spätestens sieben Wochen vor ihrem geplanten Beginn beim Arbeitgeber schriftlich beantragt werden. Während der Elternzeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz. Eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ist im Umfang von bis zu 32 Wochenstunden möglich. Die Elternzeit kann auf bis zu drei Zeitabschnitte aufgeteilt und zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, wobei bis zu 24 Monate auch zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes genommen werden können. Während der Elternzeit haben Eltern Anspruch auf Elterngeld, dessen Höhe und Bezugsdauer von verschiedenen Faktoren, wie dem vorherigen Einkommen und der gewählten Aufteilung der Elternzeit, abhängig sind.

Welche Rechte bestehen im Zusammenhang mit vorgeburtlichen Untersuchungen und der Pränataldiagnostik?

Im rechtlichen Kontext unterliegen vorgeburtliche Untersuchungen und Pränataldiagnostik genauen Vorgaben. Schwangere haben grundsätzlich das Recht auf medizinisch indizierte Vorsorgeuntersuchungen, die im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien geregelt und von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Dazu zählen Ultraschalluntersuchungen, Bluttests und weitere Kontrollen. Pränataldiagnostische Maßnahmen, die über die Routineuntersuchungen hinausgehen, wie etwa der nicht-invasive Pränataltest (NIPT) auf Trisomie 21, dürfen nur nach ausführlicher ärztlicher Beratung und unter Einhaltung der gesetzlichen Aufklärungs- und Dokumentationspflichten erfolgen. Die Entscheidung, solche Untersuchungen durchführen zu lassen, obliegt allein der Schwangeren. Die Ergebnisse und daraus resultierende Maßnahmen, wie etwa ein Schwangerschaftsabbruch bei schwerwiegenden Fehlbildungen, sind wiederum an die einschlägigen gesetzlichen Regelungen, insbesondere den § 218a StGB, gekoppelt. Datenschutz und Schweigepflicht sind bei diesen sensiblen Daten besonders stark ausgeprägt.