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Schneeketten


Schneeketten im Straßenverkehrsrecht

Schneeketten sind Vorrichtungen, die auf die Antriebsräder von Kraftfahrzeugen gelegt werden, um die Traktion auf schneebedeckten oder vereisten Fahrbahnen zu erhöhen. Sie gelten als Hilfsmittel zur Erhöhung der Fahrsicherheit unter winterlichen Fahrbahnverhältnissen und unterliegen in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie weiteren europäischen Staaten differenzierten rechtlichen Regelungen. Die Verwendung von Schneeketten berührt zahlreiche Aspekte des Straßenverkehrsrechts, Ordnungsrechts, Haftungsrechts sowie des Produktsicherheitsrechts. Der vorliegende Beitrag beleuchtet alle rechtlichen Seiten des Begriffs „Schneeketten“ sowie deren Bedeutung im nationalen und internationalen Straßenverkehr.

Rechtsgrundlagen der Verwendung von Schneeketten

Verpflichtung zum Anlegen von Schneeketten

Die Verpflichtung, Schneeketten zu benutzen, kann sich aus verschiedenen Vorschriften ergeben. In Deutschland ergibt sich diese Pflicht, wenn das Verkehrszeichen 268 („Schneeketten vorgeschrieben“) angeordnet wird. Gemäß Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) müssen Fahrzeuge in diesem Fall auf mindestens den Antriebsrädern mit geeigneten Schneeketten ausgerüstet werden.

In Österreich regelt § 102 Abs. 8 Kraftfahrgesetz (KFG 1967), dass bei einer entsprechenden Anordnung (Straßenverkehrszeichen „Schneeketten vorgeschrieben“) ausschließlich Kraftfahrzeuge mit antriebsbezogenen Schneeketten weiterfahren dürfen. In der Schweiz ist die Pflicht über das Verkehrszeichen 4.14 „Schneeketten obligatorisch“ und die entsprechenden Bestimmungen in der Signalisationsverordnung (SSV) geregelt.

Zulässigkeit und Einschränkungen

Das Anlegen von Schneeketten ist nur unter bestimmten Bedingungen gestattet oder erforderlich. Bei schneefreien oder trockenen Straßen ist die Verwendung untersagt, da Ketten Fahrbahnbelag beschädigen können. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit nach § 49 StVO mit Bußgeldern geahndet werden und können zudem Schadensersatzansprüche bei Beschädigung der Straße nach sich ziehen.

Zusätzlich können lokale oder temporäre Anordnungen existieren, insbesondere bei Passstraßen, Gebirgspässen und besonders gefährdeten Abschnitten.

Technische Anforderungen und Zulassung von Schneeketten

Bau- und Betriebsvorschriften

Nach § 36 Abs. 5 StVZO müssen Schneeketten am Fahrzeug so angebracht und beschaffen sein, dass sie die Fahrbahndecke nicht beschädigen und die Sichtbarkeit des Kennzeichens sowie der Beleuchtungseinrichtungen nicht beeinträchtigen. Schneeketten dürfen nur verwendet werden, wenn sie für die spezifischen Reifen- und Fahrzeugtypen zugelassen sind.

Normen wie die ÖNORM V 5117 (Österreich), die DIN EN 16662-1 (europäische Norm) sowie vergleichbare nationale und europäische Regelwerke definieren die Anforderungen an Material, Festigkeit und Montage der Schneeketten.

Kennzeichnung und Produktsicherheit

Schneeketten unterliegen den Produktvorschriften des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) sowie der europäischen Maschinenrichtlinie. Hersteller müssen eine Konformitätserklärung abgeben und sicherstellen, dass die Ketten sicher anwendbar sind. Entsprechende Nachweise (z. B. ÖNORM oder Prüfzeichen) sind teilweise zwingende Voraussetzung beim Einsatz, insbesondere im gewerblichen Verkehr.

Haftungsfragen bei der Verwendung von Schneeketten

Verkehrssicherungspflicht und Sorgfalt

Fahrerinnen und Fahrer von Kraftfahrzeugen trifft eine Verkehrssicherungspflicht. Die unterbliebene oder fehlerhafte Verwendung von Schneeketten bei entsprechenden Straßenverhältnissen kann als fahrlässiges Verhalten bewertet werden. Bei einem Unfall können daraus haftungsrechtliche Konsequenzen gem. § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) resultieren.

Auswirkungen auf die Versicherung

Die Verwendung von Schneeketten kann Einfluss auf die Regulierung durch Haftpflicht- und Kaskoversicherungen haben. Wird die Pflicht zur Verwendung von Schneeketten missachtet und kommt es zu einem Unfall, kann dies zu einer Kürzung oder Ablehnung von Versicherungsleistungen führen („Obliegenheitsverletzung“).

Schneeketten im europäischen und internationalen Recht

Europäische Regelungen

Im europäischen Kontext existieren keine einheitlichen Regelungen, jedoch gelten viele nationale Anforderungen im grenzüberschreitenden Verkehr weiter. Das Wiener Übereinkommen über Straßenverkehr (1968) verlangt die Einhaltung der im jeweiligen Land geltenden Verkehrsregelungen – auch hinsichtlich Schneeketten.

Anerkennung und gegenseitige Verpflichtungen

Reisende sind verpflichtet, sich vorab über die im Ziel- beziehungsweise Transitland bestehenden Vorschriften zu informieren. Einige Länder verlangen das Mitführen von Schneeketten in bestimmten Regionen und Zeiträumen regelmäßig, etwa in Italien, Frankreich und Skandinavien. Bei Missachtung drohen Bußgelder, Fahrverbote oder im Ernstfall eine Versagung des Versicherungsschutzes.

Ordnungswidrigkeiten und Sanktionen

Sanktionen bei Nichtbeachtung

Wer die vorgeschriebene Verwendung von Schneeketten im Geltungsbereich entsprechender Beschilderung missachtet oder Ketten fehlerhaft verwendet, handelt ordnungswidrig. In Deutschland sieht der bundeseinheitliche Tatbestandskatalog Bußgelder sowie gegebenenfalls Punkte im Fahreignungsregister vor. In Österreich und der Schweiz sind ebenfalls Geldbußen und temporäre Stilllegungen von Fahrzeugen möglich.

Schadenersatzpflichten und Regress

Kommt es infolge missachteter Schneekettenpflicht zu einem Verkehrsunfall, kann der Schädiger dem Geschädigten gegenüber regresspflichtig werden. Öffentliche Straßenbaulastträger können ggf. für Fahrbahnbeschädigungen durch unsachgemäßen Einsatz von Ketten Regress nehmen.

Zusammenfassung

Schneeketten sind nicht nur ein sicherheitsrelevantes Zubehör für den Straßenverkehr bei winterlichen Witterungs­verhältnissen, sondern unterliegen umfangreichen rechtlichen Bestimmungen. Die Pflichten zur Anwendung, technische Anforderungen, Haftungsfragen sowie Sanktionen bei Nichtbeachtung sind detailliert geregelt. Zudem ist beim grenzüberschreitenden Verkehr die jeweilige nationale Rechtslage zu beachten, um rechtliche Nachteile und versicherungsrechtliche Risiken zu vermeiden.


Häufig gestellte Fragen

In welchen Ländern besteht eine gesetzliche Schneekettenpflicht und wie wird sie geregelt?

Die gesetzliche Pflicht zum Anlegen von Schneeketten ist länderspezifisch und variiert stark innerhalb Europas und weltweit. In vielen Alpenländern wie Österreich, der Schweiz, Italien oder Frankreich besteht bei Schneefahrbahn oder entsprechender Beschilderung eine explizite Schneekettenpflicht. Die Pflicht kann temporär durch Verkehrsschilder mit dem Symbol einer Schneekette angezeigt werden („Schneeketten vorgeschrieben“, z. B. Verkehrszeichen 268 in Deutschland). In einigen Ländern, wie etwa Österreich (§ 42 Absatz 3 StVO), dürfen Fahrzeuge bei entsprechend beschneiten Straßenabschnitten nur mit angelegten Schneeketten befahren werden, sofern dies durch Verkehrsschilder angezeigt wird. Verstöße gegen diese Pflicht können hohe Bußgelder und im Schadensfall auch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zudem ist in manchen Ländern das Verlassen eines Straßenteilstücks ohne Schneeketten trotz offensichtlicher Gefahrenlage ein Bußgeldtatbestand. Neben der Allgemeinverfügung können in bestimmten Gebieten, insbesondere in Gebirgsregionen, lokale Vorschriften zur Pflicht führen. Es ist ratsam, sich vor Auslandsfahrten individuell über die aktuellen gesetzlichen Regelungen des Ziellandes und aller Transitländer zu informieren, da Änderungen saisonal und situationsbedingt erfolgen können.

Welche Sanktionen drohen bei einem Verstoß gegen die Schneekettenpflicht?

Ein Verstoß gegen die gesetzliche Schneekettenpflicht kann mit unterschiedlichen Sanktionen belegt werden, abhängig von der jeweiligen nationalen oder regionalen Rechtslage. In Deutschland drohen gemäß Bußgeldkatalog für das Nichtbefolgen des Schneekettengebots Geldstrafen, typischerweise in Höhe von 20 bis 80 Euro, wobei im Falle einer Behinderung, Gefährdung oder gar eines Unfalls zusätzliche Konsequenzen wie Punkte in Flensburg drohen können. In anderen Ländern, beispielsweise in Österreich, können Bußgelder bis zu mehreren hundert Euro ausgesprochen werden. Neben den unmittelbaren Geldstrafen führen Verstöße bei Unfällen häufig zur Kürzung oder Ablehnung von Versicherungsleistungen, da eine grobe Fahrlässigkeit vorliegt, wenn trotz offensichtlicher Schneekettenpflicht ohne diese gefahren wird. Zudem kann das Fahrzeug durch Behörden stillgelegt werden, solange kein geeigneter Ausrüstungszustand vorliegt.

Gibt es gesetzliche Ausnahmen von der Schneekettenpflicht?

Gesetzliche Ausnahmen von der Schneekettenpflicht betreffen typischerweise Fahrzeuge mit spezialisierten Winterausrüstungen. In Deutschland und Österreich sind Fahrzeuge, die nachweislich mit wintertauglicher Spezialbereifung oder sogenannten Spikereifen ausgestattet sind, in Einzelfällen von der Schneekettenpflicht befreit, sofern die Verkehrssicherheit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Allerdings sind solche Ausnahmen häufig an eng gefasste rechtliche Voraussetzungen oder an die Eignung des jeweiligen Straßenabschnitts geknüpft. Fahrzeuge des öffentlichen Dienstes (z. B. Rettungsfahrzeuge), die technisch nicht für Schneeketten ausgerüstet werden können, können ebenfalls ausgenommen sein, wobei im Schadensfall die individuelle Verantwortlichkeit geprüft wird. Lkw und Busse unterliegen häufig strengeren Regeln, und für Allradfahrzeuge können je nach Land und Region abweichende Bestimmungen gelten. Es wird jedoch stets betont, dass die Sicherheit und Verkehrsfähigkeit Vorrang haben und im Zweifelsfall Schneeketten anzulegen sind.

Wer ist nach deutschem Recht für das Anlegen von Schneeketten verantwortlich?

Gemäß deutschem Straßenverkehrsrecht liegt die Verantwortung für das Anlegen von Schneeketten grundsätzlich beim Fahrzeugführer, das heißt bei der Person, die das Fahrzeug im öffentlichen Verkehr steuert. Die Pflicht ergibt sich aus § 23 StVO, der die Verantwortung für die Betriebssicherheit des Fahrzeugs regelt. Im Rahmen arbeitsteiliger Verhältnisse (z. B. gewerblicher Güterverkehr) können unternehmensinterne Anweisungen bestehen; rechtlich haftbar bleibt jedoch der Fahrer, da er die tatsächliche Kontrolle über das Anlegen hat. Im straßenverkehrsrechtlichen Kontext haftet bei Missachtung der Schneekettenpflicht ausschließlich der Fahrzeugführer, nicht der Halter des Fahrzeugs, es sei denn, dieser ist selbst für die Fahrt verantwortlich. Bei von der Polizei angeordneten Verkehrskontrollen kann das Fahrzeug durch die Behörde angehalten werden, bis die Schneeketten ordnungsgemäß angebracht sind.

Sind Schneeketten auf allen Straßentypen gesetzlich erlaubt oder unterliegen sie Einschränkungen?

Schneeketten dürfen gemäß Straßenverkehrsordnung nur dann verwendet werden, wenn die Straßendecke durchgängig mit Schnee oder Eis bedeckt ist, da andernfalls die Fahrbahn beschädigt und die Verkehrssicherheit gefährdet werden kann. In Deutschland regelt § 36 Absatz 5 StVZO die Nutzung und verbietet das Fahren mit Schneeketten auf schneefreier Fahrbahn ausdrücklich. In manchen Ländern können Autobahnabschnitte, Tunnel oder Brücken von der Schneekettenpflicht ausgenommen sein – dies wird durch entsprechende Verkehrsschilder angezeigt. Zudem ist in einer Vielzahl von Ländern das Fahren mit Schneeketten auf Teer- oder Asphaltstraßen, sofern nicht schneebedeckt, bußgeldbewehrt und kann zu Schadensersatzforderungen der Straßenbaulastträger führen. Umweltschutz wird in diesem Zusammenhang ebenfalls rechtlich berücksichtigt, da das Befahren ohne ausreichende Notwendigkeit Umweltschäden nach sich ziehen kann.

Müssen Schneeketten bestimmten gesetzlichen Normen entsprechen?

Gesetzlich vorgeschrieben ist nahezu überall, dass Schneeketten eine amtlich anerkannte Bauartzulassung aufweisen und bestimmte nationale oder internationale Normen erfüllen müssen. In Europa gilt die Norm EN 16662-1, die für Kraftfahrzeuge die Mindestanforderungen an Material, Funktion und Sicherheit von Schneeketten regelt. In Deutschland und Österreich ist der Nachweis der Normen durch das „GS“-Zeichen oder ein entsprechendes Prüfzeichen zu erbringen. Die Nutzung nicht zugelassener Schneeketten ist unzulässig und kann bei einem Unfall oder einer Verkehrskontrolle rechtliche Konsequenzen haben. Das Mitführen und Verwenden normgerechter Modelle ist insbesondere auch für Mietwagenkunden relevant, da Versicherungsleistungen sonst gefährdet sein können.

Wie verhält sich die rechtliche Haftung bei Unfällen ohne angelegte Schneeketten?

Kommt es auf einer schneebedeckten Straße, auf der das Anlegen von Schneeketten gesetzlich vorgeschrieben wäre, zu einem Unfall, so trifft den Fahrzeugführer eine erhebliche Mitschuld oder Alleinschuld, falls keine Schneeketten verwendet wurden. Dies beeinflusst sowohl die zivilrechtliche Haftung als auch die Abwicklung von Versicherungsleistungen: Die Kfz-Haftpflichtversicherung übernimmt im Regelfall den Schaden des Unfallgegners, nimmt jedoch beim eigenen Versicherungsnehmer unter Umständen Regress, sofern grob fahrlässiges Verhalten vorliegt. Die Kaskoversicherung kann die Leistung ganz oder teilweise verweigern, wenn das Unterlassen des Anlegens der Schneeketten ursächlich für den Unfall war. Im deutschen Recht wird die Sorgfaltspflicht des Fahrzeugführers in Bezug auf die Ausrüstung des Fahrzeugs stark betont, vergleichbare Regelungen gelten in vielen anderen europäischen Ländern.